Vom 24. bis 28. April 2017 fand die Frühjahrssession der Parlamentarischen Versammlung des Europarats statt. Liechtenstein wurde durch die am 30. März vom Landtag neu bestellte Delegation, bestehend aus der Delegationsleiterin Susanne Eberle-Strub, dem Mitglied Christoph Wenaweser sowie den stellvertretenden Mitgliedern Daniel Seger und Günter Vogt vertreten. Die Session war geprägt von Veränderungen innerhalb der Versammlung und Debatten zu unterschiedlichsten Themen.
Rücktrittsforderungen an den Präsidenten der Versammlung Pedro Agramunt
Eine Reise des Präsidenten der Versammlung nach Syrien im März 2017 warf bereits im Vorfeld der Session zahlreiche Fragen bei den Mitgliedern der Versammlung auf. So erkannte der Präsident vor der offiziellen Eröffnung der Session an, dass sein Besuch in Syrien in seiner Eigenschaft als spanischer Senator ein Fehler war und entschuldigte sich bei den Mitgliedern. Nach einer hitzigen Diskussion mit Rücktrittsforderungen, willigte Agramunt ein, an einer Anhörung teilzunehmen welche am nächsten Tag öffentlich durchgeführt wurde. Am Ende der Session blieb der erwartete Rücktritt jedoch aus. Damit ignorierte Agramunt die auch von den liechtensteinischen Delegierten unterstützte Rücktrittsforderung. Als Reaktion auf diese Verweigerungshaltung entzog das Bureau der Versammlung dem Präsidenten das Vertrauen und seine Kompetenzen um im Namen der Parlamentarischen Versammlung zu handeln.
Monitoring Verfahren für die Türkei beschlossen
Nach einer langen Debatte hat die Versammlung mit 113 Ja- und 45 Nein-Stimmen die Wiedereinführung des Monitoring-Verfahrens für die Türkei beschlossen. Dies gilt solange, bis ernste Bedenken über die Einhaltung der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auf zufriedenstellende Weise ausgeräumt werden. Während der Debatte betonte die Versammlung, dass die Wiedereinführung der Todesstrafe mit einer Mitgliedschaft im Europarat nicht vereinbar wäre. Im Jahr 2018 sollen die im Rahmen des Überwachungsverfahrens für die Türkei erzielten Fortschritte in einem Bericht neu bewertet werden.
Weitere spannende Debatten
Auf der Traktandenliste stand ein Bericht über die Bekämpfung von Einkommensungleichheit als Mittel zur Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der wirtschaftlichen Entwicklung. Als Berichterstatter fungierte ein Abgeordneter der Partei Die Linke des deutschen Bundestags. Die Mehrheit der Votanten plädierte für die Verabschiedung der Resolution welche u.a. eine Überarbeitung von Arbeitsmarkt- und Tarifvorschriften sowie von Steuergesetzen fordert.
Ebenfalls verabschiedet wurde eine Resolution zum Schutz von weiblichen Flüchtlingen vor geschlechtsspezifischer Gewalt. Während der Debatte wurde mehrfach dazu aufgerufen das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die sogenannte Istanbul-Konvention, welche am 1. August 2014 in Kraft getreten ist, möglichst bald von allen Staaten zu ratifizieren.
Eine Resolution zum Missbrauch des Interpol-Systems zur Verfolgung von politisch Oppositionellen und zur Notwendigkeit strengerer rechtlicher Garantien wurde von der Versammlung einstimmig verabschiedet.
Aus Anlass der vierzigjährigen Mitgliedschaft Spaniens beim Europarat sprach Seine Majestät der König von Spanien am Donnerstag vor der Versammlung. In seiner Ansprache hielt er fest, dass alle Mitglieder des Europarats zusammenstehen und die Rechte, Freiheiten und die Rechtsstaatlichkeit als entscheidende und unverzichtbare Elemente des politischen Europas erneut bekräftigen müssen.
Die Delegation nutzte ihre Präsenz vor Ort für einen Antrittsbesuch bei Botschafter Daniel Ospelt, dem ständigen Vertreter Liechtensteins beim Europarat. Bevor die stellvertretenden Delegationsmitglieder nach einem zweitägigen Aufenthalt abreisten, traf sich die Delegation mit Carlo Ranzoni, liechtensteinischer Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und liess sich die Arbeitsweisen des EGMR und insbesondere seine Arbeit als Richter erläutern.
Das Foto zeigt die Delegation bei ihrem Treffen mit Carlo Ranzoni (vlnr: Abg. Günter Vogt, Abg. Susanne Eberle-Strub, Richter Carlo Ranzoni, Abg. Christoph Wenaweser, Abg. Daniel Seger).