Motion zur Einführung des Stimm- und aktiven Wahlrechts Liechtensteiner Staatsangehöriger im Ausland der Abgeordneten Christoph Beck, Peter Büchel, Frank Konrad, Helen Konzett Bargetze, Thomas Lageder, Violanda Lanter-Koller, Wolfgang Marxer, Judith Oehri, Karin Rüdisser-Quaderer, Thomas Vogt und Christoph Wenaweser vom 28. Mai 2015
Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Wir kommen zu Traktandenpunkt 6: Motion zur Einführung des Stimm- und aktiven Wahlrechts Liechtensteiner Staatsangehöriger im Ausland der Abgeordneten Christoph Beck, Peter Büchel, Frank Konrad, Helen Konzett Bargetze, Thomas Lageder, Violanda Lanter-Koller, Wolfgang Marxer, Judith Oehri, Karin Rüdisser-Quaderer, Thomas Vogt und Christoph Wenaweser vom 28. Mai 2015.
Wird seitens der Motionäre das Wort gewünscht? Abg. Christoph Wenaweser
Danke, Frau Landtagsvizepräsidentin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Namens der VU-Landtagsfraktion darf ich zur Motion betreffend ein aktives Stimm- und Wahlrecht für Liechtensteiner Staatsangehörige im Ausland folgende Erklärung abgeben: Die Abgeordneten der Vaterländischen Union haben sich Anfang Juni dieses Jahres geschlossen hinter das im Dezember 2013 von der Regierung dem Landtag im Rahmen einer Postulatsbeantwortung vorgestellte Modell des aktiven Stimm- und Wahlrechts für im Ausland lebende liechtensteinische Staatsangehörige unter Berücksichtigung der «potenziellen Betroffenheit» gestellt. Eine dahingehende Motion wurde eingereicht. Über deren Überweisung an die Regierung haben wir hier nun zu befinden. Die Diskussion innerhalb der Fraktion im Vorfeld der Motionseinreichung hat uns aufgezeigt, dass ein vollumfängliches aktives Stimm- und Wahlrecht für alle im Ausland lebenden liechtensteinischen Staatsangehörigen für unser kleines Land nicht sinnvoll wäre. Das Modell der potenziellen Betroffenheit aber passt zu Liechtenstein, und wir können mittel- und langfristig sogar davon profitieren. Warum passt dieses Modell zu Liechtenstein? Weil die Auflagen zur Ausübung des aktiven Stimm- und Wahlrechtes auf uns abgestimmt und eng gefasst sind. Nur wer schon einmal über eine Anzahl Jahre in unserem Land gelebt hat, kann sich auf eigenes Ansuchen hin in ein Stimmregister eintragen lassen und so die Berechtigung bekommen, für eine befristete Zeitspanne aktiv an Abstimmungen und Wahlen teilzunehmen. Die geäusserten Befürchtungen, dass der Wille der in Liechtenstein lebenden Staatsangehörigen dadurch «verwässert» würde, können durch konkrete Zahlen leicht widerlegt werden. Bei Heranziehung der Migrationsstatistik kommt man auf geschätzte 1'400 liechtensteinische Staatsangehörige im Ausland, welche gemäss diesem Modell berechtigt wären, sich im Stimmregister eintragen zu lassen. Nimmt man nun - begründet auf realistische Vergleichszahlen - an, dass 50% dieser Personen sich ins Stimmregister eintragen lassen, resultiert eine Zahl von 700 stimmberechtigten Auslandliechtensteinerinnen und -liechtensteinern. Geht man weiter davon aus, dass 60% dieser Personen von ihren Rechten auch tatsächlich Gebrauch machen, ergibt es eine Zahl von rund 420 Personen. Damit wäre mit einem Anteil der stimmberechtigten Auslandliechtensteiner an den gesamthaft knapp 20'000 Stimmberechtigten in der Grössenordnung von rund 2 bis 4% zu rechnen. Interessant sind zu diesem Thema die Zahlen der alljährlichen Jungbürgerinnen und Jungbürger: In den Jahren 2010 bis 2014 wurden zwischen 504 und - im vergangenen Jahr sogar - 543 Staatsangehörige in Liechtenstein volljährig. Dazu kommen jedes Jahr auch Neuwähler durch Einbürgerungen. Zwischen 2010 und 2014 waren dies 912 Personen. Weder von den Jungbürgern noch von den neu Eingebürgerten wissen wir etwas über ihr Wahlverhalten und niemand wird sich deswegen ernsthaft Sorgen machen. Und was profitiert unser Land vom Modell der potenziellen Betroffenheit? Ausbildungen dauern heute länger als früher. Wir reden gerne von lebenslangem Lernen. Zu einer fundierten Ausbildung gehört für viele ein mehrjähriger Auslandaufenthalt nach Lehre oder Studium. Denken wir nur an die erfolgreichen jungen Berufsleute, die unser Land in Brasilien an den WorldSkills hervorragend vertreten haben. Vielleicht möchte einer der «Weltmeisterschaftshandwerker» für einige Jahre ins Ausland, um seine Fähigkeiten noch zu vervollkommnen. Wäre es da nicht in unserem Sinne, dass er sich in dieser Zeit aktiv an unserem demokratischen Leben beteiligt und mitbestimmen kann, wie seine Heimat aussieht, wenn er als Berufsfachmann oder gar als Arbeitgeber nach Liechtenstein zurückkommt? Auch in anderen beruflichen Bereichen ist es für unsere Wirtschaft und unser Weiterkommen wichtig, dass Frauen und Männer nach Grundausbildungen ins Ausland gehen und gewichtiges Know-how zurück nach Liechtenstein bringen. Die Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner, die vom aktiven Wahlrecht mit potenzieller Betroffenheit profitieren würden, sprechen unsere Sprache, da sie ja schon einmal ihren Wohnsitz in ihrer Heimat hatten. Sie kennen unser demokratisches System und könnten durch aktives Mitbestimmen ihre Verbundenheit bewahren. Die vorliegende Motion wäre ein Zeichen dafür, dass wir nicht nur überlegen, was uns «Rückkehrer» von ihren zeitlich befristeten Auslandjahren zurückbringen, sondern auch, was wir ihnen mitgeben können. Daher ersuchen wir den Hohen Landtag um Überweisung der gegenständlichen Motion an die Regierung. Besten Dank.Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Vielen Dank. Abg. Helen Konzett Bargetze
Danke für das Wort. Geschätzte Abgeordnete. Seitens der FL-Fraktion darf ich folgende Erklärung abgeben: Unser Anliegen ist die Einführung des Stimm- und aktiven Wahlrechts liechtensteinischer Staatsangehöriger im Ausland auf Landesebene mit den von der Regierung in der Postulatsbeantwortung Nr. 103/2013 vorgeschlagenen Einschränkungen gemäss dem Modell der potenziellen Betroffenheit. Dieses Modell erscheint uns und der VU-Fraktion als Motionäre als gut geeignet oder zumindest für eine erste Lesung diskussionswürdig. Zum einen kann damit das legitime Anliegen von Auslandsliechtensteinern nach politischer Mitbestimmung berücksichtigt werden, zum anderen aber auch das Argument, dass möglichst diejenigen mitentscheiden sollen, die auch die Konsequenzen dafür mitzutragen haben werden. Unsere Landsleute, auch unsere Kinder, bleiben nicht selten nach der Lehrlingsausbildung oder nach dem Studium im Ausland und sammeln berufliche Erfahrungen: Bei Berufen der Medizin und Gesundheitsbranche, im Gastgewerbe, in gestalterischen Berufen ist dies zum Beispiel üblich und notwendig. Es geht darum, in einem anderen Umfeld, auch in einer anderen Sprache lernen und Erfahrungen im Beruf machen zu können, die später eventuell auch in Liechtenstein wieder gebraucht werden. Überdies sind bei uns in Liechtenstein eine grössere Zahl von international tätigen Industriebetrieben und Banken ansässig, welche Berufsleuten die Chance für Wanderjahre an einem ausländischen Standort bieten. Einige von den Menschen, die das in Anspruch nehmen, kommen wieder ins Land zurück, andere nicht. Bislang konnten Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner, welche diese Chancen erhalten und nutzen, eine Zeit im Ausland zu leben, ihr Stimmrecht in Liechtenstein nicht mehr wahrnehmen. Ich finde, das muss sich ändern. Viele Auslandsliechtensteiner fühlen sich existenziell zugehörig und viele von ihnen würden es begrüssen, wenn sie als Auslandsliechtensteiner ein Stimm- und Wahlrecht in Liechtenstein hätten. Sie würden davon auch Gebrauch machen. Bitte beachten Sie auch, dass viele davon ausschliesslich einen Liechtensteiner Pass haben. Damit haben sie a priori überhaupt keine Möglichkeit zur politischen Mitbestimmung im Ausland. Dann gibt es auch noch jene Auslandsliechtensteiner, die täglich in unser Land zur Arbeit pendeln. Aber auch das nützt ihnen nichts. So fühlen sich Auslandsliechtensteiner politisch diskriminiert. Und dann gibt es noch einige, welche sich politisch betätigt haben, ein politisches Mandat innehatten und sich stark für unser Land interessierten, bevor sie ins Ausland gingen. Und dann gibt es noch jene Auslandsliechtensteiner, die im Ausland bei einer Liechtensteiner Botschaft in der Verwaltung, zum Beispiel auch beim LED oder in einer ähnlichen, Liechtenstein repräsentierenden Arbeitsstelle arbeiten. Sie stehen täglich ihren Mann oder ihre Frau und sind sozusagen alle unsere Botschafter im Ausland, dürfen aber nicht mitbestimmen. Für mich ist das ein Unding. Wobei es bei unserem Anliegen hingegen nicht geht: Um liechtensteinische Lehrlinge, Berufsschulabsolventen und Studierende, welche vorübergehend im Ausland lernen und studieren. Sie verfügen in der Schweiz lediglich über einen Wochenaufenthalter-Status und bleiben in Liechtenstein gemeldet. Das wird manchmal vermischt oder verwechselt und gehört hier nochmals klargestellt. Dann möchte ich noch erwähnen, dass die wissenschaftlichen Grundlagen vorhanden sind, sie wurden von der Regierung in der schon erwähnten Postulatsbeantwortung gut dargestellt. Auf mehreren Seiten wurden auch internationale Trends untersucht und unter Berücksichtigung der besonderen liechtensteinischen Verhältnisse in einen Zusammenhang gestellt. Die Grundlagen sind also vorhanden und sie wurden, wenn ich mich richtig entsinne, auch von allen Fraktionen gewürdigt, dass diese eben beschafft worden sind von der Regierung. Mit dem FL-Postulat aus dem Jahr 2013, der Postulatsbeantwortung 2013 sowie der aktuell vorliegenden Motion haben wir das gemacht, was Exponenten anderer Parteien immer wieder gefordert haben: Wir engagieren uns für die Auslandsliechtensteiner, anstatt zuerst Ausländern in Liechtenstein das Stimmrecht auf Gemeinde- oder Landesebene geben zu wollen. Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner gehören zum Liechtensteiner Staatswesen. In ihrem Pass steht: «Der Inhaber/die Inhaberin dieses Reisepasses ist Staatsbürger/Staatsbürgerin des Fürstentums Liechtenstein und kann jederzeit dorthin zurückkehren.» Das ist das Faktum oder - wenn Sie es so wollen - der Wert, von dem ich grundsätzlich ausgehen möchte. Es geht bei unserem Anliegen um einen grundsätzlich partizipativen Ansatz, der für einmal die Liechtensteiner im Ausland mitberücksichtigt. Es ist - wie das Beispiel mit international tätigen Liechtensteiner Unternehmen belegt - auch ein ressourcenorientierter Ansatz, der ein Signal an die Auslandsliechtensteiner aussendet: Wir laden euch ein, euch weiterhin für dieses Land und seine Zukunft zu interessieren. Wir halten eine Bindung mit euch aufrecht oder bieten sie an, solange und insofern es nach dem Modell der potenziellen Betroffenheit Sinn macht. Die Details dieses Modells könnten während der zwei Gesetzeslesungen vom Landtag noch einmal eingehend diskutiert und überprüft werden. Wir bitten Sie, die Motion als Chance zu sehen, die Demokratie und die Grundrechte zu stärken, und Sie mit ihrer Stimme zu unterstützen. Danke schön. Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Besten Dank. Abg. Herbert Elkuch
Danke für das Wort. Die Motion verfolgt das Ziel, das Stimm- und Wahlrecht Liechtensteiner Staatsangehöriger im Ausland auf Landesebene in der Verfassung zu verankern. Liechtensteiner, die in Grenznähe wohnen, sind ein Bestandteil unserer Gesellschaft. Genauso solche, die beruflich oder zur Weiterbildung eine Zeitlang ausser Landes wohnen. Für circa 450 Liechtensteiner, die zum Teil im Land aufgewachsen sind, aus bekannten Gründen ins benachbarte Rheintal zogen und jetzt als Grenzgänger in Liechtenstein arbeiten, aber auch für Liechtensteiner, die beruflich oder zu Ausbildungszwecken vorübergehend im Ausland wohnen, ist die Einbindung in politische Entscheidungen richtig. Sie tragen einen Teil der sich aus Abstimmungen ergebenen Konsequenzen mit. Bei Liechtensteinern, welche weit entfernt, zum Teil seit Generationen, im Ausland leben, wird die Stimmbeteiligung um vieles kleiner ausfallen gegenüber der vorgängig erwähnten Gruppe. Auslandliechtensteiner sind gewissermassen wirkungsvolle Botschafter des Landes. Wenn ein Liechtensteiner, der schon sehr lange im Ausland wohnt und trotzdem Interesse an den politischen Vorgängen in Liechtenstein zeigt, beweist er eine Verwurzelung zum Heimatstaat. Auch in zweiter und dritter Generation lebende Auslandliechtensteiner sind immer noch Liechtensteiner, bedürfen der Anerkennung sowie einer Förderung der Beziehungen der Auslandliechtensteiner unter sich und zu Liechtenstein. Die internationale Mobilität und die weltweite Präsenz der Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner könnte für politische und ökonomische Bindungen stärker genutzt werden. Richtig und systematisch genutzt könnte dies unserem Land Vorteile bringen. Das Argument der Gegner, keine politische Rechte für Liechtensteiner im Ausland, solange diese keine Gegenleistung in Form von Steuern leisten oder die Konsequenzen der Entscheidung nicht mitzutragen haben, wird dadurch zum Teil entlastet. Durch das Stimm- und Wahlrecht an Auslandliechtensteiner erlebt Liechtenstein auch wirtschaftliche Vorteile. Auslandliechtensteiner sind eine Kraft für die heimische Wirtschaft. Liechtenstein ist ein Kleinstaat und ist auf weltweit gute Kontakte und Beziehungen zum Ausland abhängig. Durch die Zuerkennung des Wahl- und Stimmrechtes wird der Bezug und Kontakt sowohl zum Heimatstaat Liechtenstein als auch unter den im Ausland wohnenden Liechtensteinern verstärkt und die Kommunikation verbessert, vor allem für Auslandgeschäfte oder auch Betriebsansiedelungen im Ausland oder das Betreiben einer Niederlassung durch liechtensteinische Firmen sind wertvolle Informationen von Vertrauenspersonen und Unterstützung vor Ort sehr wertvoll, weil die dort wohnenden Liechtensteiner die spezifischen Gegebenheiten im betreffenden Land kennen. Auslandliechtensteiner verhelfen zu einem Abstimmungsergebnis aus grösserer Sichtweise. Auslandliechtensteiner, vor allem die, die weit weg und seit langer Zeit im Ausland leben, werden ein anderes Wahlverhalten als in Liechtenstein wohnhafte Bürger zeigen. Die Auslandschweizer beispielsweise vertreten meistens die wirtschafts- sowie gesellschaftsliberaleren Positionen stärker als die Inlandschweizer. Ob sich dies insgesamt zum Vorteil oder Nachteil auswirkt, wird sich weisen. Auslandschweizer bilden zu den vier Sprachregionen die fünfte Schweiz. Welchen Stellenwert haben Auslandliechtensteiner in ihrem Heimatstaat? In der Schweiz geniessen die Auslandschweizer einen hohen Stellenwert. 1966 verlieh das Volk dem Bund die Befugnis, die Beziehungen unter den Auslandschweizern und zur Heimat zu fördern und diesem Ziel dienende Institutionen, unter anderem die Schweizer Schulen, finanziell zu unterstützen. 1974 bekamen die Auslandschweizer das Stimm- und Wahlrecht auf nationaler Ebene. 1976 erfolgten eine weitere Stärkung der Schweizer Präsenz im Ausland und eine effizientere Zusammenarbeit aller auf diesem Gebiet tätigen Organisationen, zum Beispiel durch die Schweizerische Zentrale für Handelsförderung und den Auslandschweizerdienst EDA. 2011 unterrichteten an den Schweizer Schulen circa 270 Lehrkräfte rund 7'300 Kinder. Sie werden vom Bund aufgrund des Auslandschweizer Ausbildungsgesetzes von 1987 mit Subventionen unterstützt, die rund 50% der Ausgaben sämtlicher Schulen decken. Noch kurz zu ein paar Modalitäten: Die Sinnhaftigkeit, für Auslandliechtensteiner das Anrecht für ein Stimmrecht und Wahlrecht an die Voraussetzung eines früheren mehrjährigen Inlandwohnsitzes zu knüpfen, muss gut überlegt werden. Ausländern mit Wohnsitz in Liechtenstein wird schon nach fünfjähriger Verheiratung mit einem liechtensteinischen Bürger das Recht, an Abstimmungen teilzunehmen, zugestanden. Dass der Auslandliechtensteiner selbst eine Aufnahme im Stimmregister beantragen muss, finde ich in Ordnung. Der mit seinem Heimatland in Verbundenheit lebende Auslandliechtensteiner wird aufgrund der globalen Vernetzung, das ihm neu zugestandene Recht rasch erfahren und aus eigenem Antrieb den Eintrag im Stimmregister beantragen, sofern er das will. Ich könnte mir vorstellen, dass sich Liechtensteiner im Ausland auch ohne Eintrag im Stimmregister bei dieser Stelle registrieren lassen könnten. Dies insbesondere, weil die Anzahl der im Ausland wohnenden liechtensteinischen Bürger unbekannt ist. Nach Schätzungen könnten es über 8'000 sein. Um nicht tote Stimmregister führen zu müssen, könnte ich mir eine Löschung im Stimmregister vorstellen, wenn an einer Anzahl aufeinanderfolgender Abstimmungen nicht mehr teilgenommen wird. Die Stimmunterlagen werden dann nicht mehr zugestellt, eine erneute Eintragung im Stimmregister kann aber jederzeit wieder beantragt werden. Um gegen vielfach befürchtete übermässige Einflüsse seitens der Auslandliechtensteiner vorzubeugen, könnte ein Passus für eine mögliche Gewichtung der von Auslandliechtensteinern eingegangenen Stimmen nach Herkunftsland eingebaut werden. Falls sich die Argumente der Gegner bewahrheiten, die Auswirkungen überproportional und nicht vertretbar hoch sind, könnte auf diesen Passus zurückgegriffen werden und die Gewichtung angepasst werden. Das Stimm- und Wahlrecht bliebe dennoch grundsätzlich erhalten. Danke.Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Besten Dank. Abg. Elfried Hasler
Ja, danke für das Wort. Dass im Ausland lebende Bürger eine massiv andere Ansicht über eine Abstimmungsvorlage haben können als im Inland wohnhafte, hat die jüngste Abstimmung in der Schweiz über die Radio und Fernsehgebühren eindrücklich gezeigt. Wenn die Vorlage gesamtschweizerisch nur hauchdünn mit 50,08% angenommen wurde, haben hier die Auslandschweizer in den einzelnen Kantonen mit bis zu sage und schreibe 72% massiv zugestimmt. Notabene Auslandschweizer, die zwar kostenlos von den Leistungen der SRG profitieren, selbst aber keinen Rappen Gebühren bezahlen, haben nun den Ausschlag gegeben und entschieden, wer von den im Inland lebenden wie viel zu bezahlen hat. Das dünkt mich dann schon sehr, sehr kurios. Bekannt ist das deshalb, weil das Abstimmungsergebnis der Auslandschweizer in zwölf Kantonen separat erfasst wird. Sollte es auch in Liechtenstein zum Stimm- und Wahlrecht für Auslandliechtensteiner kommen - und davon ist auszugehen oder mindestens ist davon auszugehen, dass dieser Vorstoss heute überwiesen wird -, so sollte das Abstimmungsergebnis der Auslandliechtensteiner jedenfalls ebenfalls separat ausgewertet werden, damit das Abstimmungsergebnis der in den einzelnen Gemeinden wohnhaften Stimmbürger, aber auch der Inländer insgesamt weiterhin unverändert transparent ersichtlich bleibt und nicht verzerrt wird. Umso vertiefter ich mich mit dem Stimm- und Wahlrecht für Auslandliechtensteiner beschäftige, umso skeptischer werde ich, ob eine Öffnung nach dem Prinzip der potenziellen Betroffenheit tatsächlich vernünftig beziehungsweise wirkungsvoll umgesetzt werden kann. Jedenfalls wären die Einschränkungskriterien zur Bestimmung potenziell Betroffener für mich äusserst restriktiv zu definieren und damit die Hürden für ein aktives Stimm- und Wahlrecht sehr hoch anzusetzen. Danke.Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Besten Dank. Abg. Christine Wohlwend
Vielen Dank für das Wort. Es nützt mir nichts mehr, wenn Auslandliechtensteiner eine Abstimmung entscheiden, dass sie dann anschliessend separat ausgewiesen werden in irgendwelchen Statistiken, weil dann meines Erachtens der Mist schon geführt ist. Ich glaube, ich darf den Motionären trotzdem jetzt schon gratulieren: Ihnen fehlen genau noch zwei Stimmen, damit diese Motion überwiesen wird. Ich habe meine Meinung in diesem Hohen Haus zu diesem Thema schon oft genug kundgetan und werde es trotzdem noch einmal kurz wiederholen, zumal wir jetzt einen neuen Begriff haben, nämlich die potenzi-elle Betroffenheit. Auf den ersten Blick ist es eine sehr sympathische Lösung, die potenzielle Betroffenheit ins Feld zu führen, man könnte irgendwann betroffen sein und man müsse das Ganze abgestuft anschauen. Trotzdem ist es so, dass die Grenze der potenziellen Betroffenheit erst einmal eine subjektive Grenze ist. Jeder wertet die potenzielle Betroffenheit ein klein wenig anders. Es wird sich so herausstellen, dass es, wenn wir hier im Hohen Haus über die potenzielle Betroffenheit in Form einer Gesetzesvorlage diskutieren, ein Kompromiss sein wird aus dem aktuellen Landtagsverständnis der potenziellen Betroffenheit. Schlussendlich versucht man also, einen objektiven Begriff einzuführen, um eine subjektive Grenze darzustellen, und sie bleibt für mich am Schluss einfach das, was sie ist, nämlich subjektiv. Ich bin immer noch der Meinung, dass diejenigen Liechtensteiner abstimmen sollen und sagen sollen, was hier Sache ist, die auch hier wohnen und täglich mit den Gesetzen hier konfrontiert werden. Dass man keine Unterscheidung machen kann zwischen Grenzgängern und sonstigen Auslandliechtensteinern, hat man mir in der Postulatsbeantwortung dargelegt, ich persönlich finde das sehr schade. Eine Liechtensteiner Staatsbürgerschaft allein begründet meiner Meinung nach noch nicht ein absolutes Mitspracherecht, und es ist für mich nicht vertretbar, das Mitspracherecht auf eine eventuelle, zukünftige Betroffenheit abzustützen. Da wir heute schon den Tag der Sprichwörter hatten, möchte ich auch eines zitieren, vielleicht ein etwas banales, gerade wenn es um etwas so Wichtiges wie das aktive Stimm- und Wahlrecht geht, aber wie man so schön sagt: Der, der die Musik bezahlt, sagt auch, was gespielt wird. Vielen Dank.Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Vielen Dank. Abg. Pio Schurti
Vielen Dank, Frau Landtagsvizepräsidentin. Ich möchte das Votum meines Kollegen, des Abg. Herbert Elkuch, unterstützen. Ich möchte noch ein bisschen weiter gehen. Ich kann mit dem Begriff oder dem Modell der potenziellen Betroffenheit nichts anfangen oder fast nichts. Die Auslandliechtensteiner sind Liechtensteiner und sollten demzufolge politische Rechte haben in unserem Land. Ich würde mir wünschen, dass wir, dass Liechtenstein mit den Auslandliechtensteinern umgeht, wie die Schweiz mit den Auslandschweizern umgeht. In der Schweiz redet man von der Fünften Schweiz. Ich könnte mir vorstellen, dass wir von der Zwölften Gemeinde reden, und ich bin einverstanden mit Elfried Hasler, dass man das sicher genau beobachtet, das ist schon einmal interessant, auch wenn es im Nachhinein nicht mehr viel nützt, aber ist sicher interessant festzustellen, wie sich diese Zwölfte Gemeinde dann verhält im Vergleich zu den Gemeinden, die wir hier zwischen Rhein und dem Hang haben. Ich habe mich jetzt noch nicht entschieden, weil mir eben diese potenzielle Betroffenheit so kurios vorkommt, habe ich mir eigentlich gedacht, ich würde der Überweisung dieser Motion nicht zustimmen, weil mir das Ganze zu wenig weit geht. Ich höre jetzt noch ein bisschen zu und entscheide dann, wie ich abstimmen werde. Danke.Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Besten Dank. Abg. Elfried Hasler
Danke für das Wort. Es wurde die Frage gestellt, was es nützt, wenn wir hier separat auswerten. Ich denke schon, dass es ein Erkenntnisgewinn ist. Gleich könnte man ja die Frage stellen: Was nützt es heute, wenn wir Ruggell und Eschen separat auszählen? Da könnte man auch alles in einen Topf werfen. Ich denke eben schon, dass es je nach Abstimmungsvorlage interessante Erkenntnisse und Erklärungen geben kann, wie dann eben abgestimmt wurde und wie nicht, und von dem her - denke ich - sollten wir hier schon transparent bleiben und weiterhin wissen, wie die Ruggeller abgestimmt haben und wie die Auslandliechtensteiner abgestimmt haben. Nicht umsonst haben sich sehr viele Kantone in der Schweiz eben auch für diese Lösung der separaten Auszählung entschieden, dass wird dann eben so gemacht, wie das der Abg. Schurti eben erwähnt hat, dass eine quasi zusätzliche Gemeinde, ein Topf, gebildet wird und dort das Abstimmungsergebnis der Auslandschweizer, jetzt in diesem Fall, transparent wird. Danke.Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Besten Dank. Abg. Thomas Lageder
Frau Landtagsvizepräsidentin, besten Dank für das Wort. Ich möchte noch einige Ausführungen machen, vor allem zur Abg. Christine Wohlwend. Ich finde das demokratisch schon ziemlich starken Tobak, dass Sie sagen, wer die Musik bezahlt, soll auch sagen, was gespielt wird. Das würde auch bedeuten, dass der, der keine direkten Steuern in diesem Land bezahlt, nichts zu sagen hat. Dass würde bedeuten, das ein ganz potenter Liechtensteiner, der von der Steuerpflicht ausgenommen ist, auch nichts zu sagen hätte, wenn man das so strikt auslegen würde, und das verwundert mich schon ein wenig. Zum Abg. Pio Schurti, ja, ich muss Ihnen halt sagen, das ist halt der erste Schritt in die richtige Richtung. Wenn Sie unsere Originalmotion noch vor Augen haben, dann haben wir nicht das Modell der potenzialen Betroffenheit gefordert. Wir hätten auch gerne, dass eine vollumfassende Lösung gemacht wird, aber das ist eben ein demokratischer Kompromiss und so weit heisst es halt: «Vogel, friss oder stirb», wenn Sie so wollen. Und dann noch zum Abg. Elfried Hasler, ja, es war absehbar, dass diese Abstimmung in der Schweiz zu reden geben würde. Das war recht dankbar, dass jetzt das so passiert ist diesen Sommer, zumindest aus Ihrer Warte. Es gibt aber auch ganz gewichtige umgekehrte Beispiele. Nehmen Sie nur einmal die Liechtensteiner und das Frauenstimmrecht. Wie lange mussten die Liechtensteinerinnen im Ausland darunter leiden, dass sie aus einem Land stammen, das kein Frauenstimmrecht kennt beispielsweise, oder die Situation mit den gleichgeschlechtlichen Paaren. Auch da waren Leute betroffen und die durften nicht mitbestimmen über diese Angelegenheiten. Oder ein ganz treffendes Beispiel, wie ich meine, ist die Geschichte um den Schwangerschaftsabbruch. Ich gebe Ihnen schon recht, dass es ab und zu zu einer Situation kommen kann, wo gewisse Konsequenzen nicht von allen getragen werden müssen, aber das ist doch bei jeder Abstimmung so. Sind wir doch ehrlich, bei jedem Gesetz ist nicht immer jeder betroffen, und wir wollen ja gerade keine Gesetze machen, wo nur Randgruppen betroffen sind, so dachte ich zumindest heute Morgen. Danke.Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Vielen Dank. Abg. Erich Hasler
Frau Landtagsvizepräsidentin, vielen Dank für das Wort. Ich kann diese Motion grundsätzlich unterstützen, zumal es auch mir ein Anliegen ist, dass Liechtensteiner, die sich für eine bestimmte Zeit im Ausland aufhalten, sei es aus Gründen der Ausbildung, Berufsausübung oder anderen privaten Gründen, weiterhin am politischen Geschehen in Liechtenstein teilhaben können. Damit wird nach meiner Auffassung die Verbundenheit mit dem Land gestärkt. Ich finde es grundsätzlich richtig, dass die Ausübung des Wahlrechts durch einen im Ausland wohnenden Liechtensteiner davon abhängig gemacht wird, dass er bereits mehrere Jahre in Liechtenstein gewohnt hat. Ausserdem unterstütze ich das Konzept der potenziellen Betroffenheit und dass das Wahlrecht der Auslandliechtensteiner zeitlich begrenzt wird, zum Beispiel auf maximal 20 oder 30 Jahre Landesabwesenheit. Im Übrigen sollte eine Lösung ähnlich der Schweiz angestrebt werden, wo Auslandschweizer jeweils alle vier Jahre schriftlich beantragen müssen, dass ihnen die Abstimmungsunterlagen weiterhin zugestellt werden. Ich kann also der Überweisung dieser Motion zustimmen. Danke.Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Besten Dank.Abg. Harry Quaderer
Danke, Frau Landtagsvizepräsidentin. Ich werde mich ganz kurz halten. Ich könnte jetzt das Votum vorlesen, das ich im April 2013 zu diesem Thema gehalten habe. Ein Thema, das uns wirklich schon 20 Jahre beschäftigt. Und ich glaube, es ist wirklich Zeit, dass wir der Regierung den Auftrag geben, eine Gesetzesvorlage dem Landtag zu unterbreiten, und ich werde dieser Motion zustimmen.
Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Besten Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Frau Landtagsvizepräsidentin. Ich möchte nur noch einen Punkt aufgreifen und dazu eine Ausführung machen, insbesondere auf dieses Votum des Abg. Pio Schurti und auf das Votum der Abg. Christine Wohlwend. Ich bin auch ein grosser Liebhaber von Sprichworten und das Schöne bei Sprichworten ist, man kann sie meistens auch so ausdehnen oder auslegen, dass sie eben in viele Richtungen passen. Ich finde das Sprichwort, das Sie gebracht haben, passt eben auch genau umgekehrt und ist eine gute Erklärung, warum die potenzielle Betroffenheit eben die Lösung sein könnte. Wer die Musik bezahlt, sagt auch, was gespielt wird. Ja, wenn ein Musikstück etwas länger als drei Minuten dauert - zum Beispiel eine AHV-Revision oder eine KVG-Revision, das dauert wahrscheinlich ein bisschen länger als drei Minuten - und wenn ich dann wieder nach Liechtenstein komme, dann läuft diese Musik noch und dann bezahle ich sie auch. Und darum möchte ich auch darüber mitbestimmen, wie die Musik tönt, wenn ich dann zurückkomme. Und darum könnte die potenzielle Betroffenheit, auch mit einer zeitlichen Einschränkung, so ein Lösungsansatz eben sein, der dieses Sprichwort quasi dann eben auch für diejenigen zur Geltung bringt, die eben vielleicht später davon betroffen sind. Darum, denke ich, kann man das Sprichwort eben auch so auslegen. Danke. Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Besten Dank. Wenn keine weiteren Wortmeldungen sind, können wir uns dem Antrag der Motion zuwenden. Der Antrag der Motionäre liegt Ihnen im Wortlaut vor. Wer der Motion zur Einführung des Stimm- und aktiven Wahlrechts Liechtensteiner Staatsangehöriger im Ausland zustimmen möchte, möge bitte seine Stimme abgeben.
Abstimmung: Zustimmung mit 15 Stimmen
Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Der Motion wurde mit 15 Stimmen die Zustimmung erteilt. Damit haben wir Traktandum 6 erledigt. -ooOoo-