Jahresbericht 2016 der Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
Landtagspräsident Albert Frick
Sehr geehrte Frauen und Herren Landtagsabgeordnete, wir fahren mit den Beratungen fort. Wir kommen zu Traktandum 14: Jahresbericht 2016 der Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Der Bericht steht zur Diskussion.Abg. Susanne Eberle-Strub
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Als neue Delegationsleiterin möchte ich zuerst den scheidenden Mitgliedern der Europaratsdelegation für ihre Arbeit und ihren Einsatz während der letzten vier Jahre danken. Ein besonderer Dank an Delegationsleiter Rainer Gopp für den ausführlichen Jahresbericht 2016. Ein weiteres Lob und Dank gebührt Manuel Frick vom Amt für Auswärtige Angelegenheiten, Daniel Ospelt, ständiger Vertreter in Strassburg, seiner Sekretärin Christine Arnaud und natürlich der Delegationssekretärin Sandra Gerber-Leuenberger. Sie alle unterstützen die Delegation mit Rat und Tat, was die Arbeit für die Delegationsmitglieder sehr erleichtert. Wie im Jahresbericht 2016 zum Ausdruck kommt, ist eine Berichterstattung an die nationalen Parlamente beziehungsweise Regierungen wichtig, und ein verstärkter Austausch zwischen der Liechtensteiner Delegation und der Regierung beziehungsweise Landtag wäre wünschenswert. Der internationale Terrorismus wurde 2016 immer wieder thematisiert, und so wurde in der Sommersession eine Initiative der Parlamentarischen Versammlung «NoHateNoFear» gestartet, um viele Menschen zu einem Nein zu Angst und Hass zu motivieren. Die Debatten in der Parlamentarischen Versammlung im Jahre 2016 waren geprägt durch den Syrien-Konflikt, den Flüchtlingsstrom nach Europa, den Konflikt der Ukraine mit Russland, vor allem natürlich die Annexion der Krim und vieles mehr. Oder wie der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier an der Herbstsession 2016 richtig bemerkte: Die Welt ist aktuell aus den Fugen geraten angesichts der Kriege und Konflikte rund um Europa und der wachsenden Spannungen in vielen europäischen Staaten.Ebenfalls an der Herbstsession verteidigte der türkische Aussenminister die nach wie vor gültige Ausrufung des Notstandes, für welche die Türkei von einigen Parlamentariern gerügt wurde. Es wurde entschieden, die Geschehnisse in der Türkei zu beobachten und wenn nötig Massnahmen in Bezug auf die Menschenrechtssituation in der Türkei zu ergreifen. Aktuell kann ich Ihnen mitteilen, dass die Wiedereinführung des Monitoring-Verfahrens für die Türkei an der Frühjahrsession der Parlamentarischen Versammlung letzte Woche beschlossen wurde. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Patrick Risch
Besten Dank für das Wort, Herr Präsident. Jeder europäische Staat kann Mitglied des Europarates werden - vorausgesetzt, er akzeptiert die Wahrung der Menschenrechte und der demokratischen Grundfreiheiten. So steht es auf der Seite 3 des Delegationsberichtes der Parlamentarischen Versammlung. Schaue ich mir die Liste der Mitgliedsländer an, kommen mir Zweifel, ob sich alle Mitgliedsländer an diesen Grundsatz halten und danach handeln. Doch scheint der Europarat auf Verletzungen des Grundsatzes zu reagieren. Dem Mitglied Russland wurde schon im Jahre 2014 das Stimmrecht wegen der Annektierung der Krim entzogen. Russland hat - wohl aus Protest - auch in diesem Jahr entschieden, der Versammlung des Europarates fernzubleiben. Nach einer Debatte wurde eine Resolution verabschiedet, in welcher auf die Situation der Flüchtlinge in der Türkei hingewiesen wird. Auch Ungarn hat sich schon Kritik des Europarates gefallen lassen müssen. Die Parlamentarische Versammlung muss sich weiter verstärkt mit aller Kraft gegen die Verletzung von Menschenrechten und Beschneidung der demokratischen Grundfreiheiten in Europa, insbesondere in dessen Mitgliedsländern, einsetzen. Die Liechtensteiner Delegation war bei 55% der Besprechungen von Vorlagen und deren Abstimmungen im Europarat komplett vertreten. Bei 78% der Besprechungen von Vorlagen und deren Abstimmungen war zumindest eines von zwei Delegationsmitgliedern vor Ort. Die liechtensteinischen Delegationsmitglieder können aus personellen Gründen und aus Budgetgründen nur zum Teil an den Sitzungen der Fachkomitees teilnehmen. Eine Mitarbeit an den vorbereitenden Sitzungen ausserhalb der Session ist aufgrund eines Landtagsbeschlusses aus dem Jahr 2013 nicht mehr möglich. Ob diese Abwesenheit das Liechtensteinbild im Europarat verbessert oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Wir gelten aber sicher nicht als Musterschüler in Europa, wenn wir hier Minimalaufwand betreiben, wie es der Delegationsleiter Rainer Gopp auf Seite 35 des Berichtes ausdrückt. Seine Ausführungen geben mir zu denken. Auch die verantwortungsvolle Aufgabe, an Wahlbeobachtungen teilzunehmen, war dadurch in der letzten Legislatur nur noch eingeschränkt möglich. In der letzten Legislatur hat die Delegation des Europarates an drei Wahlbeobachtungen teilnehmen können, im Berichtsjahr an keiner. Gerade die erst kürzliche Verfassungsabstimmung in der Türkei zeigt, wie wichtig solche Beobachtungen sind. Das Organisieren und Durchführen von Wahlbeobachtungen in Mitgliedsländern ist eine elementare Aufgabe des Europarates und der Parlamentarischen Versammlung der OSZE - zu der wir später kommen -, bei denen Liechtenstein sich durch die Mitgliedschaft verpflichtet hat, einen Beitrag zu leisten. Gerade bei Wahlbeobachtungen wird die Teilnahme von Vertretern aus neutralen, unabhängigen und keinem regionalen Block verpflichteten Staaten wie Liechtenstein international hochgeschätzt. Sie leistet einen Betrag zur Akzeptanz der Untersuchungsergebnisse der Wahlbeobachtungen. Von 221 Konventionen des Europarates hat Liechtenstein gerade einmal 95 unterschrieben und grösstenteils ratifiziert, also vom Parlament gutgeheissen. Das ist eine Übernahmequote von weniger als 43%. Unter den zwar unterschriebenen, aber nicht ratifizierten Abkommen sind auch Abkommen, welche einen Diskriminierungsschutz bieten oder welche die Verhütung von Gewalt gegen Frauen unterstützen würden. Ausserdem wurde die Sozialcharta aus dem Jahre 1961, die 19 grundlegende Rechte garantiert, nicht dem Landtag zur Bestätigung vorgelegt. Warum zögert Liechtenstein bei diesen Themen? Diese Frage richte ich an Frau Aussenministerin Dr. Aurelia Frick. An den Sessionen im Jahr 2016 wurden einige Themen behandelt, wie der Kampf gegen Terrorismus, ausländische Kämpfer in Syrien und Irak, Übergriffe gegen Frauen in Europa und weitere Themen. Ich erachte die Themen als wichtig und auch für Liechtenstein zum Teil relevant. Im Delegationsbericht wird jeweils das Abstimmungsergebnis aufgeführt, also wer für eine, gegen eine Resolution war oder sich der Stimme enthielt. Leider fehlt das Abstimmungsverhalten der Liechtensteiner Delegation zu den einzelnen Resolutionen im Bericht. Ich rege an, dass diese in zukünftigen Jahresbe-richten detaillierter aufgeführt werden. Den Delegationsmitgliedern und der Delegationssekretärin danke ich für die wertvolle Mitarbeit im Europarat im letzten Jahr. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall. Ich bedanke mich für die Berichterstattung, wir haben den Bericht zur Kenntnis genommen und wir haben Traktandum 14 erledigt.
Wir kommen zu Traktandum 15: Jahresbericht 2016 der Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa). Der Bericht steht zur Diskussion. Abg. Patrick Risch
Herr Präsident, besten Dank für das Wort. Ich möchte nochmals kurz die Frage an die Frau Aussenministerin wiederholen, warum Liechtenstein zum Teil relativ lange braucht, um gewisse Resolutionen dem Parlament, also uns, zur Unterschrift vorzulegen oder zur Ratifizierung vorzulegen. Also insbesondere die drei erwähnten würden mich interessieren, das wären Diskriminierungsschutz, Gewalt gegen Frauen und die Sozialcharta.Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen kurz zurück auf Traktandum 14.Regierungsrätin Aurelia Frick
Wir müssen in der liechtensteinischen Aussenpolitik klar priorisieren. Es gibt eine grosse Anzahl von Konventionen, die für Liechtenstein interessant zu unterzeichnen und zu ratifizieren wären. Aber wir müssen unsere Ressourcen sehr, sehr stark bündeln. Es ist auch eine Politik, die die Regierung verfolgt, nicht nur im Rahmen der Sparmassnahmen, sondern eine Politik, die wir schon seit Jahrzehnten verfolgen. Es gibt beispielweise die Lanzarote-Konvention, die hier drin auch immer wieder diskutiert wurde. Ich bin in der Tendenz ein Befürworter, dass wir Konventionen unterzeichnen. Aber wir können mit unseren Ressourcen schlicht und einfach nicht alles tun. Sie haben jetzt zwei Konventionen oder drei erwähnt. Der Diskriminierungsschutz ist sicher eine Konvention, die wir genauer anschauen sollten oder müssen. Es ist im Moment aber nicht auf einem Plan, soweit ich das jetzt gerade in Erinnerung habe. Es gibt ja noch viele weitere Institutionen, bei denen wir Mitglied sind, die auch Konventionen auflegen, wo wir Mitglied werden könnten. Ein Beispiel dafür ist die Behindertenkonvention, von der ich persönlich denke, dass wir sie unterzeichnen sollten.
Also es ist eine Frage der Prioritätensetzung, aber ich schaue mir die drei Konventionen, die Sie jetzt heute in Bezug auf den Europarat erwähnt haben, sicher gerne noch einmal an. Etwas ist mir noch wichtig zu erwähnen: Es gibt ja viele Länder, die unterzeichnen eine Konvention einfach, und nachher passiert viele Jahre gar nichts oder es passiert überhaupt nie etwas. Wir haben hier eine sehr verlässliche Aussenpolitik. Wenn wir uns entscheiden eine Konvention zu unterzeichnen, dann machen wir das zu einem Zeitpunkt, in dem wir die innerstaatliche Gesetzgebung umgesetzt haben, und dann können wir auch relativ zeitnah die Ratifikation vornehmen. Und viele Länder sagen einfach einmal beispielsweise: Behindertenkonvention, das ist eine Konvention, hinter der stehen wir und wir möchten etwas für die Behinderten tun. Damit gibt man auch ein politisches Signal gegen aussen, aber innerstaatlich bringt man es dann vielleicht politisch nicht durch oder man hat einfach die Prioritätensetzung an einem anderen Ort und dann wird das ganz lange nicht ratifiziert. Wir haben hier eine komplett andere Politik, ich stehe hinter dieser anderen Politik, weil ich das Gefühl habe, dass Liechtenstein als verlässlicher Partner auftreten soll. Also dort, wo wir ein Signal nach draussen geben, da machen wir es auch wirklich und geben nicht nur ein politisches Signal mit einer Unterzeichnung.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Damit betrachte ich Traktandum 14 als erledigt.-ooOoo-