Thronreden

21. März 1964

Thronrede, Fürst Franz Josef II.

Aufklappen und Zuklappen

Thronrede anlässlich der Eröffnung des Landtages am 21. März 1964



Die Eröffnung der neuen Sessionsperiode des Landtages scheint mir gegeben, um einige der Probleme aufzuzeigen, mit denen man sich wird befassen müssen.

Die Wirtschaftspolitiker Europas sind in den letzten Jahren gezwungen worden, sich mit den durch die anhaltende Konjunktur geschaffenen neuen Verhältnissen auseinanderzusetzen. Eines der Probleme in diesem Zusammenhang ist die stets steiler ansteigende Teuerung und die damit unmittelbar verbundene Frage der Geldentwertung. Wenn unser Land auch klein ist, muss es sich doch mit dem Problem der steigenden Preise auseinandersetzen und Massnahmen auf diesem Gebiete ergreifen. Es erscheint mir dies im Interesse der Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft dringend geboten. Eine andere Gefahr der steigenden Preise und der Geldentwertung sehe ich in der Lähmung des Sparwillens unseres Volkes, eine Gefahr, der begegnet werden sollte. Nur dann, wenn der einzelne Bürger die Überzeugung hat, dass der Staat alles vorkehrt, um eine Entwertung des Geldes zu verhindern, sieht sich der Bürger veranlasst zu sparen. Nun scheint mir gerade heute die Spartätigkeit und die Eigentumsbildung in besonderem Masse wichtig, sind doch durch die Umgestaltung unserer Wirtschaft in den vergangenen Jahren zahlreiche Liechtensteiner aus der Landwirtschaft in die Industrie abgewandert, und es ist zu befürchten, dass viele Familien in ein oder zwei Generationen der Proletarisierung anheimfallen. Gerade diesen Liechtensteinern sollte eine neue Vermögensbildung ermöglicht werden, denn nur so können wir ihnen auch in ihrem neuen Lebens- und Berufskreis Sicherheit der Existenz und damit die der menschlichen Natur zukommende Würde und Freiheit bewahren. Nur ein Bürger, welcher sich frei und unabhängig fühlt, wird die richtige und enge Verbindung zur Heimat finden. Die grosse Bedeutung der Eigentumsbildung wird noch durch die Möglichkeit erhöht, den einzelnen Bürger zu bewegen, sein Einkommen nicht laufend zu verbrauchen und damit alle Sorge um sein Wohlergehen und um seine Zukunft dem Staate zu überbinden. Primär ist der Einzelne berufen und verpflichtet für seine Zukunft und sein Alter vorzusorgen, und erst sekundär hat die Öffentlichkeit hier helfend einzugreifen.

In das Gebiet der mit der Konjunktur zusammenhängenden Wirtschaftsfragen gehört zum Teil auch das Problem der Abzahlungsgeschäfte. In einer von der Regierung jüngst erlassenen Verordnung wurde diese Frage bereits angeschnitten, und es wird dem Landtag demnächst ein entsprechender Antrag der Regierung für eine generelle Regelung vorgelegt. Diese in einem bestimmten Rahmen vorgesehene Einschränkung der Abzahlungsgeschäfte wird sicher beim Volke ebenfalls die Neigung zum Sparen stärken.

Wenn ich hier Fragen des Fürsorgerechtes und der Fürsorgepflicht erwähne, so möchte ich es nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass dabei gleichzeitig gewisse Reformen notwendig werden. So wird man zum Beispiel daran denken müssen, die Unterhaltungspflicht der Heimatgemeinden wenigstens teilweise auf die Wohnsitzgemeinden zu übertragen, denn es ist nur recht und billig, dass jene Gemeinden gegenüber dem bedürftigen Landesbürger fürsorgepflichtig wird, welche auch dessen Steuern bekam.

Auf andere Gebiete der Gesetzgebung übergehend, weise ich darauf hin, dass im Zusammenhang mit dem Ende des letzten Jahres beschlossenen Verfassungsgesetz ein Gesetz betreffend die Amtshaftung erforderlich wäre. Ein diesbezüglicher Gesetzesvorschlag der Regierung wird im Laufe des Jahres dem Landtag unterbreitet werden. Im Prinzip ist diese Frage bereits in der Verfassungsnovelle vom 28. Dezember 1963 anerkannt und braucht zu ihrer Regelung nun das Ausführungsgesetz.

Da mir die Belange der Jugend stets sehr am Herzen liegen, so möchte ich nicht meine Rede schliessen, ohne zu erwähnen, dass vermehrte Massnahmen zur Förderung unserer Jugend zu begrüssen wären. Wenn auch schon manches auf diesem Gebiete durchgeführt wurde, so scheint mir doch weitere Vorsorge nützlich.

Ich wünsche nun Ihnen, meine Herren Abgeordneten, für Ihre Tätigkeit den Segen Gottes und erkläre gemäss Artikel 54 der Verfassung die diesjährige Sessionsperiode des Landtages für eröffnet.