Tätigkeitsbericht 2016 der Ombudsperson für Kinder und Jugendliche (OSKJ)
Landtagspräsident Albert Frick
Als letztes Traktandum des heutigen Tages werden wir noch Traktandum 19 behandeln: Tätigkeitsbericht 2016 der Ombudsperson für Kinder und Jugendliche.
Der Bericht steht zur Diskussion. Landtagsvizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Der Tätigkeitsbericht 2016 der Ombudsperson für Kinder und Jugendliche ist sehr überschaubar und angenehm zu lesen. Er zeigt einen guten Überblick über die Aktivitäten der Ombudsperson in den einzelnen Aufgabengebieten.Neben den Ausführungen, mit welchen Anliegen die Ombudsstelle im Jahre 2016 kontaktiert wurde, verweist der Bericht auch auf verschiedene Aktivitäten und Veranstaltungen, unter anderem auf die Sitzung der Kinderlobby mit dem Jahresthema «Recht des Kindes auf Schutz vor Gewalt und Missbrauch». Wie wir in den in- und ausländischen Medien in den vergangenen Wochen und Monaten leider immer wieder lesen mussten, ist das Thema Missbrauch von Kindern allgegenwärtig und die Schilderung der Ombudsperson, Frau Margot Sele, hinsichtlich der Situation in Liechtenstein sehr wichtig. Ihr Hinweis im vorliegenden Bericht bezüglich eines Handlungsbedarfs in Liechtenstein bei Fällen von sexuellem Missbrauch habe ich persönlich - als Mutter, aber auch als Anwältin - mit sehr gemischten Gefühlen gelesen. Auf der einen Seite wissen wir, dass sexueller Missbrauch tiefe Spuren in einem Menschen hinterlässt und das Leben der Betroffenen gänzlich zerstören kann. Die Leiterin der Ombudsstelle in Liechtenstein sieht nun im Umgang mit Fällen mit Verdacht auf sexuellen Missbrauch einen erheblichen Verbesserungsbedarf und übt Kritik an verschiedenen Berufsgruppen und Fachstellen. Sowohl für die Betroffenen, aber auch für die zuständigen Stellen stellt Kindsmissbrauch mit Sicherheit eine gravierende Ausnahmesituation dar. Auf der anderen Seite darf aber auch nicht vergessen werden, dass gewisse rechtsstaatliche Grundsätze und verfahrensrechtliche Vorgaben aufgrund von Gesetzen, wie zum Beispiel der EMRK, bei jedem Verfahren eingehalten werden müssen, was leider dazu führen kann, dass gewisse längere Zeitspannen unumgänglich sind und - so schwer es für die betroffenen Familien ist - leider akzeptiert werden müssen. Bekanntlich ist ja eine Verschärfung des Sexualstrafrechts in Liechtenstein geplant. Ich könnte mir vorstellen, dass sich die entsprechende Arbeitsgruppe den im Geschäftsbericht aufgeführten Kritiken annimmt und allenfalls Verbesserungen vorschlagen könnte. Des Weiteren möchte ich auf die im Bericht erwähnte Jugendsession des Vereins Jugendrat verweisen, welche im November des vergangenen Jahres im Landtagsgebäude stattgefunden hat. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen diskutierten dabei über aktuelle Themen und brachten diese zur Abstimmung. Die formulierten Lösungsansätze und Forderungen wurden sodann dem Landtagspräsidenten übergeben, welcher diese den Fraktionen zur Kenntnis brachte. Bekanntlich sinkt die Stimmbeteiligung bei den Landtagswahlen von Mal zu Mal. Ich finde es daher sehr wichtig, dass, wenn sich junge Menschen für politische Themen interessieren und einsetzen, wir dies auch entsprechend zur Kenntnis nehmen und allfällig in weitere Behandlung ziehen. Wie wir alle wissen, wurde Ende letzten Jahres der Verein für Menschenrechte in Liechtenstein gegründet und die Ombudsstelle neu unter dessen Dach angesiedelt. Der Tätigkeitsbericht 2016 ist daher der letzte Bericht der Ombudsstelle für Kinder und Jugendliche zuhanden des Landtags. Ich möchte der Ombudsfrau, Frau Margot Sele, für ihre engagierte und professionelle Arbeit zum Wohl der Kinder und Jugendlichen in Liechtenstein recht herzlich danken.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Georg Kaufmann
Geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete und Mitglieder der Regierung. Der vorliegende Tätigkeitsbericht zuhanden des Landtags ist der letzte seiner Art. Mit der Schaffung des Vereins für Menschenrechte durch den Landtag ist die Integration der Ombudsperson für Kinder und Jugendliche in Liechtenstein in den Verein mit vorbereitet worden. Derzeit wird der Start der operativen Tätigkeit meines Wissens vorbereitet und die operative Tätigkeit des Vereins beginnt in den nächsten Wochen. Im Kern wird sich die Arbeit dadurch aber nicht verändern. Organisatorisch wird die Beratungs- und Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche aber nicht mehr dem Landtag zugeordnet sein. Ich gehe davon aus, dass die neue weisungsunabhängige Anlauf- und Beschwerdestelle für Kinder und Jugendliche zukünftig im Rahmen des Jahresberichts des Vereins für Menschenrechte über ihre Tätigkeit berichten wird.Ich danke der Ombudsfrau Frau Margot Sele für ihre wertvolle Arbeit. Nicht immer war diese Arbeit einfach oder konfliktfrei, dennoch berichtet die Ombudsfrau von der ihr entgegengebrachten Wertschätzung bei der Arbeit. Im Berichtsjahr 2016 kam es in Liechtenstein zu einem öffentlichkeitswirksamen Missbrauchsfall, der über Monate das Landgericht und die OSKJ beschäftigt hat, weil sie Kontakt mit betroffenen Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern oder Rechtsvertretern hatten. Das OSKJ hat im Bericht die Belastungen der Betroffenen thematisiert und Kritik an der Organisation des Falls durch das Landgericht und die Staatsanwaltschaft geübt. Herr Landgerichtspräsident Willi Büchel hat die Kritik der Ombudsfrau Margot Sele in einer Stellungnahme zum Tätigkeitsbericht 2016 an den Landtag zurückgewiesen. Er hat die Anstrengungen der involvierten Behörden dargestellt, die den Fall so rasch und so schonend wie möglich für die Betroffenen zu Ende bringen wollten. Ich habe beide Ansichten zur Kenntnis genommen und rege an, dass ein regelmässiger, institutionalisierter Austausch gepflegt wird, um ein passendes Gefäss zum periodischen Austausch zu haben. So können Missverständnisse vermieden werden. Der OSKJ-Bericht thematisiert auch noch den Wunsch, statistische Angaben zur gemeinsamen Obsorge als Regelfall bei Scheidungen in Liechtenstein vom Landgericht zu erhalten. Aktuell gibt es dazu keine erhobenen statistischen Daten, wie die Entwicklungen seit den entsprechenden Gesetzesänderungen in Liechtenstein sind. Eigentlich schade, dass Gerichte und andere staatliche Institutionen nicht selbst bei diesem oder bei ähnlichen Themen Statistiken bereitstellen können. Sicher ist die Bereitstellung solcher Daten durch die Gerichte mit Aufwand verbunden. Aber wäre dies nicht auch organisatorisch zum Beispiel durch wissenschaftliche Arbeiten von Rechtsstudenten leistbar? Solche Arbeiten von Studierenden oder Praktikanten könnten durch die Gerichte angeregt werden. Gerade bei gesellschaftspolitisch interessanten Themen wie dem Thema gemeinsame Obsorge nach Trennung oder Scheidung als Regelfall ist das Bereitstellen von statistischen Daten kurz nach der Einführung des Gesetzes gewinnbringend für den Gesetzgeber und für die Öffentlichkeit. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Susanne Eberle-Strub
Vielen Dank, Herr Präsident, für das Wort. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Herzlichen Dank an Margot Sele für ihren Einsatz, der weit über ihre Anstellung hinaus ging, als Ombudsfrau für Kinder und Jugendliche in Liechtenstein und ihren ausführlichen Jahresbericht 2016. Dies ist, wie schon erwähnt, der letzte Bericht der OSKJ-Ombudsstelle zuhanden des Landtags, da die Ombudsstelle mit dem am 1.1.2017 in Kraft getretenen Gesetz über den Verein für Menschenrechte in Liechtenstein neu unter dem Dach des Vereins für Menschenrechte angesiedelt ist. Das Jahresthema 2016 war «Mein Recht auf Schutz vor Gewalt», was in einer Beitragsreihe im «Liechtensteiner Vaterland» thematisiert wurde. Durch diese Beiträge wurde auf die Problematik und die Auswirkungen von Gewalt auf Kinder hingewiesen und es wurden auch Gewaltpräventionsprojekte in Liechtenstein vorgestellt. Erfreulicherweise wird im Tätigkeitsbericht festgehalten, dass Liechtenstein im Bereich Prävention sehr gut aufgestellt ist. Ein weiteres sehr wichtiges Thema im Jahresbericht 2016 war der sexuelle Missbrauch bei Kindern und Jugendlichen. Hier sieht Margot Sele einen erheblichen Verbesserungsbedarf. Es ist verständlich, dass sich betroffene Eltern und Kinder durch den Verfahrensablauf bei Gericht, lange Fristen zwischen den Gerichtsterminen, Befragungen der Kinder, nicht verstanden und alleine gelassen fühlen. Für die Betroffenen ist ein solches Ereignis zutiefst einschneidend und je länger das Verfahren dauert, umso belastender. Doch wie schon erwähnt von meinen Vorrednern, ist zu bedenken, dass die Polizei genau recherchieren muss und dass die Fristen, die mit dem Verfahren zusammenhängen, eingehalten werden müssen. So ist ein Verfahrensablauf von etwas über fünf Monaten laut Gericht als speditiv zu betrachten. Unerlässlich ist aber auf alle Fälle eine gute Vernetzung der involvierten Fachstellen, denn die Missbrauchsopfer benötigen schnelle und nachhaltige Hilfe. Weiters wird im Jahresbericht darauf hingewiesen, dass ein Eltern- oder Erziehungsurlaub im ersten Lebensjahr des Kindes in der Erziehung hilfreich wäre. Durch die Mehrzeit für das Kind könnten Stress und Belastung abgebaut werden. Starke Eltern, starke Kinder. Mit der Einführung des neuen Kindschaftsrechts am 1.1.2015 wurde die gemeinsame Obsorge als Regelfall eingeführt und der Richter kann bei einer strittigen Scheidungsangelegenheit eine Mediation anordnen. Ob viele Mediationen angeordnet wurden, ist leider nicht bekannt. Die wichtige Arbeit der Ombudsperson für Kinder und Jugendliche in Liechtenstein ist sehr hoch einzuschätzen und wird auch unter dem Dach des Vereins für Menschenrechte weitergeführt. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall. Damit haben wir den Jahresbericht der OSKJ zur Kenntnis genommen. Wir haben Traktandum 19 erledigt. Ich schliesse für heute die Sitzung. Wir werden morgen um 9 Uhr mit den Beratungen fortfahren. Vielen Dank.Die Sitzung ist geschlossen (um 19:15 Uhr).
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