Thronreden

18. März 1981

Thronrede, Fürst Franz Josef II.

Aufklappen und Zuklappen

Thronrede anlässlich der Eröffnung des Landtages am 18. März 1981



In den Augen vieler Menschen ist die politische, wirtschaftliche, soziale und moralisch-kulturelle Entwicklung der Welt in eine Sackgasse geraten. Nach meinem Dafürhalten stimmt das in dieser absolut gesprochenen Weise nicht, sondern es haben sich bei dieser Entwicklung Ungleichgewichte herauskristallisiert, welche man immer wieder trachten muss auszugleichen. Allgemeine Rezepte, um die Lage zu ändern, welche für alle Aspekte Gültigkeit hätten, gibt es nicht, auch wenn auf internationaler Ebene oft davon gesprochen wird.

Im Angesicht dieser Situation fühlen sich viele Leute verpflichtet, soweit es ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten erlauben, etwas zur Normalisierung der Lage beizutragen. Ein Liechtensteiner wird sich fragen, was kann ich als Bürger eines kleinen Landes tun, damit das Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Wie ich schon erwähnte, gibt es keine Generallösung, sondern man kann nur in konkreten Fällen zu einer Verbesserung beitragen. Wir in Liechtenstein sind in dieser Beziehung tätig, indem wir unseren Staatsbürgern in Ländern der Dritten Welt helfen, sich ihren Aufgaben effektiver zu widmen. Liechtensteiner, seien es Missionare, Schwestern oder Entwicklungshelfer, arbeiten in verschiedenen Bereichen. Mit Costa Rica wurde kürzlich ein Vertrag geschlossen, der es im Rahmen eines Institutes ermöglicht, vor allem durch Radiosendungen, Schulbildung für Erwachsene in abgelegene Regionen zu vermitteln.

Die Kommunikation der sogenannten entwickelten Länder befindet sich teilweise ebenfalls in Schwierigkeiten. Wenn auch Liechtenstein allein wenig ausrichten kann, so hat es umso mehr die Verpflichtung, im Verband mit anderen Ländern beizuwohnen, welche einen neuen Weg suchen. Dieser Verpflichtung darf und kann sich Liechtenstein nicht entziehen und ist deshalb auch bei der Madrider Konferenz anwesend. Liechtenstein soll und muss im Rahmen seiner Aussenpolitik auch nach aussen für jene Werte einstehen, welche für ihn selber als Staat entscheidend sind und nach denen sich auch unsere Innenpolitik richten muss.

Nicht nur in schwierigen Zeiten, sondern zu jederzeit braucht es bei der Lösung grosser und komplexer Probleme die politische Zusammenarbeit der Bürger, denen eine Widerstandskraft durch verstärkte Pflege von kulturellen und politischen Werten gesichert werden sollte. Eine der Fragen, welche uns beschäftigt, ist das viel zitierte Überfremdungsproblem, welches vielschichtiger ist, als man allgemein annimmt. Damit hängt die Frage einer weiteren Expansion der Wirtschaft zusammen sowie überhaupt die künftige Entwicklung unseres Landes. Diesbezüglich ist eine langfristige, konsequente, aber auch vorsichtige Politik notwendig, welche ohne Emotionen Lösungen sucht.

Dabei sind nationale, demographische und wirtschaftliche Gesichtspunkte zu beachten. Mit dem Überfremdungsproblem ist die Frage der Einbürgerung Alteingesessener verbunden, welche bis jetzt nicht gelöst worden ist. Solche Fragen verlangen die Weckung eines Problembewusstseins bei jedem unserer Bürger und das geht leider oft nicht von heute auf morgen.

Wenn vom Überfremdungsproblem gesprochen wird, darf man nicht vergessen, dass man die Entwicklungsmöglichkeiten für junge Liechtensteiner Ehepaare sichert, indem dafür gesorgt wird, dass genügend Wohnmöglichkeiten vorhanden sind. Die Gemeinden haben in begrüssenswerter Weise angefangen, Grund im Baurecht abzugeben, denn privater Baugrund ist für viele unerschwinglich, und auch die Mieten sind sehr teuer geworden.

Sollte es zu einer Rezession in Ländern kommen, mit denen wir wirtschaftlich enger verbunden sind, so wird das auch Rückwirkungen auf unsere Wirtschaft und damit auch auf das Budget des Landes haben. Wir müssen daher bedacht sein, keine Gefälligkeitsdemokratie zu werden, welche einerseits die Bürger verwöhnt und andererseits versäumt, in guten Jahren Reserven anzulegen.

In der Öffentlichkeit werden seit einiger Zeit Pläne für Stromgewinnung aus Laufwerken in unserem Rheinabschnitt diskutiert. Es ist unsere Pflicht, ein solches Projekt gründlich und genau zu untersuchen, wobei besonders die Fragen der Grundwasserverhältnisse und der Sicherheit im Vordergrund stehen sollen. Diese Abklärungen müssen, da der Rhein ein Grenzfluss ist, zusammen mit unseren Nachbarn im Kanton St. Gallen und mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft erfolgen. Wenn das Vorhaben ohne Störung des ökologischen Gleichgewichts und unter Beachtung aller technischen Sicherheiten realisiert werden kann, sollten wir uns diese Möglichkeit nicht entgehen lassen. Unsere Wirtschaft hätte dann für Jahrzehnte eine Sicherung ihres Strombezuges und das Land auch in wirtschaftlich schlechteren Zeiten einen gesicherten Posten in seinem Budget.

Für die kommende Arbeit wünsche ich Ihnen, sehr geehrte Herren Abgeordneten, Gottes Beistand und Segen und erkläre die diesjährige Sessionsperiode des Landtages für eröffnet.