Frage vom 07. Mai 2025
Die finanzielle Unterstützung pflegender Angehöriger durch das Pflegegeld der AHV ist ein wichtiger Beitrag zur Sicherstellung der Betreuung hilfsbedürftiger Personen in ihrem häuslichen Umfeld. Die aktuellen Bestimmungen sehen verschiedene Leistungsstufen vor, die sich nach dem Betreuungsaufwand richten. Allerdings zeigen sich in der praktischen Umsetzung Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf die Abrechnung des Pflegegeldes gegenüber der AHV und den Abschluss von Versicherungen. Dies betrifft vor allem Angehörige, die Personen mit niedrigeren Pflegestufen betreuen und deren Vergütung möglicherweise gering ist.
Die Notwendigkeit, bereits ab Pflegestufe 1 eine Betriebsunfall- und ab acht Stunden Betreuung pro Woche zusätzlich eine Nichtbetriebsunfall- sowie eine Taggeldversicherung abzuschliessen und die fehlenden Freibeträge bei der Anrechnung des Pflegegeldes scheinen eine unverhältnismässige administrative und finanzielle Belastung für die Pflegenden darzustellen. Es ist zu vermuten, dass dies zu einem erhöhten Beratungsaufwand bei der AHV und der Fachstelle für Betreuungs- und Pflegegeld führt und möglicherweise die Attraktivität der Angehörigenpflege schmälert.
- Wie bewertet die Regierung die aktuelle Regelung bezüglich der Abrechnungspflicht des Pflegegeldes gegenüber der AHV, insbesondere im Hinblick auf den administrativen Aufwand für pflegende Angehörige mit niedrigen Pflegestufen und geringem Einkommen?
- Sieht die Regierung Möglichkeiten oder Handlungsbedarf, um die Abrechnungsprozesse für pflegende Angehörige, vor allem für niedrige Pflegestufen, zu vereinfachen, beispielsweise durch die Einführung von Freibeträgen oder pauschalierten Abrechnungsmodellen für niedrigere Pflegestufen?
- Inwieweit berücksichtigt die aktuelle Gesetzgebung die finanzielle Belastung pflegender Angehöriger durch den obligatorischen Abschluss von Unfall- und Taggeldversicherungen bereits ab geringen Betreuungszeiten und niedrigen Pflegegeldleistungen und gibt es Überlegungen, hier Anpassungen vorzunehmen, um die Attraktivität der Angehörigenpflege zu erhalten?
- Welche Erkenntnisse hat die Regierung bezüglich des Betreuungs- und Beratungsaufwands bei der AHV und der Fachstelle für Betreuungs- und Pflegegeld im Zusammenhang mit Fragen zur Abrechnung und den Pflichtversicherungen für pflegende Angehörige und welche Massnahmen werden ergriffen, um diese Beratungsleistungen effizient zu gestalten?
- Welche kurz- und mittelfristigen Massnahmen plant die Regierung, um die Rahmenbedingungen für pflegende Angehörige generell zu verbessern und sicherzustellen, dass die finanzielle Unterstützung und die damit verbundenen administrativen Prozesse angemessen und praktikabel sind?
Antwort vom 09. Mai 2025
Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass diese Thematik nicht nur die Lohnabrechnung gegenüber der AHV betrifft, sondern auch den Versicherungsschutz und damit die Abrechnung gegenüber weiteren Sozialversicherungen wie der Unfall-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung umfasst. Dazu kommt auch die Notwendigkeit, wie bei allen Lohnzahlungen, mit der Steuerverwaltung zusammenzuarbeiten.
Ausserdem ist anzumerken, dass dieses Thema bereits letztes Jahr im Bericht und Antrag der Regierung Nr. 98/2024 vom 3. September 2024 behandelt wurde. Der Bericht und Antrag geht auf ein Postulat zurück und trägt den Titel «Massnahmen zur Optimierung und Weiterentwicklung des Betreuungs- und Pflegegeldes». Die Ausführungen der Regierung zum Thema sind auf S. 24 ff des Berichts und Antrags.
zu Frage 1:
Pflegebedürftige Personen können zur Pflege Personen beschäftigen und diese entlohnen. Das ist auch dann möglich und sinnvoll, wenn die Pflegerinnen oder Pfleger Familienangehörige sind. Löhne sind aber immer sozialversicherungspflichtig. Dabei geht es nicht darum, Einkommen für die Sozialversicherungswerke zu generieren. Entscheidend ist, dass die Lohnempfängerinnen und Lohnempfänger ordentlich versichert sind, sowohl für Unfälle, Krankheit, als eben auch im Hinblick auf ihre spätere Rentenanwartschaft. Am Grundsatz der Sozialversicherungspflicht sollte daher nicht gerüttelt werden.
zu Frage 2:
Die Abrechnung von geringfügigen Löhnen führt insbesondere bei Arbeitgebenden mit wenig Erfahrung im Bereich Lohnbuchhaltung zu administrativem Aufwand. Die Abrechnung mit den AHV-IV-FAK-Anstalten und der Pensionskasse sind dabei eher einfacher. Schwieriger ist es, gerade bei schwankenden und im Vorhinein nicht bekannten Lohnsummen, die erstmalige Abrechnung mit Kranken- und Unfallversicherung aufzugleisen. Die Fachstelle Betreuungs- und Pflegegeld bestätigt, dass ihr die angesprochene Thematik beinahe täglich begegnet.
Im einleitend erwähnten Bericht und Antrag wird aufgezeigt, wie dem administrativen Aufwand begegnet werden könnte.
Eine Möglichkeit besteht darin, dass der Anspruchsberechtigte für die "Buchhaltung" ein gesondertes Bankkonto für das Pflegegeld einrichtet. Auf dieser Grundlage ist die Abrechnung mit den Sozialversicherungen und der Steuerbehörde durchaus möglich.
Die Fachstelle Betreuungs- und Pflegegeld stellt auf ihrer Webseite unter der Rubrik «Fragen & Antworten» umfangreiche und gut verständliche Informationen und ausgefüllte Musterformulare zur Verfügung. Auch das Ministerium für Gesellschaft und Justiz hat auf der Homepage der Regierung ein "Merkblatt Lohnabrechnung 2025" und ein "Muster Lohnblatt 2025" zur Verfügung gestellt. Ausserdem bietet auch die AHV-Verwaltung Unterstützung, soweit es um Lohnabrechnungen mit den AHV-IV-FAK-Anstalten geht.
Im Weiteren besteht die Möglichkeit, die Lohnabrechnungen gegen Entgelt von einem Buchhaltungsbüro erstellen zu lassen. Es gibt in Liechtenstein kleine Buchhaltungsbüros, die solche Mandate zu vernünftigen Preisen anbieten. Zu beachten ist allerdings, dass auch in diesem Fall Unterlagen über die ausbezahlten Löhne bereitgestellt werden müssen.
Eine weitere Variante wäre ein grundsätzlicher Schwellenwert, wie dies im Postulat aus 2023 zur Einführung eines AHV-Beitragsschwellenwertes gefordert wurde. Hierzu hat die Regierung bereits einen Gesetzesvorschlag vernehmlasst, der vorsieht, bei Löhnen bis zu CHF 3'000 pro Jahr dem Arbeitnehmer bzw. der Arbeitnehmerin freizustellen, ob eine AHV-Abrechnung gewünscht ist. Die Vernehmlassungsergebnisse werden derzeit ausgewertet. Anzumerken ist jedoch, dass ein jährlicher Schwellenwert von CHF 3'000 für die vorliegende Thematik der Administration des Pflegegeldes keine grosse Erleichterung brächte. Denn bereits bei der niedrigsten Pflegestufe und einem Pflegegeld von CHF 11 pro Tag würde dieser Schwellenwert überschritten.
zu Frage 3:
Die aktuelle Gesetzgebung berücksichtigt die Belastung pflegender Angehöriger bei geringen Betreuungszeiten insofern, als keine Pflicht zum Abschluss einer Krankengeldversicherung besteht, wenn die Betreuung im Jahresdurchschnitt weniger als acht Stunden pro Woche beträgt. Eine analoge Ausnahme gilt für die Nichtbetriebsunfallversicherung. Für die Betriebsunfallversicherung besteht diese Ausnahme nicht. Im Übrigen ist auf den in der Antwort auf Frage 2 erwähnten Vernehmlassungsbericht zur Einführung eines AHV-Beitragsschwellenwerts zu verweisen.
zu Frage 4:
Wie bereits zu Frage 2 ausgeführt, ist sich die Regierung bewusst, dass die Lohnabrechnung für Laien nicht ganz einfach ist. Daher stehen eben umfangreiche Beratungsangebote zur Verfügung, wie in der Antwort zu Frage 2 bereits ausgeführt.
zu Frage 5:
Die Regierung wird ihre Arbeit am vorerwähnten Postulat zur Einführung eines Schwellenwerts fortsetzen. Weitere Massnahmen in diesem Bereich sind derzeit nicht vorgesehen. Land und Gemeinden stellen jährlich beträchtliche Mittel in Höhe von rund CHF 14 Millionen für Pflegegeld zur Verfügung. Diese öffentlichen Gelder müssen von den privaten Leistungsempfängern gegenüber den Sozialversicherungen und der Steuerverwaltung ordnungsgemäss abgerechnet werden, auch wenn dies mit einem gewissen administrativen Aufwand verbunden ist. Eine korrekte Abrechnung ist nicht nur im Sinne unseres staatlichen Systems, sondern auch im Sinne der Arbeitnehmenden selbst, sprich der pflegenden Personen.