Tätigkeitsbericht 2016 der Datenschutzstelle
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 11: Tätigkeitsbericht 2016 der Datenschutzstelle. Die Datenschutzstelle ist administrativ dem Landtag zugeordnet, ist in der Ausübung ihrer Tätigkeit aber unabhängig. Wenn sich aus diesem Grunde Fragen ergeben sollten, die hier nicht beantwortet werden können, werden wir bei der DSS Auskünfte einholen. Der Bericht steht zur Diskussion.Abg. Frank Konrad
Danke, Herr Präsident. Im Tätigkeitsbericht 2016 der Datenschutzstelle wird unter «Allgemeine Orientierung und individuelle Beratung» ausgeführt, dass bei den Anfragen wie auch schon im Vorjahr ein Rückgang zu verzeichnen ist. Die Gründe dafür liegen bei verschiedenen Massnahmen, die auf Qualität statt Quantität setzen. Es wurden beispielsweise weniger Schulungen und Vorträge der Datenschutzstelle durchgeführt. Anfragen, die ein gewisses Ausmass erreichen, sind neu gebührenpflichtig. Deshalb werden viele umfangreiche Anfragen wohl gar nicht erst gestellt. Interessant sind die Fallbeispiele der Anfragen im Tätigkeitsbericht, da sie einen guten Einblick in das breit gefächerte Aufgabengebiet der Datenschutzstelle bieten: Fragen zu WhatsApp-Fasnachtsreport, Auskunftsbegehren von Behörden und Unternehmen, Aufzeichnung von 3-D-Strassenansichten durch Kameras auf Autodächern, Voraussetzungen für den Betrieb eines öffentlichen WLAN-Netzes, Dash-Kameras auf den Armaturen von Autos usw. Bei den Vorlagen und Vernehmlassungen gilt ebenso der Grundsatz «weniger ist mehr». Dies wurde laut vorliegendem Bericht auch bei Vernehmlassungsberichten eingehalten. Die wichtigsten Stellungnahmen 2016 waren: - Die 4. Geldwäsche-Richtlinie;
- die Richtlinie zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder Strafvollstreckung;
- Integration des Notrufs 144 und
- die Einführung eines Bedrohungsmanagements.
Beim Auslandsdatentransfer hielten sich die Meldungen sehr im Rahmen. In der Vergangenheit erhielt die Datenschutzstelle nur sehr wenige Meldungen, obwohl der gesetzeswidrige Transfer von Daten ins Ausland strafbar ist. Unter dem Titel «Projektbegleitung» konnte ein frühzeitiger Einbezug in die Übernahme und Umsetzung der 4. Geldwäsche-Richtlinie, die unter anderem vorsehen, dass jeder Mitgliedstaat ein zentrales Register über die wirtschaftlich Berechtigten von Gesellschaften oder sonstigen juristischen Personen führen muss, begleitet werden. Die Sicherstellung eines besonders hohen Standards der Datensicherheit hatte Priorität.Bei der Volkszählung 2015 zeigte die bisherige Begleitung auf, dass die einschlägigen Bestimmungen eingehalten wurden. Auch bei der Projektbegleitung des neuen Informationsreglements der Landesverwaltung, das seit Anfang Jahr eingeführt wurde, konnten die Anliegen der Datenschutzstelle zum grössten Teil übernommen werden. Die Datenschutzstelle führte diverse Aufsichtsaufgaben durch: elektronische Steuererklärung, Datenbearbeitung im Zusammenhang mit dem FATCA, Datenbearbeitung im Schengener Informationssystem, iPad in Schulklassen, Schutzbedarfsanalysen. Zur Information und Sensibilisierung der Öffentlichkeit wurde im letzten Jahr an folgenden Veranstaltungen teilgenommen: Europäischer Datenschutztag, LIHGA, Erfahrungsaustausch mit Datenschutzverantwortlichen von Unternehmen. Am 1.2.2014 trat die Verordnung über die Datenschutzzertifizierung in Kraft. Als erstes Unternehmen in Liechtenstein hat die FKB das Gütesiegel erhalten. Beim «Ausblick» wird auf die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der EU genauer eingegangen. Die Datenschutz-Grundverordnung bezweckt eine Vereinheitlichung des Datenschutzes in Europa. Diese dient auch den Unternehmen, da sie sich in Zukunft nicht mehr an verschiedene Datenschutzbehörden wenden müssen. Da die DSGVO nach Einschätzung der Datenschutzstelle EWR-relevant ist, ist die Übernahme höchstens eine Frage der Zeit. Eine zeitgleiche Umsetzung mit der EU ist daher wünschenswert, ansonsten besteht das Risiko, dass Unternehmen, die Waren oder Dienstleistungen in der EU anbieten, sich nach zwei Rechtsräumen richten müssen. Dies würde zu Rechtsunsicherheit und unnötigem Aufwand bei den Liechtensteiner Unternehmen führen. Die liechtensteinische Datenschutzstelle wünscht sich deshalb, dass sie als nationale Datenschutzbehörde federführende Behörde für Unternehmen mit Hauptsitz in Liechtenstein sein kann. Dies fordert auch die Liechtensteinische Industrie und Handelskammer (LIHK) in einem Schreiben vom 10. April an die Regierung. In diesem Schreiben wird klargestellt, dass viele LIHK-Mitgliedsunternehmen in den Geltungsbereich der europäischen DSGVO fallen werden. Da die DSGVO ein striktes Sanktionsregime vorsieht, drohen je nach Fall Maximalbussen von 2 oder 4% des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens. Deshalb ist es für die Unternehmen wichtig, dass die liechtensteinische Datenschutzstelle die federführende Aufsichtsbehörde und ihr Ansprechpartner ist.Generell bin ich gespannt auf die Umsetzung der neuen Datenschutz-Grundverordnung und auch ob und wie diese grössenverträglich für unser Land ausgestaltet wird. Zum Schluss möchte ich mich beim Datenschutzbeauftragten Philipp Mittelberger und den Mitarbeitenden der Datenschutzstelle für die geleistete Arbeit herzlich bedanken. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Patrick Risch
Vielen Dank für das Wort. «Qualität statt Quantität» war, wie schon vom Abg. Frank Konrad ausgeführt, die Strategie der Datenschutzstelle im Jahr 2016 und wird es wohl auch im Jahr 2017 sein. Aufgrund der knappen Personalressourcen bei der Datenschutzstelle muss diese Strategie gewählt werden. Dies und die Tatsache, dass für Anfragen eventuell Gebühren anfallen, führte vermutlich dazu, dass die Anfragen rund um das Thema Datenschutz bei der Datenschutzstelle rückläufig sind. Angesichts von Stundensätzen von bis zu CHF 500 ist es nicht verwunderlich, dass sich viele überlegen, ob der Schutz ihrer Daten oder der generelle Schutz von Daten so viel wert ist. Die Tendenz der rückläufigen Anfragen an die Datenschutzstelle muss beobachtet werden. Gehen diese weiter zurück, müssen wir uns Gedanken machen, ob das Gesetz ausreichend Schutz bietet oder ob die Gebühren zu hoch sind. Es darf nicht sein, dass die Durchsetzung des Schutzes der eigenen Daten, somit der Privatsphäre, zu einem Luxusgut verkommt. Im Jahr 2016 wurden immerhin 591 Anfragen an die Datenschutzstelle gerichtet. Das Thema Videoüberwachung scheint sowohl die Arbeitgeber als auch die Privatpersonen relativ stark zu beschäftigen, ich vermute einmal, aus unterschiedlichen Gründen. Die Datenbekanntgabe mit Auslandsbezug ist aber der heimliche Star unter den Anfragen. 90 Mal musste die Datenschutzstelle sich mit der Bekanntgabe von Daten ins Ausland befassen. Aufgrund der vielen Aufgaben und der knappen personellen Ressourcen hat sich die Datenschutzstelle entschieden, den Fokus auf die Aufsicht zu legen und die Aufgabe der Information der Bevölkerung zu reduzieren. Besonders bei der heranwachsenden Generation finde ich, dass diese mehr über den Schutz der eigenen Daten und Privatsphäre informiert werden muss und den Menschen die Gefahren des Datenmissbrauchs aufgezeigt werden müssen. Da die Datenschutzstelle dieser Aufgabe nicht mehr nachkommen kann, frage ich mich, wer diese Aufgabe in Zukunft übernehmen wird. Werden die weiterführenden Schulen im Land dies tun? 2015 hat die Regierung eine Vernehmlassung für die Abschaffung der Datenschutzkommission durchgeführt. Die Entscheidungskompetenzen sollen von der Datenschutzkommission auf die Datenschutzstelle übertragen werden. Laut Ankündigung der Regierung darf der Landtag den Bericht und Antrag zur Abänderung des Datenschutzgesetzes im ersten Halbjahr erwarten. Da das Gesetz nicht in dieser Landtagssitzung behandelt wird, vermute ich einmal, dass es im September in unseren Händen liegt. Gegen Ende dieser Landtagssitzung werden wir die Abänderung des Kommunikationsgesetzes beraten, bei welcher es um die Vorratsdatenspeicherung geht. In diesem Bericht und Antrag sieht die Regierung einen erheblichen Mehraufwand auf die Datenschutzstelle zukommen. Schon heute arbeitet diese mit nicht ausreichenden personellen Ressourcen. Da die Datenschutzstelle dem Landtag direkt untergeordnet ist, liegt die Entscheidung wohl bei diesem Gremium hier, welchen Stellenwert der Datenschutz in Liechtenstein haben soll. Ein Pro-forma-Dasein fristen oder eine tatkräftige Stelle mit ausreichenden Kompetenzen sein? Hierzu richte ich explizit die Frage an uns im Plenum respektive an das Landtagspräsidium. Was ist hierzu geplant? Wie geht das Landtagspräsidium mit dieser Frage um?Heute war in einer der hiesigen Zeitungen zu lesen, dass Philip Mittelberger, Leiter der Datenschutzstelle, gekündigt hat. Er wird noch bis November im Amt sein. Da der Landtag, das Landtagspräsidium, wie schon erwähnt für die Datenschutzstelle zuständig ist, möchte ich das Präsidium bitten, sich der Nachbesetzung dieser freien Stelle möglichst schnell anzunehmen respektive mit der Regierung sich um das Organisatorische zu kümmern und abzusprechen. Es wäre schade, wenn die Arbeit der Datenschutzstelle der letzten Jahre zunichtegemacht wird, indem der Datenschutzstelle das gleiche Schicksal zuteil wird wie dazumal der Stabstelle für Chancengleichheit, indem die Datenschutzstelle zu Tode gespart wird. Wir erinnern uns: Die Regierung hat sich damals aktiv oder passiv entschieden, die freie Stelle der Stabsstellenleitung einfach nicht zu besetzen oder ungenügend mit Personalressourcen auszustatten. Vermutlich deswegen müssen wir uns heute mit der Frage einer Frauenquote beschäftigten, weil durch dieses Nichtstun die langjährige Aufbauarbeit einfach zunichtegemacht wurde. Die Chancengleichheit - nicht nur von Mann und Frau, sondern auch anderer Randgruppen - ist zum Teil heute in das Amt für Soziale Dienste in der Versenkung verschwunden und in Teilen dem Verein für Menschenrechte übertragen worden. Die Aufgaben der Datenschutzstelle sind vielfältig, sie reichen von der Mitwirkung bei Gesetzesvorlagen, Einreichen von Stellungnahmen bei Vernehmlassungen, Beratung von Behörden, Privaten und Firmen, Information der Öffentlichkeit, Mitwirkung bei der internationalen Zusammenarbeit und der Aufsichtspflicht, ob der Datenschutz auch eingehalten wird. Die Aufgaben werden, wie schon erwähnt, eher zu- als abnehmen. Mit der Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung, der möglichen Abschaffung der Datenschutzkommission und der neuen europäischen Datenschutz-Grundverordnung kommt einige Arbeit auf die Datenschutzstelle zu. Am Schluss möchte ich nochmals betonen, dass der Datenschutz nicht zu einem Luxusgut verkommen darf. Der Landtag und die Regierung müssen sich Gedanken um eine ausreichend finanzierte Datenschutzstelle machen, sonst können wir uns von der Idee, Liechtenstein als Datenstandort zu promoten, gleich verabschieden. Herrn Mittelberger danke ich für seinen Einsatz. Ebenso spreche ich dem Team der Datenschutzstelle meinen Dank für die geleistete Arbeit aus.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Ich kann mich diesem Dank sehr gerne anschliessen. Und möchte gleich an Ihr Votum anschliessen, dass das Präsidium im Allgemeinen bei Anfragen der Datenschutzstelle diesen Anliegen sehr, sehr positiv gegenübersteht. Im Allgemeinen werden diese Anliegen bezüglich Personalbedarf auch positiv behandelt. Allerdings kennen Sie die Situation, die Zweiteilung der Verantwortlichkeiten innerhalb des Landtages: Nämlich dass das Präsidium Personalanträge behandelt, aber auch davon abhängig ist, dass die Geschäftsprüfungskommission ein entsprechendes Budget genehmigt. Die Sache ist also einigermassen kompliziert angelegt. Trotzdem denke ich, dass einem Anliegen der Datenschutzstelle so gut als möglich immer entsprochen wird. Wir wissen, dass wir die vergangenen vier Jahre mehr oder weniger mit einem Personalstopp konfrontiert waren. Und es war deshalb auch nicht sehr einfach, gerade der Datenschutzstelle besondere Rechte zukommen zu lassen und eben auch immer wieder eine personelle Erhöhung auch mitzutragen. Wir wissen, dass die Gesetzgebung verändert werden wird, und in diesem Zusammenhang wird das Landtagspräsidium sich natürlich auch bemühen, die Datenschutzstelle auf eine Basis zu stellen, damit sie ihre Aufgabe auch wirklich im Sinne des Datenschutzes wahrnehmen kann. Ich denke, das wird einige Veränderungen mit sich bringen.Abg. Mario Wohlwend
Danke, Herr Präsident. Bei der Lektüre sind mir ähnliche Punkte aufgefallen wie meinem Vorrednern, den Abgeordneten Risch und Konrad. Es sind drei Punkte, und zwar der Sanktionsmechanismus, welcher bis zu EUR 20 Mio. sich erstrecken kann, der Mehraufwand, den wir gehört haben, und dass die Datenschutz-Grundverordnung möglichst zeitgleich allenfalls mit der EU anwendbar ist. Diese drei Punkte induzieren bei mir einen Handlungsbedarf. Um ihren Aufgaben gemäss Datenschutz-Grundverordnung nachkommen zu können, um möglicherweise als nationale Datenschutzbehörde federführende Behörde für Unternehmen mit Hauptsitz in Liechtenstein sein zu können, hat die Datenschutzstelle bereits zusätzliche Ressourcen und Mittel angefordert, wie wir bereits gehört haben. Gemäss dem Protokoll der Geschäftsprüfungskommission wurde die Anforderung zurückgewiesen und ein paar Forderungen an den Antragsteller gestellt. Ich hoffe, dass der Forderung der GPK fristgerecht nachgekommen wird, sodass meine Hoffnung nicht eine aufgeschobene Enttäuschung ist. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Ich kann dazu sagen, dass das Präsidium dem Antrag entsprochen hat, die Geschäftsprüfungskommission aber die Genehmigung des Budgets noch zurückgestellt hat. Vielleicht möchte sich jemand aus der Geschäftsprüfungskommission dazu äussern.Stv. Abg. Alexander Batliner
Wie ich gestern bereits ausgeführt habe, hat die Geschäftsprüfungskommission das Budget bis auf die beiden Positionen «Gehälter» und «Sozialabgaben» genehmigt. Diese beiden Positionen wurden aus dem Grund nicht bewilligt, da die Notwendigkeit nicht fundiert begründet wurde, jetzt schon die Stellenprozente aufzustocken. Dies wurde mit der Datenschutz-Grundverordnung begründet und es wurde aber auch gesagt, dass es noch gar nicht sicher sei, dass diese Datenschutz-Grundverordnung dieses Jahr überhaupt käme. Die GPK hat gesagt, dass wir bereit seien, diese Budgetpositionen zu erhöhen, wenn es definitiv sei, dass die Datenschutz-Grundverordnung käme. In der Folge hat die GPK die beiden Beitragspositionen im Budget, das sind die Positionen 118.301.00 und 118.303.01, in der Höhe der Beträge des Vorjahres genehmigt.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank für diese Erklärung. Gibt es weitere Wortmeldungen zum Tätigkeitsbericht der Datenschutzstelle? Das ist nicht der Fall. Somit haben wir Traktandum 11 erledigt.-ooOoo-