Petition «Partizipationsrechte für Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft» vom 23. November 2011, überreicht vom Schweizer Verein im Fürstentum Liechtenstein
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Wir kommen somit zu Traktandum 2: Petition «Partizipationsrechte für Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft» vom 23. November 2011, überreicht vom Schweizer Verein im Fürstentum Liechtenstein.
Gemäss Geschäftsordnung wird eine Petition nur dann weiterbehandelt, wenn sie von einem Mitglied des Landtags vorgebracht wird.
Ich gebe das Wort der Abg. Gisela Biedermann.Abg. Gisela Biedermann
Danke, Herr Landtagspräsident. Guten Morgen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Mit Freude habe ich diese hier vorliegende Petition unserer ausländischen Mitbürger und Mitbürgerinnen zur Kenntnis genommen und werde sie an die Regierung zur Bearbeitung überweisen.
Wie ich schon im September-Landtag im Zusammenhang mit der Interpellationsbeantwortung betreffend die Einführung des Stimm- und Wahlrechts auf Gemeindeebene für niedergelassene Ausländerinnen und Ausländer sowie für AuslandsliechtensteinerInnen und im Oktober-Landtag bei der Petition der Auslandsliechtensteiner bekundet habe, stehe ich hinter diesem berechtigten Anliegen.
Die im September in diesem Hohen Hause von etlichen Personen vertretene Meinung, die Ausländer hätten gar nicht den Wunsch, aktiv mitzuarbeiten und das Stimm- und Wahlrecht anzustreben, wird durch diese Petition klar widerlegt. Vielmehr bringen die Unterzeichner unmissverständlich ihr Interesse zum Ausdruck, im Sinne eines Angebots vor allem im Rahmen verschiedener Fachkompetenzen ihr Know-how und Ihre Solidarität mit Liechtenstein einzubringen, für das Land, in dem sie sich - ich zitiere: «beheimatet» und «verwurzelt» fühlen und teilweise schon seit vielen Jahren leben.
Wohlgemerkt, diese Mitwirkung wird nicht angeboten, um allfällige politische Rechte daraus abzuleiten. Es geht um ein Mitwirken im Sinne einer Beratung und darum, bewusst zu machen, dass «die Ausländer» keineswegs desinteressiert sind am Gemeinschaftsleben ihrer jeweiligen Gemeinde, sondern im Gegenteil, ihren Beitrag zu einem gelingenden Gemeinschaftsleben leisten wollen.
Ein gutes Beispiel ist die Gemeinde Planken, wo seit mehreren Jahren schon Nicht-Liechtensteiner in verschiedenen Gemeindekommissionen mitarbeiten, ganz einfach auch, weil die benötigten Fachleute für gewisse Bereiche unter den liechtensteinischen Gemeindebürgern nicht verfügbar waren.
Ich brauche meine Argumentation vom September und Oktober wohl nicht zu wiederholen. Ich bitte nur, ernsthaft zu bedenken, was für wertvolle Inputs dem Land Liechtenstein auf allen Ebenen allein durch diesen Ausschluss seiner kompetenten und loyalen ausländischen Mitbürger verloren gehen, wenn wir uns hier nicht einen Schritt vorwärts bewegen.
Der Schweizer Verein hat sich hier im Namen mehrerer Ausländergruppierungen zum Sprecher gemacht, um dem Anliegen besonderen Nachdruck zu verleihen. Ob deutschsprachige oder nicht-deutschsprachige Mitbürgerinnen und Mitbürger, das ist hier nicht die Frage. Entscheidend ist, dass in unserem Land auch deren Fähigkeiten und Bereitschaft in die Tätigkeit von Kommissionen Eingang finden, wenn sie schon mit uns zusammenleben und sich auch für das Wohlergehen ihrer Wohngemeinde einsetzen wollen. Parteipolitische Erwägungen dürfen hier keine Rolle spielen.
Ich betone noch einmal: Wir sollten lernen, die Bereicherung durch die anderen Nationen mehr zu schätzen, als dass wir deren Einflussnahme fürchten müssten. Hiermit überweise ich dieses Postulat. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke.Abg. Pepo Frick
Vielen Dank. Guten Morgen. Das Thema oder Anliegen dieser Petition sind die Partizipationsrechte für Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft. Ich zitiere einige Sätze des Briefes des Schweizer Vereins, der dem Landtag übergeben wurde:
«In der Diskussion um ein Stimm- und Wahlrecht für AusländerInnen auf Gemeindeebene wurde immer betont, dass seitens der AusländerInnen kein Wunsch zur Mitgestaltung da sei. Das ist so nicht richtig: Wir von den AusländerInnen-Vereinen würden gerne klarstellen, dass es bei den AusländerInnen sehr wohl grosses Interesse gibt, in Liechtenstein politisch mitzuwirken». Und weiter heisst es: «Das wichtigste Anliegen von uns AusländerInnen in den AusländerInnen-Vereinen ist es, in Kommissionen und Gemeinden mitwirken zu können. Viele AusländerInnen sind schon hier geboren worden und fühlen sich in Liechtenstein verwurzelt und gut integriert». Weiter heisst es dann: «Wir AusländerInnen wünschen uns eine aktive Beteiligung und sind überzeugt, dass sich diese für das Wohl Liechtensteins sehr positiv auswirken würde. Wir möchten gerne mit unseren Fähigkeiten in einem Land Verantwortung übernehmen, in dem wir uns auch beheimatet fühlen». Als Erinnerung zitiere ich einige Zahlen und Feststellungen aus der Interpellationsbeantwortung betreffend die Einführung des Stimm- und Wahlrechts auf Gemeindeebene für niedergelassene Ausländerinnen und Ausländer:
Per Stichtag 3. Mai 2011 leben 7'681 ausländische Staatsangehörige aus 68 verschiedenen Staaten mit einer Niederlassungs- oder Daueraufenthaltsbewilligung in Liechtenstein. Davon stammen mehr als 60% aus den deutschsprachigen Ländern Schweiz, Österreich und Deutschland. 85,5% der niedergelassenen ausländischen Staatsangehörigen leben seit mehr als 10 Jahren in Liechtenstein, 51% seit mehr als 20 Jahren und 29% seit mehr als 30 Jahren. Von allen niedergelassenen ausländischen Staatsangehörigen wurden 1'546 Personen, also mehr als 20%, bereits in Liechtenstein geboren. Diese lange Aufenthaltsdauer ist sicher ein wichtiger Grund der gut ausgestalteten Integrationsformen in Liechtenstein.
In der Schweiz besteht in mehreren Kantonen ein kommunales Wahlrecht. Exemplarisch genannt ist die Gemeinde Wald in Appenzell Ausserrhoden, wo diejenigen niedergelassenen AusländerInnen auf kommunaler Ebene wählen können, welche seit 10 Jahren in der Schweiz, seit 5 Jahren im Kanton wohnhaft sind und einen Antrag gestellt haben. Interessant weiter das Beispiel des Kantons Graubünden: Auf kommunaler Ebene ist das Stimm- und Wahlrecht für niedergelassene AusländerInnen gemäss Kantonsverfassung Sache der Gemeinden. Damit entspricht der Kanton Graubünden, ohne hierfür verpflichtet zu sein, einer Richtlinie des Europäischen Parlaments (Richtlinie 94/80/EG).
Diese Richtlinie gewährt jedem EU-Bürger das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen im Wohnsitzmitgliedstaat, ohne es an die Stelle des Wahlrechts im jeweiligen Heimatstaat zu setzen. In Graubünden haben 12 von insgesamt 186 Gemeinden den niedergelassenen AusländerInnen die politischen Rechte in irgendeiner Form gewährt. Sollte das Thema «Ausländerwahlrecht» bei uns Diskussion auslösen bzw. Anklang finden, wäre es sicher interessant, auf Erfahrungen in den ländlichen Gebieten und Gemeinden des Kantons Appenzell und Graubünden zurückzugreifen.
Die Regierung erachtet in der Interpellationsbeantwortung die Möglichkeit der politischen Partizipation und Mitbestimmung bei längerfristig anwesenden AusländerInnen neben der strukturellen Integration und der sozialen und kulturellen Integration als wichtiges Element. Es sei wichtig, dass diese integrierten AusländerInnen das Land auch politisch mitgestalten. Die Regierung erachtet es als wichtig, diese Fragen anzugehen. Die Meinungsbildung soll breit erfolgen und Einheimischen wie AusländerInnen genügend Raum bieten. Diese Position der Regierung kann ich nur bekräftigen und unterstützen.
Weiter die Regierung in dieser Interpellationsbeantwortung: «Die von der Kommission als weiteres Handlungsfeld vorgeschlagene Überprüfung der Einführung des Ausländerstimmrechtes auf Gemeindeebene hielt sie angesichts der sich offenkundig gezeigten mangelnden Resonanz seitens der in Liechtenstein lebenden ausländischen Staatsangehörigen vorerst nicht für dringlich». Diese Aussage erstaunt mich immer wieder. Ich kenne sehr viele ausländische Staatsangehörige, welche an diesem Thema sehr interessiert sind. Davon zeugt jetzt auch diese Petition, in welcher Partizipation und aktive Beteiligung postuliert wird.
Ich hoffe, dass diese Petition an die Regierung überwiesen wird. Unter aktiver Beteiligung, politischer Mitwirkung und eben Partizipationsrechten verstehe ich am Ende eines politischen Prozesses dann auch ein Stimm- und Wahlrecht für niedergelassene Ausländerinnen und Ausländer.
Nochmals: Folgen wir der Ansicht der Regierung. Sie erachtet die Möglichkeit der politischen Partizipation und Mitbestimmung als wichtiges Element für Liechtenstein. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke.Abg. Manfred Batliner
Danke, Herr Präsident. Guten Morgen, Frauen und Herren Abgeordnete. Unter der Flagge «Schweizer Verein im Fürstentum Liechtenstein» wurde die Petition «Partizipationsrechte für Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft» eingereicht. Der Verein vertritt die Ansicht, dass die wichtigsten Anliegen von AusländerInnen sind, in Kommissionen und Gemeinden mitwirken zu können. Es sei umso schmerzlicher, dass sie als Fachleute für die Gemeindearbeit vor allem in Kommissionen in den meisten Fällen ausgeschlossen werden. Ja, wenn dies gelebte Realität ist, sei es bewusst oder auch unbewusst, so werde ich dies ebenfalls als Verlust bewerten. Ich werde die Überweisung der Petition unterstützen.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke.Abg. Peter Hilti
Danke für das Wort, Herr Landtagspräsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, guten Morgen. Ich bin jetzt ein bisschen verwirrt. Inhaltlich wurde sehr viel gesagt - das kann ich auch grösstenteils unterstützen. Wenn ich jetzt aber die Geschäftsordnung Art. 42 Abs. 2 sehe, ich habe vorher gehört, dass einzelne Personen hier die Überweisung initiieren, dann wurde von einem Postulat gesprochen. Meiner Meinung nach ist Art. 42 Abs. 2 der Geschäftsordnung folgendermassen, dass der Landtag einen Antrag auf Überweisung an die Regierung zur geeigneten Überarbeitung stellt. Und diesen Antrag stelle ich, dass diese Petition zur geeigneten Überarbeitung überwiesen wird. Und ich denke, dass wir darüber abstimmen müssen. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Ja, dieser Meinung bin ich auch. Diesen Antrag hat die Abg. Gisela Biedermann schon gestellt.
Gibt es noch weitere Wortmeldungen?
Das ist nicht der Fall. Dann können wir abstimmen: Die Abg. Gisela Biedermann stellt den Antrag, die Petition «Partizipationsrechte für Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft» zur geeigneten Verfügung an die Regierung zu überweisen. Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge bitte die Stimme abgeben. Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 21 Stimmen
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Damit ist die Petition mit 21 Stimmen bei 25 Anwesenden an die Regierung zur geeigneten Verfügung überwiesen. Die Erstunterzeichner der Petition werden dann entsprechend gemäss Geschäftsordnung orientiert.
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