Postulat zur Invalidenversicherung und den Sozialversicherungen im Allgemeinen der Abgeordneten Georg Kaufmann, Thomas Lageder und Patrick Risch vom 4. September 2017
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 5: Postulat zur Invalidenversicherung und den Sozialversicherungen im Allgemeinen der Abgeordneten Georg Kaufmann, Thomas Lageder und Patrick Risch vom 4. September 2017.Wird seitens der Postulanten das Wort gewünscht?Abg. Georg Kaufmann
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete. Das vorliegende Postulat betrifft den Bereich der Sozialversicherungen. Zum einen sehen wir Handlungsbedarf bei den gesetzlich vorgegebenen Integrationsmassnahmen der IV und zum anderen möchten wir das Zusammenspiel der verschiedenen Sozialversicherungen besser koordinieren. Zuerst zur Invalidenversicherung: Die IV wurde 1960 eingeführt, in einer Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs. Arbeitskräfte waren gesucht, gerade für einfachere und Produktionstätigkeiten. Auch die gesellschaftlichen Voraussetzungen waren vorteilhaft: Man kannte sich und pflegte persönliche Kontakte. All dies begünstigte die Suche nach einer Arbeitsstelle, selbst für Menschen mit einer gesundheitlichen Einschränkung.Heute leben wir ebenfalls in einer Zeit des wirtschaftlichen Wachstums, aber auch des wirtschaftlichen Wandels. Es sind Fachkräfte gefragt mit einer hohen Produktivität. Die Arbeitswelt ist einem schnellen technologischen Wandel unterzogen. Einfachere Tätigkeiten, die weniger fachliches Know-how verlangen, gehen verloren. Parallel dazu erhöhen die Globalisierung und der damit einhergehende Wettbewerb den Produktivitätsdruck. Die Bereitschaft von Arbeitgebern, in diesem komplexen wirtschaftlichen Umfeld noch Menschen mit herabgesetzter Leistungsfähigkeit zu beschäftigen, ist stark rückläufig. Und dennoch: Menschen, die durch eine Krankheit oder einen Unfall bedingt ihre angestammte berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben können, hoffen auf Unterstützungsmassnahmen durch die IV. Wir meinen zu Recht, zahlen sie alle doch Monat für Monat ihre obligatorische Prämie zusammen mit dem Arbeitgeber ein.Eine lebenslange Rente kostet die IV erhebliche Gelder. Entsprechend gilt bei der IV das Prinzip «Eingliederung vor Rente». Hinter diesem Prinzip stehen wir Postulanten vollumfänglich. Durch entsprechende und gesetzlich vorgegebene Eingliederungsmassnahmen muss versucht werden, eine Person mit gesundheitlichen Einschränkungen wieder in die Erwerbstätigkeit zu integrieren. Denn wer eine Arbeit hat, ist nicht nur gesellschaftlich integriert und besitzt eine Tagesstruktur. Nein, er bestreitet seinen Lebensunterhalt selbst und sorgt mit regelmässigen Prämienzahlungen für seine Altersvorsorge.Für Unterstützungsmassnahmen der IV ist der sogenannte IV-Grad eine wichtige Messgrösse. Er bestimmt a) grundsätzlich den Anspruch auf eine Versicherungsleistung und b) den Umfang der Versicherungsleistung.Der IV-Grad ist eine wirtschaftliche Grösse. Er wird aufgrund eines Einkommensvergleiches festgestellt: Die IV vergleicht das vor dem Eintreten der Behinderung erzielte Einkommen, das sogenannte Valideneinkommen, mit einem theoretisch möglichen Einkommen mit Behinderung, dem sogenannten Invalideneinkommen. Letzteres wird von der IV anhand der sogenannten Lohnstrukturerhebungstabelle, kurz LSE, ermittelt. Die Differenz zwischen den beiden Einkommen ergibt den Grad. Je höher dieser ist, desto umfassender sind die gesetzlich vorgegebenen Unterstützungsmassnahmen durch die IV.An einem einfachen Beispiel möchte ich dies kurz erklären: Jemand verdient als gesunder Mensch CHF 100'000 im Jahr. Dies ist das Valideneinkommen. Durch eine Krankheit bedingt, kann er diese Tätigkeit nicht mehr ausüben. Doch ein medizinisches Gutachten bescheinigt ihm eine Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit, in welcher die Person gemäss der Lohnstrukturerhebungstabelle, LSE, noch CHF 60'000 verdienen könnte, das Invalideneinkommen. Damit beträgt die Lohndifferenz CHF 40'000 oder als IV-Grad ausgedrückt 40%.Nun kommen wir zum Kern des Problems: Arbeitnehmende in einfacheren Tätigkeiten oder in Niedriglohnbereichen sind bei der Berechnung des IV-Grades von vornherein benachteiligt: Ihr Valideneinkommen, also das Einkommen vor der Behinderung, ist bereits so tief, dass im Vergleich mit einem theoretisch möglichen Invalideneinkommen gemäss LSE-Tabelle kaum mehr Unterschiede bestehen.An einem ganz aktuellen Beispiel möchte ich ihnen dies hier vor Augen führen: Ein 29-jähriger Versicherter, der auf dem Bau arbeitete, kann wegen eines Rückenproblems diese Arbeit nicht mehr ausführen. Das von der IV in Auftrag gegebene ärztliche Gutachten bestätigt die 100-prozentige Arbeitsunfähigkeit für diese schwere körperliche Arbeit. Doch für eine angepasste, wechselbelastende Tätigkeit ohne schwere Belastungen wird dem Versicherten eine 100-prozentige Arbeitsfähigkeit attestiert. Da der Versicherte gerne eine Umschulung gemacht hätte, wurde der IV-Grad berechnet. Die Zahlen dazu: Das Valideneinkommen als gesunder Bauarbeiter betrug monatlich CHF 5'100 mal 13; dies ergibt einen jährlichen Bruttolohn von CHF 66'300.Das theoretisch mögliche Invalideneinkommen wurde gemäss der aktuellen Lohnstrukturerhebungstabelle, LSE 1, von 2014 indexiert auf 2016/2017 erhoben: Gemäss dieser kann der Versicherte im Kompetenzniveau 1 (einfache Tätigkeiten körperlicher oder handwerklicher Art) bei 100% ein Invalideneinkommen von CHF 66'892 erzielen, also sogar noch etwas mehr als auf dem Bau. Damit liegt der IV-Grad bei 0%. Jede Umschulung ist abgelehnt.Einige unter Ihnen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, sind Arbeitgeber oder arbeiten bei Arbeitgeberorganisationen. Nun sagen Sie mir bitte, wo ich in einer einfachen handwerklichen oder körperlichen Arbeit auf Kompetenzniveau 1 und dazu mit einer Rückenproblematik CHF 66'892 , das sind monatlich CHF 5'141, verdienen kann? Diese Frage hat mir der Versicherte auch gestellt und ich konnte sie nicht beantworten. Diese Zahl aus der LSE-Tabelle ist meines Erachtens nicht realistisch und entspricht in keiner Weise unseren Löhnen im Tieflohnbereich.Gemäss der Lohnstatistik 2014 öffnet sich die Lohnschere weiter. Der Abstand der unteren Löhne hat sich zum Medianlohn von CHF 6'522 seit dem Jahre 2012 noch einmal vergrössert. Damit wird es für Geringverdiener mit der momentanen IV-Gesetzgebung immer unwahrscheinlicher, von der IV jemals eine Umschulung oder einen Lohnzuschuss, geschweige denn eine Rente zu erhalten.Dies ist auch den Mitarbeitenden der IV schmerzlich bewusst. Doch sie müssen sich ans Gesetz halten. Und dieses besagt, dass permanente Lohnzuschüsse erst bei einem IV-Grad von 40% gesprochen werden können (Art. 45 IV-Gesetz). Um eine Umschulung in eine neue Tätigkeit mit Taggeld verfügt zu erhalten, ist gemäss Gesetz ein IV-Grad von 20% notwendig (Art. 43 IV-Gesetz).Umschulungsmassnahmen oder ein Lohnzuschuss wären aber sehr geeignete Instrumente, um Personen nachhaltig und erfolgsversprechend in einer Arbeitstätigkeit zu platzieren und so die Gefahr vor weiterer Arbeitslosigkeit zu verringern oder ein Abrutschen in die Sozialhilfe zu verhindern. Nach Ansicht der Postulanten lohnt sich dies auch gesamtwirtschaftlich. Die IV hat den Auftrag, die finanziellen Möglichkeiten und die gesetzlichen Massnahmen dazu. Doch der technisch errechnete IV-Grad scheint besonders geringverdienende Prämienzahler von diesen Erfolg versprechenden Massnahmen Umschulung und Lohnzuschuss auszuschliessen, weshalb diese Art der Berechnung über den IV-Grad grundsätzlich geprüft und hinterfragt werden sollte. Die momentane Gesetzeslage begünstigt klar Gutverdiener. Und das ist ungerecht. Wir haben im Postulat sechs konkrete Fragen zu den Themen «Lohnstruktur - Erhebungstabelle LSE», «Umschulung» und «Lohnzuschuss» formuliert. Ich verzichte an dieser Stelle auf eine Lesung dieser Fragen und verweise auf die Seite 3 des Postulats. Mit ihrer Beantwortung erhoffen wir uns einerseits mehr Transparenz zu den Eingliederungsmassnahmen der IV und andererseits auch eine Überprüfung ihrer Wirksamkeit in Bezug auf alle Versicherten.Es ist den Postulanten bewusst, dass Anpassungen in der IV-Gesetzgebung allein nicht genügen, um die Chancen von Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Der Landtag hat im Jahre 2012 das Postulat zur verbesserten Eingliederung von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsprozess mit grosser Mehrheit an die Regierung überwiesen. Dessen Beantwortung steht leider noch aus. Dennoch sind die Postulanten überzeugt, dass eine Anpassung der IV-Gesetzgebung ein wichtiges Puzzlestück darstellen würde zur erfolgreichen Integration von Menschen mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit in den Arbeitsmarkt.Und nun zum zweiten Teil unseres Postulats: Die verschiedenen Sozialversicherungsgesetze wurden unabhängig voneinander zu verschiedenen Zeiten, ohne einheitliche Systematik und mit ungenügender Koordination geschaffen. Wegen dieser ungenügenden Koordination ergeben sich Unklarheiten: Zum Beispiel sind die Begriffe «Taggelder» in den verschiedenen Gesetzen verschieden definiert. Auch die Regelung des Sozialversicherungsschutzes ist nicht eindeutig ausgestaltet.Wenn verschiedene Sozialversicherungen Leistungen gegenüber einem Versicherten erbringen, können sich auch Nachteile für die Versicherten ergeben. Auch dazu ein Beispiel: Ein Erwerbsloser hat Arbeitslosengeld zugesprochen erhalten innerhalb einer zeitlich definierten Rahmenfrist von zwei Jahren. In dieser Zeit erkrankt er schwer und die Taggeldversicherung der Krankenkasse übernimmt. Die Taggelder der Arbeitslosenversicherung werden entsprechend gestoppt. Nach neun Monaten ist er wieder gesund und die Arbeitslosenversicherung setzt die Taggeldzahlungen fort. Der Versicherte beginnt sich wieder zu bewerben. Überraschend kommt nun die Meldung von der Arbeitslosenkasse, dass er in zwei Wochen ausgesteuert werde, da die Rahmenfrist ausgelaufen sei. Zugestanden wären ihm von der Arbeitslosenkasse aber noch mehr als 80 Taggelder, das sind vier Monatslöhne, in denen er sich auf die Stellensuche hätte konzentrieren können. Stattdessen wartet der Gang zum Sozialamt.Mit besserer Koordination und Absprache könnten solche und weitere Unklarheiten und Benachteiligungen beseitigt werden. Die Schweiz hat im Jahre 2000 das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts verabschiedet, mit dem die verschiedenen Sozialversicherungsgesetze aufeinander abgestimmt wurden. Zudem haben die Versicherten das Recht auf Beratung sowie unentgeltlichen Rechtsbeistand erhalten.Die Postulanten sind der Ansicht, dass ein entsprechendes Zusatzgesetz zu den Sozialversicherungen auch in Liechtenstein - zu einer Entschlackung der bestehenden individuellen Gesetze beiträgt;
- zu einer einheitlichen Regelung der Begriffe führt;
- die Leistungen besser aufeinander abstimmt;
- bestehende Lücken schliesst und Diskriminierungen beseitigt;
- einen ersten und wichtigen Schritt hin zu einer Vereinheitlichung des Sozialversicherungsrechtes darstellt.
Darüber hinaus sehen wir bei einer optimierten Koordination gerade in Liechtenstein ein riesengrosses Potenzial. Damit sollte es doch möglich sein, die enormen Vorteile, welche unsere Kleinheit bietet - ich erwähne hier nur die kurzen Wege -, noch besser zu nutzen zum Wohle der Versicherten und der Versicherungen.An dieser Stelle möchte ich noch an den Grundsatz 4 der Regierungsarbeit erinnern, welcher im neuen Regierungsprogramm auf der Seite 7 formuliert ist, ich zitiere: «Die Regierung trifft ihre Entscheide im Bewusstsein, dass sich eine intakte Gesellschaft gerade auch am Wohl der sozial Schwächsten misst. Sie setzt sich deshalb für Solidarität innerhalb der Gesellschaft ein.» Mit diesem Postulat nehmen wir die Regierung beim Wort.Zum Schluss lese ich Ihnen gerne noch einmal den Postulatsauftrag in seinem Wortlaut vor: «Die Regierung wird eingeladen zu prüfen, wie die gesetzlich vorgegebenen Integrationsmassnahmen der Invalidenversicherung angepasst werden können, so dass sie auch bei Geringverdienenden wirksam greifen. Gleichzeitig wird die Regierung eingeladen zu prüfen, inwieweit ein ‹Koordinationsgesetz zu den Sozialversicherungen›, wie es die Schweiz hat, auch in Liechtenstein Verbesserungen bringt.»Im Namen der Postulanten bitte ich Sie, der Regierung den Auftrag zu erteilen, diese Prüfung vorzunehmen, die aktuelle Situation zu analysieren, eventuelle Probleme und Herausforderungen darzulegen und mögliche Lösungsansätze aufzuzeigen. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Johannes Hasler
Danke für das Wort, Herr Landtagspräsident. Mittels gegenständlicher Vorlage wird durch die Postulanten im Kern beabsichtigt, dass die Regierung prüfen wolle,
- wie die gesetzlich vorgegebenen Integrationsmassnahmen der Invalidenversicherung angepasst werden können, sodass sie auch bei Geringverdienenden wirksam greifen und
- inwieweit ein sogenanntes «Koordinationsgesetz zu den Sozialversicherungen» wie in der Schweiz eine Verbesserung bringt.
Wir alle leisten mittels eines dreiviertel Lohnprozentes einen kleinen Betrag an die Invalidenversicherung und wir alle hoffen, die einbezahlten Mittel niemals in Anspruch nehmen zu müssen. Seinen erlernten Beruf wegen einer Krankheit nicht mehr ausüben zu können, ist für Betroffene verständlicherweise nicht einfach. Zu Recht hoffen sie in diesem Fall auf Unterstützungsmassnahmen der Invalidenversicherung. Nicht nur für die Betroffenen mit der gesundheitlichen Einschränkung, sondern auch für die Invalidenversicherung steht die Wiedereingliederung in die Erwerbstätigkeit im Vordergrund.In der IV-Gesetzgebung finden sich mehrere mögliche Unterstützungsmassnahmen. Als Messgrösse dient jeweils der IV-Grad. Dieser ist jedoch eine wirtschaftliche Grösse, wobei das vor dem Eintreten der Behinderung erzielte Einkommen mit einem theoretisch möglichen Einkommen mit Behinderung verglichen wird. Dies führt dazu, dass Versicherte mit einem tiefen Einkommen bei der technischen Berechnung systematisch auf einen tiefen IV-Grad kommen. Hierzu scheint die Wiedereingliederung in eine passende Tätigkeit in Bezug auf Lohnzuschüsse - welche erst ab einem IV-Grad von 40% gesprochen werden - sowie eine Umschulung in eine neue Tätigkeit mit Taggeld - welche mit einem IV-Grad von 20% möglich sind - für diese Versicherten in der Praxis vielfach nicht möglich.Zur Verdeutlichung möchte auch ich ein Beispiel erzählen, welches sich gemäss Schilderung mir gegenüber so in Liechtenstein zugetragen hat: Ein gelernter Zimmermann, noch nicht 50 Jahre alt, kann nicht mehr in seinem erlernten Beruf arbeiten. Der zuständige ärztliche Dienst bescheinigt ihm eine 100-Prozent-Arbeitsunfähigkeit für seinen Beruf. In einem anderen Beruf mit einer leichten, fallweise mittelschweren Tätigkeit wäre der Betroffene wie bescheinigt zu 100% arbeitsfähig. Für die Berechnung wird ein Jahreslohn von nicht ganz CHF 61'000 herangezogen. Gemäss der IV könnte er mit der Einschränkung einen Lohn von etwas mehr als CHF 58'000 erzielen. Die Berechnung führt somit zu einem IV-Grad von rund 5%. Eine Umschulung in einen neuen Beruf bleibt ihm somit verwehrt. Auch ein anderer mir zugetragener Fall eines Zimmermanns ging ähnlich aus.Für die Betroffenen sind diese Beispiele unverständlich. Sie müssen sich in Zukunft mit Hilfsjobs begnügen, da für sie aufgrund ihrer Lebenssituation eine Umschulung ohne entsprechende Einnahmen nicht tragbar ist, während anderen eine Umschulung ermöglicht wird.Für mich scheint es naheliegend, dass speziell Umschulungsmassnahmen für Betroffene absolut notwendig sind, welche nicht mehr in ihrem ursprünglich erlernten Beruf tätig sein können. Dass diese Umschulungsmassnahmen kein Karrieresprung darstellen dürfen, versteht sich meiner Meinung nach von selbst. Nicht nur für den Betroffenen, sondern auch gesamtwirtschaftlich würde es sich lohnen, wenn möglichst viele wieder gut in die Arbeitswelt integriert werden könnten. Dabei müssen sich die Umschulungsmassnahmen in einem vernünftigen Rahmen bewegen.Zu einem möglichen Koordinationsgesetz: Das liechtensteinische Sozialversicherungsrecht ist ein bedeutender Teil unserer Rechtsordnung. Über die letzten Jahrzehnte wurden in diversen Gesetzen spezifische Fälle geregelt. Das bringt mit sich, dass - wie im vorliegenden Postulat ausgeführt - beispielsweise unterschiedliche Begrifflichkeiten bestehen.Die Prüfung einer Koordination scheint auch mir angebracht. Es darf nicht sein, dass durch unkoordinierte Systeme handfeste Nachteile für Versicherte bestehen. Zudem beugt ein koordiniertes System massgeblich einer missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen vor - ein für mich wichtiger Punkt.Gerne möchte ich die Regierung bitten, Stellung zum Postulat zu nehmen. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Landtagsvizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz
Besten Dank, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Das Prinzip «Eingliederung vor Rente» muss Priorität haben, da es erwiesenermassen einem Menschen besser geht, wenn er arbeiten kann, als wenn er ungewollt arbeitslos zu Hause bleiben muss.Das uns hier vorliegende Postulat weist nun darauf hin, dass dieses Prinzip aber offensichtlich vom Gesetz untergraben wird. Es kann nicht sein, dass jemand, der aus bestimmten Gründen seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben kann, aufgrund seines geringen Verdienstes keine Umschulung finanziert erhält. Wäre er hingegen Grossverdiener, würde eine Umschulung gemäss derzeit geltender Rechtslage wohl problemlos bewilligt werden. Daher ist es notwendig, entsprechende gesetzliche Anpassungen vorzunehmen.Ich erachte auch die Prüfung des Erlasses eines Koordinationsgesetzes zu den Sozialversicherungen, ähnlich wie das schweizerische ATSG, also das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialver-sicherungsrechts, als sehr sinnvoll, um so die Beziehungen zwischen den versicherten Personen, das heisst den Leistungsempfängern, und den jeweiligen Sozialversicherungen zu regeln.Das schweizerische ATSG, welches wir dann allenfalls als Vorlage zur Hand nehmen könnten bei der Schaffung unseres eigenen allgemeinen Teils, koordiniert das Sozialversicherungsrecht, indem es unter anderem Grundsätze und Institute des Sozialversicherungsrechts definiert, ein einheitliches Sozialversicherungsverfahren festlegt, die Rechtspflege regelt sowie die Leistungen aufeinander abstimmt. Es werden darin auch verschiedene allgemeine Begriffe wie Krankheit, Unfall, Mutterschaft, Arbeitsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit, Invalidität etc. definiert.Ein solches Koordinationsgesetz zu den Sozialversicherungen, wie es die Postulanten nennen, zu erstellen, würde zu einer Vereinheitlichung und Harmonisierung des in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung historisch gewachsenen Rechts führen. Auch ich unterstütze daher das Postulat der Freien Liste zur Invalidenversicherung und den Sozialversicherungen im Allgemeinen. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Thomas Vogt
Danke Herr Präsident, für das Wort. Ich nehme es vorweg: Ich finde dieses Postulat der Freien Liste sehr gut und ich werde diesem auch zustimmen. Es wurde jetzt bereits mehrfach schon ausgeführt: Geringverdienende kommen rein mathematisch gesehen nicht auf einen IV-Grad, der sie zu bestimmten Leistungen berechtigen würde. Hier sehe auch eine ganz klare Schlechterstellung von Geringverdienenden im IV-Bereich.Das, was ich jetzt noch machen möchte, ist einfach auf zwei Aspekte hinweisen, die mich schon länger im IV-Verfahren stören und die ich persönlich als Missstand empfinde. Dies ist als Erstes der Instanzenzug: Heute ist es so, dass über einen IV-Antrag zuerst die AHV-IV-FAK-Anstalten im Verwaltungsverfahren entscheiden. Anschliessend können diese Entscheidungen beim Obergericht angefochten werden. Das Verfahren wird sodann quasi von einem Verwaltungsverfahren zu einem Zivilverfahren. Dieser Wechsel des Instanzenzugs ist meines Erachtens sehr ungünstig und führt zu gewissen rechtlichen Unsicherheiten.Das zweite Thema, das ich ansprechen möchte, ist die Einholung von medizinischen Gutachten. Im Rahmen eines IV-Verfahrens wird meist ein medizinisches Gutachten eingeholt. Auftraggeber dieses Gutachtens sind die AHV-IV-FAK-Anstalten. Dieses Gutachten bildet sodann die Grundlage für den IV-Entscheid. Vom IV-Antragsteller eingeholte medizinische Gutachten werden als Privatgutachten angesehen. Es wird dann ausgeführt, es bestehe ein Naheverhältnis zwischen dem Antragsteller, also dem Gesuchsteller für eine IV, und dem Arzt, sodass dem Gutachten de facto kein Beweiswert zukomme. Bei einem IV-Verfahren, zumindest beim Obergericht, stehen sich wie in einem anderen Zivilverfahren zwei Parteien gegenüber. Auf der einen Seite die Person, die eine IV Rente beantragt, und auf der anderen Seite die AHV-IV-FAK-Anstalten, die eine Rente auszahlen sollen. Also spätestens beim Obergericht handelt es sich um ein Zweiparteienverfahren. Für mich ist nicht nachvollziehbar, wieso ein Gutachten der AHV-IV-FAK-Anstalten neutral sein soll und dasjenige eines Antragsstellers nicht. Selbstverständlich haben die AHV-IV-FAK-Anstalten auch ein gewisses Interesse, zu welchem Schluss ein Gutachten kommen soll. Meines Erachtens müsste ein Gutachten vom Gericht und nicht von der AHV-IV-FAK-Anstalten eingeholt werden, nur dann wäre es ein neutrales Gutachten meines Erachtens.Ich bitte somit die Regierung, falls dieses Postulat überwiesen wird, auch auf diese beiden Fragen einzugehen. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Stv. Abg. Peter Frick
Danke für das Wort, Herr Landtagspräsident. Eine kurze Meinungsäusserung noch von mir zum vorliegenden Postulat der Abgeordneten Thomas Lageder, Georg Kaufmann und Patrick Risch. Das Beispiel auf Seite 4 des Postulates ist mir sofort in das Auge gestochen, denn es ist sehr treffend und stellvertretend für Betroffene in unserem Land.Eine betroffene Person befindet sich in meinem Bekanntenkreis - wie auch bei anderen, haben wir gehört. Ein junger Mann, gelernter Koch, nun mit einer attestierten Lebensmittelallergie. Ja, jetzt ist er natürlich auf die Leistungen unserer Sozialversicherungen angewiesen. Aus der bestehenden Gesetzgebung heraus ist es aber diesem jungen Mann nicht erlaubt, sich umschulen zu lassen, obwohl das Interesse und der Wunsch bei ihm, sich wieder in das Berufsleben einzugliedern, enorm gross ist. Hier macht sich in unserer Gesetzgebung eine riesige Lücke auf, und ich denke, sollte diese Lücke nicht bearbeitet und geschlossen werden, macht das Land Liechtenstein weiterhin aus Menschen, die im Berufsleben wieder integriert werden möchten, Sozialhilfebezüger. Ich bedanke mich bei der Freien Liste für die Einreichung dieses Postulats, das ich sehr gerne unterstützen werde. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Christoph Wenaweser
Danke, Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Die Postulanten wollen die Regierung mit ihren Fragestellungen unter anderem deshalb befassen, weil es sich gesamtwirtschaftlich lohnen würde. Für mich wäre es vor allen Dingen auch eine Frage der Aufrechterhaltung der menschlichen Würde, jedem einzelnen das in Art. 19 in unserer Verfassung verbriefte Recht auf Arbeit möglichst zu sichern. Damit meine ich keinen individuellen Anspruch auf einen Arbeitsplatz, sondern ein Recht auf möglichsten Schutz vor unverschuldeter, dauerhafter Arbeitslosigkeit.Die von den Postulanten erwähnten zu bewältigenden Herausforderungen sind beträchtlich, denn die Arbeitswelt verändert sich im Zuge von Digitalisierung und Industrie 4.0 schnell substanziell und wohl unumkehrbar. Die Postulanten schreiben - leider richtigerweise -, dass einfachere Tätigkeiten, die weniger fachliches Know-how verlangen, dabei schlicht und einfach verlorengehen. Gerade deshalb sind Lohnzuschüsse und taggeldentschädigte Umschulungen in neue Tätigkeiten nur bedingt probate Mittel. Die Regierung sollte daher in einer allfälligen Postulatsbeantwortung eine umfassende Sichtweise unter Einbezug der Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt an den Tag legen. Für mich wäre beispielsweise auch zu klären, wie Unternehmen bei der Beschäftigung und insbesondere bei der Führung und Betreuung von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen über Lohnzuschüsse und Umschulungen hinaus vermehrt und verbessert unterstützt werden könnten. Dabei meine ich keine materielle, sondern eine inhaltliche Unterstützung.Nicht nur die Wirtschaftswelt ist komplexer geworden, sondern leider auch die Erscheinungsformen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch eine signifikant steigende Zahl an psychischen Erkrankungen. Unternehmen stossen im Umgang mit Betroffenen häufig an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Harry Quaderer
Danke, Herr Landtagspräsident. Auch bei mir wird mit diesem Postulat nicht nur die soziale Ader angesprochen, nein, auch die Wichtigkeit des Inhalts dieses Postulates. Und es dürfte wohl das erste Mal in meiner parlamentarischen Karriere sein, dass ich von sämtlichen Vorrednern eigentlich die Aussagen vollumfänglich unterstützen kann. Für mich ist eine Überweisung unumstritten. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungsrat Mauro Pedrazzini
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete. Auch auf die Gefahr hin, dass Sie Ihr Versprechen brechen müssen, Herr Abg. Quaderer, ersuche ich den Landtag, dieses Postulat nicht zu überweisen, und möchte das im Folgenden begründen:Das Postulat spricht zwei Themenbereiche an: Erstens Massnahmen, welche ergänzend zur Invalidenrente von der IV finanziert werden, und zweitens die Forderung nach einem als Koordinationsgesetz zu den Sozialversicherungen bezeichneten Gesetz.Zunächst zum zweiten Aspekt: Die im Postulat geäusserte Kritik, dass es gewisse Koordinationsprobleme unter den Leistungen der Sozialversicherungen sowie Fragen bezüglich Abgrenzungen und Begriffsdefinitionen gibt, ist berechtigt. Auch von den Gerichten wird immer wieder bemängelt, dass die rechtlichen Grundlagen verbessert werden müssen. Konkret sprechen die Postulanten das in der Schweiz bestehende ATSG, das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts, an, das dort am 1. Januar 2003 in Kraft trat und sich in den folgenden Jahren sehr bewährt hat. In diesem Frühjahr ging eine Revision dieses Gesetzes in Vernehmlassung. Auch in Liechtenstein wurde bereits im Jahr 2005 der Bedarf nach einer Koordinierung im Bereich der Sozialversicherungen erkannt und in der Folge bis Ende 2008 ein Entwurf für ein ATSG für Liechtenstein erarbeitet, der jedoch sodann nicht weiterverfolgt wurde. Im Zug der gegenwärtigen Bearbeitung der Motion zur Vereinheitlichung der Anlaufstellen und der Bemessungsgrundlagen im Sozialbereich wurde im Ministerium für Gesellschaft die Notwendigkeit zur Koordination nicht nur bei den Transferleistungen, sondern auch im Bereich der Sozialversicherungen erkannt und aufbauend auf dem vorliegenden Entwurf die Schaffung eines liechtensteinischen ATSG in Angriff genommen.Das liechtensteinische Sozialversicherungsrecht wird gegenwärtig durch sieben Gesetze im Versicherungsbereich geregelt. Das sind: das AHV Gesetz, das Invalidengesetz, das Familienzulagengesetz, das Unfallversicherungsgesetz, das Krankenversicherungsgesetz, das Gesetz über die Arbeitslosenversicherung und das Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge, jeweils mit den zugehörigen Verordnungen. Die Versicherungsleistungen werden durch Transferleistungen im Nahbereich des Versicherungsrechts, wie das Gesetz über die Ergänzungsleistungen oder das Blindenbeihilfegesetz, ergänzt. Da immer mehr Sozialversicherungszweige Leistungen mit demselben Ziel erbringen, wurden und werden Koordinationsbestimmungen immer wichtiger. Den Postulanten ist darin beizupflichten, dass die Leistungskoordination eine wichtige Zielsetzung des ATSG darstellt und aus diesem Grund davon ausgegangen werden kann, dass die Einführung eines solchen Gesetzes in Liechtenstein den Anliegen der Postulanten vollständig Rechnung tragen wird. Aus Effizienzgründen und unter Berücksichtigung der vorhandenen materiellen und personellen Ressourcen sollen diese direkt in die Erarbeitung des liechtensteinischen ATSG investiert werden, zumal die von den Postulanten aufgezeigte Notwendigkeit zur Koordination im Sozialversicherungsbereich unbestritten ist und die diesbezüglichen Arbeiten bereits fortgeschritten sind. Unser Sozialversicherungssystem ist ähnlich ausgestattet wie in der Schweiz, aber es ist nicht vollkommen gleich. Das Schweizer Gesetz dient als Rezeptionsgrundlage, es muss aber auf unsere Verhältnisse angepasst werden. Die Materie ist sehr komplex und es sind eine Menge Detailfragen zu lösen, welche sich im Lauf der Arbeit immer wieder neu ergeben. Ich kann Ihnen daher keinen genauen Zeitpunkt nennen für die Behandlung der Vernehmlassungsvorlage in der Regierung beziehungsweise die 1. Lesung im Landtag. Aber wir sind dran.
Nun zum anderen Aspekt des vorgeschlagenen Postulats, dem Themenbereich rund um die IV. Die These, wonach die heutige Arbeitswelt Fachkräfte verlangt und einfachere Tätigkeiten weniger angeboten werden, wird immer wieder gehört. Bei der Prüfung eines Anspruchs auf die Leistungen in der IV muss auf einen ausgeglichenen Arbeitsmarkt abgestellt werden. Bei der Bemessung des IV-Grads können aber keine IV-fremden Aspekte berücksichtigt werden. Die IV ist eine solidarische Versicherung, finanziert durch je 0,75 Lohnprozente von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Sie kommt bestimmungsgemäss nur für invaliditätsbedingte Erwerbsunfähigkeit auf. Nach ständiger Rechtsprechung gehören sogenannte IV-fremde Gründe, wie beispielsweise mangelnde Grundausbildung, schlechte Sprachkenntnisse oder höheres Alter, nicht zu den von der IV abzudeckenden Risiken. Ebenso werden mangelnde Computerkenntnisse bei fortschreitender Digitalisierung der Arbeitswelt 4.0 nicht zu einer Begründung einer IV-Rente führen können. An dieser klaren Ausrichtung dieser Sozialversicherung sollte meines Erachtens unbedingt festgehalten werden. Wenn IV-fremde Ursachen der Erwerbsunfähigkeit für die Begründung von Ansprüchen gegenüber der IV zugelassen werden, kommen wir genau dorthin, wo wir vor etwas mehr als zehn Jahren waren: eine Verlagerung des Risikos Arbeitslosigkeit hin zur IV mit ständig steigenden Renten zahlen. Das wird höhere Kosten verursachen und meines Erachtens letztlich dazu führen, dass entweder die Lohnabzüge angehoben werden müssen oder der Staat die Lücke füllen muss. Die klare Trennung zwischen Einkommenseinbussen durch Invalidität und nicht invaliditätsbedingter Arbeitslosigkeit, also die Trennung der Aufgaben zwischen Invalidenversicherung und Arbeitslosenversicherung, die ebenfalls Umschulungsmassnahmen bezahlt, ist meines Erachtens richtig, und die Grenzen sollen nicht verwischt werden. Die Postulaten suggerieren, dass eine berufliche Umschulung de facto erst ab einem IV-Grad von 20% möglich ist - das stimmt nicht. Der von ihnen bemängelte Art. 43 IVG lässt auch berufliche Umschulungen bei IV-Graden unter 20% zu. Für IV-Grade unter 20% wird aber die Bedingung gestellt, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen der Dauer und den Kosten einer einzelnen Massnahme und dem zu erwartenden Nutzen besteht. Das wurde bereits am 4. Mai 2017, der ersten Arbeitssitzung dieser Mandatsperiode, bei der Beantwortung einer Kleinen Anfrage klargestellt. Die Postulanten ersetzen hier das, was das IVG als berufliche Umschulung zulässt, durch ihre eigene Vorstellung darüber. Sie verkennen den vom Gesetzgeber damals normierten Grundsatz der Eingliederung durch die IV, nämlich dass die Eingliederung durch einfache und zweckmässige Massnahmen zu erfolgen habe, wie es in Art. 38 IVG heisst. Dabei geht es um Massnahmen, welche zur Erreichung des Eingliederungsziels, nämlich der Wiederherstellung, Erhaltung oder Verbesserung der Erwerbsfähigkeit, wie es in Art. 34 IVG heisst, nötig sind, und nicht um alle denkbaren und wünschbaren Massnahmen.Es ist zu befürchten, dass mit einer allzu grossen Lockerung der Voraussetzungen für IV-Eingliederungsmassnahmen vor allem auch eine Subventionierung von Anbietern unnötiger Eingliederungsmassnahmen ohne nennenswerten Nutzen für den Versicherten entsteht. Es werden entsprechende Unternehmen gegründet und diese treten mit einer gewissen Anspruchshaltung auf, dass ihre Existenz auch Aufträge zur Folge haben müsse. Die Versicherten selbst befinden sich durch die Arbeitslosigkeit oft in einer verzweifelten Situation und greifen nach jedem Strohhalm. Das könnte von den Anbietern ausgenutzt werden zum Schaden dieser Sozialversicherung.Strikt abzulehnen ist meines Erachtens der Vorschlag, den IV-Grad nicht mehr durch einen Einkommensvergleich ermitteln zu wollen. Die IV ist eine Erwerbsausfallsversicherung und das sollte sie auch bleiben. Sie darf nicht zu einer Kasse für die finanzielle Kompensation für Leid werden. Die Ermittlung des IV-Grads durch einen Vergleich des Einkommens mit und ohne Einschränkung wird dem Einzelfall viel besser gerecht als ein System mit einer sogenannten Gliederskala, in der gewisse medizinisch feststellbare Kriterien herangezogen werden. Beispielsweise kann ein Problem der unteren Gliedmassen für einen Bauhandwerker starke Einkommenseinbussen zur Folge haben, während ein Informatiker dadurch in seiner Tätigkeit kaum eingeschränkt ist. Bezüglich einer anderen Leistung der IV, dem Lohnzuschuss, hat sich vor Jahren eine Arbeitsgruppe anlässlich der Einführung dieser neuen Leistungsart mit Bericht und Antrag Nr. 68/2000 mit einem Bonus-Malus-System mit Gliederskalen nach österreichischem Vorbild beschäftigt, diese Richtung aber damals nicht weiterverfolgt und eine Berechnung aufgrund des IV-Grads, nämlich eben einer bereits bekannten Grösse, vorgeschlagen. Noch kurz zu den Fragen der Postulanten: Frage a: Für den Einkommensvergleich werden die schweizerischen Lohnstrukturerhebungen herangezogen. Es gibt auch liechtensteinische Tabellen, aber die sind zu wenig differenziert. Es gibt gesamtschweizerische und regionale Lohnstrukturerhebungen. Die liechtensteinischen Gerichte orientieren sich an den gesamtschweizerischen Lohnstrukturerhebungen. Das ist für die liechtensteinischen Versicherten in der Regel kein Nachteil, denn die liechtensteinischen Löhne sind tiefer als beispielsweise die Zürcher Löhne, können aber mit dem gesamtschweizerischen Schnitt gut mithalten. Der für die IV-Grad-Berechnung herangezogene Zentralwert der Lohnstrukturerhebung wird aber nicht unreflektiert verwendet: Von diesem Zentralwert kann je nach Umständen des Einzelfalls ein individueller Leidensabzug bis maximal 25% gemacht werden. Mit dieser Reduktion des Tabellenlohns wird sämtlichen einkommensmindernden Faktoren Rechnung getragen. Typische leidensbedingte Faktoren sind beispielsweise: kein Heben von Lasten, kein Heben über Schulterhöhe, keine repetitiven Arbeiten, kein häufiges Knien oder Treppensteigen, keine überwiegend stehenden Tätigkeiten oder die Notwendigkeit vermehrter Pausen. Es werden in der Praxis beim Abzug vom Zentralwert sogar auch IV-fremde Faktoren berücksichtigt, so eben Alter, Dienstjahre, Sprachkenntnisse oder Beschäftigungsgrad.Frage b: Die Zahlen zu den Umschulungen sind nur mit grossem Aufwand und nur teilweise zu erheben. Alle diese Fragen zu beantworten, wird beim besten Willen nicht möglich sein. Es gibt aber eine ganze Reihe von Fällen mit niedrigem Einkommen, in denen auch Umschulungen zugesprochen wurden. Frage c: Die Bezügerzahlen für den Lohnzuschuss sind seit der IV-Revision im Jahr 2000 angestiegen auf mittlerweile etwas über 20 - aktuell sind es 22 laufende Fälle. Da darüber keine Statistik geführt wird, wird es einiges an Aufwand verursachen, die Zahlen der letzten 17 Jahre manuell zu recherchieren. Grosse Erkenntnisse sind daraus nicht zu erwarten. Frage d: Wie viele Lohnzuschüsse bei einem IV-Grad-Grenzwert von 30% anstatt dem geltend IV-Grad-Grenzwert von 40% ausbezahlt worden wären und wie hoch die Kosten gewesen wären, lässt sich kaum erheben. Es wäre jeder Einzelfall durchzurechnen, und das auch unter vereinfachenden Annahmen, sodass das Resultat äusserst zweifelhaft wäre.Frage e: Der Lohnzuschuss wurde seit seiner Einführung meines Wissens nicht hinterfragt, er hat sich bewährt. Es geht hier um Personen, die im selben zeitlichen Pensum wie gesunde beschäftigt sind und denselben Lohn wie Gesunde erhalten, in der Ausführung der Arbeit aber stark verlangsamt sind.
Frage f: In einigen Ländern werden zur Ermittlung der Anspruchsvoraussetzungen andere Massstäbe als ein nach wirtschaftlichen Kriterien ermittelter IV-Grad verwendet, so zum Beispiel medizinische Kriterien. Konkret werden, wie erwähnt, Gliederskalen, welche die Minderung der Erwerbsfähigkeit ausdrücken, verwendet statt wie bei uns der wirtschaftliche IV-Grad. Bei entsprechender Abänderung der Gesetze könnten theoretisch auch in Liechtenstein solche Gliederskalen verwendet werden. Unser System fusst aber klar auf einer wirtschaftlichen Betrachtung, und die Leistungen der IV orientieren sich am entgan-genen Lohn. Dieses System ist stimmig, viele Fälle sind in der Schweiz ausjudiziert und ich sehe keine Veranlassung, daran etwas zu ändern. Eine Gliederskala macht das System meines Erachtens nicht gerechter, sondern nur komplizierter und im Einzelfall sogar ungerechter.Die Postulanten haben den Fall eines Kochs sehr detailliert öffentlich ausgebreitet. Einige Details haben sie aber leider verschwiegen. Ich kann aufgrund des laufenden Verfahrens diesen Fall hier nicht in alle Einzelheiten diskutieren, möchte aber dennoch ein paar Angaben aus Sicht der IV dazu machen: Der von der IV ermittelte IV-Grad in diesem Fall betrug 2%. Der Koch hat zunächst eine Umschulung ins Auge gefasst, sich an der entsprechenden Fachschule angemeldet und sich um einen Ausbildungsplatz bemüht. Die IV hat die Kosten für den Eignungstest sowie die Spesen übernommen - diese waren nicht sehr hoch und gemäss dem Prinzip der Verhältnismässigkeit auch bei einem geringen IV-Grad leicht zu rechtfertigen. Diese Umschulung hat dann aber leider nicht geklappt und darauf beabsichtigte er, eine Ausbildung anzustreben, welche normalerweise drei Jahre dauern sollte. Während dieser Zeit sollte mittels eines IV-Taggeldes der geringe Lohn während der Ausbildung auf 80% des versicherten Lohns aufgestockt werden. Angesichts der Tatsache, dass der IV-Grad sehr gering war und die Kosten für die Ausrichtung des Taggeldes für drei Jahre doch beträchtlich gewesen wären, hat die IV diesen Antrag abgelehnt. Nach Ansicht der IV hätte der Mann auch ausserhalb seines erlernten Berufs ohne umfassende Umschulung fast gleich viel verdienen können, wie er in seiner angestammten Tätigkeit verdient hätte. Nun werden sich die Gerichte mit diesem Fall zu befassen haben.Zum Schluss meines Votums möchte ich meine Argumente kurz zusammenfassen. Im Bereich der IV sind das System und die Kriterien für die Ausrichtung von finanziellen Unterstützungen heute stimmig und dieses Sozialwerk ist in einem guten Zustand. Veränderungen am System welche die IV wesentlich grosszügiger machen, werden Kostenfolgen haben und stellen die heute solide Finanzierung der IV infrage. Derartige Veränderungen sind meines Erachtens unnötig, zumal die Risiken Invalidität und Arbeitslosigkeit getrennt in den entsprechenden Sozialversicherungen abgedeckt werden.Nötig hingegen ist die Einführung des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts, mit dem eine Koordination und einheitliche Begriffsbestimmung auf gesetzlicher Ebene eingeführt werden. Die Arbeiten daran laufen bereits und es stellt sich nun die Frage, ob die Personen im Ministerium, welche sich damit beschäftigen, weiter an diesem Gesetz arbeiten sollen oder ob sie ihre Zeit mit der Beantwortung dieses Postulats verbringen sollen.Zuletzt möchte ich noch anmerken, dass im Ministerium für Gesellschaft 520 Stellenprozente zur Verfügung stehen, ohne meine Wenigkeit. Damit konnten in den letzten Jahren aufwendige Reformen im Sozial- und Gesundheitsbereich, umfangreiche parlamentarische Eingänge, die teilweise sehr aufwendige Öffentlichkeitsarbeit sowie viele weitere Aufgaben bewältigt werden. Ich bin stolz auf die Arbeitskraft dieses kleinen Teams und möchte mich bei ihnen auf diesem Weg ausdrücklich bedanken.Ich beantrage hier keine Erhöhung der Personalausstattung, sondern bemühe mich nach Kräften darum, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums weiterhin effizient an ihren Aufgaben arbeiten können. Zusammenfassend möchte ich Sie daher ersuchen, dieses Postulat nicht an die Regierung zu überweisen. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Stv. Abg. Wolfgang Marxer
Ich gehöre nicht zu den Postulanten, möchte jetzt aber doch eine Bemerkung machen. Man muss immer vorsichtig sein, wenn sich die Regierung zu Vorstössen des Landtags äussert. Soll sie das überhaupt machen etc.? Aber zu sagen, dass dieses Postulat Fehler hat, dass Antworten nicht gegeben werden können, um uns dann fünfzehn Minuten zuzutexten, anstatt all dies zu diktieren, dass es nachher redigiert wird und als Postulatbeantwortung zurückkommt, das ist eine Masslosigkeit, wie ich sie bezüglich eines Vorstosses des Landtages noch nie erlebt habe. Und einen Einzelfall dann «auszuwalzen», wird dem Anliegen, das hinter diesem Postulat steht, überhaupt nicht gerecht.Und zu guter Letzt, was mich am meisten stört: Mit der Beantwortung eines Postulats sind keine Entscheide getroffen. Sie sprechen von Kostenfolgen für die IV, die gesunde Finanzierung der IV wird infrage gestellt - nochmals: Das ist keine Motion, sondern es wäre genau darum gegangen, all das, was Sie in den letzten 15, 20 Minuten ausgeführt haben, noch etwas detaillierter, präziser und vor allem auch verständlicher zusammenzutragen. Denn ich konnte jetzt überhaupt nicht folgen und habe die Zusammenhänge nicht verstanden. Aber das ist Ihre Haltung. Nochmals, ich habe eine so deutliche Meinungsäusserung der Regierung in dem Sinne zu einem Vorstoss, der aus dem Landtag kommt, noch nie erlebt und werde es hoffentlich auch nicht mehr. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Georg Kaufmann
Zuerst möchte ich mich bei meinen Kollegen im Landtag sehr herzlich für die positive Aufnahme dieses Postulats bedanken. Der Kollege Christoph Wenaweser erwähnte die schwierige Integration von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Ja, das sehen wir genau gleich, und da möchte ich einfach noch einmal darauf hinweisen. Es wurde im Jahre 2012 ein Postulat zur verbesserten Eingliederungen von Menschen mit Behinderung hier an die Regierung überwiesen. Und meines Erachtens wurde das noch nicht beantwortet.Dann noch herzlichen Dank an den Kollegen Thomas Vogt für die zwei Themenbereiche, die er eingebracht hat. Ich sehe dies ebenso. Wir wollten dieses Postulat aber nicht überlasten. Doch glauben Sie mir, ich habe mich die letzten drei, vier Jahre stark mit diesem Thema auseinandergesetzt. Als Case Manager bei der IV habe ich miterlebt, dass eine grosse Gruppe von Menschen durch die IV-Gesetzgebung einfach von Leistungen ausgeschlossen wird. Und das kann hier einfach nicht so stehen bleiben, dass alles okay ist, Herr Gesellschaftsminister. In den Verfügungen, die von der IV kommen, da steht nirgends drin: Es ist mangelnde Sprachfähigkeit oder es fehlt sonst irgendetwas, sondern es geht immer um diesen IV-Grad. Es geht immer darum: Was hast du vorher verdient, was könntest du theoretisch jetzt noch verdienen? Und diese LSE-Werte, das sind Medianwerte, und wahrscheinlich haben sich die letzten Jahre einfach die hohen und die mittleren Einkommen nach oben verschoben. Deshalb ist der Medianwert nach oben gerutscht. Aber die tieferen Löhne sind eben geblieben und deshalb wird diese Differenz immer grösser.Ich bin der festen Überzeugung, dass wir in diesem Thema IV-Gesetzgebung etwas machen müssen. In ihrem letzten Geschäftsbericht hat die IV geschrieben, dass sie CHF 2 Mio. mehr eingenommen als ausgegeben habe und man demzufolge über eine Prämienreduktion nachdenken könne. Andererseits erlebe ich, dass Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen immer öfter auf dem Sozialamt landen. Das gibt mir doch sehr zu denken. Da stimmt doch irgendetwas bei der IV-Gesetzgebung nicht mehr. Im Gegensatz zum Gesellschaftsminister hoffe ich wirklich, dass wir dieses Postulat überweisen und dass sich die Regierung vertieft mit dieser Problematik auseinandersetzt. Ich glaube auch, das betrifft eben Personen, die sich nicht lauthals wehren, vielleicht aus Scham, vielleicht aber sehr häufig auch aus der Resignation heraus. Sie sind enttäuscht, haben sie doch jahrelang ihre Prämien bezahlt und nachher kommt eine Verfügung, in der es heisst: Ihr IV-Grad ist 5%, wir können keine Unterstützung leisten. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Besten Dank den Postulanten für die Einreichung dieses Postulates und der Regierung für die entsprechenden Ausführungen. Wie es tönt, scheint dieses Koordinationsgesetz zu den Sozialversicherungen in Arbeit zu sein, zumindest in einem Teilbereich. Aber der andere Bereich, sprich diese Invalidität im Bereich der Geringverdienenden, das scheint aus Sicht der Regierung nicht gegeben zu sein. Sie sagen dann zum konkreten Beispiel des Kochs, da können Sie keine detaillierten Ausführungen machen, es würde sich um ein laufendes Verfahren handeln. Wir haben nun aber von mehreren Vorrednern gehört, es gibt auch andere Berufsgruppen, zum Beispiel Zimmermänner wurden hier erwähnt. Das ist anscheinend nicht nur ein Problem im Bereich dieses Koches, sondern auch im Bereich der Zimmermänner, dass man hier effektiv ein Problem hat, konkret bei diesen Geringverdienenden. Und ich könnte mir schon auch vorstellen, dass es im Bereich der IV zu Mehrausgaben führt. Aber wir haben es bereits gehört: Was bleibt den diesen Person übrig? Im Endeffekt werden sie Sozialhilfe beziehen müssen, und wir müssen hier eine Gesamtbetrachtung an den Tag legen: Im Endeffekt haben wir dann mitunter zwar weniger Ausgaben bei der IV, dafür Mehrausgaben bei der Sozialhilfe. Und ich denke mir doch auch, diese Beispiele, die hier nun genannt wurden, das sind halt Probleme, die es gibt, gerade bei diesen tiefen Einkommen. Ich weiss nicht, sind Ihnen hier weitere Beispiele bekannt, sprich der Regierung, die hier bereits im Plenum gesagt oder benannt wurden? Ich meine, der Grundsatz «Eingliederung vor Rente» scheint mir schon richtig zu sein. Also wir haben es ja auch gehört, es geht ja nicht nur um einen Lohn, es geht auch um die Würde und das scheint mir auch sehr zentral zu sein.Deshalb: Im Grundsatz finde ich dieses Postulat schon berechtigt. Ich anerkenne auch, dass die Regierung mit parlamentarischen Vorstössen eingedeckt ist. Das glaube ich Ihnen mehr als nur, wir haben es ja heute Nachmittag auch schon erlebt, auch da wurde eine entsprechende Motion überwiesen. Aber auf der anderen Seite sehe ich das Problem schon. Wie gesagt, wenn man sagt, ja, bei diesem Koch, da kann man nicht alles sagen, das ist ein laufendes Verfahren - aber anscheinend gibt es weitere solche Fälle. Ich befürchte eben auch, wie mein Vorredner gesagt hat, das sind halt Leute, die sich zu wenig Gehör in unserer Gesellschaft verschaffen können. Und da wäre ich Ihnen schon noch dankbar, dass Sie auch Ausführungen machen, ob Ihnen auch mehrere Fälle bekannt sind.Nach meinem Dafürhalten sollte auch für Leute mit einem tiefen Einkommen dieses Prinzip «Eingliederung vor Rente» gelten. Es müsste hier eine Möglichkeit geben, damit man hier eine Umschulung machen kann. Es soll kein Karrieresprung sein, aber zumindest das alte Einkommen soll wieder erreicht werden können, und deshalb stehe ich diesem Postulat grundsätzlich positiv gegenüber. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Thomas Lageder
Herr Präsident, besten Dank für das Wort. Ja, ich möchte auch noch ein paar Worte sagen und beim Votum des Abg. Thomas Vogt anschliessen. Sie haben es schon treffend auf den Punkt gebracht: Wir haben hier ein mathematisches Problem und ich glaube, darum geht es. Meiner Einschätzung nach darf de facto die Hälfte der liechtensteinischen Arbeitnehmer zwar Prämien bezahlen und auch die Arbeitgeber, aber im Anlassfall sind sie dann de facto nicht geschützt. Sie haben eben leider keinen Anspruch, dass ihnen Hilfe entgegengebracht wird. Und was ganz wichtig ist, ist auch das, was der Abg. Christoph Wenaweser gesagt hat, wir haben ein verfassungsmässiges Recht auf Arbeit. Ich kann Ihre Ausführungen nur stützen, wir wollen doch den Leuten ermöglichen, für ihren Lebensaufwand selbst aufzukommen. Ich habe es mit dem Abg. Wendelin Lampert, ja, wenn nicht die IV bezahlt, dann müssen sie halt in die Sozialhilfe, dann nehmen wir es halt aus der anderen Tasche. Nur mit dem Unterschied, dass dann den Menschen eben nicht geholfen ist, dann sind sie zu Hause und schauen RTL2 - vielen Dank.Und dann noch ein Wort zum Postulat bezüglich Behinderteneinstellungsgesetz. Es ist ja nicht so, dass sich die Regierung wahnsinnig stark für die Fristen interessiert, die eigentlich im Gesetz stehen: Ein Postulat ist eigentlich an der vierten Sitzung zu beantworten. Und das Behinderteneinstellungsgesetz, das dieser Landtag - oder ich muss sagen: der vorletzte Landtag sogar, im Jahr 2012 - einstimmig an die Regierung überwiesen hat, ist nach wie vor nicht beantwortet. Das ist eben auch ein Postulat, das mit diesem Themenkomplex zu tun hat. Wir würden es Ihnen sogar verzeihen, wenn es dann sechs oder sieben Sitzungen gehen würde, da Sie durchaus mit Arbeit zugedeckt sind. Dafür haben wir ein gewisses Verständnis. Und abgesehen davon: Was wollen wir denn schon machen? Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Christoph Wenaweser
Danke, Herr Präsident. Ja, ich bin froh, dass die postulierenden Kollegen Kaufmann und Lageder auch darauf hingewiesen haben, dass, wer halt durch dieses Sozialversicherungsnetz durchfällt, irgendwann bei der wirtschaftlichen Einzelfallhilfe landet. Und es gibt genug Indizien dafür, dass das Sozialversicherungsnetz halt eben nicht dicht genug gewoben ist. Wenn man sich die Zahlen aus dem Rechenschaftsbericht einfach einmal anschaut: Im Jahr 2016 hat man CHF 8,9 Mio. an wirtschaftlicher Einzelfallhilfe ausgegeben. 2016 waren es 16% Prozent mehr als im Jahr 2015, Tendenz weiterhin steigend. Wir werden es dann wahrscheinlich noch zu sehen bekommen, auch schon beim Landesvoranschlag für das Jahr 2018.Die zweitgrösste Klientengruppe, um es in der Amtssprache zu sagen, waren jene Menschen, die in Folge körperlicher oder psychischer Erkrankung oder in Folge einer Suchtproblematik erwerbsunfähig sind. Es gibt nicht nur ein paar Beispiele, den Koch und den Gärtner, wir reden von 186 Menschen, die in diese Klientengruppe gefallen sind im Jahr 2016. Und noch etwas, es ist die im Verhältnis zur gesamten Klientenzahl des Amtes für Soziale Dienste am stärksten steigende Klientengruppe. Auch das ein Indiz dafür, dass wir uns diesem Postulat durchaus zuwenden sollten.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungsrat Mauro Pedrazzini
Danke Präsident, für das Wort. Ich habe ein Frage des Abg. Wendelin Lampert zu beantworten, ob mir weitere Beispiele bekannt sind. Ich kann Ihnen hier und heute keine weiteren Einzelfälle nennen. Ich verweise auf das, was ich vorhin gesagt habe, nämlich dass es eben Hilfestellungen gibt. Und ganz so, wie die Welt dargestellt wurde, ist sie ja auch nicht. Es gibt auch Hilfestellungen in den anderen Sozialversicherungen für eine Wiedereingliederung ins Arbeitsleben, also auch beim Sozialamt. Wir haben ein sehr, sehr vielschichtiges Sozialsystem, wir haben ein recht engmaschig gewobenes soziales Netz. Also es ist jetzt wirklich über viele Jahre austariert worden, und hier gehen wir auf den Einzelaspekt IV los. Aber eben, wie gesagt, ich habe meine Meinung zu diesem Postulat kundgetan und damit möchte ich es belassen.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Damit kommen wir zur Abstimmung. Wer der Überweisung des Postulates an die Regierung zustimmen will, möge bitte jetzt die Stimme abgeben. Abstimmung: Zustimmung mit 24 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
24 Stimmen, somit hat der Landtag das Postulat überwiesen. Gleichzeitig haben wir Traktandum 5 erledigt.-ooOoo-