Petition «Stimm- und Wahlrecht von Liechtensteinern im Ausland», beigebracht von den Liechtensteiner Vereinen in der Schweiz am 29. September 2011
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Wir kommen zu Traktandum 1: Petition «Stimm- und Wahlrecht von Liechtensteinern im Ausland», beigebracht von den Liechtensteiner Vereinen in der Schweiz am 29. September 2011.
Gemäss Geschäftsordnung, Art. 42, kommt eine weitere Behandlung der Petition nur dann zum Tragen, wenn sie von einem Mitglied des Landtags vorgebracht wird.
Wird das Wort gewünscht?Abg. Pepo Frick
Guten Morgen. Sehr geehrte Frau Schafflützel, Frau Grieder, Präsidentinnen des Liechtensteiner Vereins Zürich und Nordwestschweiz, sehr geehrter Herr Marxer, Präsident des Liechtensteiner Vereins St. Gallen, und Herr Stefan Beck, Ehrenpräsident des Vereins Zürich. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen allen, dass Sie diese Petition an den Landtag herangetragen haben. Diese Thematik des Stimm- und Wahlrechts der Auslands-LiechtensteinerInnen hat bereits eine längere Geschichte. Als Betroffene kennen Sie den mühsamen Weg eines solchen Anliegens besser als ich.
In vielen europäischen Staaten ist dieses Stimm- und Wahlrecht heute eine Selbstverständlichkeit. Irgendwo gab es offensichtlich eine Fügung, dass im Frühjahr 2011 anlässlich einer Generalversammlung diese Petition beschlossen und auf den Weg gebracht wurde. Ich habe als Abgeordneter im Mai-Landtag 2011 eine entsprechende Interpellation im Landtag eingebracht. Die Interpellationsbeantwortung der Regierung im September-Landtag war für mich sehr informativ. Sie zeigt die Ausgestaltung des Stimm- und Wahlrechts für AusländerInnen in unseren Nachbarstaaten und einigen EU-Staaten. Anlässlich der Würdigung der Interpellationsbeantwortung in eben diesem September-Landtag habe ich am Schluss meines Votums Folgendes festgestellt: «Nachdem sich die Parteipräsidenten der Grossparteien recht skeptisch bis ablehnend zu diesen beiden Themen geäussert haben, bin ich doch gespannt auf eine anregende und offene Diskussion der VolksvertreterInnen hier im Landtag. Der Landtag könnte der Regierung Zeichen geben, in welche Richtung diese beiden wichtigen Themen von der Exekutive weiterentwickelt werden könnten und sollten».
Die Diskussion im Landtag war leider kurz und für mich eigentlich enttäuschend. Es wurde mir Fahrlässigkeit vorgeworfen, eine Interpellation sei der falsche Weg, es wurde in den Raum gestellt, ob Liechtenstein bereit sei, diese «heisse» Thematik zu diskutieren. Ein Abgeordneter teilte mit, dass er eine Diskussion dieses Themas im Landtag nicht als notwendig ansehe. Lediglich die Abg. Gisela Biedermann, welche als Liechtensteinerin auch das Privileg geniesst, in ihrem Ursprungsstaat mitbestimmen zu können, brach eine Lanze für das Ausländerstimm- und -wahlrecht. Sie stellte die einfache und sehr bedeutungsvolle Frage: Warum und vor was fürchten wir Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner uns?
Im selben Landtag betonte die Regierung mehrmals, dass diese Frage für sie von hoher staatspolitischer Bedeutung sei. Konsequenterweise stellte der zuständige Regierungsrat als Exekutivmitglied die Frage an den Gesetzgeber, sprich den Landtag: Wo ist der politische Auftrag? Erteilen Sie uns den doch und dann werden wir uns damit befassen.
Am Schluss Ihrer Petition schreiben Sie konkret Ihre Bitte und Ihr Anliegen: «Die unterzeichneten Vereine bitten die Mitglieder des Hohen Landtags, die Regierung zu beauftragen, die Einführung des Stimm- und Wahlrechts für AuslandsliechtensteinerInnen in Vorschlag zu bringen».
Die wichtigsten Grundlagen wurden im Rahmen der Interpellation in diesem Sommer ausgearbeitet. Ich unterstütze als Parlamentarier selbstverständlich Ihre Petition und hoffe, dass diese in Ihrem Sinne an die Regierung mit diesem konkreten Vorschlag überwiesen wird. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke.Abg. Gisela Biedermann
Danke, Herr Landtagspräsident. Guten Morgen, verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete. Wie mein Vorredner bereits erwähnt hat, habe ich mich bereits im September-Landtag stark gemacht für die Weiterbearbeitung dieses Themas, und wie eine Antwort auf unsere Diskussion im September-Landtag mutet jetzt die heute vorliegende Petition zum Stimm- und Wahlrecht für Auslands-Liechtensteiner an. Eine solche Petition wird ja nicht einfach so mir nichts dir nichts aus dem Ärmel geschüttelt, sondern es stehen immerhin drei Vereine von im Ausland lebenden Liechtensteinern dahinter, deren Mitgliederzahl sich - wie der Zeitung zu entnehmen war - bei zirka 170 Personen bewegt. Hier handelt es sich nur um diejenigen Menschen, die in der benachbarten Schweiz leben und offensichtlich ein ehrliches Interesse an ihrem Heimatland haben, sonst wären sie nicht in einem solchen Verein aktiv.
Ich möchte hier nicht mein Votum aus der letzten Landtagssitzung nochmals vorlesen, das ist im Protokoll festgehalten. Mit einer gewissen Genugtuung kann ich aber feststellen, dass genau die Aspekte, die auch mir wichtig waren, von den Petitionären angesprochen werden, nämlich:
- Das ernsthafte Interesse sehr vieler, vor allem im näheren Ausland lebender Liechtensteiner.
- Die erklärte Heimatverbundenheit dieser Menschen, die sich nicht zuletzt auch in den zahlreichen Leserbriefen äussert, die von ihnen immer wieder zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben werden.
- Die unzweifelhaft einfachen Möglichkeiten, sich im Internet-Zeitalter umfassend und ausreichend über die im Land aktuellen Probleme zu informieren und eine aufrichtige Meinung zu bilden.
Das Stimm- und Wahlrecht ist ein Grundrecht jedes Landesbürgers. Aber mit dem Wegzug aus dem flächenmässig begrenzten Territorium Liechtensteins geht es verloren, und diese Menschen haben demzufolge in keinem Land ein Recht, sich politisch einzubringen, wenn sie nicht auch noch Bürger eines anderen Staates sind. Ich halte diesen Umstand sogar für eine erhebliche Einbusse an Menschenrechten.
Natürlich müssen differenzierte Regelungen getroffen werden, die auch mit Hürden versehen und so ausgestaltet werden müssen, dass die entsprechenden Personen nicht leichtfertig in den Besitz der Abstimmungsunterlagen gelangen können.
Bezüglich des Einwands, die Teilnahme dieser Personen an Abstimmungen hätte zur Folge, dass sie über Dinge entscheiden könnten, deren Konsequenzen sie nachher nicht selbst zu tragen hätten, ist nur zu wiederholen: Diejenigen, die sich ernsthaft um die Teilnahme an einer Abstimmung bemühen, werden kaum eine Wahlentscheidung treffen, die dem Land schadet. Und weiter: Es werden zahlenmässig mit Sicherheit nicht so viele sein, dass ihr Einfluss eine grundlegende Kehrtwende eines Prozesses bewirken könnte. Vielmehr sollten wir dankbar sein, dass diese Liechtensteiner das Geschehen in unserem Land aus einem erweiterten Blickwinkel verfolgen und so zur Bereicherung der Sichtweise des einen oder anderen Problems beitragen.
Auch wenn wir, wie mehrfach ausgeführt, keine genauen Zahlen über die tatsächlich im Ausland lebenden Landsleute haben, darf das kein Hinderungsgrund sein, dieses Thema in Angriff zu nehmen. Noch einmal: Es wird unter den in Frage kommenden Personen genug geben, die dieses Grundrecht gar nicht beanspruchen wollen. Der Staat ist ja keineswegs verpflichtet, sie auf der ganzen Welt akribisch zu suchen. Für die rein praktische Durchführung der diversen Schritte wird es schon geeignete Instrumente und Institute geben, die das bewerkstelligen können. Im Übrigen verfügt jeder Staat über ein Meldewesen, das jeden Einwohner nicht nur mit Namen und Adresse, sondern auch mit seiner Nationalität erfasst.
Ich setze mich dafür ein, diese Petition zur weiteren Bearbeitung an die Regierung zu überweisen mit dem Ziel, die notwendigen Schritte zur Einführung des Stimm- und Wahlrechts für Auslands-Liechtensteiner in die Wege zu leiten. Vielen Dank.Abg. Harry Quaderer
Guten Morgen, Herr Landtagspräsident. Guten Morgen, geehrte Damen und Herren Abgeordnete. Ich kann mich kurz fassen: Ich unterstütze diese Petition. Ich finde sie ist zeitgemäss. Auch dieses Anliegen ist zeitgemäss und ich würde mich freuen, wenn wir dies der Regierung zur Überarbeitung zu einem Vorschlag überweisen würden. Ich glaube, wir vertun uns hier überhaupt nichts. Wir haben sicherlich mit einem Vorschlag der Regierung nochmals die Gelegenheit, dieses Thema oder den Vorschlag genauer zu diskutieren und schlussendlich, was auch immer der Landtag dann entscheiden wird, vielleicht wird der letzte Souverän, das Volk oder der Fürst, auch noch ein Wort zu sprechen haben. Diesbezüglich würde mich natürlich auch noch die Meinung des Landtagspräsidenten interessieren, weil er hat ja am 15. August sozusagen dieses Thema auch in seiner Ansprache erwähnt. Natürlich würde es mich freuen, wenn er heute im Plenum auch seine Unterstützung geben könnte. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke. Sie haben mich persönlich angesprochen. Wie gesagt, habe ich meine Meinung am 15. August geäussert. Mehr habe ich im Moment eigentlich nicht hinzuzufügen.Abg. Elmar Kindle
Präsident, Damen und Herren Abgeordnete, guten Morgen. Ich werde diese Petition nicht unterstützen, somit auch nicht zustimmen, dass sie überwiesen wird. Ich habe das auch schon im letzten Landtag bei der Interpellation ausgeführt. Ich war eher der Abgeordnete, der gesagt hat, es ist jetzt der falsche Zeitpunkt, dass es noch nicht reif ist für eine Entscheidung diesbezüglich, dass es von den Parteien kommen soll. Das heisst für mich von innen und nicht von aussen. Das zum einen.
Dann habe ich hier einen zentralen Grund, der für mich dagegen spricht. Es geht nicht um die Administration, es geht auch nicht darum, was für ein Aufwand hier generiert werden muss, um die Wahlunterlagen denjenigen Personen zuzustellen, oder ob sie sich darum bemühen müssen, diese Wahlunterlagen zu bekommen. Für mich geht es einzig und allein darum, ob man bereit ist, auch die Konsequenzen zu tragen oder eben nicht. Nur sich zu interessieren, was hier in Liechtenstein läuft, mittels Radio, Internet und Zeitungen, reicht für mich de facto nicht aus. Wenn ich in Hamburg oben lebe und ich dann im Land eine Abstimmung mitmachen kann und möchte, heisst es noch lange nicht, dass ich dann auch in der Lage bin, eben die Konsequenzen, die Ergebnisse daraus auch mitzutragen. In Hamburg oben muss ich nichts mitragen. Ich muss weder finanzielle Konsequenzen tragen noch gesellschaftspolitische Konsequenzen mittragen. Und das ist für mich der zentrale Punkt und darum spreche ich mich hier dagegen aus. Mehr muss ich dazu nicht sagen. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke. Vielleicht noch zurückkommend auf das Votum des Abg. Harry Quaderer. Ich kann Ihnen einfach mitteilen, dass ich auf meine Ansprache hin zahlreiche Rückmeldungen erhalten habe, und zwar positiver Art, aber auch negativer Art. Man sieht, die Sache kann man so oder so anschauen. Aber Sie haben Recht, es ist Zeit, über diese Sache zu befinden.Abg. Peter Hilti
Danke für das Wort, Herr Landtagspräsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, guten Morgen. Ich kann mich meinem direkten Vorredner, dem Abg. Elmar Kindle, zu hundert Prozent anschliessen. Für mich kommt noch eine zusätzliche Schiene hinzu, nämlich die Frage der Grössenverträglichkeit. Es wird von den Petitionären und auch schon im tollen Bericht oder in der Interpellationsbeantwortung der Regierung vom letzten Monat ausgeführt, dass man von ungefähr 3'500 Liechtensteinern, die im Ausland leben, ausgeht - es ist eine Dunkelziffer - wenn man das noch berücksichtigt, können das bis zu 5'000 Personen sein. Unter Berücksichtigung, dass wir zwischen 16'000 und 17'000 Stimmbürger in Liechtenstein haben, stelle ich mir schon diese Frage, wenn ein Drittel auf einmal neu im Ausland in die politischen Diskussionen eingreifen kann mit Stimm- und Wahlrecht, ob das grössenverträglich ist, das weiss ich nicht. Da habe ich Bedenken. Auch ich werde der Überweisung dieser Petition nicht zustimmen. Danke.Abg. Johannes Kaiser
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren, guten Morgen. Wir haben diese Thematik auch im Rahmen der Interpellationsbeantwortung vor Monatsfrist eingehend diskutiert und besprochen. Auch ich kann mich den beiden letzten Vorrednern anschliessen, dass bei uns die Situation ganz anders ist, als wie bei grösseren Staaten. Sei das in der Schweiz, in Österreich oder in Deutschland.
Der Abg. Pepo Frick hat gesagt, in vielen europäischen Staaten ist das Ausländerstimmrecht eine Selbstverständlichkeit. Das mag so sein, doch bei uns sind die prozentualen Verhältnisse doch ein bisschen anders.
Der Abg. Peter Hilti hat ausgeführt, dass man von 3'500 Auslands-Liechtensteinern spreche - es könnten aber auch mehr sein. Ich spreche diesen absolut nicht ihr Interesse an unserem Land ab, aber letztlich sollen jene in einem kleinen Land abstimmen, die die Konsequenzen und Auswirkungen von Abstimmungen und Wahlen auch tragen müssen und zu tragen haben.
Es gibt ja die Möglichkeit, dass man innerhalb von vier Jahren, wenn man als Student oder als Berufstätiger einmal ins Ausland gehen muss, innerhalb von diesen vier Jahren das Stimm- und Wahlrecht beantragen kann. Er kann also in dieser Zeitspanne im Land mitstimmen und da fragt sich, ob diese Frist genügend gross ist. Darüber kann man diskutieren und verschiedene Meinungen haben. Aber grundsätzlich bin ich auch der Meinung, dass jene in unserem kleinen Liechtenstein abstimmen sollen, die die Auswirkungen dieser Wahlen und Abstimmungen auch zu tragen haben. Deshalb bin ich nicht für die Überweisung dieser Petition.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke.Abg. Gebhard Negele
Danke, Herr Präsident. Ich möchte mich auch noch kurz äussern über mein Stimmverhalten anschliessend: Ich bin auch dagegen, dass hier weitergemacht wird. Die Gründe wurden genannt. Für mich ist der Hauptgrund die Grössenverträglichkeit. Also es ist ein Unterschied, ob in einem grossen Land die Ausländer, die dann prozentmässig weniger Anteil ausmachen, von aussen für das eigene Land abstimmen können oder so ein sehr kleines Land wie wir sind. Ich kann den Postulanten natürlich das abgewinnen, dass sie das möchten, insbesondere für diese, die in der Region leben. Wenn ich denke, über dem Rhein gibt es Liechtensteiner, die da drüben einen Kilometer entfernt wohnen und bei uns nicht abstimmen können. Das tut weh, aber gesetzlich lässt sich eine solche Regelung eben nicht machen, dass diese Leute regional abstimmen können. Darum, wenn das möglich wäre, wäre ich dabei, aber die globale Lösung sehe ich nicht. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke. Gibt es weitere Wortmeldungen?
Das ist nicht der Fall. Dann können wir abstimmen: Wer die Petition «Stimm- und Wahlrecht für Liechtensteiner im Ausland», beigebracht von den Liechtensteiner Vereinen in der Schweiz am 29. September 2011 und vorgebracht vom Abg. Pepo Frick zur geeigneten Verfügung im Sinne des Antrages der Petition an die Regierung überweisen möchte, möge bitte die Stimme abgeben. Abstimmung: 7 Stimmen
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Damit ist die Petition mit 7 Stimmen bei 25 Anwesenden nicht überwiesen und wir haben somit Traktandum 1 abgeschlossen. -ooOoo-