Thronreden

22. März 1952

Thronrede, Fürst Franz Josef II.

Aufklappen und Zuklappen

Thronrede anlässlich der Eröffnung des Landtages am 22. März 1952


Auf Grund des Artikels 48 der Verfassung habe ich Sie für heute zur Eröffnung der Sessionsperiode 1952 einberufen und möchte aus diesem Anlasse zu Ihnen sprechen.

Die Wirtschaft unseres Landes zeigt weiterhin eine von der Konjunktur begünstigte Entwicklung. Die Industrie ist gut beschäftigt, die Landwirtschaft kann ihre Produkte zu günstigen Preisen absetzen und die kaufmännischen Unternehmungen florieren. Dieser erfreuliche Zustand darf uns aber nicht sorglos machen, und wir müssen auf die Gefahr vorbereitet sein, dass der Aufwärtsentwicklung auch wieder krisenhafte Zeiten folgen können. In Jahren ungünstiger wirtschaftlicher Entwicklung muss das Land imstande sein, arbeitslosen Kräften Beschäftigung zu geben. Dazu brauchen wir 1. Geldreserven, 2. Arbeitsmöglichkeiten. Wenn auch die Anlage von effektiven Geldreserven nicht immer möglich ist, so sollte durch eine vorsichtige Budgetierung in Land und Gemeinde die Erschliessung und Abschöpfung der Einnahmequellen nicht zu weit vorgetrieben werden, um in Zeiten der Krisen Bedeckungsmöglichkeiten zu haben für die dann notwendigen Massnahmen. Die sinnvolle Beschäftigung von Arbeitslosen in eventuellen Notzeiten setzt voraus, dass die Planung der öffentlichen Arbeiten sich auf längere Sicht erstreckt.

Eine bedeutende gesetzgeberische Aufgabe, die dem Landtag in der neuen Sessionsperiode obliegt wird die Erledigung des Gesetzes über die Alters- und Hinterlassenen-Versicherung sein. Dieses Gesetz ist ein soziales Werk gerade für unser kleines Land, in dem mehr als anderswo Einer auf den Anderen angewiesen ist und in dem das Elend einer an sich kleinen Gruppe viel tiefergehende Folgen mit sich bringt. Wenn unser Land zur Zeit dank einer günstigen wirtschaftlichen Entwicklung soziale Probleme nicht kennt, so soll das gerade für Sie, meine Herren Abgeordneten, eine Mahnung sein vorzusorgen, dass auch in Zukunft unsere Heimat vor diesen Erschütterungen bewahrt bleibt Das Gesetz über die Alters- und Hinterlassenen-Versicherung darf nicht einseitig danach beurteilt werden, ob es den Steuersatz etwas erhöht, sondern der Bürger muss - auf dem Boden der sozialen Gerechtigkeit stehend - sich seiner Pflichten gegenüber der Allgemeinheit bewusst werden. Es sollte auch verstanden werden, dass hier die Möglichkeit geboten wird, ein Unterpfand für den sozialen Frieden in der Zukunft zu schaffen. Die Obsorge für Witwen, Waisen und Greise ist übrigens eine uns von Gott aufgetragene Pflicht und wir handeln als Christen, wenn wir sie erfüllen. Nur durch eine wirklich durchgeführte soziale Gerechtigkeit kann die menschliche Gesellschaft zur wahren Ordnung gelangen und nur so erhält sie jene innere Kraft, die sie befähigt dem zerstörenden Einfluss des Materialismus wirkungsvoll entgegenzutreten.

An meine Gedanken betreffend das Gesetz über die Alters- und Hinterlassenen-Versicherung anknüpfend möchte ich noch einige Worte sprechen über eine andere Frage von grosser sozialer Wichtigkeit für unser Land. Die Hoffnung und Zukunft unseres Landes ist die Jugend. Nun höre ich immer wieder von berufenen Faktoren, z.B. der Lehrerschaft, der Geistlichkeit, den Ärzten, wie notwendig ein Jugendschutzgesetz wäre, um das Gedeihen unserer Jugend in moralischer, geistiger und körperlicher Beziehung sicherzustellen. Die meisten Staaten haben den Wert eines Jugendschutzgesetzes erkannt und wäre es wohl für Liechtenstein von grosser Bedeutung, diesen Beispielen zu folgen und in den nächsten Jahren die Jugend durch ein entsprechendes Gesetz zu schützen.

Indem ich von Herzen wünsche, dass der Segen Gottes Ihre Beratungen und Entschliessungen begleiten möge, erkläre ich hiemit die Session 1952 für eröffnet.