Thronreden

03. März 1953

Thronrede, Fürst Franz Josef II.

Aufklappen und Zuklappen

Thronrede anlässlich der Eröffnung des Landtages am 3. März 1953


Gemäss Art. 54 der Verfassung habe ich den Landtag für heute zur Eröffnung der neuen Sessionsperiode einberufen und möchte bei diesem Anlass einige wichtige Aufgaben nennen, die sich Ihnen, meine Herren Abgeordneten, in der neuen Legislaturperiode stellen werden.

In der letzten Sessionsperiode hat der Landtag die Alters- und Hinterbliebenen-Versicherung beschlossen, das Volk hat dieses Gesetz mehrheitlich gutgeheissen. Es wird nun eine der vordringlichsten Aufgaben sein, die Durchführungsbestimmungen für dieses Gesetz zu erlassen. Dabei sollte vor allem beachtet werden, dass alle unnötigen Härten vermieden werden. Die durch dieses Gesetz notwendigen Belastungen müssten gerecht verteilt und der Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft und unserer Bürger angepasst sein. Nur dann kann diese soziale Institution dem ganzen Lande zum Segen gereichen.

Die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes hat in dem vergangenen Jahre ihre ansteigende Tendenz beibehalten. Wenn wir auch als kleines Land wirtschaftlich von unseren Nachbarländern abhängig sind, so ist es trotzdem notwendig, dass wir uns bemühen, die Voraussetzungen für eine gedeihliche Weiterentwicklung im Rahmen unserer eigenen Volkswirtschaft selbst zu schaffen. Eine wirkliche Prosperität und eine gedeihliche Zukunft kann nur in der Arbeit unserer eigenen Hände und Köpfe liegen.

Gewerbe und Industrie unseres Landes tragen die Wurzel ihres Gedeihens in sich. Die Industrie wurde mit richtigem Blick für die Entwicklungsmöglichkeiten unseres Landes auf die Erzeugung und den Export von Qualitätsprodukten abgestellt/während sich das Gewerbe den inländischen Bedürfnissen anpasst. Die Landwirtschaft dagegen zeigt noch eine Anzahl von ungenützten Ausbaumöglichkeiten. Im vergangenen Jahr wurde von der Schweiz das Landwirtschaftsgesetz in Kraft gesetzt. Der enge wirtschaftliche Zusammenhang unseres Landes mit der Schweiz zwingt uns, darauf zu sehen, dass unsere Landwirtschaft konkurrenzfähig bleibt Wir müssen trachten, sowohl die Qualität der landwirtschaftlichen Produkte zu heben als auch in der Preisgestaltung konkurrenzfähig zu sein. Um das zu erreichen, ist es notwendig, die landwirtschaftliche Arbeit rationeller zu gestalten. Die Reorganisation des Milchverbandes, die Errichtung einer zentralen Butterstelle, der Bau einer Tiefkühlanlage, die Neuverteilung des Gemeindebodens auf ganz neuer Grundlage und die Ausmerzung tuberkuloser Rinder in den vergangenen Jahren sind wertvolle Etappen auf dem Wege zur Modernisierung unserer Landwirtschaft. Eine Massnahme aber, die noch durchzuführen wäre und deren Fehlen sich immer ungünstiger auswirkt, ist die Bodenzusammenlegung. Die in unserem Lande leider sehr weitgehende Zersplitterung des bäuerlichen Grundbesitzes verteuert die landwirtschaftliche Arbeit und damit deren Produkte. Wir haben für die Vorarbeiten der Bodenzusammenlegung schon bedeutende Mittel und viel Arbeit aufgewendet und es scheint wohl an der Zeit, dieses Problem in einer für die Landwirtschaft vorteilhaften Weise zu Ende zu führen. Die Landwirtschaft ist noch immer der wichtigste Berufszweig unseres Landes und wenn sie auch in den letzten Jahren durch die Industrialisierung des Landes etwas aus dem Blickfeld zurückgedrängt wurde, so müssen wir noch darauf bedacht sein, dem Bauernstand alle Möglichkeiten für eine rationelle Wirtschaft an die Hand zu geben.

Gewerbe und Industrie zeigen einen erfreulichen Beschäftigungsstand. Trotzdem wäre es Jetzt schon notwendig, Vorsorge zu treffen für eine Zeit rückläufiger Wirtschaftsentwicklung, indem wir Reserven anlegen, um eine dann eintretende Arbeitslosigkeit durch öffentliche Arbeiten auszugleichen. Einerseits müsste man Kapitalien zurücklegen, die es in einem späteren Zeitpunkt gestatten, zusätzliche Arbeiten durchzuführen. Wir sollten aber auch darauf bedacht sein, im jetzigen Zeitpunkt nur die unbedingt notwendigen Investitionen vorzunehmen. Die Durchführung der nicht dringlichen Arbeiten wäre zu verschieben für eine Zeit, in der der Arbeitsmarkt keine Vollbeschäftigung aufweist. Diese vorsorglichen Massnahmen heute schon zu treffen, kann nicht schwer fallen; in einer Zeit beginnender Krise wird unser Land hievon grossen Vorteil haben.

Aus den neuen Wahlen sind die Parteien unseres Landes in derselben Stärke wie bisher in den Landtag gekommen. Dieses Wahlergebnis sollte uns ein Hinweis sein, dass die einvernehmliche Arbeit der beiden grossen Parteien des Landes auch weiterhin für die Tätigkeit des Landtages notwendig ist Denn unser kleines Land kann nur in Einigkeit gedeihen, nur die Zusammenarbeit aller Kräfte kann die Zukunft unseres Landes zu unserem Wohle gestalten.

Ich bitte Sie, meine Herren Abgeordneten, führen Sie das Amt, welches Ihnen das Vertrauen des Volkes übertragen hat, im vollen Bewusstsein der Verantwortung, die Sie übernehmen, und seien Sie dessen eingedenk, dass Sie als Vertreter des ganzen Volkes hier Ihre Pflicht zu erfüllen haben und nicht nur als Exponenten einer bestimmten Partei oder einer Berufsgruppe. Es ist nach dem Wortlaut des Eides, den Sie heute hier ablegen werden, Ihre Aufgabe, das Wohl des Vaterlandes ohne Nebenrücksichten nach bestem Wissen und Gewissen zu fördern. Die gemeinsame Arbeit an der Verwirklichung dieser hohen Aufgabe wird der Segen Gottes lohnen.

Ich erkläre hiemit die Sessionsperiode des Landtages für eröffnet.