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27. Januar 2022

Es gilt das gesprochene Wort!


ANSPRACHE

DES ALTERSPRÄSIDENTEN ALBERT FRICK

ANLÄSSLICH DER LANDTAGSERÖFFNUNG 2022

Durchlauchter Erbprinz
Sehr geehrte Frauen und Herren Landtagsabgeordnete
Sehr geehrte Mitglieder der Regierung 

Es ist liechtensteinische Eigenart, dass der Landtag gegen Jahresende geschlossen wird und in der zweiten Hälfte des Monats Januar feierlich wiedereröffnet wird. Im Zentrum der Landtagseröffnung steht jährlich die Thronrede des Landesfürsten oder seines mit den fürstlichen Hoheitsrechten ausgestatteten Stellvertreters. Ich danke Ihnen, Durchlauchter Erbprinz, für die wegweisenden Worte, die Sie soeben an uns gerichtet haben. Ihre Rede ist Ausdruck des Zusammenwirkens des Staatsoberhauptes mit den Staatsorganen Landtag und Regierung mit dem Ziel, die Führung des Staates in visionärer und verantwortungsbewusster Weise gemeinsam wahrzunehmen. 

„Nichts ist so beständig wie der Wandel“, hat der Philosoph Heraklit schon vor 2500 Jahren erklärt. Sein Zitat scheint heute genau so aktuell wie damals. Ja noch viel aktueller. Megatrends wie die Digitalisierung verändern den Alltag, verändern die Arbeitswelt und verändern die Gesellschaft mit noch nie gekannter Geschwindigkeit. Herausforderungen wie die Covid-Pandemie oder die Klimabedrohung tun dies in gleichem Masse. 

Hätte jemand vor fünf Jahren prognostiziert, dass wir uns heute mit Masken, getrennt durch Glasscheiben und vor dem Hintergrund wöchentlicher Demonstrationen versammeln, so hätte dies wohl nur ein mitleidiges Lächeln hervorgerufen. Wie schnell mussten wir uns doch in einer neuen Wirklichkeit einfinden. Aber haben wir uns darin zurechtgefunden? Mitnichten. Als Landtags­abgeordnete vertreten wir heute ein Volk, das zum Teil zutiefst verunsichert ist. 

Offen und oft wird von einer Spaltung der Gesellschaft gesprochen. Diese Meinung teile ich so nicht, denn die Unterstützer der Pandemiemassnahmen sind in deutlicher Mehrheit. Vielmehr müsste man von einer Abspaltung innerhalb der Gesellschaft sprechen und von teilweiser Radikalisierung innerhalb dieser Abspaltung. Wobei auch hier keine einheitlichen Motive feststellbar sind. Oft sind es individuelle Überzeugungen oder persönliche Betroffenheit, die Menschen veranlassen, sich gegenüber dem Mainstream abzugrenzen. 

Alles in allem eine Situation, die nicht ganz unerwartet zu politischer Aktivität führt und in die Gründung einer neuen Partei und in eine Initiative zur vorzeitigen Auflösung des Landtages mündet.

Für uns als gewählte Volksvertreter und für die bestellten Mitglieder der Regierung stellt diese gesellschaftliche Entwicklung eine ernstzunehmende Herausforderung dar. Es muss unser Ziel sein und bleiben, die Gesundheit der Bevölkerung nach bestem Wissen und Gewissen zu schützen. Es muss aber auch unser Ziel sein, Gefühle von Ausgrenzung zu mildern, Verständnis für Andersdenkende aufzubringen und das Versöhnende über das Trennende zu stellen.

Geschätzte Damen und Herren 

Die politische Arbeit darf und wird unter dem Einfluss der Pandemie und ihrer Nebeneffekte nicht ruhen. Viele Aufgaben warten auf uns, die wir mit Elan angehen und erfolgreich gestalten wollen. Die Jahre zwei und drei in einer Legislaturperiode erweisen sich erfahrungsgemäss als die produktivsten Jahre. Der Wahlkampf liegt hinter uns, die Einarbeitungszeit für neue Abgeordnete ebenfalls und die Ziele sind gesetzt. Es gilt nun, einen guten Weg zwischen parteipolitischer Profilierung und gemeinsamem Bemühen zu finden. Parteipolitische Profilierung darf durchaus ihren Platz haben, dient sie doch dem Ringen um die besten Lösungen. 

Es gibt aber auch Themen von übergeordnetem nationalem Interesse, bei denen wir uns vorteilhaft auf gemeinsame Zielsetzungen einigen. Die Sicherung einer wirksamen finanziellen Altersvorsorge, die allen Betroffenen einen Lebensabend in Würde ermöglicht, ist eine dieser Aufgaben. Auch der Pflegebereich ist so zu sichern, dass die Leistungen zuverlässig und in guter Qualität langfristig erbracht werden können. Gemeinsame Ziele zu setzen, ist auch im Bereich der Verkehrs- und Mobilitätsplanung und im Bereich der Energieversorgung von Vorteil. Dabei ist in besonderer Weise auf die Nachhaltigkeit der Projekte zu achten. 

Nicht wer’s erfunden hat, soll bei der Wertung unserer Arbeit von höchster Bedeutung sein. Im Vordergrund soll das stehen, was wir gemeinsam zum Wohle des Landes und unserer Mitmenschen erreicht haben.

Ich wünsche Ihnen, Durchlauchter Erbprinz, sowie Ihnen, geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete und geschätzte Mitglieder der Regierung, bei der Bewältigung der uns übertragenen Führung des Landes viel Kraft, viel Erfolg und Gottes Segen.