Postulat zur Verbesserung der Situation von Frauen im Schwangerschaftskonflikt des Abgeordneten Pepo Frick vom 29. Oktober 2012
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Wir kommen somit zu Traktandum 2: Postulat zur Verbesserung der Situation von Frauen im Schwangerschaftskonflikt, vorgelegt vom Abg. Pepo Frick am 29. Oktober 2012.
Ich gebe das Wort dem Postulanten Pepo Frick.Abg. Pepo Frick
Guten Morgen. Gestützt auf Art. 34 und 35 der Geschäftsordnung des Landtags reiche ich folgendes Postulat ein:
Der Landtag wolle beschliessen:
«Die Regierung wird eingeladen, umfassend zu überprüfen, wie die Situation von Frauen im Schwangerschaftskonflikt verbessert werden kann. Durch die Anpassung der strafrechtlichen Normen soll der Schwangerschaftsabbruch entkriminalisiert und dadurch das Selbstbestimmungsrecht der Frauen geachtet werden. Zudem sollen durch weitere flankierende Massnahmen ungewollt Schwangere im Schwangerschaftskonflikt bestmöglich unterstützt werden, damit die Anzahl von Schwangerschaftsabbrüchen reduziert und dadurch das ungeborene Leben besser geschützt werden kann».
Zur Begründung:
Nach längeren politischen Diskussionen wurde im Frühling 2012 der Vorstoss zur Aufhebung des Weltrechtsprinzips grossmehrheitlich vom Landtag abgelehnt. Viele Abgeordnete engagierten sich in ihren Voten für die Entkriminalisierung und ein Selbstbestimmungsrecht der Frauen nicht nur im Ausland, sondern auch in Liechtenstein selbst. Das Thema «Schwangerschaftsabbruch» bzw. die Situation von Frauen in einem Schwangerschaftskonflikt hat diesen Landtag wiederholt beschäftigt. Zusammenfassend darf gesagt werden, dass der Landtag in der gegenwärtigen Zusammensetzung ein Bekenntnis abgegeben hat, die rechtliche Situation für Frauen in Schwangerschaftskonflikten in Liechtenstein verbessern zu wollen und gleichzeitig alles zu unternehmen, damit so wenig wie möglich unerwünschte Schwangerschaften entstehen oder abgebrochen werden. Ein Reformbedarf wird grossmehrheitlich anerkannt.
Erbprinz Alois von Liechtenstein hat nach der Abstimmung im letzten Herbst folgende Mitteilung veröffentlicht («Volksblatt Online» vom 18.9.2011): «Nach dem Landtag hat nun auch das Volk die Initiative «Hilfe statt Strafe» abgelehnt. Es ist mir jedoch wichtig festzuhalten, dass das Thema Schwangerschaftsabbruch damit keineswegs von der politischen Agenda genommen werden kann. Die durch die Initiative ausgelöste Diskussion hat vielmehr gezeigt, dass wir die Situation von ungewollt Schwangeren verbessern und dadurch die Anzahl von Abtreibungen reduzieren sollten. Aufgrund der Kleinheit unseres Landes können wir dabei besondere Wege einschlagen. Wir sollten die Chance wahrnehmen, auch in diesem Sinne eine innovative, liechtensteinische Lösung zu entwickeln und uns positiv zu differenzieren».
Mit diesem ergebnisoffen formulierten parlamentarischen Vorstoss soll dafür die Gelegenheit geschaffen werden.
Beispielhaft kann man sich an der Schweiz orientieren: Die Schweiz hat mit 6,8 Abbrüchen pro 1'000 Frauen im Alter von 15 bis 44 Jahren die niedrigste Schwangerschaftsabbruchrate in ganz Europa. Und diese Zahl ist seit Einführung der Fristenregelung vor 10 Jahren konstant tief. Das wurde erreicht, weil die Schweiz - eine fundierte Sexualerziehung an den Schulen,
- ein Netz von Familienplanungs- und Schwangerschaftsberatungsstellen
- und leichen Zugang zu allen Methoden der Verhütung inklusive Sterilisation hat, und
- ein offenes Klima gegenüber dem Thema Sexualität fördert
- und eine klare Unterstützung für Frauen propagiert, die das Kind bekommen möchten.
Ziel auch in Liechtenstein muss es sein, die Zahl der Abbrüche noch weiter senken zu können. Dazu gehört auch für Liechtenstein die Enttabuisierung des Themas Sexualität, gerade auch durch Aufhebung der Stigmatisierung der betroffenen Frauen.
Die Regierung soll sich diesem Thema annehmen und dem Landtag einen umfassenden Vorschlag unterbreiten, der sich unter anderem mit folgenden zentralen Punkten befasst:- Das Selbstbestimmungsrecht der Frauen soll künftig respektiert und in Liechtenstein lebende Frauen sollen bei einem Schwangerschaftsabbruch soweit als möglich entkriminalisiert werden.
- Der Zugang zu einem pluralen Beratungsangebot im In- und Ausland soll gewährleistet sein. Frauen sollen Wahlmöglichkeiten haben für eine ergebnisoffene Konfliktberatung.
- Alle möglichen flankierenden Massnahmen zur Unterstützung der ungewollt Schwangeren sollen geprüft werden, um dadurch das ungeborene Leben so gut wie möglich zu schützen.
Weitere Fragen, welche die Regierung in ihre Überlegungen mit einbeziehen könnte: - Welche gesetzlichen Regelungen müssten eingeführt werden, damit in Liechtenstein selbst keine Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden können, wie das verschiedentlich als Befürchtung in den Raum gestellt wurde? (Zum Beispiel verwaltungsrechtlicher Ansatz).
- Welche Auflagen macht der Staat an die Konfliktberatung?
- Welche Pflichten und Rechte haben die Schwangeren?
- Welche Rechte zu entscheiden haben minderjährige Schwangere? Müssen die Eltern informiert werden? Haben die Eltern ein Vetorecht, zum Beispiel bei Schwangeren unter 14 Jahren?
- Wäre eventuell der Erlass eines Schwangerschaftskonfliktgesetzes für unser Land sinnvoll?
Diese Fragen sind nicht abschliessender Natur. Vielmehr soll die Regierung die verschiedenen, in Europa gelebten Modelle prüfen und dem Landtag einen umfassenden Vorschlag vorlegen, welcher es ermöglicht, Frauen und Paare in Schwangerschaftskonflikten besser zu erreichen. Grundvoraussetzung dafür ist die Entkriminalisierung der ungewollt Schwangeren. Durch die entsprechende Entstigmatisierung des Themas Sexualität sowie weiterer flankierenden Massnahmen sollen als gemeinsames Ziel ungewollte Schwangerschaften weiter reduziert, ungewollt Schwangere bestmöglich unterstützt und damit das ungeborene Leben besser geschützt werden. Danke. Landtagspräsident Arthur Brunhart
Besten Dank. Weitere Wortmeldungen?Abg. Marlies Amann-Marxer
Danke, Herr Präsident. Meine Damen und Herren Abgeordnete, guten Morgen. Das Ziel des Postulats ist der Schutz des ungeborenen Lebens und die Verbesserung der Situation von Frauen in Schwangerschaftskonflikten. Dieses Thema hatten wir hier im Landtag schon verschiedene Male. Es findet meine volle Unterstützung. Ich werde der Überweisung des Postulats an die Regierung zustimmen. Allerdings bleibt eine Frage, die ich dem Postulanten, dem Abg. Pepo Frick, stellen möchte:
Herr Abg. Frick, Sie fordern mit dem Postulat neben flankierenden Massnahmen zur Unterstützung von ungewollt Schwangeren auch eine Entkriminalisierung des Abbruchs. Zwei unterschiedliche Möglichkeiten, dies zu tun, sind im Landtag vor Kurzem abgelehnt worden. Das eine war die Einführung der Fristenlösung in Liechtenstein und das andere war die Straffreiheit bei einem legalen Abbruch im Ausland. Ich sehe wenig Sinn darin, diese Forderung innerhalb eines Jahres erneut auf den Tisch zu bringen.
Meine Frage an Sie, Herr Abg. Frick: An welche konkrete Möglichkeit zur Entkriminalisierung haben Sie mit der Einreichung dieses Postulats gedacht?
Das Postulat fordert die Regierung auf, die Möglichkeiten zu prüfen. Ich denke, die Regierung hat diese Möglichkeiten in den letzten 20 Monaten schon geprüft. Aber ich will der Beantwortung nicht vorgreifen und da Ihr Postulat noch andere Fragen aufwirft und den Schutz des ungeborenen Lebens ins Zentrum stellt neben der Entkriminalisierung der Betroffenen und auch flankierende Massnahmen fordert für Frauen und Paare im Konfliktfall, welche dringend benötigt werden, stimme ich Ihrem Postulat gerne zu.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Besten Dank.Abg. Peter Hilti
Danke für das Wort, Herr Landtagspräsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, guten Morgen. Ich kann es vorwegnehmen: Auch ich werde der Überweisung zustimmen. Ich habe ähnliche Beweggründe wie meine direkte Vorrednerin. Ich habe auch ähnliche Fragen. Das Postulat an sich ist sehr ergebnisoffen gehalten. Dafür danke ich, dass es wirklich das Thema, wie man so schön sagt, im Warmen behält. Das Thema ist zu wichtig, um einfach wieder auf die lange Bank geschoben zu werden. Wir haben in dieser Legislatur des Öfteren über dieses Thema bereits gesprochen. Ich denke, wir sind auch ein Stück weit an unsere Grenzen gekommen, was die Entkriminalisierung betrifft, aber ich denke, das Postulat ist so ergebnisoffen gehalten, flankierende Massnahmen, Unterstützungsangebote zu prüfen. Und das ist sicherlich unterstützenswert. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Besten Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen?
Abg. Pepo Frick
Von der Vorrednerin und vom Vorredner wurden Fragen an mich gestellt. Und zwar, was meine konkrete Vorstellung der Straflosigkeit für Frauen im Schwangerschaftskonflikt betrifft. Ich glaube, wir haben hier diskutiert und vor gut einem halben Jahr habe ich die Motion zurückgezogen. Von Ihrer Seite wurde darauf hingewiesen, dass ich das ergebnisoffen gestalten soll. Ich habe wirklich versucht - und da habe ich ja zwei positive Botschaften gehört - ich habe wirklich versucht, diese drei Kernpunkte, nämlich Schutz des ungeborenen Lebens, Selbstbestimmungsrecht der Frau und Entkriminalisierung als Paket einzubringen. Nun bin ich natürlich überfordet oder ich möchte jetzt gar nicht sagen, was meine genaue Vorstellung der Entkriminalisierung ist. Was mir bewusst ist, was mir klar ist, ich weiss wirklich nicht, wie die liechtensteinische Lösung aussieht, aber ich denke, in diesem Sinne darf man das der Regierung überlassen und ich bin selber gespannt. Ich freue mich auf den Vorschlag der Regierung. Also nochmals: Ich kann und möchte Ihnen auch nicht meine Vorstellung der Entkriminalisierung hier darlegen. Das wäre nicht im Sinne des Postulates. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Besten Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen?
Das ist nicht der Fall. Somit steht ein Antrag im Raum.
Ich wiederhole noch einmal kurz: Der Antrag lautet, ein Postulat an die Regierung zu überweisen, mit dem die Regierung eingeladen wird, umfassend zu prüfen, wie die Situation von Frauen im Schwangerschaftskonflikt verbessert werden kann. Durch die Anpassung der strafrechtlichen Normen soll der Schwangerschaftsabbruch entkriminalisiert und dadurch das Selbstbestimmungsrecht der Frauen geachtet werden. Zudem sollen durch weitere flankierende Massnahmen ungewollt Schwangere im Schwangerschaftskonflikt bestmöglich unterstützt werden, damit die Anzahl von Schwangerschaftsabbrüchen reduziert und dadurch das ungeborene Leben besser geschützt werden kann. Wer diesem Postulat zustimmen möchte, möge bitte die Stimme jetzt abgeben. Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 21 Stimmen
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Damit ist das Postulat mit 21 Stimmen bei 25 Anwesenden an die Regierung überwiesen und wir haben Traktandum 2 abgeschlossen.
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