Schaffung einer 15. Richterstelle beim Fürstlichen Landgericht (Nr. 20/2018)
Landtagspräsident Albert Frick
Geschätzte Frauen und Herren Landtagsabgeordnete, wir fahren mit den Beratungen fort. Wir kommen zu Traktandum 20: Schaffung einer 15. Richterstelle beim Fürstlichen Landgericht. Der Bericht und Antrag der Regierung trägt die Nr. 20/2018 und steht zur Diskussion.Abg. Johannes Hasler
Danke für das Wort, Herr Landtagspräsident. Ja, zu Beginn möchte ich mich bei der Regierung bedanken für den vorliegenden fundierten Bericht und die gutachterliche Stellungnahme. Ich denke, die Informationen für eine Entscheidung liegen uns mittels dieses Berichtes und der gutachterlichen Stellungnahme auf dem Tisch. Zur Ausgangslage: Seit 20 Jahren, konkret seit dem Jahr 2000, haben wir 14 Landrichterstellen. In einer Gerichtsrevision im Jahr 2010 bescheinigte der damalige Revisor Tischler einen Bedarf von 16,14 Landrichterstellen. Im Revisionsbericht 2016 von Sterchi und Fehr wurden mehr als 15 Landrichterstellen bescheinigt. Die aktuelle gutachterliche Stellungnahme aus diesem Jahr von Sterchi kommt auf einen Bedarf aufgrund der Fallanzahl von 15,29 Stellen. Es ist sicher auch interessant, sich hier die Bedarfsbemessung anzuschauen. Es wird hier für die Anzahl der Fälle auf einen Durchschnittswert aus den Jahren 2013 bis 2017 abgestützt. Wenn man sich hier die durchschnittliche Fallanzahl zu Rate zieht, dann kommt man bei diesen Fällen auf ein Total von 32'739 Stunden notwendiger jährlicher Arbeitszeit, um diese Fallanzahl zu erledigen. Er dividiert dann diesen Wert oder diese Zahl Stunden durch die verfügbare Jahresarbeitszeit eines Landrichters, wobei er hier von einer Belastungsgrenze von 2'150 Stunden netto ausgeht. Das sind bei 220 Arbeitstagen notabene neun Stunden und 45 Minuten. Mit dieser maximalen Belastungsgrenze berechnet, kommen wir dann eben auf diese 1,29 Stellen, die notwendig sind, um diese Fallanzahl zu erledigen.Die Fallzahlen - könnte man hier auch noch erwähnen - lediglich aus dem Jahr 2017 herangezogen, würden auch den Mehrbedarf von zwei Stellen rechtfertigen, aber wir wissen ja, dass diese Werte schwanken. Aber in diesem Zusammenhang ist es vielleicht auch erwähnenswert, dass gestern die Zahlen der Kriminalstatistik von der Landespolizei veröffentlicht wurden. Diese gingen ja zurück. Da überrascht es doch schon, dass dann gerade dieses Jahr, 2017, eigentlich einen höheren Wert darstellen würde. Ich gehe somit davon aus, dass hier sicherlich realistisch gerechnet wurde, vielleicht auch sogar eher konservativ auf die Zukunft bezogen. Auch könnte man noch hinzuziehen, dass die Belastung sich im 2015 zugespitzt hat, da hatten wir eine Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes. Zuvor war seit 2003 nebenamtlich eine stellvertretende Vorsitzende des Kriminalgerichtes tätig. Mit diesem Gerichtsorganisationsgesetz wurde diese wegrationalisiert. Sie hat damals Fälle - aufgrund unterschiedlicher Komplexität der Akten - im Umfang von 10% bis 35% einer Landrichterstelle erledigt. Wenn man die Ausgangslage zusammenfasst, dann sehe ich klar Handlungsbedarf hinsichtlich der Stellenprozente und ich denke der ist deutlich gegeben. Man könnte sich jetzt die Frage stellen: Ja, wie kommt es zu dieser höheren Auslastung? Ich denke, das arbeitet der Bericht hier gekonnt auf. Es werden verschiedene Gründe angeführt, beispielsweise auch die konstante Zunahme der Geschäftsanfälle seit 2008 im Bereich der Zivilstrafen. Also der Bereich CG hat 40% zugenommen, und seit 2008 auch die strafrechtlichen Vorerhebungen, diese haben um 15% zugenommen. Diese zwei Bereiche zusammen machen den überwiegenden Teil der Fallbearbeitung aus.Ein weiterer Grund für mich sind auch Bagatelldelikte, die landen seltener beim Fürstlichen Landgericht als früher wegen der diversionellen Erledigung durch die Staatsanwaltschaft. Das bedeutet, dass der durchschnittliche Arbeitsaufwand der Fälle auch zugenommen haben müsste. Allgemein kann auch von einer höheren Komplexität und auch von einem höheren Zeitaufwand der Verfahren gesprochen werden. Beispielsweise ist hier sicher auch ein Grund unter anderem der frühe Beizug des Verteidigers. Auf Seite 23 des Berichtes sehen wir auch, dass die Rechtsanwälte, die in Liechtenstein tätig sind, zugenommen haben. Meines Wissens sind auch mehr Rechtsanwälte forensisch tätig. Ich denke, dies führt doch zu einer zusätzlichen oder einer erhöhten Anzahl von eingereichten Schriftsätzen. Wie es im Bericht heisst, spricht hier auch der OGH von einem sogenannten «Schriftsatzunwesen». Somit würde sich hier auch ein Mehraufwand bei der Entscheidungsausfertigung ergeben. Auch die Bereitschaft, die Zwischenstreitigkeiten über mehrere Instanzen auszufechten, hat in diesem Zusammenhang zugenommen. Auch zugenommen haben die nicht fallbezogenen Arbeiten; das sind beispielsweise administrative Aufgaben oder auch die Teilnahme am Vernehmlassungsprozess oder am Gesetzgebungsprozess. Ich denke, gerade für uns als gesetzgeberische Gewalt sind diese Stellungnahmen sehr wertvoll, wir haben in Liechtenstein, wie Sie wissen, keine juristische Fakultät, die dies erledigen könnte. Auch kann man anfügen, dass gerade die Straftaten heute vielfach einen internationalen Konnex haben, beispielsweise in den Wirtschaftsstraftaten, auch in der Online-Kriminalität oder auch in der organisierten Kriminalität. Das führt dann eben auch zu höheren Verfahrensaufwänden. Auch die Rechtsprechung der Oberinstanzen bezüglich prozessualer Fragen führt zu einem höheren Verfahrensaufwand und hier gibt es auch Ausführungen auf Seite 25. Zusammengefasst - es würde noch mehr Punkte geben - ist es für mich nachvollziehbar, dass wir eine höhere Auslastung haben. Dann geht der Bericht auch, und das finde ich gut, proaktiv auf mögliche Entlastungsmöglichkeiten ein. Denn man könnte sich auch die Frage stellen: Braucht es jetzt eine Stelle mehr oder könnte man hier auch etwas einsparen? Hier gibt es drei grosse Möglichkeiten oder zumindest Vorschläge, die im Raum gestanden haben. Zum einen ist es ein Vorschlag von Fehr bezüglich der Einführung des Ermittlungsstaatsanwaltschaftsmodells. Persönlich würde ich diesem Modell sehr viel abgewinnen, aber wir müssen auch festhalten, dass wir hier aus personaltechnischer Sicht vermutlich im Endeffekt ein Nullsummenspiel haben. Eine solche Umsetzung wird sicher auch nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen sein. Österreich hat vom Entscheid zur Einführung des Ermittlungsstaatsanwaltschaftsmodells bis zur finalen Umsetzung meines Wissens zehn Jahre gebraucht. Auch hat es noch diverse Fragestellungen zu diesem Modell. Dann wird auch noch eine mögliche Entlastung angeführt: die Verschiebung der Befugnisse zum Erlass von Strafverfügungen vom Landgericht zur Staatsanwaltschaft. Dieser Vorschlag kommt ebenfalls von Herrn Fehr. Hier wird gemäss Bericht und Antrag bei einem maximalen Ansatz von Stunden von 367 als mögliche Entlastung ausgegangen. Hier müssen wir aber auch festhalten, dass wir den Aufwand zur Staatsanwaltschaft verschieben würden. Auch wenn jetzt diese Stunden total kompensiert oder eingespart werden könnten, dann wären sie ja, wenn man das auf diese Belastungsgrenze rechnet, lediglich eine 0,17-Prozent-Stelle. Dann noch: Die Delegation von Routinegeschäften des Landrichters an Rechtspfleger wird auch genannt oder wurde schon mehr genannt in diesem Zusammenhang. Hier kann man einfach auch darauf verweisen, dass die Bedarfsrechnung hier auch darlegt, dass die Rechtspfleger schon zum jetzigen Zeitpunkt mit 0,18 Stellenprozenten unterbesetzt sind und somit eigentlich keine neuen Geschäfte aufnehmen können. Zu sagen gibt es auch in diesem Zusammenhang, dass sicher nicht jedes beliebige Rechtsgeschäft übertragen werden kann. Die Möglichkeiten sind meines Wissens hier beinahe schon erschöpft. Auch müssen die Rechtspfleger keine Juristen sein, sie haben keine Rechtsanwaltsprüfung oder Richterbefähigungen. Wenn wir die möglichen Entlastungsmöglichkeiten zusammenfassen, dann kann man festhalten, dass alternative und vor allem zeitnahe Entlastungsmöglichkeiten nicht gegeben sind. Zusammengefasst kann ich die Notwendigkeit somit bejahen, weil wir keinen Spielraum für Leistungsspitzen beim Fürstlichen Landgericht zurzeit haben. Zudem ist für unsere Bürger als auch für unsere Wirtschaft eine funktionierende, verlässliche und rasche Gerichtsbarkeit wichtig. Es ist auch für unsere Wirtschaft ein Standortvorteil, insbesondere für unseren Finanzplatz. Ja, weil der Landtag auch als Gesetzgeber hier in der Pflicht steht, den verfassungsmässigen Auftrag eines gesetzlichen Richters zu schaffen. Dies beinhaltet, neben der Infrastruktur auch die notwendigen finanziellen und personellen Voraussetzungen zur Verfügung zu stellen. Und ja, weil das Fehlen von personellen Mitteln die Funktionsfähigkeit beeinträchtigt und auch die Qualität unserer Justiz schwächt. Und ja auch, weil eine massive Arbeitsüberlastung zeitnahes Einschreiten verlangt. Darum spreche ich mich für den 15. Landrichter aus.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Violanda Lanter-Koller
Danke für das Wort, Herr Präsident. Art. 106 der Verfassung lautet: «Unbefristete Richterstellen dürfen nur mit Zustimmung des Landtags geschaffen werden.» Die Tatsache, dass die Schaffung von unbefristeten Richterstellen Verfassungsrang hat und der Landtag und nicht die Regierung hierzu kompetent ist, führt die Bedeutung des Gerichtswesens und ihrer Repräsentanten vor Augen. Die Justiz als eine der drei Staatsgewalten repräsentiert unser Land gegen aussen, und deren Funktionieren ist zentral für unseren Rechtsstaat und die Rechtsuchenden. Den Landtag trifft mit der Bereitstellung angemessener richterlichen Ressourcen eine hohe Verantwortung. Dies widerspiegelt sich auch in der Tatsache, dass unbefristete Richter praktisch auf Lebenszeit bestellt sind und ihre Besoldung entsprechend ihrer Ausbildung und Erfahrung in der höchsten Kaderstufe erfolgt. Damit der Landtag die Auslastung der Richter und den Bedarf an zusätzlichen Richterstellen beurteilen kann, braucht er fundierte Abklärungen, die nachvollziehbar und transparent im Bericht und Antrag der Regierung Eingang finden. Ich bin froh, dass der uns vorliegende Bericht und Antrag, inklusive den beiden Anhängen in Form zweier Gutachten, diesen Ansprüchen heute gerecht wird. Bekanntlich führte eine inhaltlich ungenügende Vorlage im November 2017, mit welcher schon damals die 15. Richterstelle beantragt worden wäre, dazu, dass der Landtag sie kurzerhand von der Traktandenliste strich. Das nachträglich bei Beat Sterchi eingeholte Gutachten zur notwendigen Anzahl der vollamtlichen Landrichter vom 7. März 2018 weist einen Mehrbedarf an Richterstellen, bezogen auf den Geschäftsanfall im Untersuchungszeitraum 2013 bis 2017, nach. Der ausgewiesene Bedarf ergibt 15,29 Richterstellen. Das bedeutet, dass die seit 2004 bestehenden 14 unbefristeten Richterstellen um eine Richterstelle auf 15 erhöht werden müssen. Bezogen auf das Jahr 2017 würden sogar zwei ganze Richterstellen fehlen. Die geltend gemachten Gründe sind im Wesentlichen folgende:- der gestiegene und erwartungsgemäss noch weiter steigende Geschäftsanfall,
- die bereits bestehende 100-prozentige Auslastung der Landrichter ohne Platz für Leistungsspitzen,
- die zunehmende Streitbarkeit der Parteien mit vielen Zwischenstreitigkeiten, die auch mit der starken Zunahme der in Liechtenstein tätigen Rechtsanwälte zusammenhängt,
- die Komplexität und Internationalität der Verfahren im Strafrechtsbereich,
- die neue Zuständigkeit der Landrichter im Verfahrenshilfegesetz,
- die Zunahme von Haftprüfungen und
- eine geänderte Rechtsprechung der Oberinstanzen hinsichtlich rechtlichen Gehörs, Begründungsmängeln und prozessualen Fragen.
Die Zunahme der Geschäftsanfälle und deren Komplexität lassen sich gut herleiten, wenn man allein an die kürzlich aufgetauchten Betrugs- und Veruntreuungsfälle auf dem Finanzplatz denkt. Wichtig ist zudem, dass sich im organisatorischen Bereich beim Landgericht viel getan hat. So ist zum Beispiel der Justizpflegebericht gemäss stetem Wunsch des Landtages aussagekräftiger gestaltet worden. Es kann gesagt werden, dass die seit einigen Jahren laufende Weiterentwicklung und Reorganisation im Gerichtswesen im Allgemeinen, aber auch beim Landgericht im Speziellen zu greifen beginnt. Neben dem bereits erwähnten gestiegenen Geschäftsanfall bedürfen aber auch organisatorische Massnahmen angemessener Ressourcen. Gutachter Sterchi hält auf Seite 38 fest, dass keine Alternativen zur Erhöhung des Personalbestandes der Landrichter bestehen und diese notwendig ist, um den Geschäftsanfall ordnungsgemäss und zeitgerecht erledigen zu können. Insbesondere kann auch nicht vermehrt auf die Rechtspfleger zurückgegriffen werden, da alle drei Rechtspfleger auslastungsmässig ebenfalls an der oberen Limite sind. Zudem haben Rechtspfleger eben nicht die Ausbildung eines Landrichters und sind von den für Richter vorbehaltenen Aufgaben ausgeschlossen. Eine Entlastung des Landgerichts durch die Einführung des Staatsanwaltsmodells in dem Sinne, dass Staatsanwälte und nicht mehr Untersuchungsrichter Ermittlungshandlungen vornehmen würden, wäre eine Reformmöglichkeit. Die Erfahrungen aus Österreich haben aber offenbar gezeigt, dass damit keine personellen Einsparungen einhergehen. Zudem braucht eine solche Umstellung Zeit für Recherche und darf nicht überstürzt erfolgen. Die Überlastung des Landgerichts braucht aber eine zeitnahe Entscheidung. Aus meiner Sicht sind die Gründe für eine 15. Richterstelle nachgewiesen, und im Sinne und Interesse der Rechtsuchenden spreche ich mich für deren Schaffung aus. Das Politikum, ob nicht auch vollamtliche Richter befristet ernannt werden sollen, wird im Bericht und Antrag ebenfalls abgehandelt. Das Ministerium hat zu dieser Frage ein Gutachten von Prof. Christoph Grabenwarter eingeholt. Auch wenn die befristete Ernennung weder durch die Verfassung noch durch Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention und die entsprechenden Rechtsprechungen explizit ausgeschlossen wird, kommt der Gutachter im Sinne des Gebots der Unabhängigkeit der Gerichte doch zum Schluss, dass vollamtliche Richter auf Lebenszeit bestellt werden sollen. Ich kann mich der rechtlichen Argumentation anschliessen. Insbesondere in der Kleinheit unseres Landes ist die erhöhte Gefahr begründet, dass Richter bei nur beschränkter zeitlicher Berufung einer Beeinflussung unterliegen könnten. Sie müssten schliesslich an ihr berufliches Weiterkommen auch nach der richterlichen Tätigkeit denken. Im Bericht und Antrag wird zudem ausgeführt, dass die gesetzlichen Reglungen zur Beendigung des Dienstverhältnisses im Richterdienstgesetz ausreichend seien und Sanktionsmöglichkeiten bis zur Dienstentlassung bestünden. In diesem Zusammenhang interessiert mich, ob und wie viele solcher Disziplinarmassnahmen seit Inkraftsetzung des Richterdienstgesetzes im Jahre 2007 verhängt worden sind. Da eine Ad-hoc-Antwort der Regierung schwierig sein dürfte, habe ich dazu gestern eine Kleine Anfrage gestellt. Ich möchte mich abschliessend bei den Landrichtern, den Rechtspflegern und beim Verwaltungspersonal des Landgerichts ausdrücklich für ihre hoheitliche Tätigkeit bedanken. Sie führen diese als dritte Staatsgewalt auch unter Personal- und Zeitdruck stets im besten Sinne aus. Danke schön. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Thomas Lageder
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Einen Dank an die Regierung für diesen guten und auch für eine Entscheidungsgrundlage nun ausreichenden Bericht bezüglich der Schaffung einer 15. Richterstelle am Landgericht. Im Kern geht es bei dieser Vorlage darum, der rechtsuchenden Bevölkerung Zugang zu qualitativ guten und einigermassen zeitnahen gerichtlichen Entscheidungen zu gewähren. Dies ist nicht zuletzt ein in der EMRK niedergeschriebenes Grundrecht. Das Landgericht ist seit dem Jahr 2000 mit 14 Landrichterstellen besetzt. Der Bedarf an Personalressourcen wird durch das nochmals aufdatierte Gutachten von Beat Sterchi für den Zeitraum 2013 bis 2017 mit 15,29 Stellen ermittelt. Dieser Personalbedarf ist aufgrund der gestiegenen Fallzahlen vor allem im Bereich der Zivilstreitigkeiten, strafrechtlichen Vorerhebungen und der angestiegen Komplexität und auch der zunehmenden Internationalität der Fälle begründet. Obwohl die Regierung gerade im Zusammenhang mit dem nächsten Traktandum, nämlich der (Teil)Reform der Zivilprozessordnung, dem Landtag Vorschläge unterbreitet, die eine Verfahrensbeschleunigung und Effizienzsteigerung versprechen, lässt der vorliegende Bericht schlussfolgern, dass eine Erhöhung des Personalbestands angezeigt ist. Jedoch ist mit der vorgeschlagenen Erhöhung des Personalbestandes beim Landgericht auf 15 ordentliche Richter nicht in Stein gemeisselt, dass es auf alle Zeiten 15 Richterinnen und Richter am Landgericht geben wird. Es wird auch in Zukunft notwendig sein, die Personalressourcen zu evaluieren, den gegebenen Bedarf festzustellen und allfällig nach oben, aber auch allfällig nach unten anzupassen. Hierbei ist wichtig zu erwähnen, dass auch eine Anpassung des Personalbestandes nach unten jederzeit ohne grössere Probleme möglich ist. Es sind zwar Richterinnen und Richter am Landgericht aus Gründen der Unabhängigkeit bis zu ihrem Pensionsantritt gewählt, was ich absolut befürworte, sollten sie nicht aus eigenem Antrieb zurücktreten oder kündigen. Im Gegensatz dazu kann der Landtag, sollte der Bedarf an Richterstellen in Zukunft sinken, auch die Anzahl der Landrichterstellen wieder reduzieren. Zum Beispiel bei einem Verzicht zur Nachbesetzung einer Stelle bei Pensionsantritt ist dies ohne Weiteres möglich. Da Pensionsantritte von Landrichterinnen und Landrichtern in regelmässigen Abständen vorkommen und auch unvorhergesehene Austritte keine Ausnahme sind, zum Beispiel durch Weggang zu anderen Gerichten, ist dies ohne weitere Umschweife möglich. Der Bericht und Antrag zeigt auf Seite 23 eindrücklich auf, dass die Anzahl der Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen linear und somit stetig zunimmt. Gerade in diesem Zusammenhang ist es wichtig und von zentraler Bedeutung, dass sinnlosem Prozessieren und der Verschleppung von Prozessen durch die Revision der ZPO Einhalt geboten wird. Denn es darf nicht unterschätzt werden, dass Anwälte und Anwältinnen auch ein Eigeninteresse am Prozessieren haben. Dies soll keinesfalls ein Generalvorwurf sein, sondern liegt in der Natur der Sache: «Kunst geht nach Brot», wie es schon Gotthold Ephraim Lessing in seinem Werk «Emilia Galotti» treffend ausdrückt. Auch Rechtskunst geht eben zum Teil nach Brot. Selbstverständlich zieht die Schaffung einer 15. Richterstelle beim Landgericht auch Kosten nach sich. Diese schlagen mit rund CHF 300'000 jährlich für die Richterstelle selbst zu Buche und zusätzlich maximalen Lohnkosten von CHF 118'000 für das Sekretariat. Auch in Anbetracht dieser Kosten ist es umso wichtiger, auch in Zukunft dafür Sorge zu tragen, dass die rechtlichen Voraussetzungen derart ausgestaltet sind, dass Gerichtsprozesse schlank und effizient durchgeführt werden können. Aus Gründen der deutlich angestiegenen Arbeitslast und der zunehmenden Komplexität und Internationalität der Fälle sowie nicht zuletzt auch aus damit zusammenhängenden Qualitätsgründen in der Rechtsprechung befürworte ich die Schaffung einer 15. Richterstelle beim Landgericht. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Thomas Vogt
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Vorab möchte ich mich bei der Frau Justizministerin für diesen verbesserten Bericht recht herzlich bedanken. Mit der gegenständlichen Vorlage beantragt die Regierung, der Schaffung einer 15. unbefristeten Richterstelle beim Fürstlichen Landgericht die Zustimmung zu erteilen. Dies ist der zweite Bericht und Antrag zu diesem Thema. Im neuen Bericht und Antrag wurde die Notwendigkeit zur Schaffung der 15. Richterstelle auch nochmals ausführlicher begründet. Die Gründe für die Schaffung der 15. Richterstelle liegen vor allem in der Erhöhung der Anzahl der Verfahren und in der Zunahme der Komplexität der Verfahren. Die Anzahl und die Entwicklung der Verfahren ist in diesem Bericht aufgezeigt: Die Zivilstreitigkeiten haben seit dem Jahre 2008 um circa 40% zugenommen; die strafrechtlichen Vorerhebungen haben seit dem Jahre 2008 um rund 15% zugenommen. Dann komme ich zur zweiten Begründung dieser Vorlage, nämlich die Komplexität der Verfahren. Diese Ausführungen sind jetzt auch wesentlich ausführlicher als noch im letzten Bericht. Zur Komplexität der Verfahren möchte ich insbesondere noch Folgendes ausführen: Als Erstes haben die Zwischenstreitigkeiten zugenommen. Dies betrifft beispielsweise die Verfahren in Bezug auf die Bezahlung einer aktorischen Kaution, die Gewährung der Verfahrenshilfe, in Bezug auf die Befangenheit eines Richters etc. Diese Verfahren führen dazu, dass die Richter sich mit diesem Zwischenstreitigkeiten beschäftigen müssen und in diesen Zwischenstreitigkeiten insbesondere Beschlüsse fassen müssen. Dies führt zu Mehraufwand. Des Weiteren hat sich in den letzten Jahren die Rechtsprechung des Staatgerichtshofes in verschiedenen Bereichen geändert. Dies erstens insbesondere im Bereich des Grundrechts auf rechtliche Begründung. Bei diesem Grundrecht tendiert der Staatsgerichtshof dazu, dass Urteile immer ausführlicher begründet werden müssen. Dies führt einerseits dazu, dass in den Verfahren vermehrt Gutachten eingeholt werden müssen, andererseits ist es so, dass die Urteile in der rechtlichen Begründung weiter ausgeführt werden müssen, was zwangsläufig zu einem grösseren Zeitaufwand führt. Des Weiteren hat sich auch in den letzten Jahren die Rechtsprechung zum sogenannten rechtlichen Gehör verschärft. Zusammengefasst bedeutet das rechtliche Gehör, dass den Verfahrensbeteiligten sämtliche Verfahrensstücke vor der Entscheidung zur Kenntnis gebracht werden müssen. Eine Übermittlung der Aktenstücke ist noch nicht per se ein grosser Mehraufwand. Jedoch führt eine solche Übermittlung der Aktenstücke an die weiteren verfahrensbeteiligten Personen dazu, dass sich die weiteren verfahrensbeteiligten Personen auch zu diesem bestimmten Aktenstück äussern. Der Richter beziehungsweise die Richterin muss sich sodann auch noch mit der Äusserung beschäftigen, was zusätzlich wiederum einen Mehraufwand nach sich zieht. Auch dieses Aktenstück beziehungsweise diese Äusserung muss den anderen Parteien wieder zugestellt werden. Des Weiteren ist in Bezug auf die steigende Komplexität der Verfahren auf die Verfahrenshilfereform des letzten Jahres hinzuweisen. Diese Verfahrenshilfereform führte dazu, dass neu die Kosten für die Verfahrenshilfe nicht mehr von der Liechtensteinischen Rechtsanwaltskammer, sondern von den Gerichten bestimmt werden. Die Gerichte müssen nunmehr neu die Kosten mittels Beschluss bestimmen und vor allem Kostenanträgen, denen nicht stattgegeben wird, ausführlich begründen. Dies führt bei den Gerichten ebenfalls zu einem Mehraufwand. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass früher in Strafverfahren das Verfahren an einen nebenamtlich bestellten Vorsitzenden ausgelagert werden konnte. Mit der Gerichtsreform vor zwei Jahren wurde diese Möglichkeit abgeschafft. Dies führt ebenfalls zu Mehraufwand bei den bestehenden vollamtlichen Richtern. Schliesslich muss man sich die Frage stellen, wie viel uns eine gut funktionierende Justiz wert ist. Meines Erachtens führen die obengenannten Gründe dazu, dass die Personen am Landgericht derzeit an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt sind. Geringfügige Änderungen, wie beispielsweise eine weitere Zunahme der Verfahren, oder ein Ausfall einer Richterin oder eines Richters würden wohl dazu führen, dass die verbleibenden Personen die anfallende Arbeit nicht mehr ordentlich und zeitnah erledigen könnten. Die Wirtschaft in unserem Land ist auf eine gut funktionierende Justiz angewiesen. Die Wirtschaft erwartet von der Justiz qualitativ hochstehende und möglichst rasche Entscheidungen. Um diese wichtigen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft weiterhin gewährleisten zu können, bin ich klar für die Einführung der 15. Richterstelle. Zuletzt möchte ich mich bei allen Richterinnen und Richtern und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gerichte für ihre sehr wertvolle und wichtige Arbeit bedanken.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Frank Konrad
Danke, Herr Präsident. Im November-Landtag 2017 wurde das Traktandum «Schaffung einer Richterstelle beim Fürstlichen Landgericht» von der Traktandenliste abgesetzt. Den Abgeordneten lag damals ein zwölfseitiger Bericht und Antrag vor. Die zwölf Seiten bestanden aus einer Titelseite einer leeren Seite, einer Seite für das Inhaltsverzeichnis und einer Seite für die Zusammenfassung. Es lagen sage und schreibe gerade einmal acht Seiten als Grundlage für die Beschlussfassung der Abgeordneten vor, ob der Landtag einer 15. Richterstelle zustimmt oder nicht. Auf Grundlage dieses Berichts und Antrags und der Revisionsberichte von Sterchi/Fehr von 2017 hätte ich einer zusätzlichen Richterstelle nicht zustimmen können. Der nun vorliegende Bericht und Antrag ist unter wesentlicher Mithilfe des Landgerichts deutlich umfangreicher und verständlicher ausgefallen. Auf die einzelnen Punkte, wie die Auslastung des Landgerichtes oder wie die in den letzten Jahren komplexer werdenden Verfahren, wurde vertieft eingegangen. Zudem werden die Empfehlungen aus dem Revisionsbericht Sterchi von 2017 durch den Landgerichtspräsidenten fortlaufend umgesetzt. Insgesamt ist der Bericht und Antrag für mich stimmig und deshalb werde ich einer zusätzlichen, 15. Richterstelle meine Zustimmung erteilen. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Daniel Seger
Vielen Dank für das Wort, Herr Präsident. Ich schliesse mich den sehr ausführlichen Voten der Vorredner an und werde von Wiederholungen absehen. Ich möchte jedoch auch festhalten, dass das Landgericht trotz einer Überlastung seit Jahren eine sehr, sehr gute Arbeit macht. Und ich werde deshalb diesem Antrag auch zustimmen. Vielen Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Georg Kaufmann
Danke für das Wort. Die Anzahl der Landrichterstellen liegt seit 2004 unverändert bei 14. Die Regierung beantragt nun in ihrem fundierten Bericht und Antrag eine 15. Landrichterstelle samt zugeordnetem Sekretariat. Zur Abklärung der Fragestellung wurden im Jahre 2017 zwei Gutachten in Auftrag gegeben, die beide einen Mehrbedarf von einer Landrichterstelle aufzeigen. Die Werte lagen bei 15,05 beziehungsweise 15,29 Landrichterstellen. Diese Werte wurden durch ein analytisches Verfahren bestimmt, welches auch in anderen Ländern eingesetzt wird. Die gleiche Berechnungsmethode wurde übrigens auch zur Berechnung des Aufwandes bei den Rechtspflegern angewandt. Dort ergab sie einen Bedarf von 3,18 Stellen und entspricht somit dem Arbeitsaufwand der drei Rechtspfleger, welche ihre Arbeitszeit mittels Stempeln festhalten. Ich meine, damit wird die Verlässlichkeit der Berechnungsmethode bestätigt. Dann zeigen die Zahlen im Justizpflegebericht 2017 den Anstieg des Arbeitsanfalls und auch die Anforderungen sind gestiegen. Das hat der Abg. Thomas Vogt bereits deutlich ausgeführt. Ich kann darauf verzichten. Im Revisionsbericht wurden auch Empfehlungen zur Optimierung der Abläufe auf operativer Ebene gemacht. Erste Umsetzungsmassnahmen wurden bereits eingeleitet. So wird zwischenzeitlich der Arbeitsaufwand berechnet und bei der Festlegung der Geschäftsverteilung mitberücksichtigt. Somit wird die Transparenz der Geschäftsverteilung erhöht. Weitere Entlastungsmöglichkeiten sollten gemäss dem Revisionsbericht geprüft werden. Da sie vom Abg. Johannes Hasler sehr gut vorgestellt wurden, verzichte ich hier ebenfalls auf eine neue Aufzählung. Nun könnte man der Meinung sein, dass zuerst die vorgeschlagenen Umsetzungsmassnahmen durchgeführt werden sollen und anschliessend erst der künftige Personalbestand der Landrichter neu geprüft werden sollte. Ich sehe dies anders. Um neben der wichtigen Richtertätigkeit einen Organisationsentwicklungsprozess erfolgreich zu gestalten, benötigt es entsprechende Ressourcen. Ich werde deshalb dem Landgericht diese Ressourcen geben und dem Antrag auf eine 15. Landrichterstelle zustimmen. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen? Wünscht die Regierung das Wort?Das ist nicht der Fall, somit können wir uns dem Antrag der Regierung zuwenden. Der Antrag lautet: «Der Hohe Landtag wolle gemäss Art. 106 der Verfassung die Zustimmung zur Schaffung einer 15. unbefristeten Richterstelle beim Fürstlichen Landgericht erteilen.» Wer dem Antrag der Regierung die Zustimmung erteilen will, möge bitte die Stimme abgeben. Abstimmung: Zustimmung mit 24 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
24 Stimmen bei 25 Anwesenden, damit hat der Landtag die Zustimmung erteilt. Gleichzeitig haben wir Traktandum 20 abgeschlossen.-ooOoo-