Postulat «Entkoppelung der Höhe des Sollertrags von der Höhe des Eigenkapital-Zinsabzugs» der Abgeordneten Georg Kaufmann, Thomas Lageder und Patrick Risch vom 9. Oktober 2017
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 10: Postulat «Entkoppelung der Höhe des Sollertrags von der Höhe des Eigenkapital-Zinsabzugs» der Abgeordneten Georg Kaufmann, Thomas Lageder und Patrick Risch vom 9. Oktober 2017. Abg. Thomas Lageder
Herr Präsident, besten Dank für das Wort. Im Massnahmenpaket III wie auch schon im Massnahmenpaket II zur Sanierung des Staatshaushaltes hatte die Regierung damals vorgeschlagen, dass der EK-Zinsabzug und der Sollertrag entkoppelt werden sollten. Die Koppelung verunmöglicht, dass der Landtag die Höhe der indirekten Vermögenssteuer über den Sollertrag unabhängig vom Eigenkapitalzinsabzug für Unternehmen steuern kann. Es ist zudem in keiner Weise einsichtig, warum im Gesetz überhaupt eine Koppelung vorgesehen ist. Die Regierung führte damals auf den Seiten 49 und 50 des Berichts und Antrags Nr. 45/2013 aus, dass der Sollertrag von 4% für natürliche Personen mit dem neuen Steuergesetz als Ersatz für die ehemalige Vermögenssteuer eingeführt wurde. Nicht erwähnt wurde in diesem Zusammenhang, dass die entsprechende Vermögenssteuer einem Sollertrag von 5% entsprochen hätte. Somit wurde die Vermögenssteuer, also die indirekte Besteuerung, um 20% gesenkt. Man muss sich selbstverständlich nicht wundern, dass dann am Ende Geld fehlt, wenn man die Vermögenssteuer, die per Definition die Vermögenden belastet, senkt. Das ist wohl klar. Der Eigenkapitalzinsabzug für juristische Personen hingegen bewirkt einen Freibetrag für die Besteuerung des Reingewinns von Unternehmen im Umfang der Verzinsung des modifizierten Eigenkapitals. Die Verzinsung gilt steuerlich als geschäftsmässig begründeter Aufwand und wird vom handelsrechtlichen Ergebnis in Abzug gebracht. Mit dem Bericht und Antrag Nr. 15/2014 brachte die Regierung in Vorschlag, dass bei der Ermittlung des modifizierten Eigenkapitals zusätzlich zu den übrigen Abzügen ein Abzug in der Höhe von 6% aller Vermögenswerte vorgenommen werden müsse. Das erhöhte zwar zugegebenermassen die Einnahmen, löste aber bei Weitem nicht das grundsätzliche Problem der Koppelung des Sollertrags und des EK-Zinsabzugs. Denn wie es die Regierung im Bericht und Antrag Nr. 45/2013 auf Seite 49 treffend ausführt: «Das geltende Steuergesetz sieht für den Sollertrag sowie den Eigenkapitalzinsabzug einen einheitlichen Zinssatz vor, welcher jährlich vom Landtag im Finanzgesetz festgelegt wird. Sind die beiden Zinssätze (Sollertrag und Eigenkapitalzinsabzug) aneinander gekoppelt, hat eine Veränderung des Zinssatzes jeweils gegenteilige Wirkung beim Steueraufkommen: eine Erhöhung des Zinssatzes führt zu höheren Vermögens- und Erwerbssteuern und tieferen Ertragssteuern und umgekehrt.» Der Landtag, der die Finanzhoheit innehat, und indirekt die Regierung, verfügen in der Praxis über keine Steuerungsmöglichkeit, da die Effekte einer Senkung respektive einer Erhöhung gegenläufige Resultate nach sich ziehen. Damals vertrat die Regierung noch die Meinung, dass eine Entkoppelung trotz des Widerstands der Wirtschaftsverbände angezeigt sei, weil es mit der sich in Kraft befindlichen Regelung keine Steuerungsmöglichkeit gäbe. Die Regierung war der Auffassung, dass aufgrund der aktuellen Situation die Entkoppelung weiterzuverfolgen sei. Sie schlug vor, den Zinssatz für den Eigenkapitalzinsabzug auf 1,5% festzulegen. Für den Sollertrag sollte am Satz von 4% festgehalten werden. Diese beiden Sätze sollten jährlich durch den Landtag im Finanzgesetz bestimmt werden. Genau das erachten wir von der Fraktion der Freien Liste nach wie vor als den absolut richtigen Weg. Mit der gegenwärtigen Koppelung im Steuergesetz ist es weder möglich, den EK-Zinsabzug den Marktbedingungen anzupassen, noch, die Höhe der indirekten Vermögenssteuer festzulegen. Wir sind in einem Korsett. In der aktuellen Tiefzinssituation ist der EK-Zinsabzug wesentlich zu hoch und kann somit der eigentlichen Intention, nämlich Eigenkapital dem Fremdkapital gleichzustellen, also Entscheidungsneutralität herzustellen, nicht gerecht werden. Der EK-Zinsabzug ist viel zu hoch. Wir sehen das ja jedes Jahr am Musterbeispiel der LKW, die bei einem Gewinn von rund CHF 7,8 Mio. im Jahr 2016 gerade einmal die Mindestertragssteuer entrichten müssen. Zwar könnte die Regierung bei den LKW einfach über die Ausschüttungen an das Land als Eigner einschreiten, aber das würde das grundsätzliche Problem nicht adressieren. Denn ich bin der festen Überzeugung, dass noch eine Reihe anderer Firmen durch den zu hohen EK-Zinsabzug keinen angemessen Steuerbetrag entrichten.Umgekehrt hat auch beim Sollertrag der Landtag überhaupt keine Steuerungsmöglichkeit. Dieser ist gegenwärtig für gewisse Vermögenskategorien zu hoch, ich denke ganz speziell an Sparkonten, und für andere vielleicht zu tief. Der Aktienmarkt ist in den vergangenen Jahren sehr gut gelaufen. Dort konnten wahrscheinlich 4% an Rendite erzielt werden. Nichtsdestotrotz ist die Höhe der Vermögenssteuer eine politische Entscheidung und man kann sicher hinterfragen, ob die Regelung mit dem Sollertrag im Grundsatz die richtige ist. Ganz besonders stossend ist, dass es mit der Koppelung keine Steuerungsmöglichkeit gibt. Ich meine, das ist sehr unbefriedigend. Die Fraktion der Freien Liste ist überzeugt, dass es notwendig ist, eine Entkoppelung abermals zu prüfen. Auch dahingehend, dass die Volatilität des neuen Steuergesetzes ganz wesentlich mit dem Eigenkapitalzinsabzug zusammenhängt. Sollte die Wirtschaft in Zukunft einmal wieder nicht so gut laufen, wird dies mit Brutalität auf die Staatseinnahmen durchschlagen. Ein neues Massnahmenpaket müsste wahrscheinlich abermals ausgelöst werden. Und Sie werden dann wieder an den sozialen Systemen kürzen. Diese Kürzungen treffen zum einen die Schwächsten der Gesellschaft und vor allem auch den Mittelstand am härtesten. Das gilt es nach Auffassung der Fraktion der Freien Liste zu verhindern. Jetzt ist es Zeit, zu handeln. Deshalb möchte ich Ihnen nahelegen, der Überweisung dieses Postulates zur Prüfung der Entkopplung des EK-Zinsabzugs vom Sollertrag an die Regierung zuzustimmen. Vielen Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Manfred Kaufmann
Besten Dank für das Wort. Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete. Mit dem vorliegenden Postulat soll die Regierung eingeladen werden, die Entkoppelung des Sollertrags vom Eigenkapitalzinsabzug zu prüfen. Die Höhe des Sollertrags soll sich gemäss dem Bericht und Antrag Nr. 48 aus dem Jahre 2010 an den Marktverhältnissen für langfristige und eher konservative Anlagen orientieren. Seit seiner Einführung im Jahre 2011 wurde der Sollertrag bei 4% belassen. Als Referenzgrössen hierfür dienen langfristige Kapitalmarktzinsen wie diejenigen der zehnjährigen schweizerischen Bundesanleihe sowie des bekannten und von verschiedenen Banken und Versicherungen angebotenen BVG-25-Index. Die Höhe des Eigenkapitalzinsabzugs ist dabei stets an die Höhe des Sollertrages geknüpft. Durch die Einführung des Eigenkapitalzinsabzuges als fiktiver Aufwand wurde eine Finanzierung mit Eigen- oder mit Fremdkapital steuerlich angeglichen oder, bei identischen Zinssätzen, gleichgestellt, aufgrund dessen die Finanzierungsneutralität erreicht werden sollte. Dadurch wurde die Diskriminierung von Eigenkapital im Vergleich zu Fremdkapital reduziert, wodurch es zu einer Stärkung der Eigenkapitalquote der Unternehmen kommen sollte. Die Wahl der Finanzierungsform kann seither somit ohne steuerliche Beeinflussung ausschliesslich nach unternehmerischen Gesichtspunkten getroffen werden. Der positive Effekt daraus ist, dass für Unternehmen ein Anreiz geschaffen wird, ein Eigenkapitalpolster anzuhäufen und nicht auszuschütten. Hohes Eigenkapital steht insbesondere für mehr Sicherheit und Stabilität des Unternehmens. Die anfängliche Kritik am Eigenkapitalzinsabzug konnte ich grösstenteils nachvollziehen, da grosse Unternehmen in Liechtenstein tiefe Steuern bezahlten. Damals profitierten insbesondere Banken, welche aufgrund von gesetzlichen Vorschriften gezwungen sind, hohe Eigenkapitalbestände zu halten. Als Korrektur hierzu wurde im Steuergesetz in Art. 54 der Bst. d eingefügt, wonach für die Berechnung des EK-Zinsabzuges vom Eigenkapital 6% aller Vermögenswerte, sprich der Bilanzsumme, abzuziehen ist. Dadurch wurde die Basis für die Berechnung des Eigenkapitalzinsabzugs um einiges tiefer. Es hat seit jeher der liechtensteinischen Tradition entsprochen, Unternehmen mit beschränktem Haftungssubstrat dafür zu belohnen, wenn sie Liquidität zugunsten der Unternehmen in diesen belassen haben. Im alten Steuerrecht bestand ein renditeabhängiger Ertragssteuersatz. Zudem wurde ein Ausschüttungszuschlag veranlagt. Ziel war es, die eigene Finanzkraft des Unternehmens zu stärken, damit in Zeiten, in denen es nicht gut läuft, auf eigene Reserven zurückgegriffen werden kann. Neu wird eine Eigenfinanzierung mit dem Eigenkapitalzinsabzug belohnt. Es ist nicht schlüssig, dass ein Unternehmer seinen Firmenwert mit 4% in der privaten Steuererklärung versteuern muss und umgekehrt seine Firma einen tieferen Satz für die Eigenfinanzierung geltend machen kann. Hinzu kommt, dass das Unternehmen ohnehin schon Kürzungen bei übermässiger Liquidität vom modifizierten Eigenkapital hinnehmen muss. Ein weiterer Eingriff mittels Herabsetzung beziehungsweise Entkoppelung des Zinssatzes wird letztendlich den Eigenkapitalzinsabzug ad absurdum führen. Ich kann mich dabei wie in den Voten davor nur wiederholen: Ständig das Steuersystem anzupassen, ist für einen guten Wirtschaftsstandort alles andere als förderlich. Ein guter Wirtschaftsstandort braucht Rechts- und Planungssicherheit und dazu gehört ein stabiles, verlässliches und attraktives Steuersystem. Das Rad des Steuersystems wieder zurückzudrehen, ist für mich deshalb keine Alternative. Gerne möchte ich die Postulanten fragen, in welcher Höhe Sie den Sollertrag bei einer allfälligen Entkoppelung ansetzen möchten. Bei den letzten Wahlen haben Sie sich zu einem höheren Sollertrag von beispielsweise 5% geäussert und es würde mich deshalb interessieren, ob dem immer noch so ist. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Elfried Hasler
Danke für das Wort. Ich kann mich den Ausführungen meines Vorredners, Manfred Kaufmann, vollumfänglich anschliessen. Wir haben dieses Thema auch schon sehr intensiv diskutiert in der letzten Legislatur. Und ich denke, wir haben damals nach zähem Ringen eine sehr gute Alternativlösung zu einer Entkoppelung gefunden. Das in sich konsistente System konnte eben im Steuersystem beibehalten werden, Rechtssicherheit und Planbarkeit blieb erhalten. Für das Land sehr attraktive vermögensverwaltende Strukturen konnten im Land gehalten werden und sogar neu angesiedelt werden. Die Lösung wurde von der Wirtschaft mitgetragen, und zu guter Letzt konnten die gleichen Mehreinnahmen von gegen CHF 15 Mio. erzielt werden. Also von daher sehe ich keinerlei Veranlassung jetzt, hier zu versuchen, doppelt zu kassieren und, nachdem diese gute Alternativlösung umgesetzt wurde, einfach noch einmal am gleichen Ort das Geld zu holen und gleichzeitig auch noch steuersystematische Nachteile in Kauf zu nehmen und gleichzeitig auch die Verlässlichkeit der Politik mit Füssen zu treten. Und das wohlgemerkt in Zeiten von Rekordreserven bei Land und Gemeinden. Ich werde daher auch der Überweisung dieses Postulats nicht zustimmen. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Thomas Lageder
Herr Präsident, besten Dank für das Wort. Nur noch einige kurze Ausführungen. Es wurden mehrmals die Worte «Stabilität» und «Verlässlichkeit» erwähnt. Ich denke, dass das in diesem Zusammenhang das falsche Wort ist. Ich glaube, das viel treffendere Wort ist Lähmung, denn es ist nicht möglich, hier Anpassungen vorzunehmen. Jegliche Senkung des Sollertrags, an den der EK-Zinsabzug gekoppelt ist, bedeutet auf der einen Seite mehr Einnahmen, auf der anderen Seite weniger Einnahmen und umgekehrt. Dann zur Frage des Abg. Manfred Kaufmann: Ja, in der Tat, ich denke, es wäre vor allem entscheidend, dass der Eigenkapitalzinsabzug gesenkt werden sollte, weil ich nicht der Meinung bin, dass momentan Entscheidungsneutralität gegeben ist. Die Zinsen sind wesentlich tiefer. Es ist natürlich vertretbar, dass man sagt, der Sollertrag ist zu erhöhen. Ich denke aber, wie ich das in meinem Votum ausgeführt habe, dass es noch besser wäre, nach verschiedenen Kategorien zu unterscheiden. Ich denke, beispielsweise bei einem Sparkonto, bei dem Sie momentan absolut keine Zinsen haben, ist es nicht gerechtfertigt, 4% zu erheben, andererseits bei Aktienpaketen ist durchaus eine Rendite von 4% drin. Und ich denke, dass es dort angemessen wäre, diese auch zu erheben. Deshalb würde ich meiner Meinung nach noch einen Schritt weitergehen und dort nach Kategorien differenzieren. Aber dazu wird es wohl nicht kommen. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Keine weiteren Wortmeldungen. Somit kommen wir zur Abstimmung. Wer der Überweisung dieses Postulates an die Regierung zustimmen will, möge bitte jetzt die Stimme abgeben. Abstimmung: 5 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
5 Stimmen. Somit hat der Landtag das Postulat nicht überwiesen. Gleichzeitig haben wir Traktandum 10 abgeschlossen. -ooOoo-