Initiative betreffend die Abänderung des Strafgesetzbuches (Schwangerschaftsabbruch) der Abgeordneten Marlies Amann-Marxer, Gisela Biedermann, Gerold Büchel, Albert Frick, Johannes Kaiser, Elmar Kindle und Renate Wohlwend vom 26. September 2011; 1. Lesung
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Dann fahren wir weiter mit Traktandum 8: Initiative betreffend die Abänderung des Strafgesetzbuches (Schwangerschaftsabbruch) der Abgeordneten Marlies Amann-Marxer, Gisela Biedermann, Gerold Büchel, Albert Frick, Johannes Kaiser, Elmar Kindle und Renate Wohlwend vom 26. September 2011.
Wir behandeln diese Vorlage in 1. Lesung.
Wird dazu das Wort gewünscht?Abg. Pepo Frick
Ich möchte mich ganz kurz äussern: Es wurde ja bereits im letzten Herbst sehr intensiv über diesen Vorschlag, über diese Initiative, diskutiert. In aller Kürze: Mit dieser Exportinitiative, wie sie uns hier vorliegt, zementieren wir den unbefriedigenden Zustand bzw. Status quo. Es gibt eine Reihe von Gründen für mich, die mich dazu bringen, auf diese Initiative nicht einzutreten: - Die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche wird durch diese Initiative nicht abnehmen.
- Die Regierung oder wir als Abgeordnete werden weiterhin nicht Kenntnis von den Gründen haben, die zu Abbrüchen führen.
- Weiterhin auf diesem Auge blind wird der Staat weiterhin eine passive Haltung bei dieser Thematik einnehmen.
- Die UNO und der Europarat werden weiterhin anmahnen, dass Liechtenstein als eigenständiger Staat den Frauen einen straffreien und auch medizinisch sicheren Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch ermöglichen soll.
- Die Initiative versuchte und versucht, mit der Gesetzesänderung gleich auch noch familienpolitische Massnahmen zu verknüpfen. Das kann nicht gelingen, denn Zahlen und Fakten, mit denen wir argumentieren könnten, erhalten wir nur durch die Einführung einer Fristenregelung.
- Sie ist kein realitätsgerechter Vorschlag, weil sie die Augen vor der Realität verschliesst und Liechtenstein als Insel hervorhebt. Alle Länder Mitteleuropas – ausser Liechtenstein – haben Fristenregelungsmodelle.
- Weiterhin haben wir eine Stigmatisierung der Betroffenen. Da möchte ich als Abgeordneter nicht mitmachen.
- Weiterhin haben wir eine Tabuisierung des Themas. Dafür möchte ich als Abgeordneter nicht mitverantwortlich sein.
- Weiterhin herrscht in Liechtenstein Rechtsunsicherheit, die ich als Abgeordneter nicht befürworten kann.
- Das meiner Meinung nach stärkste Argument in dieser Reihe von Argumenten: Weiterhin hätten wir mit dieser Exportinitiative ein strenges, den Menschenrechten einer Frau widersprechendes Schwangerschaftsabbruchsverbot mit Gefängnisstrafandrohung im Inland.
Danke. Abg. Christian Batliner
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Ich kann mich dem Votum des Abg. Pepo Frick nahtlos anschliessen und möchte noch weitergehende Ausführungen machen. Insbesondere auch, wir haben Eintreten nach meinem Verständnis noch nicht beschlossen. Das müssen wir zuerst beschliessen, bevor es zu einer 1. Lesung kommt. Aber ich möchte doch auch auf die Konsequenzen der vorliegenden Initiative hinweisen. Ich kann mich kurz fassen: Ich anerkenne den guten Willen der Initianten. Ich kann der Initiative aber nicht zustimmen, weil keine Abwägung der gegenläufigen Interessen stattfindet, nämlich zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und dem Schutz des ungeborenen Lebens. Mit dieser Vorlage würde zwar die Frau entkriminalisiert, doch vollumfänglich zulasten des Schutzes des ungeborenen Lebens, welchen es faktisch eigentlich nicht mehr gibt.
Ich bin für die Entkriminalisierung der Frau, aber nicht zu jedem Preis. Und der Preis, der diese Initiative mit sich bringt, ist zu hoch. Entschuldigen Sie bitte, wenn ich nun etwas in die emotionale Bresche schlage, aber vielleicht muss man es einfach einmal bildlich auf den Punkt bringen:
Durch die voraussetzungslose Abschaffung des Weltrechtsprinzips kann eine Abtreibung bis zum Einsetzen der Geburtswehen vollkommen legal vorgenommen werden. Das ungeborene Kind kann mit anderen Worten auch noch im neunten Monat abgetrieben werden - und das vollkommen legal. In der Praxis nennen sich solche Spätabtreibungen «Fetozid». Anders ausgedrückt – und die Ärzte hier im Landtag sollen mich bitte korrigieren, wenn ich was Falsches sage: dem Kind wird die Blutzufuhr der Nabelschnur unterbunden oder das Kind wird im Körper der Mutter vergiftet, indem ihm Kaliumchlorid ins Herz injiziert wird. Daraus resultiert ein Herzstillstand, der innerhalb weniger Minuten eintritt. Nochmals: Vollkommen legal. Es fallen somit sämtliche Barrieren. Einzige Voraussetzung ist, dass die Geburtswehen noch nicht eingesetzt haben. Haben die Geburtswehen eingesetzt, wird das Kind juristisch gesehen zum Mensch und darf deshalb eine Abtreibung nicht mehr vorgenommen werden. Dann ist es nämlich ein Tötungsdelikt mit Strafandrohung bis zu 20 Jahren. Aber eben erst dann. Davor eine legale Abtreibung, wenn sie im richtigen Staat vorgenommen wird.
Ich finde dies unhaltbar und es ist geradezu vollkommen unglaubwürdig, wenn in der Initiative gleichzeitig vom «Schutz des ungeborenen Lebens» gesprochen wird. Fakt ist: Bei Annahme dieser Initiative wird bei uns das ungeborene Leben nicht mehr geschützt. Dafür ist die Frau entkriminalisiert. Aber eben auch eine Frau, die zum Beispiel noch im 5., 6. oder 9. Monat abtreiben lässt. Wollen wir eine Abtreibung im Ausland tatsächlich voraussetzungslos zulassen?
Ich höre hierzu immer wieder, dass man nicht vom «Worst case» ausgehen könne und wir ohnehin keinen Einfluss darauf haben, was schwangere Frauen im Ausland machen.
Ich habe bereits im Oktoberlandtag darauf hingewiesen, dass zum Beispiel in Holland oder England ein straffreier Abbruch bis zur 24. Schwangerschaftswoche zulässig ist. Diese Liste lässt sich beliebig verlängern. In Kanada gibt es zum Beispiel gar keine entsprechenden gesetzlichen Regelungen. Und man muss auch kein begnadeter Internet-Surfer sein um herauszufinden, dass sich betroffene Eltern Hilfe im Ausland holen. Die Dunkelziffer der Spätabbrüche dürfte daher um ein Vielfaches höher liegen, als es offizielle Zahlen angeben.
Auch habe ich erwähnt, dass es auch in Deutschland das so genannte Weltrechtsprinzip gibt. Deutschland definiert in § 5 StGB die Auslandstaten gegen inländische Rechtsgüter, die unter Strafe gestellt werden. Die Ausführungen der Initianten und der Regierung, dass es in anderen Staaten ein entsprechendes Weltrechtsprinzip nicht gebe, sind in diesem Sinne falsch. Deutschland definiert das ungeborene Kind einer Inländerin als «inländisches Rechtsgut», sofern sich der Lebensmittelpunkt der schwangeren Frau in Deutschland befunden hat. Das ungeborene Kind geniesst also einen Rechtsschutz über die Staatsgrenzen hinaus und kann im Ausland nicht einfach so voraussetzungslos abgetrieben werden. Eine Frau macht sich nach deutschem Recht strafbar, wenn sie sich nicht an gewisse gesetzliche Vorgaben hält. Dazu gehört, dass Frauen in allen Fällen, in denen keine besondere Indikation vorliegt, nur bis zur 12. Schwangerschaftswoche abtreiben dürfen. Wenn sie mit anderen Worten die Abtreibung zu einem späteren Zeitpunkt in einem anderen Staat vornehmen lassen, der keine oder weniger weitgehende Restriktionen kennt, machen sie sich strafbar.
Es ist letztendlich also nicht eine Frage der Durchsetzung, die sich uns als Gesetzgeber stellt, sondern eine Wertung, die wir als Gesetzgeber vorzunehmen haben. Soll eine Frau, die zum Beispiel noch im 5., 6. oder gar 9. Monat ein Kind abtreiben lässt, hierfür strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können oder soll sie straffrei bleiben, mit anderen Worten also auch hierfür entkriminalisiert werden? Oder anders gefragt: Wollen wir als Gesetzgeber das ungeborene Kind ab der 12. Schwangerschaftswoche schützen? Nur im Inland oder auch im Ausland?
Sieht man sich die Gesetzesmaterialien zu § 64 StGB an, wird klar, dass mit dieser Bestimmung vor allem auch das Schutzprinzip zum Tragen kommen sollte. Zu der uns vorliegend interessierenden Ziff. 8 des § 64 StGB wurde ausgeführt, dass der Schutz des keimenden menschlichen Lebens zu den besonderen Anliegen der liechtensteinischen Strafrechtspflege gehört. Schwangerschaftsabbrüche müssten unter bestimmten Voraussetzungen nach liechtensteinischem Strafrecht auch dann bestraft werden können, wenn sie im Ausland begangen werden, um den Schutzzweck der liechtensteinischen Strafnormen sicherzustellen.
Mit dieser Initiative nehmen wir nun eine völlig andere Wertung vor. Wir entkriminalisieren schwangere Frauen, die abtreiben möchten, voraussetzungslos. Und dies zulasten des Schutzes des ungeborenen Lebens, das – wenn man ehrlich zu sich selber ist – faktisch keinen Schutz mehr geniessen wird. Ich bin kein Moralapostel, aber diese Regelung geht mir entschieden zu weit und ist an Doppelmoral kaum zu überbieten.
Die Initiative ist offenbar aber der kleinste gemeinsame Nenner. Für mich ist sie unausgewogen, unausgereift und unmenschlich. Ein fauler Kompromiss, den ich nicht unterstützen kann. Danke. Abg. Marlies Amann-Marxer
Danke, Herr Präsident. Im Wesentlichen ist die Initiative gegenüber der letzten Landtagssitzung gleich geblieben, das heisst, es soll das Weltrechtsprinzip aufgehoben werden. Eine geringfügige Änderung gemäss dem Vorschlag der Regierung wurde übernommen, nämlich die Strafbarkeit, wenn die Schwangere eine Abtreibung selbst vornimmt. Der Gedanke dahinter ist, gesundheitlichen Risiken vorzubeugen, zum Beispiel bei Selbstbeschaffung von Abtreibungspillen, zum Beispiel RU 486 per Internet, ohne ärztliche Überwachung oder Beratung. Auch soll mit der Nötigungsklausel eine Schutzbestimmung für die Frau eingeführt werden, welche auf das Umfeld abzielt, welches unter Umständen Druck auf die Schwangere ausübt.
Die Initiative stellt bei allen Nachteilen, die der Abg. Christian Batliner aufgeführt hat, eine Verbesserung gegenüber der heutigen Situation dar. Es wird durch den Gesetzgeber die Abtreibung von menschlichem Leben grundsätzlich als Unrecht betrachtet und benannt und unter Strafe gestellt, was eine nicht zu unterschätzende Signalwirkung hat und einer schleichenden Normalisierung der Abtreibung in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft entgegenwirkt.
Andererseits wird berücksichtigt, dass sämtliche Staaten in unserer direkten Nachbarschaft die Abtreibung in den ersten zwölf Wochen mit unterschiedlichen Auflagen legalisiert haben und dass liechtensteinische Frauen im umliegenden Ausland Schwangerschaftsabbrüche vornehmen lassen. Nach der heute geltenden, liechtensteinischen Gesetzeslage müssten diese Frauen, wenn sie nach Liechtenstein zurückkehren, hier strafverfolgt werden. So sieht es das geltende Gesetz vor. Da dies aber grösstenteils gesellschaftlich gar nicht erwünscht ist, da es von den Staatsanwälten nicht aufgegriffen wird und auch gar nicht angeklagt werden könnte wegen fehlender Auskunftspflicht aus dem Ausland, schlägt die überparteiliche Initiative vor, die geltende Gesetzeslage der Realität entsprechend anzupassen. Wenn eine Frau in der Regel im benachbarten Ausland nach dortiger Gesetzeslage eine Abtreibung hat legal durchführen lassen, so ist niemandem gedient, wenn sie beim Nachhausekommen strafverfolgt wird. Gleichwohl wird durch das Verbot der Abtreibung in Liechtenstein der Unrechtsgehalt einer Abtreibung betont und die Errichtung einer Abtreibungsinfrastruktur zum Beispiel im Landesspital verhindert.
Die Initianten haben bei der Einreichung der Initiative flankierende Massnahmen als zweiten Schritt gefordert. Der Abg. Pepo Frick hat Recht, wenn er sagt, durch diese Initiative werden Abtreibungen nicht reduziert. Ich erweitere das noch: Durch keine Initiative, welche die Liberalisierung der Schwangerschaftsabbruch zum Ziel hat, werden die Abtreibungszahlen reduziert. Nicht durch das österreichische Modell, nicht durch das schweizerische Modell, welche beide von der Freien Liste vehement unterstützt wurden, nicht durch diese Modelle und auch durch kein anderes, welche den Schwangerschaftsabbruch legalisieren will, werden Zahlen erreicht, die die Abbrüche reduzieren. Einzig und allein die Unterstützung im Konfliktfall kann Schwangerschaftsabbrüche reduzieren. Und es ist eine zentrale Forderung der Initianten, dass flankierende Massnahmen gesetzt werden. Das kann man in dieses Gesetz nicht einfliessen lassen, das ist ein Strafgesetz. Die Forderung steht aber im Raum. Die Regierung ist bei der Stellungnahme im März-Landtag nicht darauf eingegangen, das heisst, sie hat kein Konzept vorgelegt und keine Massnahmen vorgeschlagen. Sie hat lediglich darauf hingewiesen, welches die familienpolitischen Unterstützungsmöglichkeiten sind, die im Land bereits bestehen. Das zielt aber auf den Normalfall und nicht auf den Konfliktfall. Es ist ganz klar, dass dieser zweite Schritt erfolgen muss, wenn man die Abtreibungszahlen wirklich reduzieren will. Ohne unterstützende Massnahmen wird das nicht der Fall sein.
Wenn man über die Art der Konflikte Auskunft erhalten möchte, wenn man über Zahlen und Fakten Auskunft erhalten möchte, so ist das sehr gut möglich, Herr Abg. Frick. Sie wissen das genauso wie ich. Über die Art der Konflikte sind die Analysen der Problemfälle bei den Beratungsstellen heranzuziehen. Hier ergeben sich die Handlungsfelder und hier ergeben sich Ansatzpunkte, wo der Staat bzw. die Gesellschaft eingreifen müsste.
Ich empfehle die Initiative zur Annahme. Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke. Landtagsvizepräsidentin Renate Wohlwend
Danke, Herr Präsident. Liebe Kollegen. Ich schliesse mich grossmehrheitlich dem Votum meiner Mitinitiantin Abg. Marlies Amann-Marxer an und will noch zwei/drei Ausführungen hinzufügen.
Wie schon meine Mitinitiantin betont hat, ist die Frage, ob es nun durch diese Gesetzesänderung weniger Abbrüche geben wird, mit Nein zu beantworten, so wie auch der Abg. Pepo Frick in seinem Votum sagt. Aber genauso teile ich ihre Meinung, dass kein Modell, weder die österreichische Gesetzesvorlage noch das Schweizer Modell, eine Fristenregelung dazu führt, dass es weniger Abbrüche gibt. Ich sage etwas provozierend, dass ein Schweizer Modell meines Erachtens sogar eine Einladung zum Abbruch sein könnte. Wenn es so einfach ist, bereits werdendes Leben bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht als solches werdendes Leben zu qualifizieren, sondern straffrei abzutreiben, dann erleichtert das einer Frau vielleicht die Entscheidung, sich erst gar nicht grosse Gedanken und Gewissensfragen zu stellen, sondern sich für eine Abtreibung zu entscheiden.
Hingegen ist im Rahmen der Initiative, wo wir das Weltrechtsprinzip abschaffen wollen und eine Straffreistellung der Frau bei Schwangerschaftsabbruch zum Ziel haben, durchaus ein Angebot an die Frau, sich auch, da sie weiss, eine Abtreibung ist nicht mit Strafe bedroht, sich auch im Inland Beratung und Hilfe zu holen, diese anzunehmen und vielleicht zu einer positiven Entscheidung zu kommen, nämlich das werdende Leben bis zur Vollendung der Schwangerschaft auszutragen und zu gebären.
Der Abg. Christian Batliner sagt, dass bei dieser Initiative der Straffreistellung auch eine Spätabtreibung bis unmittelbar vor Einsetzen der Wehen möglich ist und legal wäre. Das stimmt. Aber ich fürchte, auch hier kann man das durch eine andere Gesetzesvariante oder zum Beispiel im Falle der Annahme der Motion des Abg. Pepo Frick nicht verhindern. Eine derart menschenunwürdige und schon an Perversität grenzende Vorgehensweise einer werdenden Mutter, ihr Kind bis kurz vor Einsetzen der Wehen, wo das Kind ja bereits lebensfähig wäre, abtreiben zu lassen, ist ebenfalls mit keiner, wie immer gearteten Gesetzesanpassung oder neuer Gesetzgebung zu verhindern. Ich denke, das sind wirklich Extremfälle.
Mein Hauptanliegen bei dieser Initiative ist durchaus der Schutz des ungeborenen Lebens. Und mir ist klar, dass man mit dieser Initiative nicht unbedingt das ungeborene Leben allein schützen kann, sondern dass es eben um diese Gegenüberstellung Interessen der werdenden Mutter und Interessen zum Schutz des Ungeborenen geht. Doch wie vorhin ausgeführt, denke ich, dass das Inaussichtstellen der Entkriminalisierung einer schwangeren Frau, die sich im Schwangerschaftskonflikt findet, sei das allein oder zusammen mit ihrem Partner, der der Vater ist, diese anvisierte Gesetzesänderung ihr doch die Freiheit bietet, Hilfe anzunehmen, Hilfe zu suchen und eine gute Lösung ihres Schwangerschaftskonfliktes zu erreichen.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke.Abg. Jürgen Beck
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Sie haben mir gerade das Stichwort gegeben, Frau Abg. Wohlwend. Diese Initiative dient nicht unbedingt dazu, das ungeborene Leben zu schützen und ist an Aussagekraft nicht zu übertreffen. Der Herr Abg. Christian Batliner hat mir aus dem Herzen gesprochen. Ich muss auch vorsichtig sein, dass ich nicht zu emotionale Worte finde, aber ich kann es mal zusammenfassen, wie ich diese Initiative in ein paar wenigen Worten finde: Unhaltbar, inakzeptabel, unmenschlich, unehrlich und heuchlerisch. Entschuldigen Sie bitte, wenn ich diese Worte verwende. Es ist nichts anderes, als sich vor den Realitäten zu verstecken. Da ist die Initiative oder der Vorstoss der Freien Liste wenigstens ehrlich. Da geht es darum bzw. man stellt und beantwortet die Frage: Will man eine Fristenlösung oder will man keine? Dieser Frage können wir nicht aus dem Weg gehen.
Ich beantworte Ihnen aus meiner Sicht diese Frage. Für mich steht das ungeborene Leben im Vordergrund - nichts anderes. Ich wünsche keine Fristenlösung, aus, vorbei. Es wäre wünschenswert, wenn hier mehrere klare Aussagen kommen würden. Ich habe nichts dagegen, wenn man sich für oder wenn man sich gegen eine Fristenlösung ausspricht. Aber bitte haben Sie eine Meinung dazu. Diese Initiative ist nichts anderes wie die Meinung zu verschleiern. Es tut mir leid, es tut mir wirklich leid.
Sie haben gesagt, wenn man das Schweizer oder das österreichische Modell annehmen würde, würde das eine Einladung zur Abtreibung sein. Was bitte ist denn das anderes? Der Hauptpunkt in dieser Initiative ist die Aufhebung des § 64, die Aufhebung des Weltrechteprinzips. Abgesehen davon, dass Sie den Rechtsstaat und unsere Rechtsgebung damit schwächen nach meiner Meinung, machen Sie eigentlich nichts anderes, als dass Sie genau das sagen was der Abg. Pepo Frick gesagt hat: Wir exportieren das Problem ins Ausland. Alles andere ist einfach nicht ehrlich.
Ich habe es angesprochen, Sie untergraben den Rechtsstaat. Heben wir das Weltrechteprinzip auf, bedeutet das ja nichts anderes, als dass man zugibt, dass ein Gesetz nicht vollzogen wird. Ist das Problem dann nicht auf einer anderen Seite? Kann es sein, dass Gesetze, die nicht vollzogen werden, einfach irgendwann einmal aus unserer Rechtsgebung, aus unserem Rechtsstaat verschwinden? Ist es so, dass ich nur ständig ein Gesetz brechen muss und es passiert mir nichts, dann wird dieses Gesetz irgendwann einmal gestrichen? Und das kann doch eigentlich nicht sein.
Ganz abgesehen davon finde ich, wenn wir aus dem Weltrechteprinzip, § 64 betitelt strafbare Handlungen im Ausland, die ohne Rücksicht auf die Gesetze des Tatorts bestraft werden, wenn wir eine Ziffer, in diesem Fall die Ziffer 8, aus dem § 64 entfernen, dann frage ich mich, wann dann die nächsten Teile verschwinden werden. Aber das rein zur Gesetzgebung.
Um es nochmals zusammenzufassen: Ich werde mich auch mässigen, was meine Worte angeht, aber schlussendlich bitte ich doch wirklich, wenn wir über so ein wichtiges Thema, über Moral und Ethik, sprechen, dann würde ich mir ehrlich gesagt wünschen, dass man sich die Frage stellt: Wollen wir eine Abtreibung oder wollen wir keine? Ich nehme da noch einen kleinen Exkurs auf unsere Verfassung. Ist doch vielleicht ein wenig emotional behaftet die ganze Geschichte. Soviel ich weiss, das wissen Sie natürlich auch, basiert unsere Verfassung auf christlichen Grundwerten. Und nach wie vor geniesst die katholische Kirche besonderen Schutz in unserer Verfassung. Das kann sich möglicherweise in nächster Zeit ändern. Aber ist es nicht so, dass, wenn eine solche Bestimmung in der Verfassung steht, sich der Staat auch zu christlichen Werten bekennt? Und wenn man sich die christlichen Werte als Grundlage nimmt, dann beantwortet sich für mich auch die Frage «wann Leben beginnt». Man kann anderer Meinung sein, aber dann möchte ich bitte, dass man das auch sagt, wann man denkt, wann Leben beginnt. Wenn man nämlich von christlichen Grundwerten ausgeht, dann beginnt das Leben mit der Zeugung, mit der Befruchtung der Eizelle. Alles andere ist die Vernichtung, die Tötung von ungeborenem Leben. Und das kann ich nicht akzeptieren. Ich werde also auf diese Gesetzesinitiative nicht eintreten. Danke.Abg. Doris Beck
Danke schön. Ich bin hier etwas weniger emotional unterwegs. Ich möchte eigentlich nur rein die sachliche Ebene ansprechen. Ich kann mich den Argumenten der Abgeordneten Pepo Frick und Christian Batliner in Teilen anschliessen, und auch ich unterstütze den Antrag auf Nichteintreten des Abg. Pepo Frick. Für mich steht fest, ich habe mich diesbezüglich bereits im September-Landtag geäussert, dass ich diese Initiative nicht unterstützen werde. Ich bin auch der Meinung, dass die Bestrafung der Frau eine unhaltbare Situation ist. Nichtsdestotrotz ist die vorliegende Variante für mich kein akzeptabler Weg. Für mich ist dies keine Lösung, dass die gleiche Thematik, ausgeführt im Ausland, anscheinend breit akzeptiert wird und im Inland nicht geregelt ist. Es ist ein Ignorieren der Tatsache, dass Frauen in Liechtenstein im Ausland eine Abtreibung ausführen lassen, aus welchen Gründen auch immer, und dies möchte ich an dieser Stelle auch gar nicht bewerten. Tatsache ist, dass wir Frauen, Paare, in Liechtenstein haben, die sich mit dieser Situation auseinander setzen müssen. Ich denke, wir haben auch die Pflicht, dieses Thema gesetzlich im Land zu regeln und uns nicht hinter dem Ausland zu verstecken. Demzufolge werde ich den Antrag auf Nichteintreten unterstützen.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke.Abg. Peter Hilti
Danke für das Wort, Herr Landtagspräsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Im Oktober 2011 hat eine überparteiliche Gruppierung eine Initiative zur Abänderung des StGB zum Schwangerschaftsabbruch eingereicht. Ich habe der Überweisung an die Regierung zur Stellungnahme zugestimmt, da ich mir erhofft habe, dass die Regierung neue Erkenntnisse zu flankierenden Massnahmen gewinnen könnte. Diese Hoffnung wurde mit der Stellungnahme der Regierung im März-Landtag völlig begraben. Leider hat die Justizministerin den Ball nicht aufgenommen und einen Bericht erstellt, welcher tatsächlich eine Hilfestellung für Frauen in Schwangerschaftskonflikten bieten würde. Der vorliegenden Initiative, häufig auch als Exportinitiative bezeichnet, kann ich nicht zustimmen.
Der Abg. Christian Batliner hat es auf den Punkt gebracht und da gibt es auch gar nichts mehr anzufügen. Seine Worte kann ich nur unterstützen. Ich bin für Nichteintreten auf die Vorlage.Abg. Diana Hilti
Danke, Herr Präsident. Ich stelle mir zunächst eine grundsätzliche Frage. Der Landtag hat im Oktober diese Initiative vorab zur Stellungnahme der Regierung überwiesen. Nun hat die Regierung ihre Stellungnahme abgegeben und die Initiative liegt jetzt dem Landtag wieder vor zur Behandlung und zur Entscheidung, ob darauf eingetreten wird oder nicht. Ich frage mich, ob diese drei Seiten, die die Initianten eingereicht haben, wirklich der Massstab ist, den wir daran setzen, wenn eine Gesetzesinitiative aus unserem Kreis im Landtag eingereicht wird. Es ist mir bewusst, dass die Initianten auf die Stellungnahme der Regierung verweisen. Sie haben aber dennoch einige Punkte abgeändert zur ursprünglichen Fassung und dazu hätte ich gerne Ausführungen der Initianten gehabt, gerade auch im Hinblick auf einige Fragen, die der Abg. Pepo Frick im März-Landtag gestellt hat.
Für mich ist alleine deshalb schon die Grundlage ungenügend. Zum Inhalt hat mir auch der Abg. Christian Batliner aus dem Herz gesprochen. Ich denke, wir hatten letztes Jahr lange Diskussionen mit einem Abstimmungskampf, und da war gerade die Spätabtreibung von Menschen mit einer Behinderung ein Hauptthema. Und jetzt mit dieser Initiative sagen wir: Ja, das ist alles okay, Hauptsache ihr macht es nicht im Inland; wenn ihr ins Ausland geht, das ist uns egal. Gerade dort haben wir sehr damit argumentiert, dass die Bedingungen in Österreich nicht unseren Vorstellungen entsprechen. Die würden wir jetzt damit zulassen. Ich kann damit nicht leben. Ich sage, es ist nicht nur ein Exportieren, sondern es ist auch sich im Inland blind und taub zu stellen.
Ich kann auch nicht nachvollziehen, dass die Entkriminalisierung der Frau hier so im Vordergrund stehen soll. Hier wird schon eine Interessenabwägung vorgenommen zwischen dem Schutz der Frau und des Lebens, der einer umfassenden Diskussion bedürfte.
Unglücklich bin ich auch über die Ausführungen der Abg. Marlies Amann-Marxer zu den Ausführungen, was es heisst, eine Abtreibung selber vornehmen. Das ist eine der Änderungen, die die Initianten eingeführt haben. Ich denke, da braucht es schon noch vertiefte Diskussionen, was das jetzt im Endeffekt heisst mit den neuen Abtreibungsmethoden «Pille im Internet bestellen» etc. Für mich ist klar, ich werde auf diese Initiative heute nicht eintreten.Abg. Gisela Biedermann
Danke, Herr Landtagspräsident. Zunächst einmal unbestritten ist meine Haltung nach wie vor die, dass jedes Mittel unternommen werden muss, um ungeborenes Leben zu schützen. Ich stehe nach wie vor auch zu dieser Initiative, die wir nun erneut eingereicht haben, weil sie zumindest versucht, die Frauen, die in dieser grossen Notsituation sind, vor einer zusätzlichen Belastung oder vor allem zusätzlichem Leid zu bewahren, nämlich der Strafverfolgung im Inland. Ich gebe dem Abg. Christian Batliner völlig Recht. Es ist selbstverständlich ebenso sehr schlimm und unhaltbar, wenn man sich vorstellt, dass diese Frauen sich eben nicht das benachbarte Ausland suchen, um ihren Abbruch vornehmen zu lassen, sondern ein Ausland, in dem die Abtreibung auch zu einem späteren Zeitpunkt noch vorgenommen werden kann. Völlig unbestritten ist es ein ganz tragischer Zustand oder eine ganz schlimme Situation und ich möchte auch versuchen, diese Frauen einmal zu verstehen. Wenn eine Frau sich grundsätzlich überhaupt entscheidet, einen Abbruch vornehmen zu wollen oder zu müssen, dann ist sie unbestritten in einer sehr grossen, schweren Notlage. Welche Frau dann aber auch noch den Aufwand unternehmen muss zum Beispiel nach Kanada zu reisen, nur weil sie den Zeitpunkt verpasst hat, wie gross muss erst bei dieser Frau die Not sein. Für mich bedeutet es keinen Unterschied, ob der Fetus 84 Tage alt ist oder 85 und älter. Es ist jedes Mal die Beendigung eines Lebens. Deshalb macht für mich diese so genannte Exportinitiative doch nicht so viel Probleme, weil wir nämlich in jedem Fall eine Handlung vorliegen haben, die unser Staat - und damit komme ich auf den Grund, warum ich bei dieser Initiative bleibe - eben nicht für legal und nicht für statthaft hält.
Liechtenstein hat sich zum Grundsatz gemacht im vorliegenden Strafgesetzbuch, dass unter keinen Umständen ein Schwangerschaftsabbruch vorgenommen werden darf ausser - wie wir wissen - bei der medizinischen Indikation. Und zu diesem Werteverständnis steht der Staat, und zu diesem Werteverständnis stehen auch wir Initianten. Wenn wir mit dieser Initiative zulassen wollen, dass die Frauen, die im Ausland ihren Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, nicht bestraft werden, so heisst das nicht, dass wir einen Schwangerschaftsabbruch befürworten oder das nicht für schlecht halten. Also mein Anliegen ist einfach, beliebt zu machen, es gibt keinen Unterschied in der Verwerflichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs, ob der Fetus 84 Tage oder älter ist.
Einen weiteren Kommentar möchte ich noch zu den Ausführungen des Abg. Jürgen Beck geben. Es wird hier nicht eine Meinung verschleiert, sondern nach wie vor ganz klar festgehalten, dass Schwangerschaftsabbruch nicht statthaft und nicht legal ist. Auch wenn hier das Weltrechteprinzip in Punkt 8 aufgehoben werden soll, heisst es deswegen eben gerade nicht, dass Liechtenstein einen Schwangerschaftsabbruch befürworten würde.
Noch einen weiteren Kommentar zu den von ihm angesprochenen christlichen Werten: Ja, es ist ganz klar, es sind ganz klar unsere christlichen Werte, die unserer Verfassung zugrunde liegen. Gott sei Dank ist das so. Aber es gibt auch einen Wert, auf den jeder einzelne Mensch persönlich Anspruch hat, nämlich die Entscheidung gemäss seinem ganz persönlichen Gewissen. Wir wissen, dass wir Gesetze machen können so viele wir wollen und in einer Ausführung wie immer uns das für richtig erscheint, aber wir können nie verhindern, dass Straftaten begangen werden, ob das Diebstahl oder sonstige Vorkommnisse sind. Wir können nur bekunden in der Ausformulierung unserer Gesetze, dass wir das für nicht gut halten. Und wenn dieses oder jenes passiert, erlegen wir eine Strafe auf. Aber wenn nun jemand trotz dieser Behinderungen durch ein strenges Gesetz oder trotz Bekundung von Straffälligkeit sich darüber hinwegsetzt und eine Straftat begeht, einen Diebstahl oder einen Einbruch oder was immer, muss er das, wenn er nicht verfolgt wird, mit seinem Gewissen vereinbaren. Und auch hier muss ich klar dafür plädieren, dass die Frau, die sich für diesen Schritt entscheidet, aus der Not heraus in erster Linie ihrem Gewissen verantwortlich ist. Und dann darüber zu richten obliegt nicht mehr uns Menschen, sondern das muss ein anderer vornehmen.
Im Übrigen noch einmal in Gedanken an eine so genannte Spätabtreibung: Dieses traumatische und traumatisierende Erlebnis einer Spätabtreibung, wenn die Frau wirklich eine sehr viel weitere Reise unternimmt, um das durchführen zu lassen, ist schon so traumatisierend und belastend, dass ich glaube, sie dafür nicht auch noch im Inland bestrafen zu wollen.
Im Übrigen schliesse ich mich den Voten meiner beiden Mitinitiantinnen an und bitte, diese Initiative in Behandlung zu ziehen.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke.Abg. Marlies Amann-Marxer
Danke, Herr Präsident. In dieser Frage wird es niemals und mit keiner Gesetzeslage eine befriedigende oder eine richtige Lösung geben. Wir haben hier im Landtag, wie sich herausstellte, sowieso zwei Lager: Die einen wollen den Schutz des Kindes unter allen Umständen und die anderen wollen die Entkriminalisierung der Frau, was ja mit dem Schutz des Kindes schwer vereinbar ist, wenn eine Abtreibung erfolgt.
Für mich stellt sich die Frage nach dem kleineren Übel. Selbst wenn in Liechtenstein die Abtreibung legalisiert würde, würde sie wohl von den wenigstens Frauen hier im Land vorgenommen - aus Diskretionsgründen. Wohin die Frauen sich wenden, wenn sie eine Abtreibung wollen, das ist allgemein bekannt, das ist das benachbarte Ausland, welches Abtreibungen unter gewissen Umständen ermöglicht. Zu den Extremfällen der Spätabtreibung, die finden nicht nur im fernen Ausland statt, die finden auch in Österreich statt. Und gerade diese österreichische Regelung wollte die Gruppe «Hilfe statt Strafe» mit vehementer Unterstützung der Freien Liste vor kurzem hier in Liechtenstein einführen. Spätabtreibungen im Falle von Behinderungen. Nicht nur Spätabtreibungen, sondern auch noch die Verknüpfung mit Behindertendiskriminierung.
Der einzige Effekt aber, der durch eine Liberalisierung in Liechtenstein herbeigeführt würde, wäre die neue Möglichkeit, in Liechtenstein eine Abtreibungspraxis zu errichten. Aber aus wirtschaftlichen Gründen wäre so eine Praxis auf Zugänge aus dem Ausland angewiesen, was einen Abtreibungstourismus nach Liechtenstein bedeuten könnte und wir ständen dann vor einer Importinitiative, um einfach mal mit der gleichen Polemik zu sprechen, wenn hier immer wieder und mit Ausdauer, vor allem von Seiten der Freien Liste, von einer Exportinitiative gesprochen wird und die überparteiliche Initiative zur Abschaffung des Weltrechtsprinzips mit konsequenter Haltung als Exportinitiative bezeichnet wird. Das ist einfach nichts als Polemik.
Zur Abschaffung des Weltrechteprinzips möchte ich noch erwähnen, dass diese auch Bestandteil der Initiative «Hilfe statt Strafe» war, welche ebenfalls von der Freien Liste unterstützt wird. Und hier stellt sich dann schon die Frage: Wäre es dann in jenem Fall keine Exportinitiative gewesen, die Initiative «Hilfe statt Strafe»? Wir sehen die Antwort: Nein, es wäre sie nicht gewesen, denn gleichzeitig war es das Ziel, die Strafbefreiung der Frau bei Abtreibung hier in Liechtenstein einzuführen, Abtreibungen hier in Liechtenstein zu legalisieren und die Infrastruktur, die benötigt wird, dafür auch zu errichten. Der einzige Unterschied.
Ich weise auch darauf hin, dass bei der jetzigen Gesetzeslage in Liechtenstein, die sehr strikt ist und die eine Strafandrohung für die Frau vorsieht in jedem Fall, egal, wo die Abtreibung stattfindet, die haben wir jetzt und die Abtreibungen finden dennoch statt. Wie gesagt, meistens im benachbarten Ausland. Aber wenn eine Frau eine Extremsituation herbeiführt, indem sie eine Spätabtreibung irgendwo vornehmen wird, in Österreich oder auch im fernen Ausland, wenn diese Situation eintritt, so haben wir hier zwar die Gesetzeslage, sie wird aber nicht umgesetzt, sie wird nicht durchgeführt. Jeder weiss, dass eine Anklage und eine Bestrafung nicht erfolgt. Es ist also kein Unterschied, ob wir das Weltrechtsprinzip aufheben oder ob wir es bestehen lassen. Was durchgeführt wird von den Frauen, das wird durchgeführt und bestraft wird hier gar nichts. Ich bin dann für das Öffnen der Augen gegenüber der Realität. Wenn wir sagen, die Strafandrohung soll, auch bei Abtreibung im Ausland, aufrechterhalten bleiben, dann muss sich der Landtag die Frage nach der Durchführung stellen. Dann muss der Landtag sich auch klar dazu äussern: Soll dieses Gesetz dann auch wirklich umgesetzt werden? Soll die Strafandrohung auch ausgeführt werden? Oder ist es reine tote Materie, reiner Buchstabe auf dem Papier, um uns dahinter zu verstecken, dass wir eine saubere Gesetzgebung haben, aber alle wissen, dass nichts unternommen wird? Das ist Verschleierung, das ist Verstecken, das ist Heuchelei.
Die heutige Gesetzeslage ist zwar eindeutig, aber noch eindeutiger ist, dass sie nicht durchgesetzt wird. In diesem Falle sagen die Initianten: Wir haben keinen Einfluss auf die Gesetzgebung in den Ländern um uns herum, die haben eine Liberalisierung der Abtreibung in den ersten zwölf Wochen. Wir betrachten Abtreibung als Unrecht in jedem Fall. Wir wollen die Frauen nicht ins Ausland schicken. Wir wollen ihnen Hilfe und Unterstützung im Inland bieten, damit sie den Schwangerschaftsabbruch eben nicht machen. Wenn sie es dennoch tun, gleichen wir unsere Gesetzeslage der Realität an und sagen: Wir haben nicht bestraft, wir werden nicht bestrafen und dann schreiben wir das auch so ins Gesetz. Alles andere ist Heuchelei. Und wer diese Initiative ablehnt, der sorgt dafür, dass dieser unaufrichtige Status quo, den wir heute hier im Land haben, dass der beibehalten wird.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke.Landtagsvizepräsidentin Renate Wohlwend
Danke, Herr Präsident. Ich will auch noch einmal kurz Stellung nehmen der Reihe nach: Der Abg. Jürgen Beck befürchtet, dass das Weltrechtsprinzip in Liechtenstein ganz abbröckeln wird, das wäre der erste Schritt. Da weise ich Sie darauf hin, dass das Weltrechtsprinzip einerseits besagt, dass das nationale Strafrecht auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, die keinen spezifischen Bezug zum Inland haben. Und dazu kommt noch, dass es sich um Delikte handeln muss, die nach dem Völkerrecht strafbar sind. Und ich denke doch, dass die in den anderen litera aufgezählten Straftaten gemäss Weltrechtsprinzip wahrscheinlich weiterhin nach Völkerrecht unmittelbar strafbar bleiben werden und demnach auch das Weltrechtsprinzip weiter Bestand hat. Das nur eine Randbemerkung.
Wie Sie ungeborenes Leben besser schützen wollen als ein äusseres Zeichen zu setzen, dass die Frau, die entkriminalisiert ist, demnach die Chance hat, sich beraten und helfen zu lassen, weiss ich nicht. Wahrscheinlich hat niemand von uns eine Lösung parat, aber ich denke, unser aller Anliegen ist es ja, ungeborenes Leben bestmöglich zu schützen.
Dem Abg. Peter Hilti widerspreche ich ganz vehement und muss damit die nicht anwesende Justizministerin schützen. Wenn er nämlich sagt, sie hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht und deswegen sei er mit der Stellungnahme unbefriedigt gewesen, dann muss ich sagen, dass das Ressort Justiz die Hausaufgaben sehr wohl gemacht hat. Wir haben neben dem, was die Initianten als Änderungen des Strafgesetzbuches vorgeschlagen hatten, weitere Verbesserungen erfahren, nämlich den Tatbestand der Nötigung. Der Tatbestand der Nötigung wurde mit aufgenommen. Es hat eher am guten Willen der übrigen Regierungsmitglieder gemangelt wie zum Beispiel Ressort Familie, Ressort Soziales, Ressort Gesundheit, die Hausaufgaben zu machen. Denn wenn die ihre Hausaufgaben gemacht hätten, wären auch die von den Initianten immer wieder begehrten Rahmenbedingungsverbesserungen zumindest angetönt gewesen. Die Stellungnahme hat ja festgehalten, dass die Rahmenbedingungen so gut sind, dass man dort nichts zu ändern hat. Diese Meinung teilen die Initianten nicht, teilen Sie selbst nicht, aber das kann leider die Justizministerin alleine nicht bewerkstelligen. Dazu braucht es die Gesamtregierung.
Die Abg. Diana Hilti hat verschiedene Gründe, warum sie der Initiative nicht zustimmen kann. Das ist gut, ich akzeptiere alle Argumente von allen Kollegen. Aber wenn sie formale Mängel beklagt, indem sie sagt, die Initianten hätten Ausführungen machen müssen, warum sie jetzt plötzlich den ursprünglichen Text erweitern, dann kann ich das nicht ganz teilen. Wir haben den Hinweis auf die Stellungnahme der Regierung gemacht. Dort finden Sie die Ausführungen. Wir könnten uns zu Herzen nehmen oder Kollegen, die künftig initiieren und Stellungnahmen der Regierung zu Hilfe nehmen, bitte nehmt euch zu Herzen, dass ihr wortgleich aus den Stellungnahmen zitiert, damit alle in diesem Plenum zufrieden sind. Abg. Doris Frommelt
Danke, Herr Präsident. Bereits zweimal habe ich mich hier im Landtag für die Aufhebung des Weltrechtsprinzips ausgesprochen, da wir nach meinem bisherigen Verständnis damit den kleinsten gemeinsamen Nenner, die Entkriminalisierung der Frau, die einen Abbruch im Ausland vornehmen liess, erreichen.
Bei meiner bisherigen Entscheidung handelte es sich um einen Kompromiss, den ich aus dem Wissen heraus traf, dass eine Fristenlösung hier in unserem Land wohl nicht eingeführt werden kann.
Nach den detaillierten juristischen und emotionalen Ausführungen des Abg. Christian Batliner und den medizinischen Ausführungen und diesbezüglich aufgeführten Möglichkeiten des Abg. Pepo Frick im März-Landtag tue ich mir nun noch schwerer, diesem vermeintlichen Kompromiss zuzustimmen, denn sie verändern noch einmal meine bisherige Sichtweise.
Wir beabsichtigen mit dieser Initiative eine Entkriminalisierung der Frau im Inland, die im Ausland einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen liess. Aber wir entkriminalisieren voraussetzungslos, auch bei einer Abtreibung im Ausland, bis kurz vor der Geburt. Und dass es in gewissen Ländern solche Abtreibungsfristen gibt, hat der Abg. Batliner ausgeführt und andere Abgeordnete ebenfalls. Damit nehmen wir bei der Entkriminalisierung eine ganz andere Wertung vor. Wir entkriminalisieren nicht nur eine Frau, die innerhalb der ersten 12 Wochen im Ausland eine Schwangerschaft beenden liess, wir machen jede Abtreibung bis zum 9. Monat straffrei.
Mit der vorliegenden Initiative erreichen wir jedoch nur marginalste Verbesserungen zur heutigen Rechtslage, wenn überhaupt. Und nur die Tatsache, dass liechtensteinische Frauen zum grössten Teil im benachbarten Ausland, in der Schweiz und in Österreich, eine Abtreibung vornehmen lassen, wo sie bis zur 12. Woche straffrei ist, und eine spätere Abtreibung im entfernteren Ausland wohl der «worst case» und wohl nicht zu verhindern ist, lässt mich schweren Herzens doch der Initiative zustimmen.
Frauen, die sich aus ihrer Not heraus für diesen Schritt entscheiden, sollen nicht noch strafrechtlichen Konsequenzen ausgesetzt werden. Das ist für mich eine marginale Verbesserung der heutigen Rechtslage. Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke.Abg. Doris Beck
Danke schön. Ich habe dem Votum der Abg. Doris Frommelt zugehört. Ich kann ihre Beweggründe akzeptieren, dass sie dieser Initiative zustimmt. Das war für mich wieder das Thema und der Schutz der Frau stand bei ihrem Votum im Vordergrund. Um auf das Votum der Abg. Marlies Amann zurückzukommen, da habe ich das nämlich nicht mehr gehört. Sie hat gesagt, wer Nein sagt, unterstützt, dass der unaufrichtige Stand beibehalten wird. Die Ziele der Initiative waren für mich bis vor dieser Debatte die Entkriminalisierung der Frauen, familienpolitische Massnahmen versuchen quasi durchzusetzen, Konfliktsituationen der Frau mit Massnahmen zu unterstützen. Die beiden letzteren, das sind für mich Punkte, die können heute schon passieren. Dafür brauchen wir diese Initiative nicht. Wir können Massnahmen initiieren, sei das familienpolitisch oder für Konfliktsituationen, das steht uns offen. Und das letzte Ziel, Frauen zu entkriminalisieren, dazu hat die Abg. Marlies Amann-Marxer vorhin gesagt: Jeder weiss, dass keine Bestrafung erfolgt. Also das heisst, das ist eigentlich obsolet.
Und dann kamen Gründe wie die Gefahr der Abtreibungsinfrastruktur, Klinik, Importinitiative, ich habe mir nur Stichworte aufgeschrieben. Und dann muss ich fragen: Was sind jetzt die wirklichen Beweggründe für diese Initiative? Für mich ist hier einfach das Thema: Wenn wir Angst vor anderen Themen haben rund um die Abtreibung, dann benennen wir doch die und dann versuchen wir doch, die in unserem Land zu regeln. Aber für mich ist das jetzt einfach, sich hinter dieser Aufhebung des Weltrechtsprinzips im Sinne des Schutzes der Frauen, das sehe ich jetzt schon gar nicht mehr. Für mich kommt jetzt eher das Thema, das ich schon einmal im September-Landtag angetönt habe, ich werde den Eindruck nicht los, dass man damit das Thema totschweigen will. Man streicht es aus unserer Gesetzgebung. Damit kommt das nicht mehr hoch, ausser jemand greift das wieder auf. Da ja nichts weiter passiert, wird da einfach nicht mehr darüber gesprochen. Und ich finde das auch nicht der richtige Weg. Und wenn sich konsequenterweise für die Frauen nichts verändert mit oder ohne diese Initiative, dann gehe ich eben lieber diesen Weg, hier Nein zu sagen und den Zeitpunkt abzuwarten, bis wir bereit sind in Liechtenstein, das Thema auch wirklich zu regeln. Und vielleicht dann auch die jetzigen Ängste oder Beweggründe wie Abtreibungsinfrastruktur und so Themen, dann benennen wir die und versuchen das irgendwie dann auch zu regeln. Aber ich glaube nicht, dass es mit einer Initiative, die die Frau quasi in den Mittelpunkt stellt und eigentlich andere Beweggründe hat, dass das der richtige Weg ist.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke.Abg. Jürgen Beck
Danke, Herr Präsident. Den Worten meiner Vorrednerin kann ich eigentlich nahtlos anschliessen und kann mich dann wirklich auf das Wesentliche beschränken. Ich habe mir vorhin in der Debatte überlegt, ob ich noch mehr in die emotionale Keule schlagen soll, aber ich lasse das im Interesse aller. Aber was ich hier wirklich nicht stehenlassen kann ist der Hinweis der Abg. Renate Wohlwend. Ich sage Ihnen nur eines: Ich bin mittlerweile seit sieben Jahren Landtagsabgeordneter und Sie können mir durchaus zutrauen, dass ich das Strafgesetzbuch lesen und auch interpretieren kann.
Was mich jetzt nur ganz gewaltig gestört hat: Ich verstehe ja, dass Sie Ihre Initiative verteidigen wollen, aber was mich wirklich gewaltig gestört hat ist - und das habe ich in meinem ersten Votum schon angedeutet - ist das Recht, das nicht vollzogen wird, das zugegebenermassen totes Recht ist, wenn ich jetzt dieser Initiative nicht zustimme, dass in dann das akzeptieren soll. Das kann es ja nicht sein. Dann machen wir einen Fehler. Wenn es totes Recht gibt, dann müssen wir dieses zum Leben erwecken. Dann müssen wir es vollziehen. Da gebe ich Ihnen natürlich vollkommen Recht. Aber ich kann nicht einfach die Augen verschliessen, nur weil Recht nicht vollzogen wird, was ja in meinen Augen schreckliche Auswirkungen hat. Stellen Sie sich mal vor, man hat noch mehrere Gesetze, ich möchte jetzt nicht ein extremes Gesetz hernehmen, aber vielleicht ein Gesetz aus der Strassenverkehrsordnung: Jemand, der ständig zu schnell fährt und nicht dafür bestraft wird, dann wird das zur Gewohnheit und ist dann kein Straftatbestand mehr. Es gäbe dafür noch extremere Beispiele. Aber das kann es ja wirklich nicht sein. Also Gesetze, die nicht vollzogen werden, muss man beleben. Sonst sind wir nicht würdig, ein Rechtsstaat zu sein. Da sind wir uns ehrlich.
Schlussendlich ist es nichts anderes, Sie wollen aus Unrecht Recht machen. Und das kann ich nicht akzeptieren.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke. Ich glaube die Meinungen sind mehr oder weniger gemacht. Ich möchte dann gelegentlich zur Abstimmung kommen.Abg. Diana Hilti
Danke, Herr Präsident. Nur kurz: Ja, die Landtagsvizepräsidentin Renate Wohlwend hat gesagt, ich würde auf Formalien herumreiten. Übersetzt gesagt mag das so sein. Aber ich glaube, die Initiative war von Anfang an vom Weg her nicht wirklich von Erfolg gekrönt. Die Landtagsvizepräsidentin hat dann auch gesagt, dass eine bessere Stellungnahme daran gescheitert sei, weil die Regierungsmitglieder nicht kooperativ gewesen seien. Dem kann ich dann gerade schon gar nichts abgewinnen. Ich glaube, das Problem dieser Initiative ist, dass die Initianten mit Unterstützung der Parteien hier Hoffnungen in diese Stellungnahme geschürt haben, die auch der Landtag zum Teil hatte, die aber die Regierung rein rechtlich gar nicht erfüllen konnte. Das ist das Hauptproblem. Ich hätte mir von den Initianten schon gewünscht, wenn ihnen die familienpolitischen Massnahmen so wichtig wären, dass sie jetzt zumindest auf diese zweite Vorlage nun mit einem besseren Papier gekommen wären.Abg. Marlies Amann-Marxer
Danke, Herr Präsident. Um bei der letzten Vorrednerin zu beginnen: Es ist tatsächlich so, dass die Initianten viel Hoffnung auf die Stellungnahme der Regierung gesetzt haben, welche zumindest in groben Zügen hätte aufzeigen sollen, wo ansatzweise Hilfe und Unterstützung im Konfliktfall geboten werden kann. Ich denke, diese Hoffnung hat sich auch auf jene Abgeordneten übertragen, die der Überweisung zugestimmt haben. Es mag schon sein, dass die Zeit nicht reichte, um eine detaillierte und umfassende Stellungnahme abzugeben im Hinblick auf ein Unterstützungskonzept.
Was ich erwartet hätte wäre aber zumindest die Inaussichtstellung, dass ein solches folgen wird. In diesem Sinne bin ich nicht sehr glücklich über die Stellungnahme und auch nicht sehr glücklich darüber, dass mit diesem ersten Schritt, mit dieser Initiative, welche von mir zumindest nur als erster Schritt betrachtet wird, eben nur dieser eine Schritt getan wird im Moment, und wann der zweite Schritt erfolgt ist ungewiss. Und das ist keine wünschenswerte Lage. Zumindest ich wünsche mir das nicht. Ich hätte mir das anders gewünscht.
Dennoch denke ich, dass die Initiantinnen den gangbaren Weg vorgeschlagen haben. Die Initiative bzw. die Initiantinnen und Initianten verstecken sich hinter gar nichts. Sie senden klare Signale. Ich möchte mir ja auch nicht vom Abg. Jürgen Beck unterstellen lassen, aus Unrecht Recht machen zu wollen. Das Gegenteil ist der Fall. Wir wollen ein klares Signal setzen, dass der Gesetzgeber Schwangerschaftsabbrüche als Unrecht betrachtet, dass sie nicht erwünscht sind. Und wir wollen auch das Signal setzen, und das wäre mit dem zweiten Schritt ganz klar herausgekommen, dass wir Frauen im Konfliktfall nicht ins Ausland verweisen wollen. Wir möchten sie davon abhalten, Abbrüche im Ausland vorzunehmen, indem wir ihnen Hilfe und Unterstützung im Inland anbieten. Das ist die ganz klare Aussage der Initiative und ich lasse mir nichts anderes hineininterpretieren und auch nicht unterstellen.
Herr Abg. Jürgen Beck, Sie haben eine klare Haltung an den Tag gelegt, was die Gesetzgebung und die Gesetzesdurchführung bzw. Umsetzung anbelangt. Ich gebe Ihnen Recht, man kann nicht einfach, wenn ein Gesetz nicht eingehalten wird, es zu Recht erklären. Da gehe ich mit Ihnen einig. Nun ist es aber so, dass wir hier ein Gesetz haben, es wird nicht eingehalten und der Staat drückt alle Augen zu, einfach alle Augen, und jedem ist das bekannt, und zwar seit Jahren. Wenn wir diesen Status quo mit der Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch hier beibehalten wollen - und ich spreche mich nicht dagegen aus - dann behalten wir ihn halt bei. Aber dann, dann muss der Landtag sich klar bekennen und darf sich nicht verstecken hinter irgendwelchen anderen Argumenten. Dann muss er sich klar dazu bekennen, wenn wir dieses Gesetz aufrechterhalten, es auch durchführen zu wollen. Und dann bin ich einmal gespannt, wie die Meinungen hier sind.
Die Initianten haben den gangbaren Weg vorgeschlagen, den Weg, die Realität, wie sie halt ist, anzuerkennen. Wir haben nun einmal keinen Einfluss auf das umliegende Ausland und die dortige Gesetzgebung. Wenn wir das hätten, wäre die Debatte, so wie sie heute läuft, überhaupt nicht da. Es wäre auch die Initiative anders. Danke schön.Abg. Pepo Frick
Einem Beitrag möchte ich vehement widersprechen. Und zwar hat die Abg. Renate Wohlwend erwähnt, dass man es so sehen könnte, dass die Schweizer Regelung für den Schwangerschaftsabbruch eine Einladung zu Abbrüchen sei. Das wissen Sie ganz genau, dass dem nicht so ist. Die Schweiz hat 2003 mit 72% diesem lang diskutierten Gesetz zugestimmt. Und ich glaube, das dürfen Sie dann der Schweizer Bevölkerung erklären, dass das eine Einladung sei zu vermehrten Abbrüchen. Sie wissen auch ganz genau, das wurde hier mehrmals erwähnt, dass liberale Gesetzgebung sehr wohl dahingehend wirkt, dass die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche mindestens gleich bleibt. Und ich kenne genug Zahlen, dass die Zahl der Abbrüche durch die Enttabuisierung eben abgenommen hat.
Die Abg. Marlies Amann-Marxer hat mehrere Male die Freie Liste erwähnt. Es scheint jetzt so, dass das ein Thema der Freien Liste ist, nur die Freie Liste hat das vorgeschlagen. Ich betone hier immer wieder, und darauf bin ich stolz, die Freie Liste setzt sich seit Jahren dafür ein, dass sich Liechtenstein endlich in einer verantwortungsvollen Weise - und das wurde hier manchmal erwähnt, eben nicht Augen zu und durch - in einer verantwortungsvollen Weise dieses Problems einer doch grossen Gruppe Frauen und Paaren annimmt und sie unter genau zu definierenden Bedingungen vom Druck einer drohenden Gefängnisstrafe von einem Jahr befreit. Es sind immer noch - und da kann man jetzt hin- und herdiskutieren - 50 Frauen bzw. Paare in Liechtenstein, die in einem schwerwiegenden Schwangerschaftskonflikt stehen. Und das können wir nicht wegdiskutieren.
Ganz kurz: Im Jahr 2004 sah das Regierungsressort Justiz unter Klaus Tschütscher Handlungsbedarf und stellte fest, dass «in ein bis zwei Jahren eine Gesetzesrevision vorgenommen werden könnte». Nachzulesen in der Interpellationsbeantwortung Nr. 121/2004. Passiert ist im Wesentlichen bis heute nichts. In der Arbeits- und Fachgruppe Schwangerschaftskonflikte, die sich auch als überparteiliches Forum verstand, arbeitete tatsächlich die Freie Liste seit Beginn bis zum Schluss während fast neun Jahren mit. 2007 wurde der Vorstoss der Freien Liste zur Bildung einer Landtagskommission mehrheitlich abgelehnt. Die Schritte, die seither versucht wurden, kennen wir alle. Ich erinnere an die vielen Versprechungen, die seit 10 Jahren und mehr zu diesem Thema auch von Politikern in diesem Hohen Hause abgegeben werden. Ich appelliere tatsächlich für eine verantwortungsvolle Lösung, eine Regelung in Liechtenstein. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke.Abg. Christian Batliner
Danke, Herr Präsident. Nur noch kurz: Ich möchte zwei/drei Ausführungen machen zu Stichworten. Es wird immer wieder gesagt, es wäre totes Recht. Wenn ich die Interpellationsbeantwortung aus dem Jahr 2001, Seite 21, nachlese, da steht: «Gemäss Auskunft der Staatsanwaltschaft ergibt sich, dass es sich bei der Bestimmung des § 64 Abs. 8 StGB keineswegs um totes Recht handelt. Die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen werden ordnungsgemäss angewendet». Also so viel zur Frage, ob es sich dabei um totes Recht handelt. Ob jetzt das gut oder schlecht ist, ist eine andere Frage. Aber das Gesetz wird angewandt. Und wenn wir die Frauen entkriminalisieren wollen in ihrer Notlage, dann müssen wir uns überlegen, wie wir das machen können. Und dann müssen wir einfach eine glaubwürdige gesetzliche Regelung schaffen, die dann auch angewandt wird.
Dann zum Stichwort «Importinitiative»: Wenn es darum geht, dass im Inland keine Abtreibungen vorgenommen werden sollen, dass keine Abtreibungskliniken geschaffen werden sollen, das ist eine Frage des Verwaltungsrechts. Da können wir entsprechend keine Konzessionen erteilen. Dann sind wir auch als Gesetzgeber gefordert oder die Regierung nachher in der Umsetzung. Aber das ist keine Frage der Entkriminalisierung, das ist eine Frage der Konzessionserteilung. Und da würde ich dann halt schon beliebt machen, dass man auch solche Ansätze prüft. Das ganze Thema, wenn das ein Hauptzweck ist dieser bestehenden Initiative, dass man keine Abtreibungskliniken im Inland haben möchte, dann kann man das auch einmal unter einem verwaltungsrechtlichen Approach prüfen.
Wenn wir dann auf die strafrechtliche Ebene kommen, dazu wurde gesagt: Es gibt keine Lösungsmöglichkeiten usw. Schauen Sie sich das deutsche Recht an. Da gibt es eine Lösungsmöglichkeit. Das deutsche Recht hat auch in § 5 Ziffer 9 ein Weltrechtsprinzip. Die haben eine Fristenregelung im Inland. Und die stellen aber auch unter Strafe, wenn gegen das inländische Recht im Ausland verstossen wird, eben wenn ohne Indikation usw. über diese Frist hinausgegangen wird. Dies eben gerade deshalb, um nicht einen Abtreibungstourismus zu fördern. Ich denke, das wäre ein sehr guter Ansatz, weil es die Härten, die ich beschrieben habe, einfach dem Gesetz nimmt. Und nochmals, für mich ist das alles keine Frage der Durchsetzung, das ist eine Wertungsfrage. Das Gesetz enthält eine Wertung und die müssen wir hier vornehmen. Und wenn wir da einfach aus pragmatischen oder faktischen Gründen die Initiative annehmen, dann verweigern wir hier diese Wertung. Und das ist falsch.
Für mich ist ganz klar: Wir brauchen eine Regelung. Das ist eben auch eine Signalwirkung. Wenn wir klar machen, wenn wir eine Fristenregelung einführen und klar machen, dass man auch im Ausland abtreiben kann bis zur 12. Woche, dann gehen faktisch ja alle davon aus, dass die Abtreibungen nicht im Inland vorgenommen werden. Aber dann unterbinden wir eben gerade diese möglichen Exzesse und die finden statt. Diese Möglichkeiten gibt es. Und das ist einfach meine Meinung. Entkriminalisierung ja, aber nicht um jeden Preis. Und der Preis, den diese Initiative mit sich bringt, der ist für mich einfach viel zu hoch. Und die Wertung, die verweigern wir. Und das ist genau das, was als Doppelmoral herüberkommt. Das ist der kleinste gemeinsame Nenner. Für mich ist das ein fauler Kompromiss. Wir können nicht einfach sagen: Wir stellen das in Liechtenstein unter Strafe und im Ausland können wir machen was wir wollen. Entschuldigung, ich finde das peinlich. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke.Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Wir tun uns schwer mit dieser Thematik, was auch nicht weiter verwunderlich ist. Wir müssen uns vielleicht die Frage stellen: Was sind die Alternativen zu dieser Initiative? Wir wissen, das österreichische Modell wurde vom Volk abgelehnt und hätte auch keine entsprechende Sanktionierung durch Seine Durchlaucht den Erbprinzen erhalten. Nach meinem Informationsstand verhält es sich mit dem schweizerischen Modell identisch, sprich der österreichische und schweizerische Lösungsansatz sind nicht umsetzbar. Und da muss ich denjenigen, die gegen diese Initiative sind, einfach die Frage stellen: Verhindern Sie mit Ihrer Gegenposition einen Schwangerschaftsabbruch in Liechtenstein? Das wäre die erste Frage.
Und die zweite Frage ist: Verhindern Sie eine Kriminalisierung der Frauen im Jahr 2012? Und zumindest bei der Kriminalisierung der Frauen dürfte die Antwort eindeutig sein. Wer gegen diese Initiative ist, der spricht sich dafür aus, dass die Frauen weiterhin kriminalisiert werden.
Und da komme ich bereits zum letzten Punkt: Da möchte ich vor allem ein wenig an die Männer im Hohen Hause appellieren, gerade jene, die sagen: Ich bin auch gegen eine Fristenlösung und man soll das Gesetz doch bitte umsetzen. Dann muss ich auch sagen, dann soll man doch bitte nicht nur die Frauen bestrafen, dann gehören auch die Männer dazu. So viel Aufrichtigkeit müsste man dann doch an den Tag legen. Gerade auch, wenn hier christliche Grundwerte ins Feld geführt werden, dann sind die Männer ebenfalls davon betroffen und nicht nur die Frauen.Abg. Marlies Amann-Marxer
Danke, Herr Präsident. Nur noch kurz melde ich mich zum Schluss. Der Abg. Pepo Frick hat zu Recht die Frage gestellt, weshalb ich immer wieder die Freie Liste erwähne. Die Freie Liste lehnt diese Initiative öffentlich ab, gleichzeitig hat sie aber das österreichische Modell unterstützt, das bei der Initiative «Hilfe statt Strafe» von der Arbeitsgruppe erarbeitet wurde. Gleichzeitig hat sie das schweizerische Modell unterstützt, das hier schon einmal im Landtag war und jetzt nach der Ablehnung nochmals in den Landtag kommen soll, wenn es nach der Freien Liste geht. Und deshalb habe ich immer wieder darauf hingewiesen. Die Linie der Freien Liste ist nicht gerade.
Was die Wertung angeht: Die Initiantinnen haben sehr wohl eine Wertung vorgenommen. Das Zentrale an der Initiative ist ja die Beibehaltung der Strafbarkeit im Inland. Das heisst, wir Initianten betrachten Abtreibung als Unrecht und das soll auch nicht anders werden.
Auf welcher Grundlage soll eine Konzession verweigert werden für eine Infrastruktur? Das ist meine Frage an den Abg. Batliner. Wenn die Gesetzeslage entsprechend ist, muss eine Konzession vergeben werden.
Zur Doppelmoral: Herr Abg. Batliner, Sie sagen, Spätabtreibungen im Ausland finden statt. Wir wissen es. Da bin ich einer Meinung mit Ihnen. Wir wissen, dass es stattfindet und wir haben die strenge Gesetzgebung, dass das nicht sein darf. Aber, jetzt frage ich Sie: Gibt es Konsequenzen? Sie wollen die heutige Gesetzeslage beibehalten, indem Sie die Initiative ablehnen. Der Status quo wird beibehalten. Abtreibungen im Ausland sind bei Strafandrohung verboten. Sie finden statt. Jeder weiss es. Und es gibt keine Konsequenzen. So viel zur Doppelmoral.
Wir haben ein striktes Gesetz. Es sind Buchstaben auf dem Papier. Und das ist heuchlerisch.
Zur Frage des Abg. Wendelin Lampert: Wie sollen Abtreibungen verhindert werden? Ja, da gibt es nur eine Antwort. Durch Hilfe und Unterstützung im Konfliktfall und durch gar nichts anderes.Regierungschef-Stellvertreter Martin Meyer
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Nachdem die Regierung aufgrund ihrer Stellungnahme auch verschiedentlich in den Voten erwähnt worden ist, möchte ich seitens der Regierung auch einen kurzen Kommentar bzw. eine kurze Replik zu verschiedenen Voten geben.
Sie haben diese Initiative zum ersten Mal letztes Jahr im Herbst im Landtag in Behandlung gezogen. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, war das im Oktober-Landtag und in der Folge haben Sie diese Initiative an die Regierung zur Stellungnahme überwiesen. Sie haben nun in Ihren verschiedenen Voten Bezug sowohl auf den Regierungsbericht als auch auf die Stellungnahme genommen und dazu teilweise die Kritik geäussert, dass diese Stellungnahme nicht ausführlich ausgefallen sei. Dem möchte ich aus Sicht der Regierung heute klar widersprechen. Zum einen hatte die Regierung den Auftrag, die Initiative, so wie sie dazumal an die Regierung überwiesen worden ist, zu kommentieren. Diesen Auftrag hat die Regierung erledigt. Sie hat die verschiedenen Vorschläge, die die Initianten dazumal eingereicht haben, entsprechend kommentiert und hat Ihnen auch entsprechende Verbesserungsvorschläge in der Stellungnahme übermittelt bzw. vorgeschlagen. Die Initianten haben dann in der Folge diese Vorschläge übernommen und in einem neuen Initiativvorschlag Ihnen hier wieder zur Kenntnis gebracht.
Dieser Weg, wie Regierung und Landtag miteinander umgehen, ist nichts Besonderes bzw. nichts Aussergewöhnliches. Heute Morgen haben Sie als erstes Traktandum das Corporate-Governance-Gesetz behandelt. Auch dort hat es eine Stellungnahme der Regierung gegeben und die Initianten haben dann in der Folge die verschiedenen Verbesserungsvorschläge, welche die Regierung gemacht hat, zum neuen Initiativtext erklärt.
Ein zweiter Punkt, der immer wieder aufgeworfen wurde, war das Thema der flankierenden Massnahmen. Hier wurde insbesondere Kritik geäussert, diese Massnahmen wären zu wenig ausführlich, die Justizministerin hätte den Ball nicht aufgenommen, es gäbe kein familienpolitisches Konzept usw. Ich glaube, auch diese Kritik zielt ins Leere. Der Regierungsbericht zeigt sehr wohl auf, was heute möglich ist. Es war auch nicht Auftrag der Regierung, diesbezüglich ein umfassendes neues familienpolitisches Konzept vorzulegen. Aber wir haben über alle Politikbereiche hinweg aufgezeigt, welche Unterstützungsleistungen heute schon möglich sind.
Die Abg. Diana Hilti hat das in diesem Zusammenhang richtig ausgedrückt. Es konnte nicht Aufgabe der Regierung sein, diesbezüglich einen komplett neuen Initiativtext vorzulegen. Dafür war das Instrument der Stellungnahme auch rechtlich gesehen nicht das richtige Instrument. Auch aus dieser Perspektive betrachtet zielt diese Kritik ins Leere.
Schlussendlich, und das haben verschiedene Votanten gesagt, wird es eine Wertungsfrage sein, die der Hohe Landtag hier vorzunehmen hat: Möchte man eine Verbesserung der Situation der Frauen erreichen, so wie das die Initianten begründen, oder möchte man den Status quo aufrechterhalten? Das ist nicht eine Wertungsfrage, die heute die Regierung zu entscheiden hat, sondern das hat der Hohe Landtag zu entscheiden.
Noch einen Satz zum Abschluss: Sie haben auf Interpellationsbeantwortungen aus den Jahren 2001 und 2004 verwiesen, unter anderem auch die Aussage gemacht, dass verschiedene Regierungsmitglieder dazumal Auskunft gegeben haben sollen. Das ist nicht möglich. Ein Grossteil der heute anwesenden Regierungsmitglieder ist erst seit dem Jahr 2005 in Amt und Würden. Das einfach zur Präzisierung. Besten Dank.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Besten Dank für Ihre Ausführungen. Wenn das Wort nicht mehr gewünscht wird, können wir über Eintreten auf die Gesetzesvorlage abstimmen.Landtagsvizepräsidentin Renate Wohlwend
Danke, Herr Präsident. Ich beantrage Abstimmung durch Namensaufruf. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke. Das können wir gerne so machen.Abg. Johannes Kaiser
Ich unterstütze dieses Anliegen der Landtagsvizepräsidentin.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke, damit ist der Geschäftsordnung Genüge getan.
Damit kommen wir zur Abstimmung, ob wir auf die Gesetzesvorlage eintreten oder nicht.
Ich rufe wie üblich die Abgeordneten in alphabethischer Reihenfolge auf und wer für Eintreten ist, soll sich bitte mit Ja äussern. Wer gegen Eintreten ist, soll sich bitte mit Nein äussern.Abg. Marlies Amann-Marxer
Ja.Abg. Christian Batliner
Nein.Abg. Manfred Batliner
Ja.Abg. Doris Beck
Nein.Abg. Jürgen Beck
Nein.Abg. Gisela Biedermann
Ja.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Nein.Abg. Gerold Büchel
Ja.Abg. Peter Büchel
Nein.Abg. Albert Frick
Ja.Abg. Pepo Frick
Nein.Abg. Doris Frommelt
Ja.Abg. Rainer Gopp
Nein.Abg. Hilti
Nein.Abg. Peter Hilti
Nein.Abg. Johannes Kaiser
Ja.Abg. Elmar Kindle
Ja.Abg. Günther Kranz
Nein.Abg. Werner Kranz
Nein.Abg. Peter Lampert
Ja.Abg. Wendelin Lampert
Ja.Abg. Gebhard Negele
Nein.Abg. Harry Quaderer
Nein.Stv. Abg. Leander Schädler
Nein.Landtagsvizepräsidentin Renate Wohlwend
Ja.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke. Damit hat der Landtag mit 11 Ja zu 14 Nein gegen ein Eintreten entschieden.
Damit ist diese Gesetzesvorlage vom Tisch und Traktandum 8 erledigt.
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