Thronreden

27. März 1969

Thronrede, Fürst Franz Josef II.

Aufklappen und Zuklappen

Thronrede anlässlich der Eröffnung des Landtages am 27. März 1969



Ich habe Sie heute zur Eröffnung der neuen Sitzungsperiode einberufen, um einige Probleme zu erörtern, mit welchen sich der Landtag in diesem Jahr wird zu befassen haben.

Wie überall im freien Europa hat die gewaltige Entwicklung der Wirtschaft und die damit verbundene Hebung des Lebensstandards auch bei uns eine sprunghafte Vergrösserung des Verkehrs herbeigeführt. In den vergangenen Jahren wurde unser Strassennetz zu einem erheblichen Teil modernisiert, und es ist auf diesem Gebiet eine grosse und gute Arbeit geleistet worden. Es ist aber der grosszügige Ausbau von Hauptverkehrsstrassen nicht zu umgehen. Die Sicherheit der Bewohner unseres Landes verlangt es ebenfalls. Nun ist wegen der Kleinheit Liechtensteins das Problem der Bodenauslösung besonders schwierig, und man wird nach neuen Wegen suchen müssen, um die durch die Grundabtretung für den einzelnen Bodenbesitzer entstehenden Belastungen auf einen breitern Kreis zu verteilen. Wir sind wohl alle der gleichen Ansicht, dass die durch den neuen Strassenbau betroffenen Bodenbesitzer Opfer bringen müssen, doch sollte eine Art Lasten-Umlegungsverfahren gefunden werden, welches eine gerechtere Verteilung der Opfer begründet. Es wird Jeder einsehen, dass von einer neuen Strasse nicht nur die unmittelbaren Anlieger einen Vorteil haben, sondern es kommt dieser Vorteil einem viel breiteren Personenkreis zugute. Es erscheint mir daher die Forderung, auch die Lasten auf einen grösseren Kreis zu verlagern, sicher gerecht

Ein besonderes Augenmerk muss dabei auch der Frage der Entschädigung des betroffenen Bodenbesitzers zugewendet werden. Einerseits hat der Grundbesitzer natürlich das Anrecht auf einen gerechten Preis für den verlorenen Boden, andererseits darf man aber nicht durch die Forderungen nach allzu hochgeschraubten Bodenpreisen jeden Strassenbau von vornherein nahezu verunmöglichen. Ich bin mir, meine Herren Abgeordneten, bewusst, dass dieser Problemkomplex nicht einfach und auch nicht von heute auf morgen zu lösen ist doch können wir im Interesse der weiteren Entwicklung unseres Landes einer guten Lösung nicht ausweichen.

Neben diesem Problemkomplex sind noch einige andere Fragen, auf welche ich ihre Aufmerksamkeit hinlenken möchte.

Es ist in den letzten Jahren auf dem Gebiete des Schulwesens viel geleistet worden. Nicht nur die Primarschulen sind zum grossen Teil von Grund auf modernisiert worden, auch der Ausbau der höheren Schulen schreitet rasch voran und die Bildungsmöglichkeiten für unsere Jugend sind in erfreulichem Masse ausgebaut. In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Stipendiengesetz hinweisen, welches noch einiger Verbesserungen bedarf. Trotz der guten wirtschaftlichen Lage des Landes bedeuten doch studierende Kinder für manche Familie eine gewisse Belastung, und es darf nicht der Fall eintreten, dass infolge der Untragbarkeit dieser Belastung junge Menschen vom Studium ausgeschlossen sind.

Im Anschluss an diese soziale Frage möchte ich weitere soziale Belange berühren.

Wir werden uns mit der Sicherung des Einzelnen gegen eine zeitweise Arbeitslosigkeit zu befassen haben. Man darf zwar annehmen, dass unsere Wirtschaft in absehbarer Zeit kaum unter Krisenerscheinungen zu leiden hat, doch sollten wir weiter in die Zukunft denken und rechtzeitig Vorsorge treffen.

Auch auf dem Gebiete der Krankenversicherung stellen sich noch Aufgaben zur Lösung. Man wird eine Regelung der Familienversicherung beraten müssen, und es ist zu bedenken, dass die ältere Generation gegenwärtig zu wenig, teilweise überhaupt nicht, versichert ist. Aus sozialen Erwägungen sollte gerade den älteren Menschen der Eintritt in die Krankenkasse zu erträglichen Bedingungen ermöglicht werden.

Auch auf dem Gebiete der Unfallversicherung wären noch einige Novellierungen zu überlegen. Einerseits wären die Renten an die Teuerung anzupassen, andererseits ist zu überlegen, ob nicht der Kreis der Pflichtversicherten noch ausgeweitet werden müsste.

Abschliessend weise ich noch auf das Jugendschutzgesetz hin. Dieser Fragenkomplex wurde hier schon mehrfach diskutiert und beraten, doch glaube ich, dass die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen auf diesem Gebiete zu ändern wären.

Nun wünsche ich Ihnen, meine Herren Abgeordneten, für Ihre Arbeit den Segen Gottes und erkläre die diesjährige Session des Landtages für eröffnet.