Thronreden

16. April 1975

Thronrede, Fürst Franz Josef II.

Aufklappen und Zuklappen

Thronrede anlässlich der Eröffnung des Landtages am 16. April 1975

Die beiden Volksabstimmungen, welche Anfang März stattfanden, betrachte ich nicht als Abstimmungen, die in das gewöhnliche Schema passen. Die Bürger verweigerten dem Staat weitere Einnahmen in der Form von Steuererhöhungen und wollten andererseits durch ihr Gebot, den Finanzausgleich an die Gemeinden vorerst in der jetzigen Höhe zu belassen, die Finanzen des Landes nicht entlasten. Ich glaube und hoffe, dass dieser scheinbare Widerspruch sich in folgender Weise auflösen lässt Die Bürger sind wohl der Meinung, dass dem Staate Geld entzogen bezw. keine neuen Mittel zugeführt werden sollen, damit er zu einer sparsamen Wirtschaft angehalten wird. Dieser Meinung der Liechtensteiner entsprechend sollte das Anwachsen des Budgets, wie es sich in den Jahren der Wirtschaftsexpansion ergab Jetzt in der Zeit einer Stagnation, wahrscheinlich sogar des Beginnes einer Rezession, gebremst werden. Ich begrüsse es nur, wenn die Bürger meiner Ansicht sind, dass man das Staatsbudget nicht jedes Jahr überproportional wachsen zu lassen braucht, sondern im Gegenteil sieht, das Budget in seinen Ziffern, wo es geht, zu stabilisieren. Ich werde auf jeden Fall trachten, dass dieser Wunsch der Liechtensteiner erfüllt wird. Ich kenne die Liechtensteiner als überlegte und kluge Leute und kann daher nur annehmen, dass sich der Widerspruch der beiden Abstimmungen in diesem Sinne erklären lässt

Wir stimmen sicher alle darin überein, dass das Land auf Dauer nur so viel Geld ausgeben kann, als es der Höhe seiner Einnahmen entspricht. Ich werde auch nie einem Budget die Zustimmung geben, welches die Finanzierung von laufenden Ausgaben durch Dauerkredite und Anleihen vorsieht Anleihen und Dauerkredite können nur Verwendung finden zur Finanzierung von Investitionen, welche deren Verzinsung und Amortisation ermöglichen.

Vor den Volksabstimmungen wurden übrigens auch Stimmen laut, welche auf scheinbare grosse Reserven des Landes verwiesen. Diese Reserven sind aber ihrer Bestimmung nach nicht für die allgemeine Ausgabendeckung gedacht, und ein ziemlicher Teil von diesen muss ohnedies schon in den nächsten paar Jahren ihrer vorgesehenen Verwendung zugeführt werden. Es verbleibt ein geringer Rest, welcher nicht einmal reichen würde, 10 % des Aufwands eines Rechnungsjahres zu decken.

Ein Budget in der jetzigen Zeit, in der die Wirtschaft unseres Landes noch ganz gut geht, sollte keinen Fehlbetrag aufweisen. Wir werden vielleicht in den nächsten Jahren froh sein über jeden Rappen, den wir noch irgendwie in Reserve finden. Die Budgetierung und auch die Volkswirtschaft eines kleinen Landes kann nicht mit der Lage eines vielhundertfach grösseren Staates wie der Schweiz verglichen werden. Das Budget eines kleinen Landes wie Liechtenstein muss stets so geführt werden, wie das eines europäischen mittleren Industriebetriebes, dem es auch in den Ziffern entspricht.

Bevor ich schliesse, möchte ich noch betonen, dass man bei Einsparungen nicht den bequemen Weg gehen darf, dies auf Kosten von Belangen vorzunehmen, hinter denen kein entsprechendes politisches Gewicht steht Diese meine Bemerkung soll aber keine Zustimmung sein dafür, dass das Land in einer finanziell angespannten Lage perfektionistische Projekte ausführen wollte oder auch Projekte startet, deren Beginn hinausgeschoben oder auf einen längeren Zeitraum erstreckt werden könnte.

Die finanzielle Situation des Landes, bedingt durch die Abstimmungen, erfordert auf jeden Fall Massnahmen, so dass ich mich gedrängt gefühlt habe, die Lage nach meinen Ideen und in meinen Worten darzulegen. Ich will auch das Gewicht dieser Fragestellung nicht abschwächen, indem ich andere Themen in meiner Landtagsrede berühre.

Ich möchte nun noch Ihnen, meine Herren Abgeordneten, für die diesjährige Sessionsperiode des Landtages Gottes Segen und Beistand wünschen und erkläre hiermit den Landtag für eröffnet.