Thronreden

21. Januar 2016

Thronrede, Erbprinz Alois

Aufklappen und Zuklappen

Thronrede anlässlich der Eröffnung des Landtages am 21. Januar 2016

Es gilt das gesprochene Wort!

ANSPRACHE

SEINER DURCHLAUCHT ERBPRINZ ALOIS VON UND ZU LIECHTENSTEIN

ANLÄSSLICH DER ERÖFFNUNG DES LANDTAGES

am 21. Januar 2016

Sehr geehrte Landtagsabgeordnete 

Heute beginnt das letzte Jahr einer Legislaturperiode, die durch besonders grosse Herausforderungen geprägt ist. Verschiedene wirtschaftliche Entwicklungen haben zu erheblichen Belastungen für unsere Unternehmen und damit indirekt auch für unseren Staatshaushalt geführt. Es sind dies vor allem die Krisen in etlichen unserer Absatzmärkte in Europa, der ungünstige Wechselkurs und die Transformation des Finanzplatzes. 

Eine Herausforderung war sicherlich auch die neue politische Zusammensetzung des Landtages. Im Rückblick auf die vergangenen drei Jahre habe ich aber den Eindruck, dass Landtag und Regierung in dieser schwierigen Zeit eine insgesamt sehr gute Arbeit geleistet haben. 

Obwohl der Wahlkampf teilweise schon begonnen hat, ist es mir ein grosses Anliegen, dass diese Arbeit auch im letzten Jahr der Legislaturperiode fortgesetzt wird. Die Arbeit ist nämlich noch nicht zu Ende. Schwierige Reformpakete müssen noch verabschiedet und umgesetzt werden. 

Die politische Diskussion in den letzten Monaten zeigt eine gewisse Reform- bzw. Sparmüdigkeit bei einem Teil der Bevölkerung. Dies wurde insbesondere bei der Abstimmung über das Krankenversicherungsgesetz deutlich. Es wurden auch Stimmen laut, angesichts dieser Situation die Reformen der Altersvorsorge in die nächste Legislaturperiode zu verschieben. 

Die Politik wird gerne als die Kunst des Machbaren bezeichnet und natürlich muss immer die politische Umsetzbarkeit von Reformmassnahmen bedacht werden. Anstelle politisch schwierige Reformen auf später zu verschieben, sollten wir aber zunächst nach Wegen suchen, deren Umsetzung zu erleichtern. Ein solcher Weg ist, der Bevölkerung verständlich zu erklären, warum Reformen notwendig sind. Als Kleinstaat haben wir in dieser Hinsicht den Vorteil, viele Stimmbürger direkt erreichen zu können. Entsprechend sollten wir grossen Wert darauf legen, die Bevölkerung gut und regelmässig über die anstehenden Reformen zu informieren und deren Sorgen ernst zu nehmen. 

Ein ausgeglichener Staatshaushalt ist für Liechtenstein von höchster Bedeutung, heute aber leider nicht mehr so einfach zu erreichen. Als Kleinstaat sollte Liechtenstein keine Staatsverschuldung riskieren, weil die Gefahren und Kosten einer Verschuldungspolitik wesentlich höher sind als für grössere Staaten. Ausserdem ist die grosse politische und wirtschaftliche Stabilität als Eckpfeiler unseres Erfolgsmodelles direkt von einem ausgeglichenen Staatshaushalt abhängig. Diese Stabilität dürfen wir nicht durch eine Verschuldungspolitik gefährden. Die Sanierungsmassnahmen sind daher unumgänglich. 

Für eine langfristige Sicherung der Altersvorsorge sind auch die geplanten Reformen der Altersvorsorge unbedingt nötig. Ein Verschieben oder ein starkes Verwässern dieser Reformen wäre äusserst problematisch. Die zukünftigen Generationen müssten dann nicht nur die Lücken auffüllen, die die jetzigen und früheren Generationen ihnen hinterlassen haben, sondern sie müssten auch noch den Zinseszins dieser Beitragslücken tragen. Dass dies zu erheblichen Mehrkosten führen kann, haben uns die Probleme mit der Pensionskasse der Staatsangestellten gezeigt. Wir sollten die geplanten Reformen der Altersvorsorge daher entschlossen anpacken, damit unsere Altersvorsorge auch noch für die jüngeren Generationen leistungsfähig bleibt. 

Angesichts der demografischen Entwicklung werden sogar weitere Massnahmen zur nachhaltigen Finanzierung der Altersvorsorge, insbesondere der Alterspflege, folgen müssen. Ein nächster Landtag und eine nächste Regierung sollten sich darauf konzentrieren können und nicht wie beim Krankenversicherungsgesetz sich wieder von neuem mit Altlasten vergangener Legislaturperioden beschäftigen müssen. 

In den letzten Monaten wurde auch intensiv diskutiert, wem wie viel an zusätzlicher Belastung noch zumutbar ist. Über Jahrzehnte ging es in Liechtenstein immer nur bergauf und immer mehr an staatlichen Unterstützungsleistungen wurden in verschiedensten Bereichen an die Bevölkerung verteilt. Wir sind es nicht gewohnt, dass es auch einmal bergab gehen kann und bei den Unterstützungsleistungen des Staates gespart werden muss. Einsparungen werden von vielen als unangemessen und ungerecht empfunden. Entsprechend schwer tun wir uns damit, obwohl unser Niveau selbst im Vergleich zur Schweiz ausgesprochen hoch ist. 

Hier muss ein Umdenken stattfinden:

  • Wir müssen verstehen, dass Unterstützungsleistungen und Subventionen des Staates auch zurückgehen können.
  • Wir müssen verstehen, dass es schlicht unmöglich ist, so zu sparen, dass es von allen als gerecht empfunden wird.
  • Wir müssen verstehen, dass wir unsere Ansprüche reduzieren müssen, um den Staatshaushalt zu sanieren.

Um unseren Wohlstand langfristig zu sichern, sollten wir klug und verantwortungsvoll vorgehen. Wir müssen uns bewusst sein, dass die Basis für unseren Wohlstand eine erfolgreiche Wirtschaft ist, die auf erfolgreichen Unternehmen aufbaut. Durch unvernünftige Umverteilung oder für die Wirtschaft bedrohliche Belastungen kann der Kuchen sonst für alle kleiner werden.

Dennoch sollten wir verschiedene Verbesserungen bei der Umverteilung bzw. dem sozialen Ausgleich prüfen. Dazu zähle ich auch folgende Fragen:

  • Ist es sinnvoll, mit Staatsbeiträgen an die AHV und an die Krankenkassen aus dem Geld der Steuerzahler Leistungen zu finanzieren, die zu rund einem Drittel an Grenzgänger ins Ausland gehen?
  • Gäbe es nicht bessere Wege, diese Steuergelder jenem Teil der Bevölkerung zukommen zu lassen, der sie vor allem benötigt, anstelle sie ausserdem wie mit einer Giesskanne          auch noch an die hohen Einkommensempfänger bzw. Vermögenden zu verteilen?
  • Könnte der Staatshaushalt weiter entlastet werden, indem Steuereinnahmen der Gemeinden, die primär auf staatliche Rahmenbedingungen und nicht auf Anstrengungen der Gemeinden beruhen, vermehrt dem Staat zugeteilt werden?

Eine Beantwortung all dieser Fragen noch in dieser Legislaturperiode durch konkrete Reformvorschläge ist unrealistisch. Angesichts der Notwendigkeit weiterer Einsparungen in der Zukunft sollten wir aber beginnen, uns mit solchen Fragen zu beschäftigen. 

Sehr geehrte Landtagsabgeordnete, 

Lasst uns die Legislaturperiode durch ein Umsetzen der noch anstehenden Reformen zu einem erfolgreichen Ende bringen. Einerseits sollten wir dies als eine Investition in die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes und damit als Beitrag zur langfristigen Sicherung unseres Wohlstandes tun. Andererseits sind wir es unseren künftigen Generationen schuldig.