Abkommen vom 21. August 2017 zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend die gegenseitige Übernahme der Kosten für ambulante Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Nr. 91/2017)
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 13: Abkommen vom 21. August 2017 zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend die gegenseitige Übernahme der Kosten für ambulante Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 91/2017 und steht zur Diskussion. Abg. Mario Wohlwend
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Landtagsabgeordnete. Geschätzte Mitglieder der Fürstlichen Regierung. Wollen wir einen unkontrollierten Verformungsprozess oder einen gezielten Umformprozess? Nach der Nichtabsetzung des Abkommens haben wir bereits eine Chance verpasst. Ausserdem ist das Wort «Drückeberger» vom Abg. Jürgen Beck heute neu definiert worden: nicht gleicher Meinung ist gleich Drückeberger. Zuerst ist nötig zu wissen, wo der Hund begraben ist, weil man aus Fehlern bekannterweise lernen kann. Mit dem Abkommen soll die Situation von 2014, als Liechtenstein den Notenwechsel kündigte, wieder weitgehend hergestellt werden. Die Erkenntnis ist somit: Wir stellen etwas wieder her, was wir schon hatten. Eine weitere Erkenntnis ist, dass Schnellschüsse viel Geld kosten können. Die Einschränkung des Notenwechsels auf Ärzte und Zahnärzte führte sogar dazu, dass das etablierte Labormedizinische Zentrum Dr. Risch, welches zu dieser Zeit gerade einen Neubau des Labors in Vaduz realisierte, gezwungen war, die Analysen nach Buchs zu verlegen, da auch das Labor vom Notenwechsel ausgeschlossen wurde und viele Analysen von Schweizer Patienten in Liechtenstein gemacht wurden. Dadurch entgingen dem Land Liechtenstein jährlich beträchtliche Steuermittel, welche nun dem Kanton St. Gallen zufallen. Die grenzüberschreitende Gesundheitsregion zu fördern, entspricht meiner liberalen Wirtschaftsordnung. Das Fürstentum Liechtenstein ist als eigenständiger Staat in verschiedene Netzwerke eingebunden. Es ist sinnvoll, diese Netzwerke weiterzuentwickeln und zu fördern, wobei die Eigenständigkeit Liechtensteins gesichert werden muss. Es ist sehr wichtig, mit den benachbarten Staaten eine gute und enge Zusammenarbeit zu haben. Wo dies möglich ist, sollen länderübergreifende Herausforderungen in der Zusammenarbeit mit den benachbarten Staaten effizient gelöst werden. Dies ist unumstritten. Wobei, wie gesagt, die Eigenständigkeit, sprich die gesundheitliche Grundversorgung Liechtensteins, gesichert sein muss. Die Ungleichbehandlung oder sogar die Schlechterstellung der Leistungserbringer aus Liechtenstein widerstreben meinem Rechtsempfinden. Vielleicht liegt beim zuständigen Minister auch ein anderes Verständnis vor, was der Begriff «gestalten» bedeutet. Ich arbeite in einem Unternehmen, welches im Gestalten von Bauteilen durch die Umformtechnik Geld verdient. Bei der Umformtechnik werden Metalle und ihre Legierungen unter Einwirkung von äusseren Kräften je nach Umformgrad über mehrere Stufen in die gewünschte Form gebracht, wobei die Reihenfolge durch den Prozess vorgegeben ist und nicht beliebig gewählt werden kann. Durch die dabei auftretende Kaltverfestigung steigt die Werkstofffestigkeit kontinuierlich an und hat gegenüber der Zerspanungstechnik von der Festigkeit sowie der Wirtschaftlichkeit bei einer höheren Stückzahl diverse Vorteile. Umformen unterscheidet sich vom Verformen dadurch, dass die Formänderung gezielt eingebracht wird; Verformung ist eine ungezielte plastische Verformung. Dadurch dass die Reihenfolge in diesem Abkommen aus meiner Sicht nicht eingehalten wird und die gewünschte Form nicht mit einem Schritt erreicht werden kann, gleicht dieses Abkommen eher einer Verformung als einer gezielten Umformung. Hier wird versucht, ein bereits modifiziertes Gesundheitsvehikel, welches selbst durch Eigenverantwortung noch zu wenig wirtschaftlich ist, weil der Benzinverbrauch, die Kosten, immer noch steigen, aerodynamischer zu machen, indem man es ferngesteuert mit 100 Kilometer pro Stunde gegen einen Baum fahren lässt und hofft, die Aerodynamik wird sich dadurch verbessern. Die Absicherung wird so dargestellt, dass die Schweiz dabei hilft einen möglichen Schaden zu beheben. Dem ist sicherlich so. Verschwiegen wird nur, dass die Liechtensteiner Prämienzahler für den Schaden selber aufkommen müssen und die eigene Grundversorgung fahrlässig auf das Spiel gesetzt wird. Deshalb sehe ich in der jetzigen Situation diesen Schritt leider nicht als zielführend an und plädiere dafür, dieses Abkommen abzulehnen und zuerst die Hausaufgaben zu machen. Übrigens: Nicht einmal ein Jongleur vom Schweizer Nationalzirkus Knie wirft alle Bälle gleichzeitig in die Luft. Er nimmt den nächsten Ball erst auf, wenn er die anderen unter Kontrolle hat. Das Abkommen mit der Schweiz in der ambulanten Krankenpflegeversicherung muss sich in eine ganzheitliche Gesundheitsversorgung einfügen. Übrigens bekommt die Forderung, dass der Landtag für die Lösung zuständig ist, der Slogan «Viel erreicht. Viel vor» eine ganz andere Bedeutung. Obwohl wir die Legislative sind, sehe ich es nicht ein, dass ein Milizparlament einen Minister bei der Hand nehmen muss. Als Konstrukteur erwarten die Auftraggeber von mir schliesslich auch einen breit abgestützten Lösungsvorschlag, ansonsten bräuchte es den Konstrukteur nicht. Aber auch ich konstruiere nicht um meiner selbst willen, sondern gemäss den Bedürfnissen des Auftraggebers oder der Kunden. In vielen Fällen muss ich für eine gute Lösung viel Hirnschmalz hineinstecken, bevor der Auftraggeber damit einverstanden ist. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Günter Vogt
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Anwesende. Die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein sind eng miteinander verbunden. Beide Staaten bilden seit 1924 eine Zollunion und einen gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsraum. Seit 1938/39 gibt es einen Notenwechsel, der diese gegenseitige Zulassung der im Grenzgebiet ansässigen Ärzte zu den Krankenkassen im jeweiligen Nachbarland regelt. Auf Basis dieses völkerrechtlich bindenden Vertrages zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein konnten sich Schweizer Versicherte, die im Grenzraum Liechtenstein wohnen, bis 2004 im Rahmen des «kleinen Grenzverkehrs» bei jedem zugelassenen Grenzarzt im Fürstentum Liechtenstein zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ambulant behandeln lassen. Umgekehrt galt diese Regelung auch für die liechtensteinischen Versicherten, die sich bei einem zugelassenen schweizerischen Grenzarzt in Behandlung begaben. Im Jahre 2004 hat Liechtenstein in der Krankenversicherung das Instrument der Bedarfsplanung eingeführt. Danach konnten sich Versicherte ab diesem Datum nur noch bei denjenigen Leistungserbringern vollumfänglich zulasten der Grundversicherung behandeln lassen, die gestützt auf die Bedarfsplanung dem Tarifvertrag beitreten konnten. Liechtenstein wendete dieses Instrument auch auf die in der Schweiz ansässigen Ärzte an. Der Grenzverkehr in der Gesundheitsversorgung wurde also eingeschränkt. In der Schweiz konnten dank der Bedarfsplanung nur noch Spezialärzte mit den liechtensteinischen Versicherern abrechnen, welche einen OKP-Vertrag erhielten. Nach Auskunft des Liechtensteinischen Krankenkassenverbandes seien dies elf an der Zahl. Die schweizerischen Krankenversicherer hingegen übernahmen nach wie vor die Behandlung bei allen liechtensteinischen Ärzten zu liechtensteinischen Tarifen, welche in der Regel höher als schweizerische Tarife waren, und zwar unabhängig von der Aufnahme in die Bedarfsplanung. Diese ungleiche Anwendung dieses Notenwechsels hat die Schweiz per 1.10.2014 veranlasst, nur noch Behandlungen von Versicherten zu vergüten, die in der schweizerischen Grenzregion zu Liechtenstein wohnen und sich bei Ärzten in Liechtenstein behandeln lassen, die in der liechtensteinischen Bedarfsplanung aufgenommen sind. Diese Einschränkung des Notenwechsels führte zu zahlreichen Nachteilen für Liechtenstein. Zum Beispiel musste das Labormedizinische Zentrum von Dr. Risch, welches zu dieser Zeit gerade einen Neubau des Labors in Vaduz realisierte, seine betriebliche Tätigkeit für Analysen für Schweizer Patienten nach Buchs verlegen. Dadurch gehen dem Land Liechtenstein jährliche Steuereinnahmen verloren, welche nun dem Kanton St. Gallen zufallen. Das Gleiche gilt dann auch für die mögliche Abwanderung Liechtensteiner Ärzte in die benachbarte Grenzregion nach der möglichen Übernahme und Zustimmung dieses Antrages. Die Regierung hat am 31. Oktober 2017 ein neues Abkommen genehmigt, welches bereits am 21. August unterzeichnet wurde. Dadurch wird nun die Bedarfsplanung ausgehebelt. Hier staune ich schon Bauklötze, Herr Gesellschaftsminister. Neu gilt, dass wir Liechtensteiner also in ganz St. Gallen und Graubünden freie Arztwahl haben, interessanterweise aber in Liechtenstein nicht. Dafür muss ich eine zusätzliche Prämie in der Höhe von CHF 40 bezahlen. Das ist schon eine Glanzleistung.Gemäss dem Gesellschaftsminister ist OKP und Bedarfsplanung zentral zwecks Vermeidung der angebotsinduzierten Nachfrage. Warum rücken Sie jetzt davon ab? Wenn ja, sollen Sie gleich alles aufheben; dann müssten Sie aber den Leistungskatalog wohl überarbeiten und die Selbstbehalte und Franchisen erhöhen, um das Angebot dann noch in Schach halten zu können. Hiermit wurde also von unserem Gesellschaftsminister eine Mengenausweitung zum Vorteil der Schweiz verhandelt sowie die Bedarfsplanung in Liechtenstein ad absurdum geführt. Sie wird ausgehebelt. Als Hauptgrund für diese Bedarfsplanung wird fortlaufend die Begründung der angebotsinduzierten Mengenausweitung aufgeführt, und dies seit Jahren, da eine Ärzteschwämme aus dem EWR verhindert werden sollte. Diese Ansicht ist ja plausibel, kolportiert aber die Ansicht nicht, dass wir den gesamtschweizerischen Markt für unsere Versicherten öffnen. Interessant wäre zu wissen, welches Angebot des Ministeriums an die Schweiz gemacht wurde und welches Gegenangebot dafür vorhanden war. Welche Punkte der liechtensteinischen Forderungen wurden versenkt? Wie war der Verhandlungsverlauf? Zu dieser Vorlage und diesem Gesinnungswandel wurde der Liechtensteiner Krankenkassenverband (LKV) zu einer Stellungnahme eingeladen, die Liechtensteinische Ärztekammer oder andere Interessensgruppierungen aber nicht. Dieses System hebelt nun also den OKP plus teilweise oder absolut und wesentlich aus. Dies nicht nur in den Kantonen St. Gallen oder Graubünden, sondern in der ganzen Schweiz. Das bedeutet, dass ein liechtensteinischer Versicherter sich in der ganzen Schweiz behandeln lassen kann, sofern er zu einem zugelassenen Leistungserbringer geht. Mit diesem Abkommen werden Anreize für Ärzte geschaffen, sich in der Grenzregion niederzulassen. Beispielsweise kann ein Arzt, welcher in Liechtenstein keinen OKP-Vertrag erhält, sich nun über dem Rhein niederlassen und gezielt liechtensteinische Patienten ansprechen. Anscheinend hat sich ein aus der Region stammender Schweizer Nationalrat mit Herzensblut dieses Themas angenommen. Er hat den politischen Druck in Bern aufgebaut, welcher nun auf eine Wiederherstellung des Status quo vor der Einführung der Bedarfsplanung in Liechtenstein pocht. Nach dem Nachsehen bei der Quellensteuer für Grenzgänger aus dem DBA-Verhandlungsergebnis mit der Schweiz wäre hiermit die nächste Vereinbarung geschaffen, welche zum Nachteil für Liechtenstein verhandelt wurde. Besten Dank dem Minister für das Schreiben vom 27. November mit den ergänzenden Informationen, welches allerdings eher seine persönliche Sichtweise dazu beschreibt und seine Hypothesen dazu ausführt. Mich konnte Ihr Schreiben nicht überzeugen. Dieses gegenständliche Abkommen ist aus liechtensteinischer Sicht nicht zufriedenstellend und ich werde diesem Antrag mit Sicherheit keine Zustimmung erteilen. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Susanne Eberle-Strub
Vielen Dank, Herr Präsident. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Das hier vorliegende Abkommen sieht vor, dass sich die im Kanton St. Gallen und Graubünden wohnhaften und krankenversicherten Patienten auch bei OKP-Ärzten in Liechtenstein ambulant behandeln lassen können und dass sich die in Liechtenstein wohnhaften und krankenversicherten Personen bei zugelassenen Leistungserbringern in der Schweiz ebenfalls ambulant behandeln lassen können. Neu könnten die in Liechtenstein ansässigen Personen jeden Arzt in der Schweiz konsultieren, der eine Zulassungsbewilligung hat. Vor allem aber würden neu in Liechtenstein auch die zugelassenen Leistungserbringer in den Bereichen Physio-, Ergo-, Psychotherapie, Logopädie, Chiropraktik und Apotheken in dieses Abkommen aufgenommen und könnten wieder Patienten aus der Schweiz behandeln. Sie würden dadurch gleichgestellt mit den in Liechtenstein ansässigen Ärzten, die in der Bedarfsplanung aufgeführt sind, also über eine Zulassung zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung, OKP, verfügen. Wie aus den Schreiben des Verbands der Chiropraktoren und des Apothekerverbandes zu entnehmen ist, sind bis 2016 viele Patienten von der angrenzenden Schweiz zur Behandlung nach Liechtenstein gekommen. Warum sollte das den oben genannten Berufsgattungen nicht auch wieder ermöglicht werden? Den OKP-Ärzten wird es ja auch ermöglicht. Dass es durch das vorliegende Abkommen zu vermehrten Kündigungen der sogenannten erweiterten OKP kommen wird, ist unbestritten. Ich denke jedoch, dass viele Personen diese Zusatzversicherung behalten, damit sie weiterhin zu dem Arzt ihres Vertrauens ohne OKP-Vertrag gehen können. Schwierig zu erklären ist sicher auch, warum es diese zwei Systeme - Ärzte mit und Ärzte ohne OKP-Zulassung - in Liechtenstein gibt. Wie schon erwähnt, hängt dieses System der Bedarfsplanung mit dem Beitritt zum EWR zusammen. Und ich denke, es wäre verhängnisvoll für die Liechtensteiner Ärzte und, ich nehme an, sie würden es auch nicht begrüssen, wenn die Bedarfsplanung aufgegeben würde. Denn dann würde es einen markanten Anstieg von Ärzten aus dem EWR-Raum in Liechtenstein geben. Ich habe noch eine Frage an den Gesellschaftsminister, die an mich herantragen wurde. Wäre es möglich, allen Ärzten, die jetzt in Liechtenstein tätig sind und keine Zulassung zur OKP haben, ab Inkrafttreten des Abkommens mit der Schweiz die Zulassung zur OKP zu ermöglichen? Wenn das möglich wäre, könnte für neu ansuchende Ärzte die heutige Bedarfsplanung trotzdem aufrechterhalten werden, damit es keinen erhöhten Zustrom von Ärzten nach Liechtenstein gäbe? Ich glaube nicht, dass durch dieses Abkommen viele Ärzte ohne OKP-Vertrag von Liechtenstein in die Schweiz umsiedeln. Dadurch müssten sie höhere Steuern bezahlen und ich bezweifle, dass alle in Liechtenstein ansässigen Ärzte ohne OKP-Vertrag in der Schweiz eine Zulassung zur Praxiseröffnung erhalten. Dann glaube ich auch nicht, dass durch die Möglichkeit, mehr Ärzte zur Verfügung zu haben, die Liechtensteiner ihren Hausarzt verlassen und sich in der Schweiz behandeln lassen. Es gibt sicher Spezialisten im angrenzenden Raum, die es in Liechtenstein nicht gibt. Umgekehrt aber auch, zum Beispiel bei den Kinderärzten. Ein weiterer Faktor, der die meisten Versicherten nicht von einem Arzt zum anderen rennen lässt, ist meiner Meinung nach die seit 1.1.2017 höhere Kostenbeteiligung, also Franchise und Selbstbehalt. Eine Tatsache, die bei einigen Patienten zu mehr Selbstverantwortung führt. Falls die Aussage im «Volksblatt» stimmt, dass den übrigen Leistungserbringern ein Maulkorb erteilt wurde in Bezug dieses Abkommens, enttäuscht mich der Vorstand der Ärztekammer masslos. So stelle ich mir Fair Play sicher nicht vor. Ich werde diesem Abkommen zustimmen, denn es stellt die frühere, jahrzehntelange Praxis wieder her, es führt zu einer grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, die für Liechtenstein positiv ist und von der unser Land auch profitieren kann.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Thomas Lageder
Besten Dank für das Wort. Sehr geehrte Damen und Herren. Bereits in guter Tradition präsentiert die Regierung dem Landtag einen Staatsvertrag zwischen Liechtenstein und der Schweiz, der ein Verhandlungsergebnis darlegt, das ungenügend ist. Der Vertrag soll die gegenseitige Übernahme von Kosten für ambulante Leistungserbringer der obligatorischen Krankenpflegeversicherung regeln. So weit, so gut. Der Gesundheitsminister bewirbt diesen Staatsvertrag bei der Bevölkerung damit, dass alle in Liechtenstein OKP-versicherten Personen, ohne einen Zusatzbeitrag bezahlen zu müssen, Zugang zu allen ambulanten Leistungserbringern in der Schweiz hätten. Es scheint so, dass man vermeintlich CHF 40 sparen könnte und dafür mehr Leistung, mindestens mehr Leistungsvielfalt, erhalten würde. Nun, das ist selbstverständlich, wenn überhaupt, nur die halbe Wahrheit. Erstaunlich ist zum Beispiel, dass Liechtenstein zwar im Inland über eine Bedarfsplanung bei den Leistungserbringern verfügt. Im Klartext bedeutet das, dass Ärzte und andere Leistungserbringer über ein Zulassungssystem begrenzt werden. Die einfache Logik des Gesundheitsministers ist wie folgt oder sie war immerhin bis anhin: Mehr Ärzte, mehr Kosten, deshalb will man so wenig Ärzte wie möglich. Es ist in keiner Weise nachvollziehbar, dass derselbe Gesundheitsminister nun den Markt für Liechtensteiner Patienten für potenziell 30'000 Leistungserbringer in der ganzen Schweiz öffnen will, was in seiner Logik zwangsläufig zu einer Mengenausweitung und somit höheren Kosten führen muss. Im gleichen Atemzug sollen aber in Liechtenstein weiterhin circa 50 Leistungserbringer von der OKP ausgeschlossen bleiben, weil uns sonst die Mengen davongaloppieren. Für mich völlig unverständlich. Zusätzlich sollen zu diesen potenziell 30'000 Leistungserbringern in der Schweiz alle Versicherten in Liechtenstein Zugang bekommen, ohne die CHF 40 monatlich für die freie Arztwahl, also OKP plus, bezahlen zu müssen. Will man aber auch Zugang zu den 50 Leistungserbringern in Liechtenstein haben, muss man weiterhin CHF 40 im Monat bezahlen. Für mich völlig unverständlich. Nicht nur werden dadurch diese circa 50 Leistungserbringer in Liechtenstein diskriminiert, was in diesem Zusammenhang nur äusserst schwer nachvollziehbar ist, sondern es werden sich sehr viele Personen dann überlegen, ob es noch Sinn macht, eine Zusatzversicherung für CHF 40 im Monat zu bezahlen. Viele werden diesen Zusatz dann streichen lassen und das Geld einsparen, denn der Zugang zur Leistung ist ja weiterhin gegeben, nur eben dann in der Schweiz. Zumindest aus Sicht des Patienten ist es wohl kaum relevant, ob ich in Sevelen oder Triesen behandelt werde. Nur die Einnahmen aus der OKP plus fehlen dann. Die Leistungen werden aber weiterhin bezogen, in der Logik des Gesundheitsministers werden wohl durch angebotsinduzierte Nachfrage sogar eher mehr Leistungen bezogen werden. Wie der Gesundheitsminister auch nicht müde wird zu erklären, fällt das Geld bekanntlich nicht vom Himmel. Es werden dann also konsequenterweise die Grundprämien für alle ansteigen, denn der Einnahmenausfall muss irgendwie kompensiert werden. Ich finde das schlecht.Auch in Bezug auf die viel zitierten gleich langen Spiesse lässt dieses Abkommen einiges zu wünschen übrig. So sind die Liechtensteiner Patienten wohl in der ganzen Schweiz willkommen, sie bringen ja Geld, aber im Gegenzug sollen dann nur die Patienten aus Graubünden und St. Gallen in Liechtenstein behandelt werden dürfen. Jemand, der in Glarus oder Appenzell wohnt, darf es dann nicht sein. Aus Blickwinkel der Schweiz ist das durchaus gut, aber für Liechtenstein ist es nicht gut. Diese Abschottung des Marktes ist nicht nachvollziehbar und darf auch im Bereich der Gesundheitsleistungen nicht akzeptiert werden. Wir wollen gleich lange Spiesse, wir wollen eine faire Ausgangslage, ein «level playing field», und zwar nicht nur für das Gewerbe. Für mich ist das nicht nachvollziehbar. Weiter ist für mich die Signalwirkung dieses Abkommens stossend. Es wird zwangsläufig zu einem Abwandern von Liechtensteiner Leistungserbringern führen. Klar ist, dass sich die jetzt nicht in der OKP befindlichen Leistungserbringer so schnell wie möglich um einen Platz in der Schweiz werden bemühen müssen. Sie können ja quasi alle Liechtensteiner Patienten mitnehmen und zusätzliche gewinnen. Aber auch die über einen OKP-Vertrag verfügenden Leistungserbringer werden es sich sehr gut überlegen, ob es nicht besser wäre, aus der Schweiz heraus zu operieren, denn man kann sich in der Schweiz offensichtlich sehr viel Ärger ersparen und wird scheinbar auch nicht zum Powerseller disqualifiziert. Aber vielleicht ist das ja gewolltes Kalkül. Vielleicht ist es die Absicht, freiwerdende Kapazitäten am Landesspital zu zentralisieren, wo die Fallzahlen bekanntermassen fehlen. Dass eine Behandlung am Landesspital teurer ist als bei einem Hausarzt und wir Patienten diese Kostensteigerung dann wieder über höhere Prämien finanzieren dürfen, ist wohl klar. Für mich ist das unverständlich. Warum will nun die Regierung ein solches Abkommen mit der Schweiz eingehen? Da die Regierung im September 2014 gegenüber der Schweiz eingeknickt ist und der Teilsuspensierung des Notenwechsels ohne Not zugestimmt hat, sind seither leider Apotheken, Physiotherapeuten, Logopäden und so weiter vom Schweizer Markt abgeschnitten. Die Regierung ist nun also innenpolitisch verständlicherweise unter Druck, diesen Marktzugang wiederherzustellen, was in Konsequenz zu einer schwachen Verhandlungsposition führte. Das soll nun teuer erkauft werden und kommt in den bereits aufgeführten handfesten Nachteilen zum Ausdruck. Auch verdanken wir dieser schlechten Politik, dass das etablierte Labormedizinische Zentrum Dr. Risch nicht, wie eigentlich geplant, in Vaduz, sondern in Buchs seine Dienstleistungen anbietet. So ging und geht ein ums andere Mal Steuersubstrat verloren. Wir werden dann ja sehen, wie die Regierung und die Mehrheit in diesem Hohen Haus das in der nächsten Krise wieder hereinholen wird. Es ist ja noch Luft beim Staatsbeitrag an die OKP. Noch einmal, auch das ist für mich nicht nachvollziehbar. Interessant und nicht weniger enttäuschend ist ausserdem, dass die Kostenübernahme für Laboranalysen und für Arzneimittel, die bei einer Versandhandelsapotheke bezogen werden können, explizit ausgenommen ist. Es ist klar, dass dies einer Kastration des Standortes Liechtenstein für diese Wirtschaftszweige gleichkommt. Zusammenfassend: Die Bilanz dieses Abkommens fällt sehr bescheiden aus. Kostensteigerungen in der Gesundheitsversicherung sind vorprogrammiert, Inländer werden diskriminiert, Anreize für Steuersubstratsverluste werden gesetzt, die Spiesse sind nicht gleich lang, angebotsinduzierte Nachfrage muss befürchtet werden, eine Abwanderung wird folgen. Wirklich leid tun mir die Leistungserbringer in den übrigen Gesundheitsberufen, die bei einer Nichtannahme dieses Abkommens weiterhin untendurch müssen und keinen Zugang zum Schweizer Markt haben werden. Aber die Zugeständnisse und Nachteile überwiegen klar. Die Regierung hat dieses Problem ohne Not geschaffen und sie soll es auch lösen, und zwar auf vernünftige Art und Weise. Diesem Abkommen kann ich nicht zustimmen, es ist widersprüchlich, es kann nicht unterstützt werden. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Landtagsvizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz
Besten Dank, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren. Erneut haben wir über ein gesundheitspolitisches Problem zu diskutieren und wieder befindet man sich in einer Zwickmühle, wem von den Protagonisten man am meisten Glauben schenken darf. Die erhaltenen Informationen sind absolut diskrepant und je nach Betroffenheit und Überzeugungskraft des jeweiligen Gesprächspartners hat sich meine Meinung zu diesem Abkommen sodann von Pro nach Kontra und wieder zurück gewandelt. Natürlich ist mir bewusst, dass Sie nicht bei jedem Abkommen, welches Sie schliessen, zuerst nach sämtlichen Befindlichkeiten im eigenen Land fragen können oder müssen, Herr Gesellschaftsminister. Aber bei diesem doch bekanntermassen sehr fragilen Thema hätte ich Ihnen - vor allem nach den letzten Erfahrungen - doch ein wenig mehr Fingerspitzengefühl zugetraut. Letztlich müssen nun wir als Landtag wieder das sogenannte Zünglein an der Waage spielen und eine Entscheidung treffen, welche der Betroffenen wir zufriedenstellen wollen.Sind wir gegen das Abkommen, schaden wir unseren Apothekern, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Chiropraktikern etc. Sind wir gegen das Abkommen, leiden vielleicht unsere nachbarschaftlichen Beziehungen mit der Schweiz. Sind wir gegen das Abkommen, entfällt die enorme Auswahl an Ärzten in der Schweiz, welche wir neu hätten. Sind wir gegen das Abkommen, müssen wir weiterhin, falls gewollt, die CHF 480 pro Jahr für OKP plus für freie Arztwahl bezahlen. Sind wir für das Abkommen, könnten liechtensteinische Steuer- und Versicherungsgelder in die Schweiz fliessen. Sind wir für das Abkommen, würde dies wohl zu einer Ungleichbehandlung gewisser Leistungserbringer aus Liechtenstein führen und allenfalls zu Verlagerungen von Ärzten ohne OKP-Vertrag von Liechtenstein in die Schweiz. Sind wir für das Abkommen, könnten aufgrund einer Mengenausweitung der Ärztedichte oder auch wegen des Hinfälligwerdens der OKP-plus-Beiträge Prämiensteigerungen auf uns zukommen. Am zielführendsten wäre es, wie von der VU-Fraktion beantragt gewesen, das Traktandum abzusetzen und im Inland die Bedarfsplanung und die Strategie der ambulanten medizinischen Versorgung zu überdenken und erst dann wieder über eine Genehmigung des Abkommens zu diskutieren. Leider wurde dies mehrheitlich abgelehnt. Daher komme ich nun nicht umhin, gewisse Fragen zu stellen, welche ich eigentlich vorab mit Vorlaufzeit hätte fundiert abgeklärt haben wollen. Hier meine Fragen: Es kann jetzt sein, dass ich dabei Fragen meiner Vorredner wiederhole. Ist es so, dass bei einem Nein zum Abkommen gewisse medizinische Leistungserbringer, wie Physiotherapeuten oder Apotheken, in einen existenziellen Notstand geraten könnten? Wie steht hier das Verhältnis, damit meine ich zahlenmässig, dieser medizinischen Leistungserbringer, die profitieren würden, gegenüber denen, die benachteiligt werden? Wie hoch genau wäre die Prämienerhöhung infolge Kündigung von OKP plus, damit hier wieder neutralisiert werden könnte? Wie steht die Regierung zur Ungleichbehandlung der Leistungserbringer aus Liechtenstein beziehungsweise ist eine solche Diskriminierung gerechtfertigt? Würden bei einer Ablehnung des Abkommens Anreize für Ärzte geschaffen, sich im Rheintal und nicht mehr in Liechtenstein niederzulassen? Wenn dies denn so wäre, wie viel Steuersubstrat würde so in die Schweiz abfliessen? Wie sähe die gesundheitspolitische Situation im Land aus, wenn infolge der Auswirkung dieses Abkommens unsere Grundversorger, heisst Hausärzte, aufgrund höherer Attraktivität über dem Rhein abwandern würden? Weshalb wurden beim Abkommen nur die beiden Grenzkantone St. Gallen und Graubünden berücksichtigt und nicht das Staatsgebiet zur Gänze? Und was sagt die Regierung zum Vorwurf, dass die Liechtensteiner Prämienzahler im eigenen Staat, in dem sie das Gesundheits-wesen mit Prämiengeldern finanzieren, keinen Zugang zu den Leistungserbringern haben, diesen jedoch in der Schweiz geniessen würden? Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Patrick Risch
Besten Dank für das Wort. Wiederum ein Pflästerli für den Patienten «Gesundheitspolitik Liechtenstein». Es scheint, dass in fast jedem Landtag ein Heftpflaster bei der Gesundheitspolitik angebracht werden muss und hier etwas entschieden werden muss. Bis heute war die Richtung klar: Die Mengenausweitung bekämpfen und die Bedarfsplanung stärken. Bei der Betrachtung, wo wir heute und jetzt bei der Gesundheitspolitik stehen, kommen mir Zweifel auf, ob wir eine Therapie für den Patienten verfolgen oder ob zu viele Ärzte mit unterschiedlichen Therapien den Patienten behandeln wollen. Mit der 2004 eingeführten Bedarfsplanung für Leistungserbringer wurde versucht, die sogenannte Mengenausweitung einzudämmen. Zumindest ist dies das Zauberwort des Gesundheitsministers. Mengenausweitung - das Übel, welches bekämpft werden muss. Heute - mit diesem Abkommen - werden mit einem Schlag alle Argumente, die für eine Bedarfsplanung sprechen und zur Bekämpfung der Mengenausweitung beitragen, der Lächerlichkeit preisgegeben und ad absurdum geführt. Mit einem Schlag sollen alle liechtensteinischen Versicherten Zugang zu mehr als 30'000 Ärzten erhalten - egal, ob diese die OKP plus, also die Freie-Arztwahl-Zusatzversicherung, haben oder nicht. Noch im letzten Landtag haben wir mit der Abänderung des Krankenversicherungsgesetzes einen weiteren Nagel zur Sicherung der Bedarfsplanung eingeschlagen. Und heute werden wir von der Regierung gebeten, die Bedarfsplanung mit der Zustimmung zu diesem Abkommen quasi aufzuheben? Ehrlich gesagt verstehe ich Ihre Strategie, Herr Gesundheitsminister, nicht mehr. Bitte erklären Sie mir, wo sie die Zukunft bei der Bedarfsplanung sehen und wie Ihre Visionen der Gesundheitspolitik sind: Wie soll der Gesundheitsmarkt in zwei, fünf und zehn Jahren Ihrer Meinung nach aussehen? Und wenn wir schon bei den Fragen sind, zum Teil auch schon gestellt: Wie gross sehen Sie die Gefahr, dass Ärzte das Land in Richtung Schweiz verlassen werden, welche hier keinen OKP-Vertrag erhalten? Wie viel Steuersubstrat wird dadurch in die Schweiz abwandern? Wie viele Arbeitsplätze werden in die benachbarte Schweiz verlagert, inklusive der MPAs, also der Medizinischen Sprechstundenhilfen? Was wird uns dieses Abkommen schlussendlich kosten? Um wie viel Franken wird die Krankenkassengrundprämie für jeden steigen, wenn viele die OKP-plus-Zusatzversicherung kündigen werden? Oder wird der Staat den Staatsbeitrag einfach erhöhen? Die Ausführungen im vorliegenden Bericht und Antrag sind äusserst vage und dürftig. Würde es sich hier um eine 1. Lesung handeln, könnte ich Sie, Herr Regierungsrat Pedrazzini, bitten, auf die 2. Lesung hin obige Fragen zu beantworten. Dass keine Vernehmlassung bei diesem Bericht und Antrag ausgeführt wurde, ist schon fast sträflich fahrlässig. Nur der Liechtensteiner Krankenkassenverband hatte die Chance, eine Stellungnahme abzugeben, sodass seine Stellungnahme in den Bericht und Antrag eingeflossen ist. Weder den Versicherten in Form der LIPO noch den Leistungserbringern wurde die Möglichkeit gegeben, frühzeitig eine Stellungnahme abzugeben. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Stv. Abg. Ado Vogt
Besten Dank für das Wort. Für mich schaue ich bei diesem Abkommen an, was stimmt im Saldo, was ist für das Land Liechtenstein besser? Wenn ich mir das anschaue, stimmt es für mich. Ich werde diesem Abkommen deshalb zustimmen. Lassen Sie mich erklären, warum. Wir haben ganz klar eine Erweiterung des Marktes für sehr viele Dienstleister im Gesundheitswesen. Diese wurden komplett abgeschnitten von Kunden, die Sie früher auch auf der anderen, Schweizer Rheinseite hatten. Und wenn ich ehrlich bin, glaube ich, dass auch beim OKP-Gesundheitswesen der grösste Teil sich im Grenzgebiet abspielen wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mitarbeiter von meiner Firma ins Fricktal fährt, um irgendwie ein Arztattest zu holen. Ich kann mir das einfach fast nicht vorstellen. Und da ist ja diese Gleichbehandlung mehr oder weniger gegeben. Dann wird immer gesagt, man hätte besser verhandeln sollen oder man hätte zuerst die Hausaufgaben hier im Land machen sollen. Beim EWR interessiert das niemanden. Da übernehmen wir immer zuerst sämtliche Verordnungen und Gesetze und passen dann unser nationales Gesetz an. Einfach, dass das auch noch einmal gesagt wurde. Und wir sind nun einmal im EWR, die Schweiz nicht. Wir befinden uns in zwei komplett verschiedenen Rechtsräumen und da gibt es halt immer wieder Probleme mit der Anpassung von diesen Abkommen. Ist meiner Meinung nach ein besseres Verhandlungsergebnis möglich? Wenn ich mir die Vergangenheit anschaue mit allen Verträgen, glaube ich ehrlich gesagt nicht daran. Dann, sage ich sogar, ist es eher ein gutes Abkommen, wenn ich mir DBA und so weiter anschaue. Und wenn wir auch ehrlich sind, wir sind ein Kleinstaat mit 37'000 Einwohnern und wir müssen uns vielleicht davon entfernen, dass wir wirklich immer auf Augenhöhe mit allen Staaten oder Gemeinschaften verhandeln können. Wie gesagt, noch einmal, der EWR zeigt uns das ja. Die Alternative wäre ja, gar kein Abkommen zu haben. Und das, finde ich, wäre für all die Dienstleister, die jetzt den Markt bekommen, eigentlich unglaublich schade. Und das wäre dann auch wieder komplett widersprüchlich zu den Voten, die wir auch bei der Velobrücke gehalten hatten. Daran möchte ich Sie erinnern, da hiess es, es sei unglaublich wichtig, Symbolpolitik, grenznahe Verflechtung, Chancental Rheintal. Und hier spielt dieses Signal an die Schweiz anscheinend überhaupt keine Rolle mehr. Ich werde diesem Abkommen zustimmen. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Johannes Kaiser
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren. Dass der Notenwechsel aus dem Jahre 1939 in Form eines Staatvertrags-/Abkommensrelaunches der heutigen Zeit und eingebürgerten Praxis angepasst, auf dem Papier angepasst wird, ist so weit nachvollziehbar. Bei der Teilsuspendierung im 2014 wurde Liechtenstein von den Verhandlungspartnern in Bern bereits ein erstes Mal vorgeführt. Handlungsbedarf ist zweifellos gegeben, aber meiner Ansicht nicht so. Was notwendig und wichtig ist, ist nicht irgendein Ergebnis, sondern ein gutes Ergebnis, bei dem insbesondere auch die Interessen des Fürstentums Liechtenstein gewahrt sind. Was jedoch am Verhandlungstisch von der Regierung des Fürstentums Liechtenstein und der Schweiz ausgehandelt wurde, ist ein Abkommensergebnis, das wieder einmal zum Vorteil der Schweiz ist und zum Nachteil des Fürstentums Liechtenstein. Warum dieses Abkommen für Liechtenstein mittelfristig nicht gut kommen kann und ungenügend ist, werde ich nachstehend darlegen. Für den Versicherten ist dieses Abkommen, wenn sich der Fächer der freien Ärztewahl über den Rhein Richtung Schweiz von bis rund 20 Ärzten auf 1'360 in den benachbarten Kantonen St. Gallen und Graubünden massiv öffnet - schweizweit sogar auf über 18'200 Ärzte, niedergelassene Ärzte im ambulanten Teil -, ist dies ein von Regierungsrat Pedrazzini «verhandeltes» Ergebnis, mit dem er seine eigene bisherige Theorie und Formel der Verhinderung der Mengenausweitung wegen der angebotsinduzierten Nachfrage verlässt, aufhebt beziehungsweise in Schall und Rauch aufgehen lässt. Die verantwortliche Regierungsrätin des Kantons St. Gallen, Heidi Hanselmann, und Christian Rathgeb, der für Gesundheit verantwortliche Regierungsrat des Kantons Graubünden, und auch Bundesbern mit dem Gesundheitsminister, Bundesrat Alain Berset, freuen sich sehr über dieses Abkommensergebnis - mit allen Vorteilen auf ihrer Seite. Für Liechtenstein tritt der «Daumen nach unten» mittelfristig unausweichlich in verschiedener Hinsicht ein, sollte dieses Abkommen in dieser Form und in diesem Kontext der innerstaatlichen Bedarfsplanung vom Hohen Landtag heute beschlossen werden. Zu den - mit Sicherheit aus mittel- und längerfristiger Sicht - für Liechtensteins Versicherte wie auch für den Staat Liechtenstein als Gesundheitsstandort im Allgemeinen negativen Folgen und Konsequenzen gehe ich im Folgenden genauer ein. Voranstellen möchte ich die sehr unbefriedigende Gestaltung der Zeitschiene. Wieder einmal wird dem Landtag eine komplexe Abkommensthematik, obwohl das Ganze schon Monate in der Pipeline ist, kurz vor zwölf auf den Tisch gelegt. Eine breite Vernehmlassungsrunde wurde ebenfalls durch die Regierung einmal mehr versäumt, was in den letzten zwei Wochen vor dieser Landtagssitzung zu einer Flut von Korrespondenzen von allen Seiten geführt hat. Letzten Endes betrugen alle Korrespondenzen und Stellungnahmen, die bis kurz vor der Landtagssitzung eingetroffen sind, weit mehr Seiten als der Bericht und Antrag der Regierung selbst. Für eine verantwortungsvolle sowie seriöse Beschäftigung mit der vorliegenden Gesamtthematik ist diese Informationsstrategie nicht zuträglich. Ich lasse jetzt die Ausführungen der Zeitschiene weg. Die Behandlung im Nationalrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft wird ja zudem erst im nächsten Jahr sein. Wie ist die Situation heute? Die Bedarfsplanung umfasst in Liechtenstein 60 Ärzte mit OKP-Vertrag, welcher zur Abrechnung mit den Krankenkassen berechtigt. In Liechtenstein sind im Weiteren 50 Nicht-OKP-Ärzte. Die Bedarfsplanung umfasst im benachbarten Kanton St. Gallen rund 20 Ärzte, die in diesem Bedarfsplanungskreis integriert und mit OKP-Vertrag ausgestattet sind. Die Patienten beziehungsweise die Versicherten in Liechtenstein können eine OKP-plus-Versicherung abschliessen, um so Zugang zu den Nicht-OKP-Ärzten in Liechtenstein sowie zu allen niedergelassenen Ärzten in der Schweiz, nicht nur zu den rund 20 Schweizer Ärzten mit OKP, zu erhalten, damit die Krankenkasse diese Leistungen abrechnet. Diese Zusatzversicherung kostet den Versicherten CHF 40 im Monat, also fast CHF 500 im Jahr. Eine Familie mit vier erwachsenen Personen zahlt im Jahr dafür rund CHF 2'000. Von den insgesamt rund 40'000 Versicherten in Liechtenstein hat etwas mehr als ein Viertel diese OKP-plus-Versicherung, die sogenannte erweiterte OKP, abgeschlossen. Die Zahl bewegt sich um die 10'800 Versicherte. Nun - was bringt uns das vom Gesundheitsminister ausgehandelte Verhandlungsergebnis, das Abkommen mit der Schweiz neu? Zuerst aus der Sicht der Fakten: - Der Zugang zum Markt an Gesundheitsleistungen wird Richtung Schweiz völlig geöffnet: Anstelle von bisher rund 20 OKP-Ärzten im angrenzenden St. Gallen, die auch von einer nicht OKP-plus-Versicherten aus Liechtenstein konsultiert werden konnten, sind es neu in den Kantonen St. Gallen und Graubünden alle 1'360 Ärzte und schweizweit über 18'200 Ärzte. Diese können alle von Liechtenstein aus mit der Grundversicherung beansprucht werden. Knapp 40'000 Versicherten stehen über 18'000 Ärzte offen. Wie verträgt sich dies mit der sogenannten jahrelang gepredigten Mengenausweitung aufgrund der angebotsinduzierten Nachfrage, frage ich die Regierung.
- Umgekehrt können gemäss Abkommen nicht alle Schweizer Versicherten, sondern nur diejenigen der Kantone Graubünden und St. Gallen in Liechtenstein die 60 Ärzte mit OKP-Vertrag - nur jene mit OKP-Vertrag - konsultieren, um auch mit den Krankenkassen abrechnen zu können. Die 700'000
Einwohnerinnen und Einwohner und damit Versicherten der beiden Kantone St. Gallen und Graubünden können 60 Ärzte in Liechtenstein konsultieren. Da wäre es im Verhältnis auch kein Beinbruch, wenn sie Zugang zu allen Ärzten, auch denen ohne OKP-Vertrag, hätten, also zu rund 100 Ärzten, beziehungsweise allen Schweizer Versicherten auch noch den Weg zu den 100 Ärzten in Liechtenstein offenstünde. Dass dieser umgekehrte Weg von der Schweiz nach Liechtenstein sich schon bisher nur im kleinen Rahmen, wiewohl für einzelne Ärzte im durchaus relevanten Bereich, bewegte, ist eine jahrelange Erfahrung und wird sich mit diesem Abkommen mit Sicherheit nicht verändern. Die Regierung kann uns dazu vielleicht sicher mit Zahlen und Daten versorgen.
- Die OKP-Plus-Versicherten in Liechtenstein, die mit der 480-Franken-Jahresprämie eine Zusatzversicherung abgeschlossen haben, um damit neben den 50 Nicht-OKP-Ärzten in Liechtenstein auch alle niedergelassenen Schweizer Ärzte konsultieren zu können, haben sich damit neu zwar weiterhin den Zugang zu den 50 Nicht-OKP-Ärzten in Liechtenstein erkauft, brauchen sie aber nicht mehr für die freie Arztwahl in der ganzen Schweiz. Es liegt auf der Hand, dass sie nach Abschluss dieses Abkommens sehr schnell diese OKP-plus-Versicherung aufkündigen, da allen rund 40'000 Versicherten in Liechtenstein der Trichter der Arztauswahl in St. Gallen und Graubünden um das 70-Fache - von 20 auf rund 1'400 Ärzte - geöffnet wurde. Die Regierung hebelt damit die liechtensteinische Bedarfsplanung aus und macht sie obsolet.
- Die in Liechtenstein in der Bedarfsplanung nicht berücksichtigten 50 Ärzte, die Nicht-OKP-Ärzte, werden faktisch gezwungen, eine Zweitpraxis in der benachbarten Region in der Schweiz zu eröffnen, um von dort aus dann für alle Versicherten in Liechtenstein und natürlich für den Gesundheitsmarkt Schweiz zur Verfügung zu stehen. Bezogen auf Ärzte bedeutet das, dass der Liechtensteiner also neu in ganz St. Gallen und Graubünden - eigentlich in der gesamten Schweiz - freie Arztwahl hat, groteskerweise aber nicht in Liechtenstein. Zu den Nicht-OKP-Ärzten haben nur jene mit der Zusatzprämie von CHF 40 pro Monat Zugang. Das Absurde: Der in Liechtenstein wohnhafte Versicherte muss im eigenen Land eine Zusatzversicherung für den freien Zugang zu allen Leistungserbringern vorweisen, nicht aber in St. Gallen und Graubünden - und überhaupt in der ganzen Schweiz. Da hat er freien Zugang.
Die Mengenausweitung mit grösster Ausprägung Richtung Schweiz ist somit vor der Tür. Der Gesundheitsminister beziehungsweise die Regierung erweitert hiermit den Zugang zu Leistungserbringern im Ausland derart massiv, dass die inländische Bedarfsplanung dadurch ausgehebelt wird. Dies hat auch der Liechtensteiner Krankenkassenverband (LKV), welcher als einziger zu einer Stellungnahme eingeladen wurde, festgestellt und er befürchtet, dass Leistungserbringer ins Rheintal abwandern können beziehungsweise werden. Das geschieht, wie gesagt, in der Praxis bereits heute schon. Die Bedarfsplanung ist mit dem neuen Abkommen in dieser Form nicht kompatibel und müsste konsequenterweise ganz abgeschafft werden. Das bisherige Argument des Regierungsrates Pedrazzini oder Damoklesschwert namens Mengenausweitung für das Festhalten an der Bedarfsplanung ist mit diesem Abkommen durch die Regierung selbst widerlegt.Man kann diese Öffnung des Marktes ja machen - auch den Logopäden, Chiropraktoren, Psychotherapeuten und anderen Berufsgruppen ist dies von Vorteil. Nachdem wir eher auf einen Ärztemangel hinauslaufen, könnte das vielleicht künftig für die Versorgungslage gut sein. Was nicht geht, ist, dass man dann auf der anderen Seite mit einem möglichen Andrang aus dem Ausland und daraus folgenden Kostensteigerungen für die Beibehaltung der Bedarfsplanung argumentiert, um im Inland den Markt zu begrenzen, und zwar nicht nur für Ärzte, sondern eben für die Versicherten. Da schiesst man sich selber ins Knie und ist völlig unglaubwürdig. Die Konsequenzen: Das Abkommen wird Liechtenstein mittel- und längerfristig schaden und in hohem Masse benachteiligen. - Jungärzte werden in der benachbarten Schweiz eine Praxis eröffnen und sich nicht in Liechtenstein niederlassen. Sie sind dann über dem Rhein in der Schweiz keiner Bedarfsplanung unterstellt, haben ein riesiges Einzugsgebiet: Schweiz und gemäss diesem Abkommen Liechtenstein mit den OKP-Versicherten.
- Der Drang der Liechtensteiner Patienten im stationären Bereich geht heute schon sehr eindeutig Richtung Schweiz. Dies wird sich mit dieser Mengenausweitung im ambulanten Bereich Richtung Schweiz massiv verstärken. Im Kanton St. Gallen oder Graubünden - ja der ganzen Schweiz - werden Patienten aus Liechtenstein bei einem potenziell notwendigen stationären Aufenthalt mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in ein Spital in der Schweiz empfohlen. So ist ein sehr grosser weiterer Abfluss von Fallzahlen an Schweizer Spitäler unschwer voraussehbar. Zum Schaden des Liechtensteiner Landesspitals, zum Schaden der Liechtensteiner Versorgungslandschaft.
- Für den Versicherten erscheint es auf den ersten Blick sehr attraktiv, wenn er aus einem grösseren Angebot auswählen kann. Ob es gut für die Versicherten und ihrer Versorgungssicherheit sein wird, wenn die Leistungserbringer mit Bedarfsplanung in Liechtenstein, also Ärzte, Psychotherapeuten, Chiropraktoren, auf ihren OKP-Vertrag verzichten und sich im Rheintal ansiedeln beziehungsweise gar nicht erst nach Liechtenstein kommen, muss stark bezweifelt werden.
- Zu bedenken ist das steuerliche Substrat, das dem Fürstentum Liechtenstein entgeht. Gerade im Segment des Gesundheitsmarktes ist dies mit Sicherheit nicht unerheblich, wenn dieser Ausverkauf und dieser Steuertransfer in Richtung Schweiz manövriert werden. Steuergelder und Beiträge an die AHV werden auf diese Weise dem Staat entzogen.
- Es ist davon auszugehen, dass von den heute rund 25% der Versicherten mit Zusatzversicherung viele diese OKP-plus-Versicherung auflösen. Ist ja logisch: Diese OKP-plus-Versicherung mit monatlich CHF 40 wird mit dieser Mengenausweitung an ambulantem Dienstleistungsangebot im wahrsten Sinne des Wortes obsolet. Wieso sollen Liechtensteiner Versicherte - und es sind derzeit rund 11'000 - diese CHF 480 teure Jahresprämie aufrechterhalten, um damit «nur» noch den Zugang zu Gesundheitsleistungen bei 50 Nicht-OKP-Ärzten in Liechtenstein zu haben? Also - diese OKP-plus-Versicherung mit heute jährlich rund CHF 5 Mio. Prämien wird in sich wie ein Kartenhaus zusammenfallen. Und um diesen Prämienausfall auszugleichen, wird logischerweise für alle Versicherten die reguläre Versicherungsprämie in die Höhe gehen.
- Die Konsequenzen sind: ein Geldfluss Richtung Schweiz, mehr Steuersubrat für die Kantone St. Gallen und Graubünden - wie generell für die Schweiz. Der heutige Geldfluss beziehungsweise -transfer - insbesondere im Spitalbereich - würde sich enorm erhöhen. Im Jahre 2016 sind gesamthaft allein in der OKP CHF 61 Mio., das sind 36% der OKP-Leistungen, in die Schweiz geflossen. Dazu kommen noch CHF 18 Mio. an Staatsbeiträgen, zusammen also CHF 80 Mio. Allein im ambulanten und stationären Spitalbereich zahlt Liechtenstein knapp CHF 49 Mio. an die Schweiz und auch bei den ambulanten Arztleistungen inklusive Labor und Medikamente immerhin CHF 5,5 Mio. Mehr dazu und vor allem, wie viel Geld nach Liechtenstein fliesst, werden wir hoffentlich spätestens bei der Beantwortung, die uns dann zugeschickt wird, meiner Kleinen Anfrage, die ich heute zum Thema «Geldflüsse im Gesundheitswesen von Liechtenstein in die Schweiz und umgekehrt» gestellt habe, erfahren.
Dann kommen wir zu einem ganz entscheidenden Thema: der Fakt der explizit vorliegenden Vorteile für die Schweizer Leistungserbringer im Bereich der Zuweisungsempfehlung von Schweizer Ärzten bei stationären Behandlungsnotwendigkeiten in die Spitallandschaft Schweiz. Ich zitiere hier nur kurz Stiftungsratspräsident Dr. Michael Ritter, der in einem Interview eine diesbezügliche Aussage gemacht hat, die deutlich in diese Richtung bereits verweist. Er sagt im «60Plus» bei einem Interview: «Bereits heute gehen 70% der Landesbeiträge an die Gesundheitsversorgung ins Ausland. Es ist kaum zu erklären, warum diese Leistungen nicht im eigenen Land - gleich gute oder bessere Qualität vorausgesetzt - erbracht werden sollen.» Dieser Export, dieser Ausverkauf der Leistungen, wird noch massiv verschärft. Liechtenstein gibt die Handlungsfähigkeit in der Gesundheitsversorgung preis. Liechtenstein leitet die Standortverlagerung des Gesundheitsmarktes - und dieser Markt wird in Zukunft bestehen, ist ein sicherer Markt, ist ein sichererer Markt als viele andere Märkte - und der Kompetenz nach St. Gallen, nach Graubünden und in die Schweiz im Allgemeinen ein.Es gibt für liechtensteinische Ärzte, die Nicht-OKP-Ärzte sind, und insbesondere für die junge, neue Arztgeneration bei Weitem keine gleich langen Spiesse dies- und jenseits des Rheins zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Die Ärzteabwanderung wie auch das Ansiedeln von Jungärzten in der benachbarten Schweiz mit all den weiteren Gesundheitsversorgungsproblematiken und volkswirtschaftlichen Einbussen ist die Folge. Dann möchte ich zur Stellungnahme des Liechtensteinischen Krankenkassenverbandes kommen. Der Krankenversicherungsverband wurde als einziger zur Stellungnahme durch die Regierung eingeladen und das ebenfalls in aller Eile und ohne dass der LKV eine tiefgründige und damit fundierte Stellungnahme zu diesem Abkommen abgeben konnte. Er sagte in seiner Stellungungnahme: «Die eher kurze Konsultationsfrist erlaubte es uns leider nicht, Ihnen eine umfassende Stellungnahme abzugeben», schrieb der LKV Mitte Juni 2017 an den Gesundheitsminister, Regierungsrat Mauro Pedrazzini. Doch spricht der LKV in seiner Stellungnahme klare, kritische Worte und stellt ernsthafte Defizite fest. Die Stellungnahme wurde am 14. Juni 2017 an das Gesundheitsministerium gerichtet. Die Regierung liess sich von diesen Defizithinweisen und kritischen Fakten des Abkommens - zum grossen Nachteil des Fürstentums Liechtenstein und gleichzeitigen Vorteil für die Schweiz, insbesondere St. Gallen und Graubünden - nicht sonderlich beeindrucken. Die Kritikpunkte bestätigen auch meine Ausführungen und die drei wichtigsten Vorwürfe der LKV lege ich hier dar: - Die vorliegende Vereinbarung hebelt das System der OKP plus teilweise oder wesentlich aus, und zwar nicht nur in den Kantonen St. Gallen und Graubünden, sondern in der ganzen Schweiz.
- In einem zweiten Punkt sagte der LKV: Das Abkommen schafft Anreize für Ärzte, sich im Rheintal und nicht in Liechtenstein niederzulassen. Ein Zitat als deutliches Beispiel: Beispielsweise könnte ein Arzt, welcher in Liechtenstein keinen OKP-Vertrag erhält, sich in Sevelen, St. Gallen, niederlassen und wäre dort - keine fünf Kilometer vom Zentrum Vaduz - als OKP-Arzt für Versicherte aus Liechtenstein zugänglich.
- Ein weiterer Punkt der Kritik. Leistungserbringer in Liechtenstein sind nicht automatisch zur OKP zugelassen, in der Schweiz dagegen herrscht grundsätzlich Vertragszwang, der durch einen allfälligen Zulassungsstopp zwar zeitlich befristet ausser Kraft gesetzt werden kann, aber im Endeffekt nur eine Verzögerung einer Zulassung bewirkt. Mit dem vorliegenden Abkommen werden Leistungserbringer aus Liechtenstein, die in Liechtenstein einer Bedarfsplanung unterliegen, schlechter behandelt. Sie werden diskriminiert.
Der LKV hätte gleich auf eine Stellungnahme verzichten können, denn das Abkommen wurde ohne Berücksichtigung der begründeten und besorgten Kritik des LKV am 21. August 2017 in Bern von der Fürstlichen Regierung und dem Bundesbern ja unterzeichnet, wie wir wissen.Nun: Dieses Abkommen ist für Liechtenstein nicht nur ein sehr unzureichendes und unbefriedigendes, es liegt auch völlig schräg in der derzeitigen Gesundheitspolitik der Gesundheitsversorgungsregion Liechtenstein-Schweiz. Das Gesundheitsministerium hätte die dringende Aufgabe, die Gesundheitsversorgungsregion im Parameter des Fürstentums Liechtenstein mit einem Landesspital und zwei Kliniken synergiereich aufzustellen. Im Zusammenhang mit den Nachtragskrediten - der erste ist mit CHF 2,5 Mio. gesprochen, zwei weitere mit CHF 1,5 und 0,5 Mio. an das Landesspital sind angekündigt, um die Liquidität zu erhalten - ist das Bestreben der Regierung - des Gesundheitsministers - vorhanden, die Fallzahlen beim Liechtensteinischen Landesspital 2020/2021 um einen Drittel zu erhöhen. Ich frage mich, wie verhält sich diese Strategie mit der Mengenausweitung und der damit einhergehenden indirekten Folge des Fallzahlentransfers in die Schweizer Spitäler. Das Abkommen sieht eine völlig einseitige Öffnung des ambulanten Marktes in der ganzen Schweiz vor, wobei umgekehrt die Schweiz bei massiven Restriktionen bleibt und nur die Versicherten der Kantone Graubünden und St. Gallen für den Liechtensteiner Markt zulässt und da nur zu denen mit OKP-Vertrag. Das ist prinzipiell ein Ungleichgewicht, grössen- und mengenmässig. Der Markt kann durchaus weiter geöffnet werden, allerdings nur mit Gegenrecht. Wenn Liechtenstein seinen Versicherten die ganze Schweiz öffnet, dann müssen auch allen Schweizer Versicherten alle Leistungserbringer in Liechtenstein zugänglich sein. Es müssen gleich lange Spiesse vorhanden sein. Zu den einzelnen Detailfragen komme ich später, wenn wir zum Gesetzestext, zum Abkommenstext, kommen. Ich kann diesem Abkommen nicht zustimmen, weil es die gleich langen Spiesse bei Weitem nicht garantiert und einhält. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Harry Quaderer
Danke, Herr Landtagspräsident. Ja, ich denke, die Meinungen sind schon seit Wochen gemacht. Also man kann jetzt etwas gut- oder schlechtreden. Ich hoffe, dass der Herr Gesundheitsminister sein Votum von heute Morgen nochmals wiederholt. Vielleicht wird das ein paar Leuten einleuchten, vielleicht auch nicht. Aber wenn es nicht einleuchten will, dann kann es nicht einleuchten. Mir hat am besten bis jetzt das Votum des Kollegen Ado Vogt gefallen. Er hat die wirtschaftliche Bedeutung, das Zusammenspiel mit der Schweiz wirklich dargestellt. Das wird Sie natürlich wundern. Ich werde jetzt nicht auch noch Pirouetten drehen und Gründe suchen, warum man dieses Abkommen ablehnen soll. Also es werden hier immer wieder die gleichen Argumente an den Haaren herbeigezogen. Noch eine Sache, da bin ich mir hundertprozentig sicher: Vom Herrn Abg. Mario Wohlwend werde ich mir also kein Menü kochen lassen und ich werde mir auch keine Bohrmaschine von ihm konstruieren lassen, weil das in einem Fiasko enden könnte. Eine Ablehnung dieses Abkommens, das sage ich jetzt deutsch und deutlich, ist ein Mittelfinger, gedeutet Richtung Bern, nichts anderes. Eine Ablehnung ist ein politisches Scharmützel, bei welchem wir unser kleines Land Liechtenstein gegenüber der Schweiz der Lächerlichkeit preisgeben. Also ich habe das Gefühl, wir leben hier im Grössenwahn. Vielleicht müssen wir wie Donald Trump sagen: Liechtenstein first. Bauen wir doch eine Mauer dem Rhein entlang, wir brauchen ja die Schweiz gar nicht mehr - wenn ich da gewisse Voten heute gehört habe -, gehen wir doch zurück zum Liechtensteiner Taler und Kreuzer, wir brauchen den Liechtensteiner Franken, das ist viel besser als der Schweizer Franken. Was ich aber am allermeisten höre von gewissen Voten und vor allem Voten und auch Leserbriefen von VU-Exponenten: Es wird wiederum ein Kniefall vor der Ärztekammer gemacht. Ja, wollen wir der Ärztekammer wieder ein tolles Weihnachtsgeschenk hiermit machen? Bitte nicht vergessen: Vor einem Jahr standen circa 40 Ärzte auf der Bühne im Schaaner SAL, welche mit einem Streik drohten. Ja, sie drohten mit einem Wegzug nach Russland, wenn man ihnen den OKP-Vertrag nicht nach ihrem Gusto versüsst. Jetzt befürchten wir noch, dass Ärzte von Liechtenstein in die Schweiz abwandern. Ich bekomme fast einen Lachkrampf, wenn ich solche Argumente höre. Vielleicht müsste man der VU-Fraktion in Erinnerung rufen, dass sie letztes Jahr mit dieser zwiespältigen Haltung, welche sie hinter dieser Ärztekammer gezeigt hat, vielleicht die Landtagswahlen verloren hat. Vielleicht ist das jetzt ein Rachefeldzug, ich weiss es nicht. Von meiner Seite aus kommt das sehr schlecht an. Ich glaube auch, wenn man sieht, wie die Ärztekammer im Hintergrund gewissen Leistungserbringern einen Maulkorb aufgesetzt hat, dann wissen wir ja, wie sie operieren. Ich mache auf jeden Fall keinen Kniefall vor der Ärztekammer. Dass die VU jetzt fraktionszwangmässig dieses Abkommen ablehnt, ja, das können Sie dann ihren Wählern erklären. Aber nur, wenn dieses Abkommen abgelehnt wird, dann wünsche ich mir, dass eine VU-Delegation - und vielleicht können Sie dann auch noch den Herrn Lageder mitnehmen, der kann dann mit dem Fahrrad und mit seiner berühmten Verhandlungspeitsche nach Bern fahren und dann kann er den Kollegen Bundesräten zeigen, wie man ein Abkommen aushandelt. Also ich finde diese Diskussion heute fast bizarr. Mir fehlen eigentlich fast noch die Worte. Ich bin ganz klar für dieses Abkommen. Alles andere wäre Unsinn. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Herbert Elkuch
Besten Dank für das Wort. Im Abkommen gewährt die Schweiz die Kostenübernahme durch die schweizerischen Krankenversicherer für Patienten aus dem Kanton St. Gallen und Graubünden, die bei uns durch nach liechtensteinischem Recht zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung zugelassene Leistungserbringer behandelt werden und in der Schweiz eine Pflichtleistung darstellen. Ähnlich dem Notenaustausch von 1938 beschränkt die Schweiz die länderübergreifende Gesundheitsversorgung auf das Grenzgebiet. Für Liechtenstein hingegen wird die Kostenübernahme durch liechtensteinische Krankenkassen auf die ganze Schweiz ausgeweitet. Diese Ungleichheit allein wird sich für die Wirtschaft in Liechtenstein jedoch nicht stark nachteilig auswirken, da die Gesundheitsversorgung vorwiegend im regionalen Bereich stattfindet. Dieser Ungleichheit könnte ich zustimmen. Sofern ich den Abkommenstext richtig interpretiere, sind Verkäufe für Laboranalysen und Medikamente, die von einer Versandhandelsapotheke in Liechtenstein durch Schweizer bezogen werden, erheblich eingeschränkt. Schweizerische Krankenversicherer bezahlen Lieferungen aus Liechtenstein nur dann, wenn sie von Leistungserbringern aus Liechtenstein verschrieben wurden und in der Schweiz eine Pflichtleistung darstellen. Ich habe Verständnis, dass die Schweiz keine Versorgung durch eine liechtensteinische Versandhandelsapotheke im grossen Umfang wünscht. Mit diesem Abkommen wird eine liechtensteinische Versandhandelsapotheke für die Lieferung von kassenpflichtigen Laboruntersuchungen und Medikamenten vom schweizerischen Markt jedoch praktisch abgeschottet. Umgekehrt ist die Regelung zwar genau gleich, aber aufgrund der unterschiedlichen Landesgrösse ist die Wirkung dieser Einschränkung sehr ungleich, zuungunsten von Liechtenstein. Eine schweizerische Versandhandelsapotheke verfügt über rund acht Millionen, eine liechtensteinische nur über rund 40'000 potenzielle Kunden für kassenpflichtige Lieferungen. Dazu Fragen an die Regierung: Welcher Stellenwert wurde im Zusammenhang mit dieser Liefereinschränkung in die Schweiz dem gemeinsamen Wirtschaftsgebiet Schweiz-Liechtenstein beigemessen, in Anbetracht, dass Liechtenstein für circa CHF 60 Mio. oder noch mehr Gesundheitsleistungen in der Schweiz einkauft? Wie sind vergleichsweise die Liefermöglichkeiten in den EU-Raum? Interessieren würde mich auch eine Stellungnahme vom Wirtschaftsminister, der sich die Digitalisierung und somit auch den Online-Handel auf die Fahne geschrieben hat und jetzt sowohl eine Schwächung der Wirtschaft als auch eine Einschränkung im Online-Handel, wenn das übernommen wird, akzeptieren muss. Dies auch in Anbetracht, dass seinem Ressort die Post unterstellt ist und diese ein Logistikzentrum mit einer Lagerinfrastruktur unterhält und Versandaufträge für den Online-Handel ausführen kann. Die Arztrechnungen sind in Liechtenstein, im Kanton St. Gallen und Graubünden und Appenzell für die gleiche Behandlung auf den Rappen gleich, also kein Spareffekt, kein kostensenkender Wettbewerbseffekt. Mit Zugang zu allen Ärzten in der Schweiz ist mit höherem Export der Wertschöpfung aus Krankenkassenprämien zu rechnen. Wenn unsere Leistungserbringer den Ausgleich mit der Behandlung von schweizerischen Patienten nicht schaffen, entsteht ein volkswirtschaftlicher Schaden, weil mehr Prämiengelder in die Schweiz fliessen als umgekehrt. Wie sieht dies die Regierung? Es wurde gross verkündet: Mit diesem Abkommen bekommt Liechtenstein einen freien und uneingeschränkten Zugang zum schweizerischen Gesundheitsmarkt - eine unglaubliche Freiheit für alle Versicherten. Mit dieser Aussage ist das Ziel des Abkommens total falsch formuliert. Für diese «unglaubliche Freiheit» brauchen wir dieses Abkommen sicher nicht. Wenn der Landtag, ohne die Schweiz zu involvieren, beschliessen würde, ab sofort übernehmen die liechtensteinischen Krankenkassen alle Leistungen, die zugelassene Leistungserbringer in der Schweiz für Liechtensteiner erbringen, wird die Schweiz dies mit Freude zur Kenntnis nehmen. Denn dadurch werden die schweizerischen Exporte erhöht, ihre Wirtschaft gestärkt, ohne dass die Schweiz Anstrengungen für eine Ankurbelung der Exportwirtschaft unternehmen muss. Das Abkommen verfolgt ein ganz anderes Ziel. Der Gesundheitsminister ist nach Bern gepilgert, um - wie es im Bericht und Antrag der Regierung heisst - «die historisch gewachsene, gemeinsame regionale Gesundheitsversorgung wieder in den Vordergrund zu stellen». Im Klartext, um die von einer früheren Regierung für den EWR geopferte gemeinsame Gesundheitsversorgung wiederherzustellen. Nun ist er mit einem Abkommen aus Bern zurückgekommen, das für die Schweiz den Zustand von 2004 oder vor 2004 wiederherstellt, ja sogar das 1938 fixierte Grenzgebiet für freie Arztwahl noch auf die ganze Schweiz ausdehnt. Als Gegenleistung übernehmen die schweizerischen Krankenversicherer eine erweiterte Kostenübernahme, ähnlich wie sie vor dem Jahr 2015 war. Erfreulich ist das für Chiropraktiker, Logopäden, Psychotherapeuten und Apotheker. Man muss aber auch erkennen: Die strikte Begrenzung auf weniger als hundert Leistungserbringer wird auf mehrere Tausend erhöht. Mit der Übernahme des Abkommens ist die Bedarfsplanung weitgehend ausgehebelt. Die Ausweitung der Gesundheitsversorgung auf die Schweiz bleibt jedoch auf Leistungserbringer mit OKP-Zulassung beschränkt. Dadurch geniessen Versicherte aus Liechtenstein in der Schweiz eine Wahlfreiheit, welche ihnen im Inland, wo sie ihre Krankenkassenprämie bezahlen, verwehrt bleibt. Gemäss Abkommen müssen Liechtensteiner und Schweizer mit Grundversicherung die Rechnungen von liechtensteinischen Ärzten ohne OKP-Zulassung selber bezahlen. Wenn aber diese Ärzte ihre Praxis über den Rhein verlegen, dann bezahlen sowohl die liechtensteinischen als auch die schweizerischen Krankenkassen. Mit jeder Verlegung einer Praxis in die Schweiz gehen bei uns Steuereinnahmen, Arbeitsplätze, Infrastruktur, Wissen und Ausbildungsplätze, auch Investitionen - über die Jahre Millionen Franken - verloren. Verloren gehen auch Zuweiser für unsere Spitäler. Insgesamt ein Abbau der Gesundheitsversorgung und damit nebenbei auch ein Rückgang der Attraktivität, Berufe im Gesundheitswesen zu erlernen. Der Wirtschaftszweig Gesundheit sorgt auch im Gewerbe für Aufträge, etwa für die Erstellung und Erhaltung der Infrastruktur, sowie im Dienstleistungssektor, zum Beispiel buchhalterische Auftragsvergaben, und ist auch Kunde bei den Staatsbetrieben wie LKW und Telecom. Aufgrund der tiefen Besteuerung und der stabilen politischen Verhältnisse ist Liechtenstein ein attraktiver Standort auch für grenzüberschreitende Leistungen im krisenfesten Gesundheitsbereich. Dieses Potenzial sollte genutzt werden, bevor die Nachfrage versiegt. Im Bestreben, die liechtensteinische Wirtschaft mit krisenfesten Branchen zu stärken, sollte alles unternommen werden, dass bereits ansässige Betriebe nicht überlegen, über den Rhein zu ziehen, wo sie herzlichst willkommen sind. Ein Ausbau dieses Wirtschaftszweiges wird durch das Abkommen nicht begünstigt, ja eher verhindert. Es gibt natürlich auch Argumente gegen den Ausbau, mit der Begründung, wenn der Wirtschaftsstandort in Liechtenstein Dienstleistungen für Gesundheit ausbaut, werden diese Angebote auch von einheimischen Kunden vermehrt genutzt und treiben die Krankenkassenprämie in die Höhe. Das ist nachvollziehbar, dem kann aber entgegengewirkt werden, dann kann innenpolitisch Gegensteuer gegeben werden. Aktuell wird hauptsächlich versucht, mit dem Angebot die Nachfrage zu regulieren. Mit dem Abkommen ist die bestehende Regulierung der Mengenausweitung durch Einschränkung von kassenzugelassenen Ärzten weitgehend ausser Funktion. Die Umkehrung, das Angebot durch die Nachfrage zu steuern, ist die Alternative. Der erste Schritt dazu wurde bereits gemacht, die Selbstbehalte wurden massiv erhöht. Die Bevölkerung hat diesem System der Mengenregulierung mehrheitlich zugestimmt. Im Weiteren wurde eine bessere Transparenz durch Zustellung der Rechnungskopie und durch die Einführung des Tarmeds erreicht. Gegenwärtig bezahlen Tausende Versicherte CHF 480 pro Jahr für die freie Arztwahl im Fürstentum Liechtenstein und der Schweiz. Mit dem Abkommen wird dieser Zusatz nur noch für Ärzte in Liechtenstein ohne OKP-Bewilligung gebraucht. Diejenigen, die OKP plus für eine freie Arztwahl in der Schweiz einbezahlten, sind die grossen Gewinner, sie sparen, wenn das Abkommen übernommen wird, die Prämie für freie Arztwahl. OKP-plus-Kündigungen sind wahrscheinlich, fehlende Einnahmen lösen bei den meisten Versicherten Prämiensteigerungen aus. Der freie Zugang zu allen zugelassenen Leistungserbringern ist also nicht gratis. Verlierer sind respektive zur Kasse gebeten werden drei Viertel der Versicherten, sie müssen die entgangenen Einnahmen ersetzen. Ich bitte die Regierung um eine Auskunft zu einer möglichen Prämiensteigerung, wenn beispielsweise die Hälfte der OKP-plus-Verträge gekündigt wird. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Manfred Kaufmann
Besten Dank für das Wort. Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete. Das vorliegende Abkommen zwischen Liechtenstein und der Schweiz betreffend die gegenseitige Übernahme der Kosten für ambulante Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung wurde am 21. August 2017 unterzeichnet. Als ich mich anfangs mit dem Abkommen befasst hatte, überwogen für mich knapp die Vorteile, da mir persönlich wichtig war, dass die Patienten bessergestellt werden, indem sie beispielsweise bei einem dringenden Arztbesuch nicht auf einen Termin warten müssen und rasch ein anderer Arzt, auch in der Schweiz, aufgesucht werden kann. Auch war ich der Meinung, dass das Abkommen einen positiven Effekt auf die Prämien haben werde. Je mehr Stellungnahmen eintrafen und je tiefer ich mich mit dem Abkommen und dessen Auswirkungen befasst hatte und auch je mehr ich mit Bürgern sprach, welche keinen Bezug zum Gesundheitswesen haben, desto mehr musste ich mich von meiner ursprünglichen Meinung lösen, sodass die nachfolgenden Nachteile für mich überwogen: - Derzeit gibt es in Liechtenstein bekanntlich die OKP plus-Zusatzversicherung, welche pro Jahr CHF 480, sprich CHF 40 pro Monat, kostet. Diese ermöglicht den Personen grenzüberschreitend auch Ärzte im Ausland aufzusuchen. Von den insgesamt 39'444 Versicherten haben 10'085 Versicherte diese OKP plus abgeschlossen, also 26%. Diese 26% würden grösstenteils durch das Abkommen ihre OKP-Zusatzversicherung auflösen, da nun das Aufsuchen der Ärzte in der Schweiz sowieso möglich sein wird. Ich auf jeden Fall würde diese auch kündigen. Wenn nun diese 26% wegbrechen
und die Kosten gleich bleiben, dann kann dies zu Prämienerhöhungen der Grundversicherung führen, was ich keinesfalls befürworte.
- Durch das Aufsuchen der Patienten von Ärzten in der Schweiz geht dem Land Liechtenstein Steuersubstrat verloren, was sich folglich negativ auf die Staatsfinanzen auswirken wird. Dass nämlich umgekehrt die Schweizer Bürger Ärzte in Liechtenstein aufsuchen werden, davon gehe ich eher weniger aus.
- Auch besteht eine Ungleichbehandlung der Leistungserbringer beider Länder, da in der Schweiz aufgrund des dort herrschenden Vertragszwanges fast alle ambulanten Leistungserbringer zur OKP zugelassen sind, in Liechtenstein für bestimmte Leistungserbringergruppen aber eine Bedarfsplanung gilt.
- Ebenfalls besteht die Möglichkeit und somit der Nachteil für Liechtenstein, dass Anreize für Ärzte geschaffen werden, sich im Rheintal anstatt in Liechtenstein niederzulassen.
Negativ ist mir beim Lesen des Berichts und Antrags aufgefallen, dass keine Vernehmlassung stattfand. Ich denke, dass trotz der geltenden Praxis die relevanten Verbände wie Ärztekammer, Krankenkassenverband, Apothekerverein, Physiotherapeuten, Chiropraktiker, Patientenorganisation etc. bei einem solch wichtigen Vertrag, welcher sie unmittelbar betrifft, auch ein Mitspracherecht gehabt hätten. Zu wie vielen Stellungnahmen es ja im Nachhinein geführt hat, haben wir alle schlussendlich gesehen. Hier erhoffe ich mir in Zukunft, dass dies bei derart wichtigen Abkommen gemacht wird. Auch möchte ich erwähnen, dass die VU eine klare Haltung hat, entgegen den Aussagen des Abg. Jürgen Beck betreffend «Drückeberger». Wir hatten von Anfang an eine klare Haltung und haben dies auch von Anfang an auch offen kommuniziert. Wir haben uns vor der Entscheidung nicht gedrückt. Nochmals: Eine Absetzung des Traktandums wäre die bessere Alternative gewesen als eine Ablehnung des Abkommens.Auch möchte ich persönlich erwähnen, dass der Prämienzahler im Vordergrund steht und nicht die Leistungserbringer. Vor niemandem wird ein Kniefall gemacht, entgegen den Aussagen des Abg. Quaderer. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Ja, der Grundsatz im Gesundheitswesen betreffend die Berechnung der Kosten lautet ja: Menge mal Preis gleich Kosten. Die Preise haben wir relativ im Griff dank der Festlegung des Taxpunktwertes und der Einführung des Tarmeds. Und nun geht es um die Menge, und die Menge hat bei diesem Abkommen eben eine zentrale Komponente. Wenn man argumentiert, wir hätten wieder einmal eine heillose Uneinigkeit im Gesundheitswesen: Das liegt halt in der Natur der Sache. Es hat zu viele Player in diesem Spiel, die ganz unterschiedliche Interessen verfolgen. Und ich kann gerade an meinen Vorredner anschliessen. Ich versuche auch, primär die Interessen der Prämienzahler zu vertreten und keine andere Interessen. Dass wir im Gesundheitswesen gut unterwegs sind, das zeigen die Zahlen der ersten neun Monate des Jahres 2017. Total Kostenentwicklung: minus 3,6%; bei den Ärzten: minus 5,7%; Spital ambulant: plus/minus 0%; Labor/Ärzte: minus 3,1%. Einfach, das kann ich Ihnen sagen, alle Vergleichszahlen in der Schweiz sehen schlechter aus als bei uns. Jetzt kann man schon argumentieren, das sind nur neun Monate. Das mag sein, aber zumindest scheint doch der eingeschlagene Weg sehr gut zu sein. Dann zu den freien Märkten, die hier erwähnt wurden: Da bin ich einfach der Überzeugung, dass freie Märkte im Gesundheitswesen eben anderen Philosophien unterliegen als ein normaler freier Markt. Hier kommen wir zum Begriff angebotsinduzierte Nachfrage: Im Gesundheitsmarkt kann man eben die Nachfrage steuern. Das ist nun einmal so. Wenn Sie um 9 Uhr zum Bäcker gehen und ein Brötchen kaufen und der Bäcker will Ihnen zwei Brötchen geben, werden Sie zum Bäcker sagen, ich brauche nur eins, ich habe nicht mehr Hunger. Anders sieht es eben im Gesundheitswesen aus. Da sind wir Laien. Und da wird Ihnen der Leistungserbringer sagen, mitunter muss noch das oder dies gemacht werden. Und das führt dann eben zu dieser angebotsinduzierten Nachfrage und auch zur vielfach zitierten Mengenausweitung. Und wie gesagt: Menge mal Preis gleich Kosten. Und diese Kosten muss am Ende des Tages jemand bezahlen. Deshalb habe ich Probleme mit der freien Marktwirtschaft im Bereich des Gesundheitswesens. Denn das kommt nicht gut heraus für die Prämienzahler. Dann vielleicht zuerst zur Stellungnahme des LKV: Grundsätzlich finde ich es auch unglücklich, dass nur der LKV eine Stellungnahme abgeben konnte. Aber wir haben es ja auch bereits vernommen. Wir haben so viele Stellungnahmen in der Zwischenzeit erhalten. Ich denke mir, alle die uns etwas schicken wollten, die haben es uns auch geschickt. Und betreffend diese Stellungnahme des LKV muss ich einfach einmal eines festhalten: Der LKV sagt ganz grundsätzlich: «Grundsätzlich wird das vorliegende Abkommen begrüsst.» Das wurde jetzt nämlich immer wieder in den Zeitungen auch, von mir aus gesehen, falsch dargelegt. Der LKV begrüsst dieses Abkommen. Ich staune zwar ein wenig, denn wenn ich dann die weiteren Argumente lese, da sehe ich sehr viele berechtigte Kritikpunkte. Aber Tatsache ist, in der Summe hat der LKV dieses Abkommen begrüsst. Dann zu der Stellungnahme der Ärztekammer, die uns zugestellt wurde: Da möchte ich drei Punkte erwähnen, die wurden jetzt auch bereits mehrmals schon ausgeführt. Der Punkt Bedarfsplanung: Da frage ich mich halt schon auch und diese Frage möchte ich ebenfalls an die Regierung stellen. Im Inland brauchen wir eine Bedarfsplanung. Wir haben Angst, dass man 50 Ärzten keine OKP-Zulassung geben kann, da diese dann zusätzliche Leistungen abrechnen würden. Nun möchten wir aber den Markt öffnen. Und der Markt ist eben nicht sehr gross. Die Distanz zwischen Balzers und Trübbach ist eben kleiner als Balzers nach Vaduz. Und so können Sie jede Grenzgemeinde beziehungsweise jede Grenzstadt aufzählen: Buchs, Schaan, Haag, Bendern, Gamprin. Überall haben wir sehr, sehr kurze Distanzen. Und da frage ich mich schon. Im Inland sagen wir, wir dürfen nicht öffnen, wir haben Angst vor diesen zusätzlichen 50 Ärzten, die keine OKP-Zulassung haben, aber grenzüberschreitend würden wir den Markt öffnen. Und dann kommt die Ärztekammer eben auch zum Punkt Mengenausweitung. Und da frage ich mich auch: Ist nicht eine massive Mengenausweitung zu befürchten? Wie gesagt, der Markt ist sehr klein. Auch in den Ausführungen des Gesundheitsministers, die er uns zugestellt hat, sagt er selbst, gerade im Grenzgebiet ist keine Überversorgung vorhanden. Also wenn keine Überversorgung vorhanden ist, könnte es dann durchaus passieren, dass eben Ärzte über den Rhein gehen und dann ihre Leistungen, ich sage jetzt einmal, von Sevelen aus anbieten. Und da frage ich mich schon, droht hier nicht eine Mengenausweitung? Und wenn keine Mengenausweitung drohen würde, dann frage ich mich: Wieso können wir dann die Bedarfsplanung im Inland nicht eliminieren? Für eine solche Aktion bin ich übrigens dann gar nicht zu haben. Aber das wäre dann einfach der Umkehrschluss. Der dritte Punkt, welcher die Ärztekammer erwähnt, ist diese OKP-plus-Versicherung. Und das wurde jetzt auch bereits mehrmals erwähnt. Das dürfte effektiv so sein. Heute haben wir einen Viertel aller Prämienzahler, der bereit ist, jährlich CHF 480 zu bezahlen. Ich persönlich gehe davon aus, wenn wir diese Öffnung vollziehen, sprich diesem Abkommen die Zustimmung erteilen, dann wird, ich sage jetzt einmal, die Hälfte auf diese OKP-plus-Versicherung verzichten. Wir wissen, das sind 3% an Prämiengeldern. Wenn die Hälfte darauf verzichtet, dann steigen die Prämien um 1,5%. Und da habe ich mehr als Bauchweh. Und ich finde dieses Signal schon auch nicht gut, dass wir hier nun mitunter gegenüber der Schweiz aussenden. Aber wie gesagt, ich muss primär für die Prämienzahler in Liechtenstein schauen, dass sie gut über die Runden kommen. Dann: Wie verteilen sich die Kosten in unserem Gesundheitswesen? Da gibt es ja das schöne Kuchendiagramm, das wir jährlich im Juni-Landtag debattieren dürfen. Da sehen Sie eben, dass etwa 34% der Kosten Ärzte inklusive Medikamente sind. Und da droht eine Mengenausweitung nach meinem Dafürhalten. Positiv wäre es etwa für 19% der Kosten, sprich Apotheken, Physiotherapeuten, übrige Leistungserbringer. Da hätte es durchaus einen positiven Effekt. Aber mir hat einmal ein Spezialist im Gesundheitswesen eben auch gesagt: Gerade die Ärzte haben eine ganz zentrale Funktion in unserem Gesundheitswesen. Sie können eben sehr viele Leistungen steuern. Und das sehen wir jetzt auch. Anscheinend hat es hier Druckversuche gegeben im Land und da sehen wir genau, dass diese Steuerfunktion durchaus gegeben ist. Denn Sie wissen alle hier drinnen: Ich mache sicherlich keinen Kniefall vor der Ärztekammer. Aber im Endeffekt muss ich mich vor den Prämienzahler stellen. Und ich befürchte eine Mengenausweitung. Und da bin ich jetzt doch gespannt, wie die Regierung das argumentativ vermitteln will. Wieso soll es keine Mengenausweitung mit diesem Abkommen geben? Wie gesagt, wenn wir schon vor Sevelen, Buchs, Trübbach keine Angst haben, wieso haben wir dann vor den 50 Ärzten im Inland, die keine OKP-Zulassung haben, anscheinend Angst? Das geht argumentativ einfach nicht auf, das kann ich mir nicht erklären. Aber ich bin der Regierung dankbar, wenn sie mir hier die nötigen Argumente liefert, um mitunter dieses Abkommen zu unterstützen.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Mario Wohlwend
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Landtagsabgeordnete, geschätzte Mitglieder der Fürstlichen Regierung. Heute Morgen wurde uns vorgeworfen, dass das Verhalten der Vaterländischen Union gröbst fahrlässig ist. Wer in diesem Hohen Haus glaubt jetzt noch ernsthaft, dass diese Diskussion der Beziehung zur Schweiz weniger schadet als die Verschiebung des Abkommens, bis die internen Hausaufgaben erledigt sind? Ich zumindest muss sagen, fahrlässig war es, diese Abstimmung nicht zu verschieben. Bewusst hat man die eigenen Befindlichkeiten über das Wohl des Landes und deren Bürger gestellt und unnötige Diskussionen vom Zaun gerissen. Da uns die FBP heute schon zur Stellungnahme aufgefordert hat, sollte der Fraktionssprecher Oehry Daniel dies auch noch tun. Er scheint sich nicht zu melden - und das, obwohl er sich im Radio deutlich kritisch gezeigt hat. Dies unter dem Motto «Drückeberger». Meine Haltung bezüglich des Abkommens mit der Schweiz ist nach wie vor kerzengerade wie der Gampriner Weihnachtsbaum und der Ruggeller Kirchturm. Ich lehne das vorliegende Abkommen ab und hoffe, im Landtag eine Mehrheit zu finden. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Jürgen Beck
Danke, Herr Präsident. Keine Angst, ich habe zwar sehr viele Notizen gemacht, aber ich glaube auch, dass das Wesentliche gesagt ist. Das vorangegangene Votum hat mich jedoch doch ein wenig erstaunt. Ja, ich glaube, Sie haben behauptet, ich bin mir nicht mehr sicher, ich hätte dem Wort Drückeberger eine neue Bedeutung gegeben, und Sie haben das mit «nicht gleicher Meinung» betitelt. Also da möchte ich mich dann schon dagegen verwahren. «Drückeberger» habe ich so verstanden, dass man die Diskussion nicht führen wollte und dass man dieses Traktandum nicht behandeln wollte. Ich finde das verantwortungslos nach wie vor. Wir haben diese Diskussion geführt. Und ich bedanke mich bei Ihnen, dass Sie sich so rege an dieser Diskussion beteiligt haben. Das ist genau das, was ich unter Verantwortung verstehe. Die Abg. Gunilla Kranz hat das eigentlich sehr eindrücklich in Ihrem Votum auch gesagt, worum es geht. Es geht darum, das Zünglein an der Waage zu sein, auch wenn es manchmal unangenehm ist. Aber das spielt an und für sich keine Rolle. Nur noch kurz, dann lasse ich es sein. Zum Abg. Wendelin Lampert: Ja, auch ich schaue auf den Prämienzahler, ob Sie es nun glauben oder nicht. Für mich ist dieses Abkommen ein gutes Abkommen, weil eben genau, wie es schon in manchen Voten erwähnt wurde, dass der Markt für den Liechtensteiner geöffnet wird. Also ich bin der Meinung - man kann da anderer Meinung sein -, dass es keine Mengenausweitung gibt. Das kann uns dann der Gesundheitsminister sicher genau erklären. Ich bin auch gespannt auf seine Beantwortung der zahlreich an ihn gestellten Fragen. Aber für mich ist dieses Abkommen ein gutes Abkommen für den liechtensteinischen Prämienzahler, weil er Zugang zum schweizerischen Markt hat. Und wenn man nun sagt, es seien nicht die gleich langen Spiesse. Ja, das kann man so haben. Ich habe sowieso nicht viel übrig für die Spiessdebatte. Ich denke, wenn wir die Möglichkeit haben, den ganzen Schweizer Markt zu nützen, dann macht es mir relativ wenig aus, wenn die umgekehrte Richtung nur auf zwei Kantone beschränkt ist. Damit habe ich überhaupt kein Problem. Ich lasse es damit. Sie haben es aus meinem Votum gehört. Ich habe keine neuen Argumente gehört, die mich dazu veranlassen würden, diesem Abkommen nicht zuzustimmen. Und ich hoffe, dass sich eine Mehrheit finden lässt. Ich denke, genau das würde unserem Land schaden, und nicht, wie der Abg. Wohlwend gesagt hat, dass diese Diskussion unserem Land schaden wird. Um Gottes Willen, wir dürfen nicht einmal mehr diskutieren über ein so wichtiges Thema. Das kann es ja wirklich nicht sein. Vielen Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Stv. Abg. Peter Wachter
Danke, Herr Präsident. Ich habe jetzt im Rahmen dieser Diskussion immer wieder Sätze gehört: Ich glaube ... Oder: Vielleicht geschieht das oder jenes nicht. Oder: Ich kann mir nicht vorstellen ... Ich denke, für einen wichtigen Entscheid ist mir das zu wenig. Das sind Sätze, die man eigentlich vor einem Blindflug sagt. Für mich ist das ein veritabler Blindflug. Man sagt, es gibt Vorteile für die einen - vielleicht. Man sagt, es gibt Nachteile für die andern - vielleicht. Ich glaube, die Abgeordneten Elkuch und Kaiser haben mehr oder weniger versucht, die Konsequenzen aufzuzählen. Für mich ist eines klar - mit grosser Sicherheit kann ich es nicht sagen, weil auch der Bericht und Antrag mich nicht viel gescheiter gemacht hat: Ich denke, die Prämien werden steigen; ich denke, die Bedarfsplanung wird überflüssig; ich denke, die Folgen für die Volkswirtschaft sind eher negativ, obwohl wir vor Jahren noch über den Gesundheitsmarkt als wichtigen Wirtschaftszweig gesprochen haben bei uns; und zwei oder drei Nachteile mehr, sie wurden aufgezählt. Und ich muss ehrlich sagen, weil ich das nicht genau weiss und ich auch aus dem Bericht und Antrag nicht mehr Erkenntnisse gezogen habe, ist es für mich eine Aufforderung, die Katze im Sack zu kaufen. Und das werde ich nicht tun. Vielen Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Ich möchte mich auch noch kurz äussern. Ich habe verschiedene Stimmen gehört oder verschiedene Argumente, die mich schon etwas nachdenklich stimmen. Fürs Erste möchte ich darauf hinweisen, dass die Aussenpolitische Kommission empfohlen hat, und zwar mit 4 zu 1 Stimmen, diesem Abkommen zuzustimmen. Mancher Gesinnungswandel ist hier für mich nicht nachvollziehbar. Dann möchte ich schon auch zugeben, dass ich viele Argumente gehört habe, die nicht von der Hand zu weisen sind. Aber einige einige Argumente treiben mir beinahe die Tränen in die Augen und zeigen mir einmal mehr die Macht von Lobbyisten und Journalisten in diesem Lande. Da wird zum Beispiel gesagt, dass befürchtet wird, dass liechtensteinische Ärzte mit OKP-Zulassung in die Schweiz abwandern werden. So etwas ist ja wirklich an den Haaren herbeigezogen. Das haben wir vor einem Jahr schon zu hören bekommen. Wie viele Ärzte sind denn in der Zwischenzeit abgewandert? Ich kann Ihnen garantieren: Auch nicht ein halber Arzt wird abwandern. Und wenn es einer tun sollte - spätestens nach seiner ersten Steuerrechnung wird er in Höchstgeschwindigkeit zurückkehren, wenn wir ihn dann noch wollen. Dann habe ich gehört, dass die Bedarfsplanung ausgehebelt wird. Ja, genau diese Lobbyisten, die das einzureden versuchen, die verlangen im gleichen Atemzug, dass sämtliche Ärzte im Lande, die jetzt keine OKP-Zulassung haben, per sofort eine bekommen sollen. Das ist die De-facto-Aushebelung der Bedarfsplanung. Das scheint mir nicht sehr glaubwürdig zu sein. Was mich immer wieder von Neuem erstaunt: Mit welcher Leichtigkeit hier von gleich langen Spiessen mit der Schweiz gesprochen wird beziehungsweise welche Bedenken hier angebracht werden, dass wir nicht gleich lange Spiesse haben. Diese Undankbarkeit gegenüber der Schweiz, die ich in diesem Hohen Hause immer wieder vernehmen muss, die erstaunt mich schon. Ja, wem haben wir denn unseren Wohlstand zu verdanken, wenn nicht der Schweiz. Wir alle können uns jederzeit in der Schweiz niederlassen. Kann sich denn der Schweizer in Liechtenstein niederlassen? Ja, wenn die Schweiz auf allen Gebieten auf gleich lange Spiesse mit uns bestehen würde, gnade Gott, kann ich nur sagen. Ich hoffe, dass wir diese Diskussion nicht noch weiterführen. Und glauben Sie mir: Wer in der Schweiz aus dem Kanton Nidwalden oder Solothurn oder Basel würde dann zu einem Liechtensteiner Arzt kommen, wenn das über St. Gallen oder über Graubünden hinaus ausgeweitet würde? Ja, schon kein einziger Patient. Das können Sie mir glauben. Das sind wirklich Argumente, die an den Haaren herbeigezogen werden.Ich bin offen für gute Argumente, aber solche Argumente kann ich nun wirklich nicht nachvolllziehen. Welcher Walliser würde in Liechtenstein den Arzt aufsuchen. Ja, und dann heisst es, habe ich auch gehört, dass man befürchten muss, dass Ärzte, die jetzt eben bei uns im Land keine OKP-Zulassung haben, ihre Praxis in die Schweiz verlegen. Ja, glauben Sie denn, dass das so einfach ist? So einfach ist das nicht, die müssen eine Bewilligung des Kantons St. Gallen haben. Die bekommen sie nicht, die bekommen sie nur, wenn Bedarf gegeben ist. Und müssen wir uns denn wirklich Sorgen machen um diese OKP- oder nicht OKP-zugelassenen Ärzte im Land? Die tun das auf eigene Verantwortung. Das ist doch genau der Sinn der Bedarfsplanung. Wir sind im Gegensatz zur Schweiz EWR-Mitglied. Und wir müssen eben jeden ins Land lassen, der eine Praxis eröffnen will. Die Schweiz muss das nicht, die haben diese Möglichkeit. Die geben einfach keine Bewilligungen. Damit ist das Thema erledigt. Darum haben wir die Bedarfsplanung eingeführt und darum müssen wir daran festhalten. Und gerade letzten Sonntag konnte man in der Zeitung von der Neueröffnung einer Praxis lesen. Das können wir nicht verhindern, aber es entspricht nicht unserer Bedarfsplanung. Diese Personen machen das auf eigenes Risiko hin. Darum müssen wir uns nicht sorgen, das ist ihr eigenes Risiko. Natürlich haben wir eine Mengenausweitung im Land. Wir haben zu viele Ärzte - das ist keine Frage. Das einzige, was wir tun können, ist, diese Bedarfsplanung beizubehalten. Aber machen wir uns doch nicht zu viel Sorge um diese Ärzte, die keine OKP-Zulassung haben. Nochmals: Die tun das auf eigenes Risiko. Wir können das nicht verhindern. Und sehr zynisch habe ich die Aussage empfunden, dass einem die Berufsgruppen leidtun müssen, die jetzt leider nicht profitieren können, weil man dieses Abkommen ablehnen muss. Man muss es ja nicht ablehnen, man kann es ja annehmen. Mir tun diese Berufsgruppen auch leid, aber aus einem anderen Grund, nämlich aus dem Grunde, dass sie massiv unter Druck gesetzt werden, sich still zu verhalten, um nicht von Erpressung zu reden. Also summa summarum kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier in manchen Voten auch sehr viel politisches Kalkül steckt und weniger Sorge um unser Gesundheitswesen. Damit gebe ich die Diskussion weiter an den Herrn Abg. Johannes Kaiser. Abg. Johannes Kaiser
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren. Ja, Ihre Ausführungen sind jetzt ganz speziell. Sie massen sich an, dass viele Argumente an den Haaren herbeigezogen wurden. Sie haben eigentlich wenig gesagt über wirkliche Argumente des Steuersubstrattransfers, den volkswirtschaftliche Nutzen, die Mengenausweitung allgemein, effektiv die Aushebelung der Bedarfsplanung. Da hätte ich mir schon gewünscht, wenn Sie schon dermassen Stellung nehmen und verschiedene Argumente so in die Ecke stellen und verharmlosen, dann müssen Sie schon auf die wesentlichen Argumente eingehen, Sie als Herr Landtagspräsident. Sie sprechen auch allgemein von Lobbyisten, Journalisten. Wenn die Regierung die Stellungnahmen eingeholt hätte bei den Verbänden, Institutionen, verschiedene, und diese dann in den Bericht und Antrag eingearbeitet hätte mit den Vor- und Nachteilen, dann wäre auch nicht so viel Papier herumgeflattert bis kurz vor der Landtagssitzung. Eigentlich müssten Sie das der Regierung mitteilen, dass sie künftig bei solchen Sachen im Vorfeld diese Meinungen einholen, verwerten, bewerten und dies auch im Bericht und Antrag zum Ausdruck bringen. Nein, wir müssen uns betreffend Nicht-OKP-Ärzten nicht unbedingt Gedanken machen. Aber es liegt doch auf der Hand, wenn die OKP plus gekündigt wird. Und ich werde diese auch gleich künden, wenn jetzt das so wäre, nicht nur der Herr Abg. Manfred Kaufmann, und es werden auch viele andere machen. Dann: Wer kann denn noch zu diesen Nicht-OKP-Ärzten gehen? Die werden ja gezwungen, auf der Schweizer Seite ein, zwei, drei, vier Kilometer weiter über dem Rhein eine Praxis zu eröffnen. Lieber zahle ich ein bisschen mehr Steuern, habe dafür mehr Kundenklientel, als ich hier sitze, weniger Steuer zahlen muss und keine Klientel und keine Kunden habe. Zudem zahlen die ja Steuern. Also ich verstehe Ihre Argumentation überhaupt nicht. Und zudem wachsen auch junge Ärzte heran, es wachsen auch andere heran. Diesen wird das auch verwehrt. Also bitte, wenn Sie Argumente anschauen und bewerten, dann auch andere Argumente, die Sie gut finden, die Sie bestätigen können und die Sie ernsthaft auch beurteilen.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Stv. Abg. Helen Konzett
Danke, Herr Präsident. Nur ganz kurz: Ich habe der Debatte jetzt sehr genau zugehört. Etwas bleibt, und zwar ist das die Unsicherheit in Bezug auf die Prämienentwicklung. Sie können diskutieren, glauben, pro oder kontra. Aber die Unsicherheit für die Versicherten: Was passiert mit der Annahme des Abkommens? Ob es zu einer Mengenausweitung kommt, die dann verbunden ist mit Prämienerhöhungen, das ist wirklich eine grosse Befürchtung, die ich habe. Die Prämien werden steigen. Und alle erklärten Befürworter unter Ihnen, Sie alle haben sich zwar, wie Sie sagen, vor die Versicherten gestellt und argumentiert mit dem aus Sicht der Versicherten verbesserten, positiven, stark vergrösserten Angebot in die Schweiz hinein. Aber was ist denn mit der Unsicherheit in Bezug auf die Prämienentwicklung? Also ich sehe es persönlich als meine ureigenste Aufgabe an, zu schauen, dass die Prämien nicht weiter steigen. Was in den letzten Jahren auch mit den Prämien passiert ist und wie viele Menschen dadurch unter Druck gekommen sind, ich weiss nicht, ob Sie persönlich solche Leute auch kennen, aber ich wurde ganz viel angesprochen von Rentnern, von jungen Leuten, von Familien und so weiter, was das heisst, wenn die Prämien weiter steigen. Und wir wissen es ja nicht, sagen ja alle heute hier in diesem Haus. Ich möchte nicht wieder erklären müssen, warum wir einen Entschluss gefällt haben, sprich das Abkommen annehmen, im Nichtwissen, was sich dabei bei den Prämien tun wird. In der Schweiz, wenn ich die Debatte richtig verfolgt habe, gehen die Prämien im Moment eher ein bisschen zurück. Es gibt dazu ja auch eine Kleine Anfrage des Abg. Wendelin Lampert. Berichtigen Sie mich, wenn ich falsch liege. Bei uns steht uns vielleicht wieder eine massive Prämienerhöhung ins Haus im Gegensatz zur Schweiz. Und das können wir dann wirklich nicht mehr erklären. Alle anderen Argumente kann man so auslegen oder anders, aber das Argument «mögliche Prämienerhöhungen» ist für mich das Killerargument bei diesem Abkommen. Und deshalb kann ich dem Abkommen sicher nicht zustimmen. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Günter Vogt
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren. Ja, zu den Steuerexperten und den Steuermärchen in diesem Hohen Haus: Für mich sind diese Aussagen über freie Berufe einfach nur Quatsch. Sie meinen, ein Arzt könne nur als Selbstständigerwerbender tätig sein, das heisst, er führt eine Einzelfirma in der Schweiz und versteuert dann sein Einkommen in einer Betriebsstätte in St. Gallen. Das ist ja grundsätzlich richtig. Nur die Gewinnsteuer in der Schweiz - AG, GmbH - ist halt eben auch im Bund nicht massiv höher als in Liechtenstein. Das ist einmal das eine. Und er kann ja Angestellter sein einer AG und einer GmbH in der Schweiz und dann zahlt er Lohnsteuer in Liechtenstein und nicht in der Schweiz. Das zum Thema Steuern. Also wenn er intelligent genug ist, dann weiss er, wie er das machen muss. Ich bin froh, dass zumindest ein oder zwei Vernünftige noch in den Reihen der DU sitzen. Zu diesem Thema Drückeberger: Die VU-Fraktion sind die einzigen, die sich unmissverständlich geäussert haben. Und dass Sie, Herr Quaderer, ein Problem mit den liechtensteinischen Ärzten haben, das ist ja bekannt. Dass dieses Abkommen jetzt aber als Ohrfeige gegen die Ärztekammer dienen soll, das ist für mich verwerflich, Entschuldigung. Dann zum Abg. Beck: Ja, danke für die neue Interpretation zum Thema Diskussion. Die hätten Sie in der ehemaligen VU-Fraktion führen sollen. Für mich sitzen die Drückeberger jetzt auf einer anderen Seite. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Ja, ich glaube, wir fahren fort mit der Diskussion. Ich gebe jetzt das Wort an die Regierung. Regierungsrat Mauro Pedrazzini
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Ich nehme zur Kenntnis, dass ich nicht sehr viele zustimmende Voten heute gehört habe. Aber wenn es jetzt so zugeht wie bei gewissen Leistungserbringern, könnten einige Ihre Meinung ja noch ändern. Das hoffe ich. Die Argumente an den Haaren herbeigezogen - ja, da kann ich nicht mitmachen. Ich möchte Ihnen ganz kurz nochmals einen Abriss geben darüber, wie ich die Situation generell sehe. Ich habe heute Morgen schon einiges ausgeführt. Ich werde das im Lichte dieser Debatte nochmals etwas pointiert beleuchten. Das Abkommen beruht ganz wesentlich darauf, dass der eine Staat ein Vertrauen hat in eine wirksame Steuerung der Leistungserbringerdichte oder Ärztedichte im andern Staat. Wenn dieses Vertrauen nicht gegeben ist, ist diesem Abkommen die Grundlage entzogen. Beide Seiten müssen ihre Ärztedichte unter Kontrolle halten und beide Seiten haben eben unterschiedliche Methoden, dieses zu tun. Dabei geht es weniger um die Ärztedichte, die einfach vorhanden ist, sondern um die auf die Krankenkasse effektiv wirksame Ärztedichte. Deshalb ist auch ein System mit einer Bedarfsplanung, das grundsätzlich Ärzte zulässt, aber eben nur gewissen oder einer gewissen Zahl die OKP-Bewilligung, das heisst die Krankenkassenzulassung, erteilt, auch ein wirksames System. Ich werde später zu den Zahlen kommen.
Es gab verschiedene Fragen zur Vernehmlassung. Erstens ist eine Vernehmlassung bei Staatsverträgen nicht üblich und zweitens ist es so, dass alle im Dachverband vertretenen Leistungserbringer sich gegenüber der Regierung sehr deutlich erklärt haben, was sie wollen, nämlich offene Märkte. Und erstaunlicherweise war im Vorfeld dieser Landtagssitzung dann plötzlich die Unterstützung von vielen Verbänden im Dachverband einfach nicht mehr vorhanden. Aber das muss ich einfach so zur Kenntnis nehmen. Das ist einfach so geschehen. Dann wurde mehrmals gesagt, dass wir der Teilsuspendierung ohne Not zugestimmt hätten. Das stimmt nicht, die wäre nämlich sonst meines Erachtens gekündigt worden. Es ist schon seit sehr vielen Jahren so, dass die Schweiz ganz klar erkennt und uns geschrieben hat, wie ich das heute Morgen ausgeführt habe, vor weit mehr als zehn Jahren schon, dass sie nicht annimmt, dass die nichtärztlichen Leistungserbringer eben auch unter dieses Grenzärzteabkommen von 1938 und 1939 subsummiert werden können. Also dieser Streit ist schon sehr alt. Und durch die Bedarfsplanung liechtensteinischerseits wurde dieser Streit eben noch etwas verschärft. Jetzt zur angebotsinduzierten Nachfrage: Die angebotsinduzierte Nachfrage ist nicht abhängig von der theoretisch zugänglichen Ärztezahl, sondern von der Ärztedichte. Deshalb ist es auch ziemlich Wurst, ob ein neuer Arzt sich in Genf niederlässt oder nicht. Es ist wichtig, ob er in der Nähe ist, dort, wo man ihn gut erreichen kann, und ob dort das Angebot sehr gross ist. Deshalb ist es egal, wie viele Tausend Ärzte in der Schweiz insgesamt tätig sind. Es geht darum, diejenigen zu zählen, die im Verhältnis zur Bevölkerung eben in der unmittelbaren Nähe vorhanden sind. Grundsätzlich möchte ich bemerken, dass geschlossene Märkte, für die teilweise hier plädiert wurde, zu höheren Preisen und schlechterer Qualität führen. Und solche Erfahrungen haben wir in der Vergangenheit ja zur Genüge gemacht. Ich möchte zuerst auf die Fragen der Abg. Gunilla Marxer-Kranz eingehen, die so freundlich war, mir diese noch zuzustellen, sodass ich die in ihrer Vollständigkeit beantworten kann, und denke, dass ich damit auch sehr, sehr viele Fragen der anderen Abgeordneten beantworten kann. Sie fragt: Ist es so, dass es bei einem Nein zum Abkommen gewisse medizinische Leistungserbringer, wie Physiotherapeuten oder Apotheker, in einen existenziellen Notstand geraten könnten? Wenn ich das Schreiben des Dachverbands von Gesundheitsberufen aus dem Jahr 2016, genau das vom April 2016, lese, dann steht dort drin: «Man kann es nicht genug betonen, dass diese Thematik für die meisten Leistungserbringer von existenzieller Bedeutung ist.» Das war im April 2016. Im Vorfeld dieser Landtagssitzung hat sich der Berufsverband der Leistungserbringer im Gesundheitswesen nicht ein einziges Mal öffentlich geäussert, kein Piep und kein Papp, kein Ton. Jetzt können wir raten, ob das immer noch so ist oder ob sich die Lage geändert hat. Ich kann es Ihnen nicht sagen. Weniger polemisch ausgedrückt: Wir leben schon seit ungefähr zwei Jahren mit diesem Zustand. Und ökonomisch betrachtet müsste man sagen, die, die heute noch am Markt sind, haben es irgendwie offenbar geschafft, auch so zu überleben, auch wenn es wahrscheinlich für viele relativ schwierig ist und die Einbussen eben empfindlich sind.
Dann fragt die Abg. Marxer-Kranz: Wie sieht hier das Verhältnis in Zahlen der medizinischen Leistungserbringer, die profitieren, gegenüber denjenigen, die benachteiligt werden, aus? Also wir haben fünf Apotheken oder Apotheker, sieben Chiropraktoren, acht Personen, die freiberuflich in der Pflege tätig sind, vier Logopädinnen, 23 Psychotherapeuten, 18 Ergotherapeuten, 99 Physiotherapeuten; das sind insgesamt 164 - ohne die Zahnärzte. Es sind noch 58 Zahnärzte, davon sind sieben bei der Ivoclar Vivadent angestellt, also sind rund 50 Zahnärzte, die eben auch von offenen Märkten profitieren können. Natürlich nicht in der Form wie andere Leistungserbringer, die existenzieller darauf angewiesen sind. Aber eben doch: Das ist störend auch für die Zahnärzte. Es gibt dagegen 70 OKP-Ärzte in Liechtenstein und elf Ärzte mit OKP-Vertrag in der Schweiz. Daneben gibt es 40 Ärzte ohne OKP-Bewilligung in Liechtenstein. Nur acht davon machen gegenwärtig einen Umsatz von über CHF 100'000 im Jahr. Dann die weitere Frage: Wenn davon gesprochen wird, dass die nachbarschaftlichen Beziehungen mit der Schweiz bei einem Nein zum Abkommen leiden würden, wie sähe eine solche Verschlechterung der Beziehungen aus? Nun, da gibt es atmosphärische Dinge, die kann ich nicht einschätzen. Und wir haben viele offene Geschäfte mit der Schweiz. Da erlaube ich mir kein Urteil darüber. Aber es gibt auch ganz konkrete Dinge. Wir haben heute ein Abkommen, eben diesen teilsuspendierten Notenwechsel. Dieser privilegiert die Ärzte mit OKP-Vertrag vergleichsweise zu allen anderen Leistungserbringern in Liechtenstein. Dieses Abkommen könnte von der Schweiz gekündigt werden. Ich kann nicht einschätzen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit wäre, dass das gekündigt wird. Das liegt nicht in meinem Ermessen.
Die nächste Frage der Abgeordneten betrifft den Fall, dass das Abkommen befürwortet wird: Kann eine Kostensteigerung bei den Prämien für die Liechtensteiner Patienten ausgeschlossen werden, jetzt und auch in naher Zukunft? Wenn die Schweiz ihre Ärztedichte im Griff behält, und davon gehe ich aus, dann gehe ich nicht von einer grossen negativen Auswirkung aus. Ich gehe auch nicht davon aus, dass sich massenhaft Ärzte in der nahen Schweiz ansiedeln werden, eben weil es genau auch eine Steuerung in der Schweiz gibt.
Die nächste Frage: Wie hoch genau wäre die Prämienerhöhung infolge Kündigung von OKP plus, damit hier wieder neutralisiert werden könnte? Der komplette Ausfall der Einnahmen aus der OKP plus würde rund 3% des Prämienvolumens ausmachen, wenn alle künden. Jetzt hat der Abg. Herbert Elkuch die Frage gestellt, wenn die Hälfte kündigt: Dann wären es halt eben 1,5% des Prämienvolumens. Wie steht die Regierung zur Ungleichbehandlung der Leistungserbringer aus Liechtenstein beziehungsweise ist eine solche Diskriminierung gerechtfertigt? Wir haben eben Unterschiede im System. Die Schweiz kennt keine OKP plus. Wer in der Schweiz versichert ist, kann nur zu denjenigen Ärzten, die auch zur Krankenkasse zugelassen sind. Es gibt keine Möglichkeit in der Schweiz, auf einfache Art und Weise - wie bei uns durch Bezahlung von CHF 40 - auch noch zu andern Ärzten zu gehen. Einzelne Kassen mögen da spezielle Versicherungen haben. Aber im obligatorischen Teil ist das nicht der Fall und so ist es in der Schweiz völlig sinnlos. Wenn ein Leistungserbringer keine Krankenkassenzulassung hat, dann kann er auch nichts anfangen damit, dann wird er auch nie eine Praxis eröffnen. Also besteht in der Schweiz eine grosse Kongruenz zwischen denjenigen, die eine Krankenkassenzulassung haben, und denjenigen, die überhaupt eine Praxis eröffnen. Bei uns ist das anders. Wir haben bei uns eine Gruppe von Ärzten, die keine Krankenkassenzulassung haben und die eben ausserhalb dieses Systems arbeiten müssen. Aber sie können es auch, dank dem, dass es bei uns eine OKP plus gibt. Diese Frage der Diskriminierung möchte ich so beantworten, dass wir einfach unterschiedliche Systeme in den beiden Ländern zur Zulassungssteuerung zur Krankenkasse haben. Aber beide Länder haben erkannt oder die Gesetzgeber beider Länder haben erkannt, dass es eine Zulassungssteuerung geben muss.
Weitere Frage: Würden bei der Ablehnung des Abkommens Anreize für Ärzte geschaffen, sich im Rheintal und nicht mehr in Liechtenstein niederzulassen? Sie können sich nur im Rheintal oder auf der Schweizer Seite niederlassen, sofern sie dort eine Zulassung erhalten und auch bereit sind, dort Steuern zu bezahlen und sich den dortigen Regeln zu unterwerfen. Offensichtlich ist meines Wissens keiner der bei uns ansässigen Nicht-OKP-Ärzte auf die Idee gekommen, auf die andere Rheinseite zu wechseln, obwohl wir dort in gewissen Dingen angeblich einen Ärztemangel hätten. Also es hätte heute schon so sein können, dass Ärzte, die bei uns keinen OKP-Vertrag bekommen, sich eine Zeit lang in Liechtenstein niederlassen und dann wechseln. Aber von solchen Wechseln ist mir nichts bekannt. Wenn dies so wäre, wie viel Steuersubstrat würde in die Schweiz abfliessen? Das kann ich nicht abschätzen. Aber ich gehe nicht davon aus, dass eine massenhafte Abwanderung geschieht. Und vor allem gehe ich nicht davon aus, wenn eine massenhafte Abwanderung geschieht, eine grössere Zahl abwandern würde oder sich niederlassen würde an der Schweizer Grenze, dass das sehr, sehr grosse Auswirkungen auf unsere Kosten hätte. Aber eben, es wurde oft schon gesagt, teilweise hat man es mit Glaubensfragen zu tun. Wie sähe die gesundheitspolitische Situation im Land aus, wenn infolge der Auswirkungen dieses Abkommens unsere Grundversorger, das heisst Hausärzte, aufgrund höherer Attraktivität über den Rhein abwandern würden? Wie gesagt, wir arbeiten mit einer Bedarfsplanung und Liechtenstein ist vom Umfeld her sehr attraktiv. Ich fürchte so schnell keinen generellen Ärztemangel in Liechtenstein. Allerdings gibt es in gewissen Disziplinen schon einen Mangel an Ärzten. Aber diesen Mangel haben wir auch auf der andern Seite des Rheins. Und wenn es einfach zu wenig ausgebildete Ärzte in einer bestimmten Disziplin gibt, die eben bereit sind, zu uns, und da muss ich halt etwas verächtlich sagen, in die Provinz zu kommen, dann gilt das für Liechtenstein wie auch für die nahe Schweiz. Wobei ich glaube, dass von der Ansiedlung her Liechtenstein etwas attraktiver ist. Weshalb wurden beim Abkommen nur die beiden Grenzkantone St. Gallen und Graubünden berücksichtigt und nicht das Staatsgebiet zur Gänze? Das war ein Wunsch unserer Seite zugunsten unserer Patienten. Die Überlegung dabei war, dass es wohl kaum einen Unterschied macht, denn die angebotsinduzierte Nachfrage wirkt vor allem lokal. Ob in Zürich drei neue Spezialisten eröffnen, das wird bei uns den Braten nicht fett machen. Was sagt die Regierung zum Vorwurf, dass die Liechtensteiner Prämienzahler im eigenen Staat, in dem sie das Gesundheitswesen mit Prämiengeldern finanzieren, keinen Zugang zu den Leistungserbringern haben, diesen jedoch in der Schweiz geniessen würden? Da muss ich noch einmal darauf verweisen: Unsere Systeme sind unterschiedlich. Beide Staaten gehen davon aus, dass der Zugang zur Krankenkasse gesteuert werden muss. Aber eben die Möglichkeiten, die beide Länder gewählt haben oder die beiden Ländern offenstehen, sind eben verschieden. Nun denke ich, dass ich mit diesen Fragen relativ viele Fragen der anderen Abgeordneten eben auch beantworten konnte.Generell muss ich sagen, dass es eben eine Diskussion pro und kontra Marktöffnung ist. Eine Marktöffnung beinhaltet immer Chancen und Risiken. Es war mehr von den Risiken die Rede als von den Chancen, was ich sehr bedauere. Nur einzelne Abgeordnete haben die Chancen hervorgehoben. Und deshalb möchte ich das nochmals betonen: In einer Marktöffnung stecken auch Chancen. Liechtenstein kann auch Leistungen exportieren in die Schweiz. Und es wird nicht nur so sein, dass Liechtensteiner Leistungen aus der Schweiz beziehen. Und ich denke, unser Land hat Chancen. Und wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass wir viele Chancen gut wahrnehmen konnten. Und ich bin überzeugt, dass wir es auch in diesem Fall tun werden.
Das Votum der Abg. Helen Konzett ganz am Schluss war eben genau diesem Dilemma gewidmet. Die Marktöffnung kennt keine Garantien. Sie haben gesagt, dass es zu hohen Kostensteigerungen kommen könnte. Ich stelle dem entgegen, wenn wir den Markt öffnen gegen die Schweiz: Wieso könnte es nicht auch passieren, dass unsere Pro-Kopf-Kosten auf das Niveau des Kantons St. Gallen sinken. Das wäre ja auch möglich. Und die sind wesentlich geringer. Also bestehen da in einer Marktöffnung auch gewisse Chancen, dass die Kosten sinken. Das sollte man meines Erachtens nicht ausser Acht lassen, auch wenn ich weit davon entfernt bin, zu prophezeien, dass durch dieses Abkommen die Kosten in Liechtenstein sinken. Aber man muss eben Chancen und Gefahren sehen.
Der Abg. Wendelin Lampert hat sehr zugespitzt gesagt, wieso haben wir Angst vor 50 Ärzten im Inland, aber nicht vor Tausenden von Ärzten im Ausland. Ja, das hat eben mit dieser Dichte in dem Ort zu tun, wo man sich bewegt.Die Kostenentwicklung Liechtenstein gegen Schweiz: Die Abg. Helen Konzett hat gesagt, dass die Schweizer Prämien zurückgingen. Das ist eben nicht der Fall. Die Schweizer Prämien steigen sehr stark. Sie steigen ungefähr so wie bei uns vor einigen Jahren. Und in der Schweiz ist die Prämiensteigerung natürlich auch ein heisses Thema und wird viel diskutiert. Und es gibt einige Massnahmen, die in den nächsten Jahren gesetzt werden sollen, um dieses Wachstum einzuschränken. Genau wie für Liechtenstein ist es auch für die Schweiz problematisch, wenn die Prämien 4 bis 5% jedes Jahr steigen, das heisst eine Verdoppelung in 15 Jahren. Und genauso wie wir strebt die Schweiz an, ein Prämienwachstum auf einem Niveau zu halten, das eben irgendwie erstens erklärbar und zweitens erträglich ist. Erklärbar ist bei uns ungefähr 1% aufgrund der Bevölkerungsentwicklung. Wir haben jährlich ungefähr 1% mehr Versicherte in unseren Krankenkassen. Und durchgerechnet ergibt der demografische Effekt ein weiteres Prozent. Also müssen wir bei uns sozusagen mit einem einigermassen natürlichen Wachstum von 2% bei den Gesamtkosten rechnen. Das lässt sich erklären. Vielen Dank. Falls ich gewisse Fragen nicht beantworten konnte, bitte ich Sie, mich nochmals darauf hinzuweisen. Ich habe so schnell geschrieben, wie ich konnte, aber das hat auch Grenzen. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Daniel Oehry
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, sehr geehrte Landtagskolleginnen und -kollegen. Diese Diskussion hat gezeigt, welche Hausaufgaben der Landtag beim Minister sieht. Der Staatsvertrag ist das eine und die Hausaufgaben das andere. Die Schweiz hat überhaupt keinen Grund, diesen Staatsvertrag auf unsere Bitten hin zu verändern. Und ich sehe auch keinen Trumpf in unseren Händen, welchen wir anbieten können. Wenn ich die Voten im Landtag richtig interpretiere, dann wird der vorliegende Inhalt keine Mehrheit finden, bevor das Ministerium die bereits mehrfach geforderten Hausaufgaben erledigt hat. Und wie ich dies bereits beim Votum am Morgen ausgeführt habe - und bitte erlauben Sie mir einen Einschub für Herrn Wohlwend, ich darf zum Glück selbst entscheiden, wann ich mich zu Wort melde, und über Ihre Bemerkungen, wie kerzengerade und andere, sehe ich gerne hinweg -, ist der vorliegende Vertrag für viele Leistungserbringer sehr wichtig und darum will ich diesen nicht aufs Spiel setzen. Aus diesem Grund stelle ich zur Rettung des Vertrags den Antrag, dieses Traktandum an die Regierung zurückzuweisen, damit zu einem späteren Zeitpunkt, nach Erfüllung der Hausaufgaben, darüber befunden werden kann. Herzlichen Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Ich habe den Antrag zur Kenntnis genommen. Ich nehme aber doch noch die nächsten Votanten mit. Stv. Abg. Helen Konzett
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Ja, ich darf dem Herrn Gesundheitsminister noch kurz antworten auf seine Frage, warum ich nicht auch in Betracht ziehe, dass der neue, freie Marktzugang in die Schweiz für die Versicherten vielleicht auch die Chance biete, dass die Prämien sinken, weil ja die Tarife dort anders sind. Diese Frage wundert mich, ich glaube eben nicht daran, weil ich schon bei vielen Gesetzesänderungen in den letzten Jahren auch im Landtag dabei war. Und ich habe jetzt auch gesucht nach Stellungnahmen, Fragen, die Sie beantwortet haben im Landtag. Im März 2014, an einer der vielen Abänderungen des KVG, Herr Gesundheitsminister, haben Sie auf Fragen aus dem Plenum unter anderem die Antwort selber gegeben, ich darf Sie zitieren: «Dann zur Frage, ob man ohne Zusatzbeiträge zu Ärzten im Kanton St. Gallen gehen soll: Auf den ersten Blick ist das verlockend, weil man ja sagt, die arbeiten dann vielleicht zu Tarmed und das wäre dann günstiger für uns; aber Sie vernachlässigen das Element der angebotsinduzierten Nachfrage. Wenn Sie zu einem Arzt nach St. Gallen gehen, ist Ihr Slot beim Arzt in Liechtenstein frei und den kann er dann natürlich füllen mit einem Patienten füllen, den er zum Beispiel zweimal aufbietet, wenn man jetzt gerade von einem bösartigen Fall ausgehen würde. Das fände ich also eine Ausweitung unserer heutigen Mengensteuerung, die eben ganz diametral unserer heutigen Bedarfsplanung entgegensteht. Wir möchten in der grossen Revision die OKP, wie Sie ja vorgeschlagen haben, hoch aufhängen, dass es wirklich ein Privileg ist, eine OKP-Bewilligung zu besitzen, und auch ein entsprechendes Wohlverhalten nach sich zieht.» Deshalb, Herr Gesundheitsminister, gehe ich keinesfalls von einer Senkung der Gesundheitskosten für Liechtenstein aus. Sie haben es selber gesagt im März 2014. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Violanda Lanter-Koller
Danke, Herr Präsident. Also das ist jetzt heute Abend wirklich die Bombe, die geplatzt ist. Ich glaube, ich habe mich verhört. Aber der FBP-Fraktionssprecher hat doch allen Ernstes jetzt den Antrag gestellt, das Abkommen abzulehnen respektive zur Neuverhandlung zurück an den Herrn Gesundheitsminister zu weisen. - Gut, dann habe ich es falsch verstanden. Denn, das muss ich schon sagen, das hätten Sie heute Morgen anders haben können, weil es ja unsere Intention war, nicht Ja oder Nein sagen zu müssen, da wir die Chancen respektive die Entwicklungen, die wir aufgrund der Genehmigung dieses Abkommens angeblich haben, nicht voraussagen können. Ich habe jetzt dem Herrn Gesundheitsminister deshalb auch sehr gut zugehört, wie er argumentiert hat und versucht hat, die Vorteile aufzuzeigen, die ich im Bericht und Antrag eben nicht gefunden habe. Er hat sie da nicht ausgeführt, er hat da keine Hinweise gemacht, wie sich der Gesundheitsmarkt im ambulanten Bereich bei uns entwickeln könnte. Er hat auch die Fragen der Landtagsvizepräsidentin meines Erachtens auch nicht so beantworten können, dass man jetzt daraus folgern könnte, es hat Vorteile, sondern es bleibt dabei: Es ist eine Glaubensfrage. Die Chancen sind möglich, Herr Gesundheitsminister, da gebe ich Ihnen recht, in einem liberalisierten Markt. Aber wir hätten hier ja einen liberalisierten Markt, den man über einen regulierten Markt überstülpt. Und ich glaube, das ist schon eine ganz besondere Situation. Dann noch zum Argument, Sie hätten sozusagen das Verhandlungsmandat des Dachverbandes von Berufen der Gesundheitspflege gehabt und Sie nehmen da immer wieder Bezug auf dieses Schreiben an Sie vom 29. April. Ich muss schon sagen, gestützt darauf Verhandlungen mit der Schweiz zu führen, das ist mir dann doch ein bisschen zu wenig - vor allem wenn ich dann das «Volksblatt» vom 1. Dezember 2017 lese. Da wird der Präsident des Dachverbandes ja gefragt, was er von dem Abkommen hält. Und das hat der Herr Abg. Quaderer am Morgen auch zitiert. Er hat leider aufgehört mit dem Zitat, als es spannend geworden wäre. Da heisst es nämlich weiter: «‹Wir begegnen dem Abkommen aber mit einer gewissen Skepsis, da unklar ist, wie sich die Situation weiterentwickelt›, so Marxer weiter.» Oder dann auch zu der Liechtensteinischen Patientenorganisation: «‹Aus dieser Sicht ist das Abkommen zwar eine Verbesserung, denn wir möchten ein möglichst gutes Angebot für die Bevölkerung - mit Abschottung schaffen wir das nicht›, meint Präsident Josef Marxer auf Anfrage.» Auch das wurde zitiert, auch nicht weiter gelesen: «Es brauche aber auch noch eine Neuregelung der Bedarfsplanung - es obliege allerdings den Landtagsabgeordneten, welches Problem sie zuerst angehen möchten.» Also ich denke, das sind auch wieder Aussagen, die lassen alle Optionen offen. Und ich muss sagen, aufgrund dieser Ausgangslage kann ich beim besten Willen nicht guten Gewissens dem Abkommen zustimmen. Da bleibt einfach zu viel im Unklaren, und Sie konnten keine Erklärungen abgeben, die mich vom Gegenteil überzeugt hätten. Und deshalb bleibe ich dabei und mache meine Drohung wahr, wie es der Herr Abg. Jürgen Beck am Vormittag gesagt hat. Ich hoffe, es versetzt Sie nicht in Angst und Schrecken, aber ich werde Nein sagen. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Günter Vogt
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren. Danke an den Fraktionssprecher der FBP, Oehry, diese VU-Intention zu unterstützen und dieses Abkommen nicht an die Wand zu fahren. Ich möchte nochmals kurz auf meine Fragen eingehen, weil die der Herr Gesellschaftsminister nicht beantwortet hat. Welche liechtensteinischen Forderungen wurden denn gestellt oder welche wurden versenkt? Und wie war der Verhandlungsverlauf? Oder wollen Sie diese Fragen hier lieber nicht beantworten? Und dann kann ich nur die Abg. Helen Konzett unterstützen und halt nochmals fragen. Sie haben jetzt gebetsmühlenartig während mehrerer Jahre die angebotsinduzierte Nachfrage festgestellt und darauf beharrt und jetzt möchte ich von Ihnen explizit wissen: Wieso ist oder soll das jetzt anders sein? Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Harry Quaderer
Danke, Herr Landtagspräsident. Ja, ich weiss nicht, worauf die VU-Fraktion hinaus will, hat sie doch klipp und klar gesagt: Wird dieser Antrag nicht verschoben, sind wir geschlossen dagegen. Und jetzt stellen Sie hundert Fragen und warten noch auf eine Erleuchtung. Das kann ich mir beim besten Willen nicht reinsaugen. Aber was mich jetzt schon noch wundert: Ich habe den Antrag des Abg. Oehry überhaupt nicht verstanden. Was wollen Sie? Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Daniel Oehry
Ich habe vorgelesen: Aus diesem Grund stelle ich zur Rettung des Vertrags den Antrag, dieses Traktandum an die Regierung zurückzuweisen. Das heisst nicht, den Staatsvertrag zu überarbeiten, und das heisst nicht, da irgendwelche Veränderungen vorzunehmen, sondern zurück an den Start. Denn wir haben die ganzen Hausaufgaben, die ganzen Diskussionen gehört. Wir haben gehört, was die Wünsche sind, wohin es gehen soll. Und die Gefahr, wie es erwähnt wurde, den Staatsvertrag nun an die Wand zu fahren, sehe ich als grösser, als das Thema jetzt zu diskutieren. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Regierungsrat Mauro Pedrazzini
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Zur Abg. Helen Konzett bezüglich der angebotsinduzierten Nachfrage: Es gibt einen Unterschied, den wir heute haben. Die angebotsinduzierte Nachfrage wirkt immer noch. Ich sage nicht, sie sei null. Aber es gibt einen grossen Unterschied, den wir heute haben, das ist ein erhöhter Selbstbehalt und der sollte einigermassen entgegenwirken. Dieselbe Antwort gebe ich dem Abg. Günter Vogt. Ich möchte nochmals ergänzen: Die angebotsinduzierte Nachfrage ist abhängig von der Leistungserbringerdichte. Wenn jemand in Genf praktiziert - wie gesagt, das wirkt nicht so; aber wenn jemand in Vaduz praktiziert und Sie wohnen in Vaduz, dann wirkt sie stärker. Welche Forderungen wurden versenkt, wie war der Verhandlungsverlauf? Ich werde hier nicht ellenlang ausführen, was alles hinter verschlossenen Türen besprochen wurde, aber möchte Ihnen grundsätzlich irgendwie die Richtung weisen in dem Sinn: Wir hatten den Notenaustausch von 1938/1939. Da gab es schon Diskussionen vor unserer Bedarfsplanung darüber, ob jetzt da die nichtärztlichen Leistungserbringer enthalten seien oder nicht. Dann kam es zur Situation, dass Liechtenstein die Bedarfsplanung eingeführt hat und die Schweiz dadurch eine Vertragsverletzung erkannt hat. Wir haben durch die Bedarfsplanung eine asymmetrische Situation geschaffen. Dann wurde längere Zeit diskutiert, wie wir mit dem umgehen, jetzt müssen wir das regeln, das kann doch nicht so bleiben. Und dann hat man die Teilsuspendierung des Notenaustausches gemacht, um die Situation so weit zu retten, wie sie zu retten war. Und was bei der Teilsuspendierung des Notenaustausches resultierte, war eben, dass die Schweizer zu unseren Ärzten mit OKP gehen dürfen, zu allen unseren Ärzten mit OKP, aber zu den Tarifen am Wohnort. Das war damals noch drüben der Tarmed und bei uns eben noch nicht. Im Gegenzug dürfen die Liechtensteiner nur zu diesen Ärzten gehen, die einen OKP-Vertrag haben, das sind heute eben diese elf in der Schweiz. Das ist eine grundsätzlich asymmetrische Situation. Auf der anderen Seite wurde dann aber das Territorialitätsprinzip bei den nichtärztlichen Leistungserbringern durchgesetzt, so wie es eigentlich davor schon die Rede war. Aber es wurde dann eben durchgesetzt. Jetzt - das war der Startpunkt der Verhandlungen. Und wir haben oft, vielmals, auch meine Vorgänger, versucht, die nichtärztlichen Leistungserbringer in diesen Grenzärztevertrag, diesen Notenaustausch von 1938/1939, hineinzureklamieren. Die Antwort der Schweiz war Nein. Das ginge nicht, aber man stünde einem ganzheitlichen Abkommen offen gegenüber. Und jetzt ist natürlich klar, ein ganzheitliches Abkommen muss symmetrisch sein. Das war die Forderung der Schweiz, das ist ja auch verständlich, das muss symmetrisch sein. Und dann gibt es einige Punkte, die eben nicht symmetrisch sind, eben dieses St. Gallen und Graubünden gegen ganze Schweiz andererseits. Das war unser Wunsch zugunsten von unseren liechtensteinischen Versicherten und Patienten, weil wir überzeugt sind, dass das finanziell praktisch nichts ausmacht, aber eben eine relativ grosse Freiheit bedeutet. Dann gab es Wünsche schweizerischerseits, nämlich die Laboratorien nicht aufzunehmen oder nur in dieser beschränkten Art, wie es heute schon gesagt wurde: Es hängt davon ab, wer es verschreibt; wenn es ein Liechtensteiner Arzt verschreibt dann schon, sonst nicht. Und eben die Versandhandelsapotheken: Jetzt, wieso die Versandhandelsapotheken? Das gibt es bei uns ja gar nicht bei uns in Liechtenstein, aber das wurde uns klar gemacht, das ist eben in der Schweiz ein Politikum, das heiss diskutiert wird. Und wir konnten dem auch zustimmen, weil wir gesagt haben: Das ist bei uns kein Wirtschaftszweig, das ist nicht von Bedeutung für unser Land, und wenn es dazu dient, diesem Abkommen in der Schweiz bessere Chancen zu ermöglichen, dann soll es uns recht sein, wenn das drinsteht. Das sind die beiden Einschränkungen, die gemacht werden mussten. Und die Symmetrie des Abkommens - und ich möchte nochmals darauf kommen, was die Grundlagen waren: Die Symmetrie des Abkommens besteht darin, dass man jeweils zu den zur Krankenkasse zugelassenen Leistungserbringern im jeweils anderen Land gehen darf. In der Schweiz ist diese Definition der zur Krankenkasse zugelassenen Leistungserbringer alle paar Jahre wieder eine heftige Diskussion im Nationalrat und im Ständerat wert. Es wurde sehr heftig debattiert letztes Mal. Und wenn ich mich recht erinnere, war das 2016, als es wieder einmal provisorisch, dieses Regime, für drei Jahre verlängert wurde. Die Schweiz muss sich dort auch noch finden, welches System sie als wirklich langfristig etablieren will, Vertragsfreiheit oder eine Bedarfsplanung, wie wir es heute kennen, oder eine strengere Bedarfsplanung oder noch eine andere Variante. Aber, ich denke, es ist in der Schweiz eben auch klar, dass dieser Zugang gesteuert werden muss. Dieser Zugang muss aber nicht überall in der Schweiz gesteuert werden, weil es Gegenden gibt, in denen es einen Ärztemangel gibt, nachweislich. Und dort muss man natürlich nichts machen, dort lässt man die Sache einfach geschehen. Also so weit zur Skizze dieser Verhandlungen. Ich hoffe, dass ich Ihnen damit die nötigen Auskünfte geben konnte.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Christoph Wenaweser
Danke, Herr Präsident. Guten Abend, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Wenn der Antrag des Kollegen Fraktionssprecher Daniel Oehry ein Antrag der FBP-Fraktion wäre, wäre es ein vom Grundsatz her begrüssenswerter und zu respektierender Salto mortale rückwärts auf die Absprungplattform der VU-Fraktion von heute Vormittag. Das war genau unsere Besorgnis. Wir wollten nicht eine Debatte vom Zaun reissen, bei der es am Ende Zufallssieger und Zufallsverlierer gibt. Es lag uns die Sache am Herzen. Wir hatten aber die Besorgnis, dass wir, wenn wir heute debattieren müssen, dann auch zu einer Abstimmung zu kommen haben. Aber bitte, das kann der Herr Landtagspräsident oder die anwesenden Juristen wahrscheinlich besser ausführen, meiner Meinung nach ist, wenn das Traktandum in Behandlung steht, letztlich auch darüber abzustimmen. Es handelt sich nicht um eine Gesetzesvorlage mit Eintretensdebatte und 1. und 2. Lesung, sondern um einen Staatsvertrag, der in einer Sitzung abgehandelt werden muss. Nun, wenn es grundsätzlich möglich ist, dann sollte das Thema diskutiert werden. Es sind zwei Fragen: Kann man das? Und will man das jetzt? Wenn man am Ende der Debatte, die inhaltlich übrigens auf keiner Seite erhellt hat, das überhaupt noch will. Ich denke, es macht aber schon Sinn, der Sache zuliebe darüber zu reden, und mitunter wäre, wenn diese Rednerliste abgearbeitet ist, eine Pause gut, in der sich allenfalls die Fraktionssprecher mit dem Landtagspräsidium zusammentun und über diese Variante reden. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Also, so viel kann ich Auskunft geben, auch wenn ich jetzt Zustimmung gehört oder gesehen habe: Das ist absolut möglich. Landtagsabgeordnete haben die Möglichkeit, bei Gesetzesvorlagen, Finanzbeschlüssen oder Staatsverträgen im Rahmen der Debatte Antrag auf Rückweisung an die Regierung zu stellen. Aber vielleicht kann ich Ihnen den entsprechenden Passus vorlesen, damit auch diesbezüglich absolute Klarheit herrscht. Art. 34 Abs. 8 der Geschäftsordnung: «Auf die Beratung von Finanzbeschlüssen finden die Abs. 1, 3 und 4, auf die Beratung von Staatsverträgen Abs. 1 sinngemäss Anwendung.» Und Abs. 1 lautet: «Jede Gesetzesvorlage unterliegt zuerst der allgemeinen Diskussion über die Frage des Eintretens; in dieser können Anträge auf Eintreten, Nichteintreten, Überweisung an eine Kommission oder an die Regierung, Verschiebung oder Rückweisung an die Regierung gestellt werden.» Also es scheint für mich ausser Diskussion, dass diese Variante möglich ist, weil es sich um einen Staatsvertrag handelt. Der Unterschied ist eben der, wenn man etwas zu Beginn, bei Behandlung der Tagesordnung, absetzt, beschliesst man: Darüber wird nicht gesprochen, wir setzen es ab. Wenn man aber im Lichte der Debatte Rückweisung an die Regierung beschliesst, ist es natürlich schon ein Unterschied. Dann kennt die Regierung zumindest die Meinungen des Landtages. Aber die Möglichkeit besteht also absolut, dass solch ein Antrag gestellt wird und darüber auch befunden werden muss. Damit wäre dann natürlich auch die Abstimmung - Zustimmung oder Ablehnung des Antrages - hinfällig, wenn dieser Antrag angenommen werden sollte. Aber ich teile Ihre Ansicht, dass in diesem Sinne oder im Lichte dieser Erklärung auch dann eine Pause angesagt wäre. Ich nehme jetzt aber noch die nächsten Voten mit.Abg. Thomas Vogt
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Ich muss auch sagen, für mich ist das Verhalten der FBP in diesem Punkt jetzt wirklich sehr, sehr erstaunlich und wirklich ärgerlich. Wir haben heute Morgen einen Antrag gestellt zur Verbesserung der Situation in Bezug auf dieses Abkommen. Heute Morgen hat die gesamte VU-Fraktion, eigentlich war es klar, wie das Ganze heute ablaufen wird, das war allen Beteiligten hier im Hohen Haus im Grossen und Ganzen klar. Zur Verbesserung oder zur Vermeidung dieser Situation - ich habe jetzt die Stunden nicht gezählt, es sind sicher zehn Stunden und in Bezug auf dieses Abkommen vier Stunden später in Bezug auf die Diskussion. Dass jetzt hier die FBP-Fraktion, die vorab heute Morgen unserem Antrag, ausser dem Abg. Johannes Kaiser, nicht zugestimmt hat, jetzt, zehn Stunden später, auf die Idee kommt, jawohl, wir stellen jetzt denselben Antrag und sind jetzt auch dafür, dass das Traktandum heute nicht abschliessend behandelt wird, sondern zurück an den Sender, an die Regierung, geschickt wird, ist für mich einfach nur sehr, sehr schwer nachvollziehbar. Für mich ist es wirklich schwer nachvollziehbar, wie man innerhalb von einem Tag eine solche 180-Grad-Wendung vollziehen kann. Damit wir hier rechtlich auf der sicheren Seite sind, würde ich, bevor wir über diesen Antrag abstimmen, beliebt machen, dass wir eine kurze Pause machen, dass wir einfach sicher sind, dass wir rechtlich auch überhaupt dazu befähigt sind, dieses Abkommen an die Regierung zurückzuschicken, sage ich jetzt. Ich würde wirklich beliebt machen, dass wir kurz eine Pause machen und die rechtliche Situation hier nochmals genau abklären. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Damit habe ich selbstverständlich keine Mühe, obschon die rechtliche Situation für mich eindeutig gegeben ist. Ich habe die entsprechenden Passagen aus der Geschäftsordnung zitiert. Es scheint diesbezüglich also aus meiner Sicht keine Interpretationsmöglichkeiten zu geben. Aber was ich den Abg. Daniel Oehry fragen möchte: Ist denn das ein FBP-Antrag? Das wird jetzt als FBP-Antrag so dargestellt. Ich kann das eigentlich nicht nachvollziehen. Und nochmals, ich glaube, der Unterschied wäre dann doch sehr klar, ob man etwas unbesprochen absägt oder nach einer Debatte, die der Regierung wirklich Aufschlüsse gibt, an die Regierung rückweist. Aber nochmals, das ist kein FBP-Antrag. Aber vielleicht wollen Sie sich dazu äussern, Herr Abg. Oehry. Abg. Daniel Oehry
Sehr geehrter Herr Präsident, danke für das Wort. Es ist in keiner Weise ein FBP-Fraktionsantrag. Wenn ich einen Fraktionsantrag stelle, dann verlese ich diesen auch als Fraktionsantrag. Aufgrund der Debatte und aufgrund der Diskussion - darum habe ich es am Morgen schon als mein Votum gebracht - habe ich Angst, dass wir das Ding an die Wand fahren. Aber die Hoffnung war, in der Diskussion kommen neue Gesichtspunkte zutage. Die haben sich ja nicht alle so erschlossen, wie ich gehofft habe. Um jetzt am Ende dann zuzusehen und zu sagen, okay, ich kann nicht der Idee der gegenüberliegenden Fraktion folgen und sagen, zurück damit. Da muss ich irgendwann schon einmal quasi, wie Sie es heute schon gehört haben, über den Schatten springen und sagen, zum Wohl des Landes müssen wir das Ding überdenken. Aber es ist in keinster Weise eine Diskussion, die wir in der Fraktion geführt haben, und ich fahre hier keinen Fraktionsantrag, weil - Sie würden sich wundern - da nicht alle dahinterstehen. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Okay, dann schlage ich jetzt vor, dass wir 20 Minuten Pause machen.Die Sitzung ist unterbrochen (von 19 bis 19:35 Uhr).
Landtagspräsident Albert Frick
Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Wir fahren mit den Beratungen fort. Ich möchte als Erstes dem Abg. Daniel Oehry das Wort geben, weil wir aufgrund seines Antrages eine Pause eingeschaltet haben. Abg. Daniel Oehry
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete. Herzlichen Dank für das Wort. Die Beratung innerhalb der Fraktion hat gezeigt, dass mein Vorstoss oder mein Antrag auch innerhalb der Fraktion keine grosse Mehrheit finden wird. Bevor ich jetzt entscheide, ob ich den Antrag zurückziehe - und das wird sicherlich ein wesentliches Argument sein -, interessiert mich vor allem, was dem zuständigen Minister am liebsten ist. Ist er oder plädiert er für eine Zurückziehung des Antrags oder ist ihm die Diskussion inklusive einer Abstimmung das Wichtigste. Danke schön. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Herr Regierungsrat, möchten Sie sofort antworten? Regierungsrat Mauro Pedrazzini
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Diese Debatte dauert nun schon etliche Zeit. Ich habe die einzelnen Voten sehr deutlich vernommen und sehe auch ungefähr, was der Landtag in seiner Gesamtheit denkt. Angesichts dessen bevorzuge ich es, wenn über die Vorlage abgestimmt wird. Dann haben wir klare Verhältnisse.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Harry Quaderer
Danke, Herr Landtagspräsident, danke, Herr Gesundheitsminister. Das waren klare Worte. Die kann ich unterstützen. Was vorher abging, war meiner Ansicht an Dilettantismus der Koalitionspartner nicht zu überbieten. Die einen wollen das Traktandum verschieben, die anderen wollen es rückweisen. Das ist in meinen Augen beides eine Ablehnung. Also, stimmen wir doch ab, sollen die Koalitionspartner dieses wichtige Abkommen ablehnen. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Ja, für mich macht es schon einen riesigen Unterschied, ob ich am Morgen um 9 Uhr bei der Debatte betreffend die Traktandenliste konkret den Antrag stelle, dieses Traktandum abzusetzen, oder ob ich am Abend nach x Stunden Debatten nach x Argumenten, die hier drinnen ausgetauscht wurden, nun diesen Antrag stelle. Das ist doch ein Unterschied, der eigentlich jedem einleuchten muss. Am Morgen war es kurz eine Debatte über die Traktandierung dieses Traktandums und am Abend war es nach einer mehrstündigen Debatte dieser Antrag des Abg. Daniel Oehry. Zu diesem Antrag kann man nach dieser Debatte gelangen und das hätte der Regierung auch ein Fenster geöffnet. Aber wie wir gerade vernommen haben, sieht die Regierung hier drinnen wenig Chancen. Noch zwei Punkte - zuerst noch zu der OKP plus betreffend diesen Betrag: Wenn wir uns das APK-Protokoll ansehen, wissen wir, es geht in etwa um CHF 4,2 Mio. Wenn wir davon ausgehen, dass 50% der Leute diese OKP plus nicht mehr machen, dann sprechen wir von CHF 2,1 Mio. an Prämiengeldern, die uns fehlen werden, wenn wir null Mengenausweitung haben. Und das ist einfach klar. Das wird zu einer Prämiensteigerung führen. Die OKP-plus-Versicherungen werden zurückgehen, das ist sicher. Gehen wir einmal von der Hälfte aus, dann fehlen uns CHF 2,1 Mio., dann sprechen wir locker irgendwo von 1 bis 2% Prämiensteigerung ohne eine Mengenausweitung. Und das dürfte ziemlich sicher so sein. Dann noch zu den Prämiensteigerungen: Ja, das ist schon so, wie es der Gesundheitsminister ausgeführt hat. Die Schweiz hat in etwa eine Prämiensteigerung von 4% für das nächste Jahr, wir von 0,6%. Und da sieht man eben auch, dass wir auf dem richtigen Pfad sind. Das zeigen auch die Zahlen der ersten neun Monate 2017. Und diesen Erfolg möchte ich eigentlich nicht infrage stellen beziehungsweise ich möchte dem Prämienzahler nicht eine unnötige Prämienerhöhung zumuten. Ich denke mir, das ist ein Erfolg der guten Politik, die bis jetzt betrieben wurde. Wie gesagt, alleine diese Unterschiede zur Schweiz zeigen auf, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind. Und das ist der Erfolg der Gesundheitspolitik der letzten Jahre. Was schade ist, das sage ich gerade auch: Wenn man rückläufige Kosten hat und trotzdem steigende Prämien. Da muss sich der Liechtensteinische Krankenkassenverband ganz schnell etwas einfallen lassen. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Daniel Oehry
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident. Erlauben Sie mir noch zwei Bemerkungen, bevor ich dann mein letztes Votum zu diesem Traktandum halte. Ich hoffe, dass der Landtagsabgeordnete Harry Quaderer nicht davon ausgeht, dass wir alle Themen, die wir diskutieren im Hohen Haus, vorab mit dem Koalitionspartner so vereinbaren, dass wir dann hier den ganzen Tag nur zusammensitzen und nichts zu diskutieren haben, weil vorab alles klar war. Die Diskussion des Tages hat gezeigt, dass sich am Schluss die Situation nicht gedreht hat, wie ich ganz am Anfang in meinem Votum gesagt habe. Und aus diesem Grund ziehe ich meinen Antrag auf Zurückweisung des Geschäftes zurück. Danke schön. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Der Antrag wurde zurückgezogen und ist damit erledigt. Abg. Harry Quaderer
Danke, Herr Landtagspräsident. Mein letztes Votum zu diesem Thema. Ich sage es nochmals: Für mich ist dieses Vorgehen ein Chaos. Wir haben hier ein Abkommen - unterzeichnet am 21. August 2017 durch Alain Berset und Mauro Pedrazzini. Jetzt, zwei Monate, drei Monate später, kommen wir auf die Idee, dass wir dieses Abkommen an die Wand fahren. Also für mich ist das unglaublich, unsäglich und das ist ein Versagen der Koalitionspartner. Das muss gesagt sein. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Wenn es denn an die Wand gefahren wird. Das wird die Abstimmung zeigen. Abg. Jürgen Beck
Danke, Herr Präsident. Nur ganz kurz: Ich muss ehrlich zugeben, ich war vor der Pause ein wenig verwirrt, ich bin jetzt nach der Pause auch noch ein wenig verwirrt. Ich konnte Ihnen, Herr Abg. Daniel Oehry, beileibe nicht folgen. Ich muss das so sagen. An die Adresse des Gesundheitsministers muss ich sagen: Hut ab - ein Mann, ein Wort. Sie hätten eine andere Antwort geben können. Sie möchten, dass über das Abkommen abgestimmt wird, das ist Verantwortung. Vielen Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Stv. Abg. Peter Wachter
Danke, Herr Präsident. Ich möchte eigentlich bei der Sache und beim Thema bleiben. Das andere interessiert mich relativ wenig. Sie haben im Zusammenhang mit dem Gesundheitssystem vom Markt gesprochen. Habe ich das richtig verstanden? Das ist eine Zwangsversicherung, in der ein Prämientopf von verschiedenen Leuten ausgenommen wird. Das ist aber kein Markt, oder? Also das verstehe ich nicht als Markt. Dann hätte ich eine Frage noch: Sie haben gesagt, wenn in Genf ein Spezialist eine Praxis aufmacht, dann tangiert uns das wenig. Aber Sie wissen natürlich genau wie ich, dass zum Beispiel Zürich ein Hotspot von Spezialärzten ist. Und der Weg nach Zürich oder nach St. Gallen ist für unsere Patienten oder für unsere Versicherten nicht gross unterschiedlich. Dann hätte ich noch eine Frage zur Klärung: Ist der Leistungskatalog der Schweiz kompatibel oder ähnlich oder gleich wie unserer oder gibt es eine Möglichkeit, dass Leute aus Liechtenstein dann ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen, die die Krankenversicherung dann bezahlen muss, die sie in der Schweiz beziehen, die bei uns aber nicht vorgesehen sind im Katalog? Und eine letzte Bemerkung: Sie haben gesprochen von unterschiedlichen Systemen im Gesundheitssystem. Das ist richtig. Aber mein Problem ist, dass ich glaube, dass sie im Moment nicht kompatibel sind. Das ist das grosse Problem. Danke schön. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Violanda Lanter-Koller
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Ich möchte nur dem Abg. Wendelin Lampert noch eine Replik geben. Er hat den Unterschied zwischen unserem Absetzungsantrag und diesem Rückweisungsantrag herausheben wollen. Ich möchte hier einfach feststellen, dass schon beim Absetzungsantrag Diskussionen stattgefunden haben, vertiefte Diskussionen. Das hat ja auch den Landtagspräsidenten dazu veranlasst, uns zu ermahnen, dass wir erst bei der Traktandenliste sind und noch nicht beim Traktandenpunkt 13. Also insofern möchte ich das zurückweisen. Dann gab es schon im Vorfeld Standpunkte und Äusserungen in allen Medien. Die Haltungen waren klar, die Argumente waren da schon ausgetauscht. Ich glaube, auch die stündige Diskussion, die wir jetzt hier drinnen gehabt haben, hat nicht viel Neues zutage gebracht. Auch wenn man vielleicht einzelne Zahlen nochmals gehört hat oder einige Fragen dem Minister noch stellen konnte. Im Wesentlichen waren die Meinungen heute Morgen und jetzt, heute Abend, dieselben. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Es gibt eben einen zentralen Unterschied. Das wussten Sie am Morgen nicht, dass heute Nachmittag bis zum späteren Abend diskutiert wird. Jetzt wissen wir es. Das ist der zentrale Unterschied. Deshalb war der Antrag des Abg. Daniel Oehry zu diesem Zeitpunkt verständlich. Zum Zeitpunkt am Morgen war es sicherlich verfrüht. Es hätte ja sein können, dass neue Aspekte in die Debatte eingebracht werden, dass uns der Gesundheitsminister Antworten liefert, die mitunter einige noch in eine andere Richtung gezogen hätten. Also es ist schon ein zentraler Unterschied. Die Debatte am Nachmittag und am Abend ging auch viel länger, wir konnten Fragen stellen. Das kann jeder im Protokoll nachlesen. Es sind zwei ganz verschiedene Debatten. Die eine ging viel länger. Und am Morgen wusste niemand, was denn in dieser Debatte zu diesem Traktandum 13 effektiv besprochen wird. Jetzt wissen wir es, und vor allem weiss es auch die Regierung. Wir haben es ja gerade gehört: Dann ist der Regierung nach dem Verlauf dieser Debatte fast lieber, wenn man jetzt abstimmt über dieses Abkommen. Das ist der zentrale Unterschied. Aber ich denke mir, das ist eine Debatte um Kaisers Bart. Es muss jeder selbst entscheiden, wann er über mehr Informationen verfügt hat: heute Morgen oder jetzt? Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Violanda Lanter-Koller
Danke, Herr Präsident. Es gibt doch einen wesentlichen Unterschied: Heute Morgen haben wir einfach ganz sachlich einen Antrag gestellt und diesen begründet und heute Nachmittag kam der Rückweisungsantrag, nachdem sich herausgestellt hat, dass das Abkommen wahrscheinlich keine Mehrheit finden wird. Nur deshalb kam der Rückweisungsantrag. Das ist der Unterschied. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Mario Wohlwend
Danke, Herr Präsident. Geschätzter Regierungsrat Pedrazzini, somit gehe ich recht in der Annahme, dass eine mögliche Ablehnung des Abkommens gegenüber einer vermutlich grösseren Chance einer Verschiebung bevorzugt wird? Gehe ich richtig in dieser Annahme? Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Regierungsrat Mauro Pedrazzini
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Zunächst zur Frage des Abg. Peter Wachter. Er hat eine Bemerkung gemacht und eine ganz klare Frage gestellt: Wie steht es mit dem Leistungskatalog, ist der Leistungskatalog gleich? Der Leistungskatalog ist nicht genau gleich, er ist sehr ähnlich. Aber er spielt keine Rolle, denn es geht darum, dass diejenigen Leistungen übernommen werden, die auch für den Versicherten im jeweiligen Land übernommen würden, und nicht einfach das, was im anderen Land gilt. Dann die unterschiedlichen Systeme, die ich erwähnt habe: Wir haben nicht grundsätzlich unterschiedliche Gesundheitssysteme. Aber wir haben sehr wohl unterschiedliche Systeme zur Ermittlung der Tatsache, wer denn ein zugelassener Leistungserbringer ist. Die Unterscheidung zwischen «zugelassen» und «nicht zugelassen», das heisst zur Krankenkasse zugelassenen und nicht zur Krankenkasse zugelassenen Leistungserbringern, das wird eben bei uns mit der Bedarfsplanung gemacht - die kennen wir alle gut - und in der Schweiz eben mit anderen Methoden, und die kennen wir eben weniger gut. Und es ist eine Frage des Vertrauens, ob wir der Schweiz das Vertrauen schenken, dass sie ihre Ärztedichte dann eben auch im Griff behält. Der Abg. Mario Wohlwend hat gefragt, was ich bevorzuge. Ich wiederhole nochmals: Ich bevorzuge klare Verhältnisse.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Die Debatte scheint sich zu erschöpfen. Somit können wir zur Abstimmung schreiten oder können uns dem Antrag der Regierung zuwenden. Der Antrag lautet: «Der Hohe Landtag wolle dem Abkommen zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend die gegenseitige Übernahme der Kosten für ambulante Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung seine Zustimmung erteilen.» Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge bitte jetzt die Stimme abgeben. Abstimmung: 7 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 7 Stimmen die Zustimmung nicht erteilt. Damit haben wir Traktandum 13 abgeschlossen. Und ich schliesse jetzt die Landtagssitzung bis morgen um 9 Uhr. Die Sitzung ist geschlossen (um 19:50 Uhr).
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