Interpellation «Finanzausgleich - Aufgabenentflechtung zwischen Land und Gemeinden» der Abgeordneten Christoph Beck, Peter Büchel, Frank Konrad, Violanda Lanter-Koller, Judith Oehri, Karin Rüdisser-Quaderer, Thomas Vogt und Christoph Wenaweser vom 8. September 2016
Landtagspräsident Albert Frick
Sehr geehrte Frauen und Herren Landtagsabgeordnete, wir fahren mit den Beratungen fort. Wir kommen zu Traktandum 7: Interpellation «Finanzausgleich - Aufgabenentflechtung zwischen Land und Gemeinden» der Abgeordneten Christoph Beck, Peter Büchel, Frank Konrad, Violanda Lanter-Koller, Judith Oehri, Karin Rüdisser-Quaderer, Thomas Vogt und Christoph Wenaweser vom 8. September 2016.Wird seitens der Interpellanten das Wort gewünscht? Abg. Christoph Wenaweser
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Die Stiftung Zukunft.li hat im Juni dieses Jahres eine Studie «Finanzausgleich - Argumente für eine Neuausrichtung» vorgestellt. Darin werden die heutige Funktionsweise des Finanzausgleichs in Liechtenstein unter die Lupe genommen, Vergleiche mit schweizerischen kantonalen Systemen angestellt und schliesslich verschiedene Anregungen gemacht, das heutige System weiterzuentwickeln. Die Interpellanten aus der VU-Landtagsfraktion erachten die Studie als geeignete Grundlage für eine grundsätzliche Diskussion dieser komplexen und viele Bereiche umfassenden Thematik im Zusammenspiel zwischen Land und Gemeinden einerseits und zwischen den Gemeinden andererseits.Nebst Fragen zum Finanzausgleichssystem beleuchtet die Studie auch andere Themenbereiche, wie zum Beispiel die heute noch vorhandenen Mischfinanzierungen für verschiedene Aufgabenbereiche. Die Gemeinden scheinen gerade diesem Bereich eine hohe Aufmerksamkeit zu schenken respektive wären anscheinend interessiert an einer Auflösung der Vermischung von Zuständigkeiten und der Finanzierung von verschiedenster Aufgaben.Die von den Gemeinden veröffentlichten Rechnungszahlen 2015 zeigen teilweise erstaunliche Resultate, die sich aber zwischen den Gemeinden auch sehr stark unterscheiden. Dies wirft nach Ansicht der Interpellanten grundsätzliche Fragen zur Mittel- und Aufgabenverteilung zwischen den beiden Staatsebenen auf. Die Fragen:
- Wie haben sich die Finanzzuweisungen des Landes an die Gemeinden seit Inkrafttreten des Finanzausgleichsgesetzes am 1.1.2008 pro Gemeinde entwickelt und wie beurteilt die Regierung ganz grundsätzlich das heutige System der Finanzzuweisungen in Bezug auf die gesetzliche Zielerreichung einerseits und bezüglich der damit verbundenen Anreizwirkungen andererseits.
- Wie stellt sich die Regierung zu einer grundsätzlichen Neuausrichtung des Systems, bei welcher die Reduktion der hohen Steuerkraftunterschiede der Gemeinden im Zentrum steht? Welche Vor- und Nachteile wären mit einem solchen Systemwechsel als Ganzes und für einzelne Gemeinden oder Gemeindegruppen verbunden?
- Stellt der in der Studie vorgestellte Ansatz zur Schaffung eines «Lastenausgleichs» aus Sicht der Regierung eine Möglichkeit dar, unterschiedliche Ausgangslagen der Gemeinden im Finanzausgleichssystem adäquater zu berücksichtigen als heute, und welches sind nach Ansicht der Regierung infrage kommende Lasten von Gemeinden, welche mit einem solchen Instrument reduziert werden sollten?
- Wie stellt sich die Regierung zu Überlegungen, die eigene Finanzkraft der Gemeinden durch einen höheren Anteil an der Vermögens- und Erwerbssteuer und/oder durch eine Zuteilung anderer Steuerarten zu stärken und im Gegenzug die Transferzahlungen des Landes zu reduzieren? Könnten damit die Anstrengungen der Gemeinden zur Erhöhung der Standortattraktivität unterstützt werden und könnten die Gemeinden auf diese Weise für sich wie auch für das ganze Land einen Mehrwert erwirtschaften?
- Die Gemeinden sind heute nicht frei in der Wahl des Zuschlages zur Vermögens- und Erwerbsteuer, indem das Steuergesetz eine obere und eine untere Grenze festlegt. Andererseits werden auch immer wieder Forderungen nach einer Vereinheitlichung des Zuschlags gestellt. Teilt die Regierung die in der Studie vertretene Meinung, dass eine Vereinheitlichung die Autonomie der Gemeinden untergraben würde und vielmehr im Rahmen einer Gesetzesreform eine Flexibilisierung das Ziel sein sollte, und welche Gründe sprechen für oder gegen einen solchen Ansatz?
- Bestehen bei der Regierung Pläne für eine Weiterführung des vor einigen Jahren begonnenen Projekts zur Aufgabenentflechtung zwischen dem Land und den Gemeinden? In welchem zeitlichen Horizont und in welcher inhaltlichen Abfolge wäre die Umsetzung weiterer Entflechtungsschritte aus Sicht der Regierung realistischerweise machbar?
- In der Ausgabe des «Volksblatts» vom 12.8.2016 wird ausgeführt, dass nach Ansicht des Vaduzer Bürgermeisters und der Gemeindevorsteher von Ruggell und Schellenberg vor einer gänzlichen Systemumstellung des Finanzausgleichs der angesprochenen Aufgabenentflechtung eine höhere Priorität eingeräumt werden sollte. Teilt die Regierung diese Ansicht und welche Gründe sprechen dafür oder dagegen, dass eine Aufgabenentflechtung zeitgleich mit Anpassungen am Finanzzuweisungssystem erfolgen sollte?
- Und zur letzten Frage: In der letzten Legislaturperiode wurde von der Regierung das Projekt «perspektive 11eins» mit dem Ziel einer Stärkung der Zusammenarbeit unter den Gemeinden und der Koordination mit dem Land lanciert. Dem Vernehmen nach scheiterte eine Weiterführung des Projekts an der Finanzierungsfrage. Wie stellt sich die Regierung zu diesem Projekt und erachtet sie es als prüfenswert, die bereits geleisteten Arbeiten wieder aufzunehmen und weiterzuführen?
Besten Dank.
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Wir werden die Interpellation an die Regierung weiterleiten. Damit haben wir Traktandum 7 erledigt.-ooOoo-