Interpellation zur Transparenz betreffend Geldflüssen im Gesundheitswesen der Abgeordneten Herbert Elkuch und Johannes Kaiser vom 8. Mai 2018
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 3b: Interpellation zur Transparenz betreffend Geldflüssen im Gesundheitswesen. Interpellation der Abgeordneten Herbert Elkuch und Johannes Kaiser vom 8. Mai 2018. Abg. Herbert Elkuch
Besten Dank für das Wort. Diese Interpellation stellt Fragen zum Thema Geldflüsse im Gesundheitswesen, insbesondere der Geldflüsse vom liechtensteinischen Gesundheitswesen im In- und Ausland, der Entwicklung dieser Geldflüsse beziehungsweise der Kosten in den letzten Jahren, sowie zur Vergleichbarkeit der verschiedenen vorhandenen Datenquellen. In der Diskussion um den Staatsvertrag mit der Schweiz hat sich herausgestellt, dass ein guter Teil der Kosten der liechtensteinischen Krankenversicherten in der Schweiz anfallen. Anhand der verfügbaren Daten aus dem Datenpool des LKV - das ist der Liechtensteinische Krankenkassenverband - konnte für das Jahr 2016 für den OKP-Bereich gezeigt werden, dass rund CHF 80 Mio. ins Ausland, überwiegend in die Schweiz geflossen sind, was volkswirtschaftlich von Bedeutung ist. Umgekehrt ist wenig über die Geldflüsse von der Schweiz nach Liechtenstein bekannt. Gerade bei Verhandlungen zu gegenseitigem Marktzutritt müsste man annehmen, dass solche Finanzströme eine Rolle spielen und daher vorgängig erhoben worden sind. Diese Interpellation betrachtet nur die Geldflüsse im Gesundheitswesen. Dabei ist jedoch festzuhalten, dass es noch weitere bedeutende Geldflüsse ins Ausland gibt. Zum Beispiel fliessen CHF 844 Mio. an Grenzgänger aus der Schweiz, deren Lohnsteuer einseitig nur der Schweiz zufallen. Im Gegensatz zu österreichischen Grenzgänger, bei denen 4% der Lohnsumme Liechtenstein zufällt. Es wurde seitens des Landtags über eine Kleine Anfrage im Dezember 2017 und eine zweite ergänzende Anfrage im Februar 2018 versucht, von der Regierung weiteres Datenmaterial insbesondere zu Geldflüssen von der Schweiz nach Liechtenstein zu erfragen, neben dem OKP-Bereich auch im Bereich der freiwilligen Versicherten - also das sind die Zusatzversicherungen. Aus den Antworten auf beide Anfragen, ergibt sich die durchschnittliche jährliche Summe, die ins Ausland fliesst: ein Betrag von CHF 97,2 Mio. für die OKP und die Zusatzversicherung zusammen. Von diesem Gesamtbetrag von CHF 97,2 Mio. sind CHF 25,1 Mio. von der Zusatzversicherung. Detaillierte Angaben, wie diese Beträge zusammengekommen sind oder zusammengestellt sind, sind in der angefügten Tabelle in dieser Interpellation. Dabei konnte die Regierung nur wenige Angaben darüber machen, welche Summen von der Schweiz nach Liechtenstein fliessen. Anzunehmen sei, dass dies im ambulanten Bereich jährlich CHF 8 Mio. bis CHF 10 Mio. sein könnten. Im stationären Bereich wurde für 2016 ein Betrag von CHF 318'000 aufgeführt, also dieser Betrag ist von der Schweiz von Liechtenstein geflossen. Umgekehrt sind es natürlich Millionen. Die Regierung verweist darauf, dass über das eTab-Portal beziehungsweise die Gesundheitsversorgungsstatistik für die Jahre 2013 bis 2015 - und seit 4. Mai 2018 auch für das Jahr 2016 - online und interaktiv Daten zu Geldflüssen im In- und Ausland abgefragt werden können. Dazu ist anzumerken, dass es für den Bürger und auch für die Landtagsabgeordneten zwei Möglichkeiten gibt, zu Daten von Finanzströmen des Gesundheitswesens ins Ausland respektive der Schweiz zu kommen: Einerseits ist das die Kostenentwicklung gemäss Datenpool des LKV, der seit 2016 auf dessen Homepage publiziert wird. Hier wird die monatliche Kostenentwicklung für verschiedene Kostengruppen der OKP dargestellt. Daneben gibt es seit 2013 die Gesundheitsausgabenabrechnung beziehungsweise die Gesundheitsversorgungsstatistik, die im Gegensatz zum Datenpool des Liechtensteinischen Krankenkassenverbandes Aussagen zu den gesamten Gesundheitsausgaben macht und nicht nur die OKP, sondern auch die gesamten Zusatzversicherungen, die Unfallversicherung etc. abbildet. Beide Publikationen verwenden verschiedene Zuteilungskategorien, sodass es aufwendig und schwierig ist, beide Quellen miteinander zu vergleichen. Dabei helfen die vom e-Portal zur Verfügung gestellten Erläuterungen «Mediadatei Gesundheitsausgabenrechnung» nicht weiter. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Johannes Kaiser
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren. Gerne stelle ich Ihnen eine Auswahl der Fragen vor, die wir Interpellanten an die Regierung stellen: - Aus welcher Quelle stammen die Daten für die ambulanten und stationären Finanzströme von jährlich CHF 97,2 Mio. von Liechtenstein ins Ausland?
- Auf welchen Quellen beruhen die Schätzungen der Regierung von jährlich CHF 8 Mio. bis CHF 10 Mio. an ambulanten Leistungen von der Schweiz nach Liechtenstein?
- Wie die Regierung ausführt, liegen ihr keine offiziellen Statistiken vor, die Angaben zur Summe von Geldflüssen von Schweizer Patienten an ambulante liechtensteinische Leistungserbringer machen, und auch die Berufsverbände konnten dazu keine Angaben machen. Verschiedene Berufsverbände verwiesen in der Diskussion zum Staatvertrag auf grosse Umsatzverluste durch die Einschränkung des Geltungsbereichs des Notenwechsels durch die Schweiz. Ist es für die Berufsverbände möglich, diese Umsatzverluste bei ihren Mitgliedern abzufragen?
- Eine weitere Frage: Sollten von den Berufsverbänden keine näheren Angaben zu den Umsätzen mit Schweizer Versicherten bei liechtensteinischen Leistungserbringern zu erhalten sein, denkt die Regierung daran, diese Angaben gegebenenfalls über eine externe Studie erstellen zu lassen? Informationen über Geldflüsse in anderen Bereichen in der Schweiz, zum Beispiel im Bildungswesen (CHF 7,5 Mio. allein an Hochschulen) oder an Lohnzahlungen an Schweizer Pendler (CHF 844 Mio.), erhalten wir auch aufgrund solcher Gutachten, wie zum Beispiel dem der HTW Chur (Bedeutung der Personenfreizügigkeit für die Region Liechtenstein, St. Gallen Rheintal und Vorarlberg).
- Eine nächste Frage: Die Regierung schreibt, dass die Auslandskosten wohl zum grössten Teil in der Schweiz angefallen sind, eine Abgrenzung zu anderen Auslandskosten sei nicht möglich. Wie verhält sich die Aussage der Regierung zur Auskunft des Amtes für Gesundheit, wonach in Österreich für Spital stationär CHF 900'000, für Spital ambulant CHF 500'000 und für ambulante Leistungserbringer in Österreich und Deutschland CHF 60'000 angefallen sind?
- Welche Kostengruppen (Leistungserbringergruppen) wurden im ambulanten, welche im stationären Bereich berücksichtigt?
- Ist aufgrund der von der Regierung präsentierten Daten die Aussage erlaubt, dass jährlich durchschnittlich rund CHF 97 Mio. in die Schweiz, umgekehrt nur rund CHF 10 Mio. von der Schweiz nach Liechtenstein fliessen, also ein Verhältnis 10:1?
- Gibt es eine Vergleichbarkeit der Kategorien, der Kostengruppen, zwischen LKV-Datenpool, Krankenkassenstatistik und der Gesundheitsversorgungsstatistik?
- Welche Summen sind von 2005 - oder seit Vorhandensein der Datenpool-Daten - bis heute jeweils aufgeschlüsselt nach Jahr, dem Total und den einzelnen Kostengruppen gemäss LKV-Datenpool gesamt, welche im Inland, welche im Ausland angefallen?
- Welche Summen sind von 2013 bis 2016 gemäss Gesundheitsausgabenstatistiken im ln- und Ausland angefallen, jeweils aufgeschlüsselt nach Jahren und den mit dem Datenpool vergleichbaren Kostengruppen oder, wenn dies nicht möglich ist, in möglichst kongruenten Kostengruppen?
- War die Kostenentwicklung im betrachteten Zeitraum gemäss Datenpool im ln- und Ausland vergleichbar, grösser oder kleiner? Dies gerne prozentual und in absoluten Zahlen.
- Wie gross war der Anteil der Auslandskosten am Kostenwachstum? Wie war der Anteil der Inlandkosten für den betrachteten Zeitraum? Dies ebenfalls gemäss Datenpool jeweils jährlich und prozentual?
- War die Kostenentwicklung im betrachteten Zeitraum gemäss Gesundheitsausgabenstatistik im ln- und Ausland vergleichbar, grösser oder kleiner?
- Wie gross war der Anteil der Auslandskosten am Kostenwachstum? Wie war der Anteil der Inlandkosten für den betrachteten Zeitraum gemäss Gesundheitsausgabenstatistik?
- Gedenkt die Regierung, diese Finanzströme ins Ausland in übersichtlicher Form in einer jährlichen Publikation dem Bürger zur Verfügung zu stellen?
- Sind Daten zu gegenseitigen Finanzströmen in die Verhandlungen zum Staatsvertrag eingeflossen und werden diese bei allfälligen Verhandlungen miteinfliessen?
- Die Medienova ist eine Kooperation mit Grabs eingegangen. Gibt es eine Schätzung, wie viel infolge fehlender OKP für die Medienova in die Schweiz abgeflossen ist?
- Und wieviele Franken flossen von Liechtenstein im Jahr 2015, 2016 und 2017 in die Geburtenstationen in der Schweiz?
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Wir werden auch diese Interpellation an die Regierung weiterreichen. Damit haben wir Traktandum 3b erledigt. Bevor wir nun in Traktandum 4 einsteigen, machen wir fünfzehn Minuten Pause. Die Sitzung ist unterbrochen (von 10:15 bis 10:35 Uhr).
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