PERSONENVERKEHR IM EWR (1. UND 2. TEIL) (NR. 150/1999 UND NR. 10/2000)
Landtagspräsident Peter Wolff:
Guten Morgen, meine Damen und Herren. Wir setzen unsere öffentliche Landtagssitzung mit dem zweiten Tag fort. Ich muss für heute den Abg. Oswald Kranz entschuldigen. Er wird durch den stellvertretenden Abg. Viktor Meier ersetzt. Wir sind bei Punkt 14 der Tagesordnung angelangt: Bericht und Antrag der Regierung betreffend die Lösung "Personenverkehr" im EWR. Der Bericht Teil 1 Nr. 150/1999 und Teil 2 Nr. 10/2000 steht zur Diskussion. Hinsichtlich der Vorgangsweise möchte ich nur einleitend darauf hinweisen: Ich schlage vor, wir diskutieren gesamthaft über diese beiden Teile des Berichtes der Regierung, dann stimmen wir zunächst über den Antrag betreffend Zustimmung zum Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 17. Dezember 1999 ab, und führen anschliessend die 1. Lesung des in diesem Zusammenhang vorgelegten Gesetzes durch.Abg. Peter Sprenger:
Herr Präsident, Damen und Herren Kollegen. Die Umsetzung der Lösung des Personenverkehrs im EWR ist den Abgeordneten, wie Sie bereits erwähnt haben, in zwei Teilen, nämlich der erste Teil mit Datum vom 21.12.1999 und der zweite Teil mit Datum vom 15.2.2000 zugegangen. Dieses atemberaubende Tempo der Regierung ist zu loben, hatte doch der Joint Committee erst am 17. Dezember 1999 das zwischen Liechtenstein und EU ausgehandelte Ergebnis beschlossen. Sie erinnern sich sicher, dass das erfreuliche Ergebnis anlässlich unserer Landtagssitzung vom 17.12.1999 von allen, die sich dazu geäussert haben, mit tiefer Befriedigung aufgenommen und die Regierung und weitere beteiligten Kreise sehr gelobt wurden.Der erste Teil des Berichtes und Antrages befasst sich mit der eingehenden Darstellung des ausgehandelten Ergebnisses und dem Rechtstext des erwähnten Joint-Committee-Beschlusses. Der zweite Teil befasst sich mit der Umsetzung des Verhandlungsergebnisses in Form eines Begleitgesetzes, nämlich des Gesetzes über die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen, kurz ABVG genannt. Dieses Gesetz beinhaltet neben dem ordentlichen Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen neu die Bestimmungen für die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen durch das einzuführende Auslosungsverfahren. Zudem soll eine Straffung des Bewilligungsverfahrens bewirkt werden, damit eine rasche und transparente Abwicklung der Gesuche gewährleistet ist. Daneben sollen die bisherigen Verordnungen in diesem Bereich, nämlich die Begrenzungsverordnungen und die Verordnungen über den Personenverkehr im EWR zu einer einzigen neuen Verordnung der neuen Personenverkehrsverordnung zusammengefasst werden. Auf die Details der Lösung einzutreten, macht an dieser Stelle wenig Sinn, da diese im Bericht und Antrag eingehend dargestellt sind. Abschliessend möchte ich erneut festhalten, dass es der Regierung trotz immer wieder geäusserter Bedenken der Opposition gelungen ist, durch zähe Verhandlungen diese sensible Frage zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Damit hat der vor seiner Einführung heftig diskutierte EWR für Liechtenstein seine eigentliche Nagelprobe bestanden. Es wird immer gesagt, die EU schere alles über einen Leist. In diesem Falle hat für einmal Liechtenstein aufgrund der allen bekannten speziellen Situation eine ausdrückliche Sonderlösung in der Frage der Personenfreizügigkeit zugestanden erhalten. Während sieben Jahren kann Liechtenstein sein Bewilligungssystem aufrechterhalten. Nach Ablauf dieser Frist ist bereits heute eine erneute Überprüfung, die dann erneut die besondere Situation Liechtensteins berücksichtigen wird, vorgesehen. Die Nachhaltigkeit der Lösung bleibt damit gewährleistet. Für diese historische Leistung bei der Lösung eines zentralen Problems unseres Staatswesens möchte ich allen Beteiligten, allen voran Regierungschef Mario Frick, Aussenministerin Andrea Willi, Botschafter Prinz Nikolaus sowie den zuständigen Herren und Damen des Ausländer- und Passamtes sowie des Amtes für Auswärtige Angelegenheiten den Dank aussprechen und gehe davon aus, dass ich dies im Namen des gesamten Landtags tun darf.Es dürfte angesichts des überzeugenden Resultates der Opposition auch schwerfallen, auch in dieser Frage ein Haar in der Suppe zu finden und auch diesbezüglich in das allgemeine Versagerlamento im Zusammenhang mit unserer Regierung einzustimmen. Die Regierung hat mir dieser Lösung ihr Gesellenstück abgeliefert und ihre Leistungsfähigkeit eindrücklich unter Beweis gestellt. Landtagsvizepräsident Otmar Hasler:
Herr Präsident, meine Damen und Herren, Herr Fraktionssprecher. Ich werde trotzdem noch einige Anmerkungen zur EWR-Regelung zum Freien Personenverkehr machen, auch wenn ich Oppositionspolitiker bin. Ich nehme an, es wird nicht das vielberüchtigte Haar in der Suppe sein, das ich hier suche. In der Diskussion über den Beitritt Liechtensteins zum Europäischen Wirtschaftsraum hat das Argument der Grössenverträglichkeit eine wesentliche Rolle gespielt. Besonders die Problematik des Freien Personenverkehrs und damit die Öffnung Liechtensteins mit seinen attraktiven Rahmenbedingungen für eine unkontrollierbare Überfremdung machten viele Menschen skeptisch. Verschiedene Übergangsfristen in sensiblen Bereichen sowie die Regelung für den Freien Personenverkehr sollten der liechtensteinischen Politik die Zeit für die notwendigen rechtlichen Anpassungen sowie ein ordnungspolitisches Instrument in die Hand geben, um beim Zuzug von EWR-Bürgern zahlenmässige Begrenzungen aufrechterhalten zu können. In jüngster Vergangenheit sind verschiedene Übergangsfristen ausgelaufen. Der freie Kapital- und Dienstleistungsverkehr ermöglichen zum Beispiel die freie Niederlassungen von Banken und Versicherungen in Liechtenstein. Das bewirkt eine beträchtliche Zunahme von Bankniederlassungen, was wiederum eine erhöhte Nachfrage nach entsprechend qualifizierten Arbeitskräften nach sich ruft. Auch die Möglichkeit der Beteiligung und Übernahme von Unternehmen, die Liberalisierung im Telekommunikationsbereich, die Öffnung im öffentlichen Beschaffungswesen, die Gleichbehandlung aller EWR-Bürger im Grundverkehr, die grenzüberschreitende Dienstleistungsfreiheit sind Veränderungen, die der EWR-Beitritt nach sich zog. Bezogen auf den Freien Personenverkehr hat die Regierung das Verbot des Stellen- und Berufsbranchenwechsels für EWR-Bürger bereits aufgehoben. Weiter wurde für EWR-Bürger, die einer unselbstständigen Grenzgängertätigkeit nachgehen, die Bewilligungspflicht abgeschafft. Somit herrscht auf dem Arbeitsmarkt die Personenfreizügigkeit. Die Nachfrage nach Arbeitskräften in der stark wachsenden Wirtschaft stösst im Inland auf Grenzen. Die Zahl der Grenzgänger hat deshalb stark zugenommen. Aber auch der Konkurrenzdruck ist grösser geworden. In diesem Zusammenhang ist die nun gefundene Lösung im Bereich des Personenverkehrs im EWR zu sehen. Die oben genannten Faktoren rufen geradezu nach einer weiteren Zuwanderung von Menschen. Sichtbarer Ausdruck sind die wachsenden Dörfer, der zunehmende Verkehr, wie wir ja gestern lange diskutiert haben. Aber auch gesellschaftspolitisch hat der Integrationsprozess vieles in Bewegung gebracht. Der EWR entfaltet seine Wirkung weit über die wirtschaftliche Integration hinaus. Die Frage, wie sich diese Zuwanderung auswirkt, wenn die wirtschaftliche Entwicklung nicht mehr so günstig verläuft, bereitet so manchem Kopfzerbrechen.Nun zur vorliegenden Lösung: Ziel der Verhandlungen war, eine möglichst dauerhafte Lösung, die die Möglichkeit der Begrenzung des Zuzugs vorsieht, zu erreichen. So auch die Aussage des Herrn Regierungschefs im November-Landtag 1998. Es ist nun gelungen, dass für den Zuzug aus dem Ausland weiterhin ein Bewilligungssystem Anwendung findet. Dabei müssen Bewilligungen bis zu einer bestimmten Quote in einem zweiteiligen Verfahren erteilt werden. Anknüpfungspunkt ist dabei die Zahl der Personen aus dem EWR, die am 1.1.1998 in Liechtenstein waren und eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübten. Bezugspunkt sind also nicht die in Liechtenstein lebenden EWR-Bürger, sondern die Personen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Der jährliche Neuzuwachs, so wie er in der Regelung festgelegt ist, bedeutet, dass 56 Personen jeweils neu zuziehen können. Zur Hälfte werden die Bewilligungen nach festgelegten Kriterien und zur Hälfte durch Verlosung gegeben. Der Familiennachzug ist vorgesehen. Dazu kommt, dass ein EWR-Bürger, der die Arbeitsstelle und den Wohnsitz in Liechtenstein aufgibt, durch einen anderen EWR-Bürger ersetzt werden kann. Auch bei den Ersatzanstellungen ist der Familiennachzug vollumfänglich gewährleistet. Familienmitglieder haben auf jeden Fall das Recht, eine Erwerbsarbeit aufzunehmen, auch wenn die Quote bereits erfüllt ist. Wenn nicht, werden sie der Quote angerechnet. Kurzaufenthaltsbewilligungen werden ebenfalls über eine Kennzahl erfasst, damit nicht mit Hilfe erhöhter Kurzaufenthaltsbewilligungen die Aufenthaltsbewilligungen künstlich tief gehalten werden können. Eine zusätzliche Quote wird auch für Rentner und Studenten vorgesehen. Innerhalb von 5 Jahren muss das Saisonnierstatut aufgehoben werden. Die in Liechtenstein tätigen Saisonniers erhalten eine entsprechende Bewilligung. Damit wird den Saisonniers ermöglicht, ihren Lebensmittelpunkt samt Familie nach Liechtenstein zu verlegen. Die geltende Grenzgängerregelung, d.h. Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung, aber mit Pflicht, täglich an den Wohnort zurückzukehren, kann beibehalten werden. Schliesslich ist Liechtenstein praktisch ausschliesslich Grenzland. Gesamthaft betrachtet verpflichtet sich Liechtenstein, einen jährlichen Zuwachs an EWR-Bürgern zuzulassen. Der Zuwachs ist jedoch beschränkt. Mit dem heutigen wirtschaftlichen Wachstum wird die Quote wohl eher überschritten werden. Es konnte zwar keine dauerhafte Ausnahmeregelung im Freien Personenverkehr erreicht werden, dafür eine Übergangsfrist von 7 Jahren. Vor dem Ablaufen der Übergangsfrist wird der Gemeinsame EWR-Ausschuss eine Überprüfung vornehmen. Dabei wird wiederum die besondere Situation Liechtensteins zu berücksichtigen sein. Liechtenstein muss dann wiederum darlegen, dass ohne entsprechende Ausnahme es in seinen Interessen geschädigt werde. Insoweit ist die getroffene Regelung nicht abschliessend gelungen. Die Lösung, wie sie nun für die nächsten 7 Jahre vorliegt, ist nicht selbstverständlich. Die EU tut sich schwer, vom Prinzip der Personenfreizügigkeit Abstriche zu machen. Der hier gefundene Ausgleich der Interessen ist ein vorläufiger. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie sich der Einwanderungsdruck entwickelt. Auch wenn die gewünschte absolute Ausnahme nicht erreicht werden konnte, so möchte ich allen an den Verhandlung Beteiligten, wie das bereits der Fraktionssprecher der Vaterländischen Union getan hat, meinen Dank aussprechen. Der Integrationsprozess ist nicht abgeschlossen. Für Liechtenstein wird die Positionierung in einem sich schnell verändernden europäischen Umfeld eine Herausforderung bleiben. Die Integration der in Liechtenstein lebenden Menschen wird ein ständiger Prozess sein müssen, wohin sich der EWR auch immer entwickeln wird.Abg. Otto Büchel:
Herr Präsident, geschätzte Abgeordnete. Im Zusammenhang mit dem aktuellen Traktandum zur Lösung Personenverkehr im EWR nenne ich das Erfreulichste gerne zuerst. Nach anspruchsvollen und über mehrere Jahre andauernden Verhandlungen konnte Ende 1999 eine neue und sehr faire Vereinbarung für dieses für Liechtenstein so wichtige Thema abgeschlossen werden. Liechtenstein verfügt damit weiterhin über eine Sonderlösung zur Personenfreizügigkeit. Ich erlaube mir einleitend zu meinen Ausführungen einen Blick in die Vergangenheit. Bereits im Vorfeld unseres EWR-Beitritts im Mai 1995 war die kontrollierbare und auch beeinflussbare Entwicklung auf dem Gebiet des Freien Personenverkehrs eine ganz zentrale Bedingung und eines unserer wichtigsten Anliegen im Zusammenhang mit der EWR-Mitgliedschaft. Diesen Status, welcher im Protokoll 15 zum EWR-Vertrag für Liechtenstein festgeschrieben wurde, galt es über den ersten Review-Termin per Ende 1997 unbedingt beizubehalten. Wie die Regierung im Bericht und Antrag ausführt, wurden daher ab 1996 vorerst informelle Kontakte, dann ab 1997 formelle Gespräche geführt, um unsere Vertragspartner frühzeitig für das Thema zu sensibilisieren. Es waren vor allem drei Themenblöcke respektive drei grundsätzliche Fragen zu klären. Aufgrund der ersten Erfahrungen und der aktuellen Situation ging es vorerst um die Feststellung, welche Abweichungen von den Grundsätzen des EWR-Rechts für Liechtenstein aufgrund seiner sehr spezifischen Situation notwendig waren. Eine zahlenmässige Beschränkung war unabdingbar. Im Weiteren war die Rechtsform zu bestimmen, nach welcher die Neuregelung zu behandeln war. Man kam letztlich überein, der weitaus einfacheren Situation mit der Behandlung im Gemeinsamen EWR-Ausschuss im Gegensatz zu einem separaten und sehr langwierigen Prozess mit einem Ratifizierungsverfahren in allen Mitgliedsländern den Vorzug zu geben. Dann war auch die Frage der Schlussklausel festzulegen, welche das weitere Vorgehen am Ende der Neuregelung bestimmt. Die Klärung dieser Fragen nahm deutlich mehr Zeit als vorgesehen in Anspruch. Es bedurfte deshalb der einseitigen Auslösung der Schutzklausel per Ende 1997, um die Regelungen der auslaufenden ersten Vereinbarungen weiter behalten zu können. Die Wirksamkeit der Schutzklausel war nie infrage gestellt, sodass von dieser Seite her kein zusätzlicher Druck entstand. Kurz vor Ende letzten Jahres nun konnten die Bemühungen und Verhandlungen für die neue Vereinbarung im Freien Personenverkehr für Liechtenstein mit einem äusserst positiven Resultat abgeschlossen werden. Der so wichtige Verhandlungserfolg der Regierung ist besonders auch darauf zurückzuführen, dass man sich nie unter Zeitdruck setzen liess und vor allem die eigenen Argumente und die eigene Position konsequent vertreten hat. Die Strategie und Verhandlungsführung unter der versierten Oberleitung unseres Regierungschefs Dr. Mario Frick haben sich bezahlt gemacht und sind belohnt worden. Der Einsatz aller Beteiligten, das zielstrebige Verhalten, namentlich auch die besonderen Bemühungen unseres Botschafters in Brüssel, S.D. Prinz Nikolaus, sind alles Elemente des Erfolges und verdienen die gebührende Anerkennung.Das vorliegende Resultat übertrifft hochgesetzte Erwartungen. Liechtenstein kann die Vorteile und Möglichkeiten seiner EWR-Mitgliedschaft in der nächsten Zukunft frei von einer Ungewissheit auf dem sensiblen Bereich des Personenverkehrs nutzen und ausbauen. Die vorliegende Lösung sieht also nicht nur eine für EWR-Verhältnisse lange Übergangsfrist von 7 Jahren bis zum 31. Dezember 2006, sondern auch eine Überprüfung vor Ablauf der Frist vor. Die gesetzliche Regelung und deren Umsetzung ist im separaten Bericht und Antrag Nr. 10/2000 im Einzelnen beschrieben. Es wurde darüber auch in der Landespresse ausführlich berichtet. Ich verzichte darauf, hier nochmals ins Detail zu gehen. Im Zentrum der neuen Übereinkunft stehen jene Personen, welche in Liechtenstein einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen. Eine zusätzliche Quote wird für Rentner und Studenten vorgesehen. Eine neue Situation wird nach einer Übergangsfrist von 5 Jahren für die Saisonniers eintreten. Das Saisonnierstatut für EWR-Bürger wird danach aufgehoben. Abschliessend anerkenne und verdanke ich nochmals mit dem gebotenen Respekt die erreichten Verhandlungsresultate und Vereinbarungen. Gerne werde ich dem vorliegenden Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses meine Zustimmung geben und spreche mich auch für Eintreten auf die begleitende Gesetzesvorlage aus.Abg. Gebhard Hoch:
Guten Morgen. Ich möchte mich dem allgemeinen Lob anschliessen, obwohl ich das schon im Dezember-Landtag gemacht habe.Zwei Ihrer Ausführungen, Herr Kollege Sprenger, veranlassen mich doch noch, eine kurze Bemerkung zu machen. Ob mit dieser Lösung die EWR-Nagelprobe bestanden ist, wird sich spätestens im Laufe der nächsten paar Monate weisen. Stichwort Steuerharmonisierung. Ich befürchte, dass da noch einige Probleme auf uns zukommen werden. Dann glauben Sie, dass mit dieser Lösung die Regierung das Gesellenstück abgeliefert hat. Wir sind jetzt im letzten Viertel der Legislaturperiode. Es wird langsam Zeit für das Gesellenstück. Ich hätte mich mehr gefreut, wenn die Regierung die Meisterprüfung abgelegt hätte. Aber ernsthaft: Wir haben jetzt diese Beschränkung im Personenzuzug. Ob sie in der Praxis verhält, möchte ich bezweifeln. Und zwar möchte ich ein ganz aktuelles Beispiel bringen und den Regierungschef fragen, wie die Lösung in Bezug auf die Angestellten aussehen könnte. Gerüchteweise hört man, dass eine neue Bank nach Liechtenstein zieht und die im grossen Stil ihren Auftritt plant. Wie gesagt, das höre ich so. Die Konzession soll in nächster Zeit von der Regierung erteilt werden. Angeblich will diese Bank innerhalb eines Jahres einen Personalstand von 100 Leuten haben und soll auch schon Pläne haben, ein Grundstück hier zu kaufen, zu bauen und innerhalb kürzester Zeit den Personalbestand auf 200 bis 300 Leute auszubauen. Nun, wenn wir diese Beschränkungen haben, würde das ja heissen, dass mit Ausnahme einiger ganz weniger Kaderleute alle diese Leute Grenzgänger sein müssen, die in Feldkirch, Sevelen oder Buchs wohnen. Ich kann mir das schlicht nicht vorstellen, wenn eine Bank so grosse Pläne hat, dass sie nicht vorgängig mit der Regierung gesprochen hat und gewisse Zusagen sich geben lässt. Wenn man im Rahmen des EWR von 56 neuen Personen pro Jahr rechnet, dann kann man sich leicht ausrechnen, dass Sie einem neuen Arbeitgeber, wie es diese Bank ist, nicht allzu viele Kontingente zusprechen könnten. Überhaupt stellt sich mir das Problem: Wenn wir in gewissen Bereichen eine Expansion planen, wie vor allem in den letzten Jahren im Finanzdienstleistungssektor, ist es meines Erachtens auf lange Sicht gesehen nicht möglich, nur über Grenzgänger zu operieren. Ich möchte die Regierung ersuchen, diesbezüglich ihre Vorstellungen für die - sagen wir einmal - für die nächsten 5 bis 10 Jahre zu geben.Abg. Paul Vogt:
Ich möchte den Herrn Regierungschef ersuchen, mir die Passage Seite 18 zu erläutern: "Der Hohe Landtag hatte im November 1997 die Möglichkeit, sich mit einer Petition zur Abschaffung des Saisonnierstatuts auseinanderzusetzen. Die klare Mehrheit des Landtags wünschte einen geordneten Übergang". Das grenzt an Geschichtsklitterung. Abg. Peter Sprenger:
Ich möchte dem Kollegen Hoch sagen, dass er angesichts der Jugendlichkeit der Regierung ihr eine gewisse Zeit einräumen muss. Ich bin sicher, dass das von ihm geforderte Meisterstück in der nächsten Legislatur abgeliefert wird, wenn sie die Opposition nicht allzu stark daran hindert.Abg. Volker Rheinberger:
Herr Präsident. Es wurde bereits kurz angetönt. Man kann davon ausgehen, dass mit diesen 56 Bewilligungen der Bedarf für die Zukunft bei weitem nicht gedeckt ist. Wir haben ja gesehen, wie die Wirtschaft prosperiert. Man hat eine - es wurde gestern schon erwähnt - eine Diversifikationspolitik formuliert. Man will mehrere Wirtschaftszweige fördern, d.h. auf mehreren Gebieten wird ein beträchtliches Wachstum zu erwarten sein, und das nicht nur im Bankensektor. Also wir werden in Zukunft einen enormen Bedarf an Arbeitskräften haben, und zwar nicht nur Führungskräfte, sondern generell Arbeitskräfte, die man - es wurde ja schon erwähnt - eigentlich über die Grenzgängerregelung abdecken möchte. Ich möchte jetzt die Regierung fragen, ob diesbezüglich in irgendeiner Form bilaterale Verträge oder Abmachungen bestehen, oder was diesbezüglich geplant ist? Bilateral meine ich einerseits mit der Schweiz in Bezug auf die Grenzgänger und andererseits auch mit Österreich in Bezug auf die Grenzgänger. Man könnte sogar noch weitergehen. Wir wissen ja auch, dass es nicht nur Grenzgänger aus diesen beiden Staaten gibt, sondern sogar bis nach Deutschland hin, also Leute, die sogar täglich von Deutschland nach Liechtenstein pendeln. Und dann würde mich auch interessieren, wie sich generell unsere Nachbarländer, allen voran Österreich dazu stellt, dass Liechtenstein seine Arbeitskräfte aus dem gesamten EWR-Raum rekrutiert und diese mehr oder weniger in Vorarlberg ansiedelt.Landtagsvizepräsident Otmar Hasler:
Herr Präsident. Im Anschluss an die Ausführungen der Abgeordneten Gebhard Hoch und Volker Rheinberger stellt sich ja generell die Frage nach dem sogenannten Ausländerkonzept. Die Regierung hat ja ausgeführt, dass sie nach Abschluss dieser Verhandlungen ein solches Konzept in Angriff nimmt.Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich glaube, meine Damen und Herren, dass wir einerseits in der Erörterung von Einzelheiten und von Fragen, die eigentlich nur am Rande mit diesem aussenpolitischen Thema zu tun haben, uns nicht von der Bedeutung dieses erzielten Erfolges ablenken lassen sollten. Andererseits zeigen aber gerade die Beispiele oder die Voten der Abgeordneten Gebhard Hoch und auch Volker Rheinberger auf, worin eigentlich die Bedeutung dieses Vertragsabschlusses, dieses Beschlusses des Gemeinsamen EWR-Ausschusses für unser Land liegt. Das Wesentliche ist doch, dass die EWR-Bürger - mit Ausnahme dieser 56 Personen, dieser 1,75% Nettoanstieg gegenüber dem beschäftigten Stand an EWR-Ausländern per 1.1.1998 - keinen Rechtsanspruch darauf haben, auch weiterhin nicht, in unser Land ziehen zu dürfen. Was über 56 Personen hinaus von unseren Behörden nach unseren Rechtsvorschriften, nach unserem Ermessen, nach Ausländerkonzept, nach Wirtschaftswachstumsabsichten des Fürstentums Liechtenstein zugelassen wird, das ist unsere Sache. Das wird durch diesen Beschluss auch in gar keiner Weise tangiert. Aber wesentlich ist doch, dass Liechtenstein hier erreicht hat, dass, wie es in Punkt 1 dieses Beschlusses des Gemeinsamen EWR-Ausschusses heisst: "Staatsangehörige Islands, Norwegens und der EU-Mitgliedsstaaten sich nur mit Genehmigung der Behörden Liechtensteins in Liechtenstein niederlassen dürfen, und mit den unten aufgeführten Einschränkungen" - das sind die 56 - "keinen Rechtsanspruch auf diese Genehmigung haben". Wenn es nach Ansicht von Wirtschaftskreisen notwendig sein sollte, mehr neue Aufenthaltsbewilligungen zu erteilen, dann liegt es weitgehend in der Hand der Regierung, einerseits durch Ausgestaltung der entsprechenden Verordnungen, andererseits in der Genehmigungspraxis dann darüber zu entscheiden. Aber das Wichtige für unser Land ist doch, dass wir nicht staatsvertraglich gebunden sind, dass wir nicht verpflichtet sind, mehr als diesen sicherlich verträglichen Zuwachs von 56 EWR-Staatsangehörigen pro Jahr zulassen zu müssen. Und dass dies nicht nur für diese weitere Frist von 7 Jahren, sondern wie man aufgrund der Formulierungen dieses Beschlusses - glaube ich - ohne übergrossen Optimismus annehmen darf, auch für weitere Zeit möglich sein wird, ein solches Beschränkungsregime beizubehalten. Das ist nun in der Tat, meine ich, auch wenn es schon vielfach gesagt wurde, ein sehr grosser Erfolg und meiner Meinung nach nicht nur ein Gesellenstück, sondern durchaus einer Meisterprüfung, wie es der Abg. Hoch gesagt hat, vergleichbar. Wie richtig gesagt wurde, haben wir bereits im Dezember unsere Befriedigung über diesen erreichten Verhandlungserfolg zum Ausdruck gebracht und auch den daran beteiligten Beamten und Regierungsmitgliedern gedankt. Es schadet aber nicht, wenn man dies noch einmal tut, denn ich glaube, dies war, wenn ich zurückdenke an die Zeit des Beitrittes zum EWR-Abkommen, aber auch an die Zeit von Ende 1996 und dem Jahr 1997, wo man teilweise fast angstvoll darauf gewartet hat, was sich hier ergeben wird, weil man genau gewusst hat, dass wir keinen völkerrechtlich verbrieften Anspruch darauf haben, eine solche Lösung auch weiterhin eingeräumt zu erhalten, und dass wir daher bis zu einem gewissen Ausmass durchaus vom Wohlwollen unserer EWR-Partner abhängig sind. Wenn man sich daran zurückerinnert, und wenn man bedenkt, welch sehr zweifelnde und kritische Stellungnahmen gerade hier im Landtag während der Verhandlungszeit schon Ende 1997, aber vor allem auch während des Jahres 1998 hier sicherlich verständlicherweise zu hören waren, wo klar durchhörbar war die Befürchtung, dass das sich Hinziehen dieser Gespräche wohl nur ein negatives Endresultat bedeuten könne, wenn man das alles Revue passieren lässt, dann kann man als Liechtensteiner, ganz unabhängigen vom sonstigen politischen Standpunkt, als Bürger dieses Landes nur hocherfreut sein. Angelpunkt und Ausgangspunkt dieser positiven Entwicklung war sicherlich die Erklärung des EWR-Rates zur Freizügigkeit vom Dezember 1994, die dann in einen entsprechenden Beschluss vom 10. März 1995 vorgängig unseres EWR-Beitritts aufgenommen wurde. Und diese Worte, dass der EWR-Rat anerkennt, dass Liechtenstein ein sehr kleines bewohnbares Gebiet ländlichen Charakters mit einem ungewöhnlich hohen Prozentsatz an ausländischen Gebietsansässigen und Beschäftigten ist, und dass der EWR-Rat das vitale Interesse Liechtensteins an der Wahrung seiner nationalen Identität anerkennt, diese Formulierung ist das Um und Auf gewesen, um auch hier in diesen Verhandlungen zu diesem Ergebnis kommen zu können und vor allem, um in der einleitenden Präambel des Art. 1 die Zusicherung erhalten zu können, dass der Gemeinsame EWR-Ausschuss bis Ende 2006 neuerlich eine Überprüfung vornehmen wird, auf deren Grundlage er unter Berücksichtigung der geographischen Lage Liechtensteins dann beschliessen kann, solche Beschränkungsmassnahmen beizubehalten. Nachdem wir wissen, wie es in Liechtenstein beschäftigungspolitisch und hinsichtlich des Ausländeranteils aussieht, wissen wir auch, besonders wenn wir Beispiele hören wie das vom Abg. Gebhard Hoch genannte über eine zuzugswillige Bank, dass kaum damit zu rechnen ist, dass in den nächsten Jahren hier ein Abflauen des Drangs nach Zuzug stattfinden wird. Ich glaube, man muss daher kein Prophet sein, um heute schon sagen zu können, dass auch in 6 Jahren die Situation sich nicht so dramatisch verändert haben wird, dass der Gemeinsame EWR-Ausschuss dann etwa keinen Anlass mehr haben wird, neuerlich über die Weitergeltung solcher Beschränkungsmassnahmen zu beschliessen. Ich möchte zum Abschluss in diesem Zusammenhang aber auch noch einen Gedanken anschliessen - auch wenn ich solche Absichten höre, wie sie vom Abg. Hoch erwähnt wurden, von einer Bank, die hier im grossen Stil sich niederlassen will - wir sollten uns trotz dieses Verhandlungserfolges und trotz des Verständnisses, das uns bisher immer eigentlich von den EWR-Partnern entgegengebracht wurde, meiner Meinung nach nicht zu sehr darauf verlassen, dass es gewissermassen selbstverständlich sei, dass uns als kleinem Land, das sich nur auf Verständnis und auf internationale Verträge verlassen kann, immer so entgegengekommen werden muss. Ich glaube, wir sollten auch selbst dafür sorgen in unserem Verhalten, aber auch in unseren Äusserungen gegenüber der inländischen und gegenüber der internationalen Öffentlichkeit, nie den Eindruck von Grossspurigkeit zu erwecken, so quasi "wir sind die Grössten, wir sind die Besten, wir sind die Reichsten, uns kann nie was passieren, uns muss man immer die notwendigen Zugeständnisse machen". Ich glaube, dass unser Land sehr weitgehend von Sympathie abhängig ist, von Sympathie bei seinen Nachbarn, bei seinen Partnern, hier insbesondere im Rahmen des EWR. Und Sympathie erreicht man auf diese Art sicher nicht, oder man gerät in Gefahr, sie zu verlieren. Ich würde daher ganz allgemein allen Organen und auch allen Einzelpersonen, allen Bürgern, allen Einwohnern unseres Landes, so sie als Wirtschaftstreibende - oder in welcher Form auch immer - Kontakte mit Angehörigen anderer Länder haben, und das haben wir ja fast alle, nachdem, wie der Herr Landtagsvizepräsident richtig gesagt hat, wir rundherum ein Grenzland sind. Wir sollten dabei bleiben, was wir in den vergangenen Jahrzehnten eigentlich sehr gut und sehr richtig und sehr erfolgreich gemacht haben, uns wirklich als klein und bescheiden zu geben, was wir im Grunde genommen auch sind, auch wenn wir Erfolg haben, im Moment. Man hat nur manchmal den Eindruck, fast zu viel Erfolg in wirtschaftlicher Hinsicht. Wir sollten nie den Eindruck erwecken, auch gegenüber Freunden, dass wir da etwa zu übermütig werden, uns zu grossartig vorkommen, sonst könnte es uns einmal passieren, dass diese Sympathie da oder dort in Abneigung umschlägt. Kleine Anzeichen, wirklich nur kleine Anzeichen davon kann man heute schon feststellen, weniger in der Schweiz, wie hier in diesem Saal hin und wieder schon befürchtet wurde, als in anderen nicht allzu weit von unserem Land entfernten und für uns sehr wichtigen Ländern wie z.B. der Bundesrepublik Deutschland. Ich möchte das nur, gar nicht an die Adresse der Regierung, die sich diesbezüglich nie eines falschen Tones befleissigt hat, zu bedenken geben, dass wir das immer im Auge behalten sollten. Wenn wir das tun, wenn wir vernünftig bleiben, wenn wir auf dem Boden bleiben, wenn wir in der gebotenen Art und Weise, wie ich schon erwähnt habe, bescheiden bleiben, dann bin ich sehr zuversichtlich. Dann glaube ich, dass das Fürstentum Liechtenstein über viele Jahrzehnte hinweg, soweit man das heute abschätzen kann, den erfolgreichen Weg weitergehen wird. Wie gesagt: Für den heutigen Zeitpunkt kann man der Regierung und ihren Beamten, insbesondere den hier eingebundenen Mitgliedern des diplomatischen Korps nur gratulieren und kann hoffen, dass es so weitergeht im positiven Sinne.Abg. Volker Rheinberger:
Herr Präsident. Ich akzeptiere durchaus Ihre Worte und auch Ihre Worte in Bezug auf Bescheidenheit. Andererseits sollten wir aber auch akzeptieren, dass wir eine gewisse wirtschaftliche Prosperität haben, und wir uns eben auch in dieser Realität bewegen. Es ist auch mir klar, dass es mit dieser neuen Regelung gelungen ist, den Zuzug zwar zu beschränken in dem Sinn, dass kein Rechtsanspruch von EWR-Bürgern besteht auf mehr. Andererseits ist es doch uns erlaubt, mehr Einwanderungen zuzulassen. Aber wir alle wissen, und das wurde auch schon erwähnt, wie äusserst brisant dieses Thema politisch ist. Das heisst, dass eigentlich schon aus der politischen Situation im Lande es nicht möglich ist, hier eine wesentlich grössere Einwanderung zuzulassen. Wir sind jetzt schon bei einem enorm hohen Ausländerbestand. Es wird, wie gesagt, aus politischen Gründen wohl nicht möglich sein, hier wesentlich noch aufzustocken. Deswegen bleibt nach wie vor diese Problematik im Raume stehen, dass wir eben angewiesen sind auf das Grenzgängertum. Und ich meine, wir sollten eben mit unseren Nachbarstaaten dieses Thema sehr sorgfältig erörtern und hier im Konsens auch die Zukunft gegebenenfalls klar mit entsprechenden Verträgen absichern. Regierungschef Mario Frick:
Ich bedanke zuerst einmal für die freundliche Aufnahme dieser Vorlagen. Ich denke, es ist für alle eine Erleichterung, dass es im liechtensteinischen Nationalinteresse ist, eine gute und tragfähige Lösung zu finden. Es hat lange Vertragsverhandlungen gebraucht. Aber ich denke, dass hier auch wirklich der Spruch "Ende gut, alles gut" einmal seine Richtigkeit hat. Was ist erreicht worden? Ich denke, drei Punkte gilt es vor allem festzuhalten. Erstens einmal: Wir haben alle miteinander die Nagelprobe betreffend den EWR bestanden. Der EWR ist ein anspruchsvoller Vertrag, der einiges von Liechtenstein verlangt, der Liechtenstein aber hervorragend positioniert, sodass Liechtenstein offene Märkte, Kapitalmärkte, Warenmärkte vor sich hat, Zugang erhält sowohl was Personal anbelangt, aber auch was andere Möglichkeiten anbelangt, und eine Positionierung, die Liechtenstein in einer vernünftigen Art und Weise in Europa integrieren kann. Es war klar, dass diese wichtige Frage der liechtensteinischen Identität gelöst werden musste. Daher sage ich: Die Nagelprobe für den EWR ist bestanden. Ich möchte bitten, dass man da nicht Sachen reinmengt, wie z.B. die derzeit laufende Steuerharmonisierungsdiskussion. Die tangiert uns, ob wir im EWR sind oder nicht. Dies ist ein Thema, das trifft auch andere Staaten wie die Schweiz, Andorra, usw., die, wie Sie alle wissen, nicht Mitglied des EWR sind. Zweiter Punkt: Was ist die Auswirkung dieser vertraglichen Vereinbarung? Die Auswirkung ist nicht die, dass wir aller Fragen ledig wären, die im Zusammenhang mit Zuzug von Ausländerinnen und Ausländern sich stellen. Auswirkung dieser Vereinbarung ist, dass wir uns Handlungsspielraum bewahren. Diese Vereinbarung sagt, was wir an Zuzug akzeptieren müssen und was die Minimalspielregeln sind, die wir einhalten sollen. Darüber hinaus müssen wir aber selber die drängenden Fragen in Zusammenhang mit dem Ausländerrecht beantworten. Und da sind einige Fragen, auf die komme ich noch im Einzeln zu sprechen. Dann schliesslich der dritte Punkt: Haben wir hier eine Momentanlösung oder etwas auf Dauer? Ich denke, dass das vielleicht der Punkt ist, der am schwierigsten unmittelbar erkennbar ist. Wir haben in der Tat eine Lösung auf Dauer. Jetzt werden Sie zu Recht einwenden: "Herr Regierungschef. Wir sind mindestens davon ausgegangen, dass Sie lesen können. Da steht doch: Für Liechtenstein gelten bis 31. Dezember 2006 etc.". Da haben Sie natürlich Recht. Wenn ich sage, die Lösung ist auf Dauer angelegt, dann meine ich Folgendes. Es gilt zuerst vorauszuschicken: Es gibt keine Grundsatzausnahmen zu den vier Grundfreiheiten im EWR. Das ist unumstösslich. Das ist ein Dogma, das kann nicht geändert werden. Was es aber gibt: Es gibt Übergangsmassnahmen, es gibt Spezialregelungen, die aber die Grundprinzipien, die vier Grundfreiheiten akzeptieren müssen. Und genau das machen wir, indem wir sagen: Wir akzeptieren den Grundsatz der Personenfreizügigkeit. Wir wollen ja auch, dass unsere Leute raus nach Europa können. Nun ist aber auch klar, dass berücksichtigt werden muss, wenn spezielle Rahmenbedingungen in den Staaten sind. Und hier darf ich zuerst auf die Erwägungsgründe hinweisen, wo die Erklärung von Dezember 1994 bzw. vom 10. März 1995 explizit genannt ist, auch Art. 9 Abs. 2 vom Protokoll 15. Die stellen nach wie vor die Basis dar. Und in Art. 1 wird dann klar dargelegt, dass bei Ablaufen dieser Frist wiederum Massnahmen beschlossen werden können, die geeignet erachtet werden und dringend notwendig sind, um die Interessen Liechtensteins zu wahren. Auch dannzumal werden die Mittel des EWR-Vertrages - Stichwort Schutzklausel - vorhanden sein. Ich hoffe aber und bin zuversichtlich, dass es dannzumal einfacher werden wird als dieses Mal bei den Verhandlungen, weil einiges klargestellt werden konnte in diesem Text. Und dass insbesondere die Schutzklausel greift, beweist ja auch die Verordnung vom 16. Dezember 1997, als die Regierung eben diese Schutzklausel angerufen und umgesetzt hat. Dies vielleicht als die Vorausbemerkungen.Es wurde richtigerweise ausgeführt - und auf dieses Thema möchte ich gerne noch einmal eingehen - dass wir so oder so einen gewissen Zuzugsdruck haben, also d.h. Liechtenstein ist attraktiv, insbesondere für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich sagen: Es hat Arbeitsplätze, wir interessieren uns für diese Arbeitsplätze. Liechtenstein selber hat im Inland einen ausgetrockneten Arbeitsmarkt, sodass man darauf angewiesen ist, dass Personen kommen. Wir haben eine Arbeitslosenquote sehr sehr deutlich unter 2%. Und ich bitte jetzt, das Nachfolgende nicht falsch zu verstehen oder isoliert zu zitieren: Jeder, der etwas Ahnung von Makro-Ökonomie hat und von Arbeitsmarktmodellen, weiss, dass eine derartige Quote weit über dem liegt, was man normalerweise als Vollbeschäftigung bezeichnet. Also es ist eine extrem ungewöhnliche Quote. Das bedeutet aber eben klar, dass, wenn wir den wirtschaftlichen Interessen dieses Landes Rechnung tragen wollen, dass wir dann auch weiterhin Personen reinkommen lassen müssen und ganz sicherlich, das ist jetzt schon absehbar, mehr als diese netto 56 arbeitnehmenden bzw. erwerbstätigen Personen. Das ist sicherlich richtig. Diese Frage aber muss in einem Ausländerkonzept geklärt werden. Wir haben Vorarbeiten diesbezüglich schon vor 4 Jahren begonnen, haben es aber dann sistieren müssen, weil eben diese Lösung "Personenverkehr" natürlich zentral mit hineinspielt. Wir werden diese Arbeiten nach dem Juni dieses Jahres wieder aufnehmen. Vorher ist es schlicht nicht möglich, weil die Personen, die diese Thematiken betreuen, eben hier auch eingebunden sind. Und ich kann Ihnen versichern, hier ist ein gerüttelt Mass an Arbeit heute schon anstehend. Wie gehen wir jetzt grundsätzlich vor? Wir versuchen, in den Bereichen, in denen wirtschaftspolitisch ein Interesse an einer Etablierung besteht, eine Startchance zu geben. Die Regierung hat daher in der Vergangenheit - Basis ist Art. 10 BVO Abs. 2a - für bestimmte Bereiche befristete Sonderregelungen mit Regierungsbeschluss festgelegt. Und zwar war das im Bereich der Fonds. Diese Sonderregelung im Bereich des Fonds ist abgelaufen. Im Investmentunternehmen braucht es Fachleute, die man beiziehen muss, damit die Qualität von Anfang an stimmt. Dann im Bereich der Versicherungen. Wir wollen ja auch, dass mit der neuen Gesetzgebung sich Versicherungen etablieren können. Auch da läuft das Sonderregime ab. Und heuer noch auf jeden Fall, auch im Bereich der Telekommunikation, Telekommunikation, wo es ebenfalls Know-how-Träger brauchte. Also es wird immer wieder aus wirtschaftspolitischen Überlegungen entsprechende Sonderfenster geben müssen. Im Bereich der Banken waren und sind wir restriktiv. Es gibt die Regelung, die besagt, dass neugegründete Unternehmungen in den ersten beiden Jahren ohne bewilligungspflichtiges Personal auskommen müssen. Das würde auch gelten für eine derartige Bank, wie immer sie dann ausgestaltet wäre. Es hat diesbezüglich auch keine Zusagen seitens der Regierung oder irgendwelche Gespräche gegeben. Wir reden wahrscheinlich beide von der gleichen Bank. Ich weiss auch, dass da etwas im tun ist. Aber da ist niemand diesbezüglich auf mich zugekommen, dass wir da irgendwelche Zusagen hätten. Ich darf auch daran erinnern, dass in diesem Hohen Haus einmal sogar sehr klar im Zusammenhang mit einer Bankgründung die Meinung vertreten wurde, dass es nicht angehen kann, dass man da Bewilligungen aussprechen sollte. Das war die Zuständigkeit der Regierung. Aber es hatte sogar zu einer Ablehnung geführt. Sie können sich vielleicht erinnern, im Jahre 1998 November oder Dezember. Wir wissen, dass das ein sehr, sehr heikler Bereich ist, und dass man da nichts forcieren sollte. Die Regierung hat auch klar gesagt, dass es nicht die Absicht ist, da plötzlich 20, 25, 30 Banken zu haben, dass es uns sehr bewusst ist, das ein derartig explosives Wachstum nicht in unserem Interesse sein kann. Also wir werden auch hier sehr restriktiv sein. Aber - das muss man auch sagen: Es hat natürlich auch Argumente, die dafür sprechen würden bei derartigen neuen Banken, mindestens im Bereich des Kaders gewisse Konzessionen zu geben. Nur, das ist ein sehr heikler Bereich. An sich ist Art. 10 der noch geltenden Begrenzungsverordnung da sehr klar. Und diese Bestimmung eben, dass man neuen Unternehmungen Bewilligungen versagen kann, ist vom Staatsgerichtshof in einem Erkenntnis aus dem letzten Jahr geschützt worden. Der Staatsgerichtshof hat anerkannt und gesagt: Es ist richtig, die Regierung hat diese Kompetenz, diese Einschränkungen auch aus wirtschaftspolitischen Überlegungen zu machen. Der Abg. Paul Vogt hat eine Aussage auf Seite 18 kritisiert, wo es um das Saisonnierstatut ging. Dort heisst es: "Es war ein klarer Wille zur Abschaffung des Saisonnierstatus erkennbar. Die klare Mehrheit des Landtags wünscht einen geordneten Übergang". Sie haben das als Geschichtsverklitterung bezeichnet. Zuerst einmal bin ich natürlich sehr ehrfurchtsvoll, wenn Sie als Historiker im Zusammenhang mit Geschichte etwas sagen. Wenn es in der jüngeren Geschichte ist, erlaube ich mir eine gewisse eigene Meinung. Ich habe das damalige Protokoll nachgelesen. Ich weiss nicht, ob Sie das auch gemacht haben. Die Meinung war damals die, dass es verkehrt wäre, jetzt die Regierung unter Druck zu setzen. Es war damals im Zusammenhang mit den Verhandlungen noch. Die Regierung hat damals darauf hingewiesen, dass es ein gefährlicher Zeitpunkt wäre, da falsche Signale hinauszugeben. Und in der Diskussion wurde argumentiert, dass es sicherlich Sinn macht, über das Regime nachzudenken, aber dass Lösungen nicht jetzt einfach sein könnten, dass man sagt: Abschaffung des Saisonnierstatuts. Sondern, wenn so etwas passiert, dass es in Etappen, gestaffelt, geordnet gehen müsste. Bitte lesen Sie wirklich das Protokoll nach. Vielleicht haben wir da ein extrem unterschiedliches Verständnis. Aber das war unser Verständnis, nicht bloss das meine bei der entsprechenden Durchsicht. Auch aus der Erinnerung heraus war es gleich. Ich verstehe auf jeden Fall diese scharfe Replik nicht. Wenn Sie da andere Erinnerungen haben, nehme ich das gerne zur Kenntnis. Aber das war auf jeden Fall unser Verständnis. Die Aussage des Abg. Volker Rheinberger - vielleicht das der Vollständigkeit halber auch noch einmal: Es ist sicherlich richtig, dass 56 Bewilligungen zu knapp sind. Das ist richtig. Daneben her kommen ja ungefähr 150 Ersatzbewilligungen, die immer wieder spielen. Aber auch grundsätzlich, wenn man das jetzige Wirtschaftswachstum anschaut, darüber hinaus. Es ist ja dann auch immer die Frage der Sicherung des Bestandes. Vielleicht eine wichtige Bemerkung auch: Zusätzliche Bewilligungen bedeuten ja nicht immer bloss, dass man jetzt ein riesiges Wachstum macht, sondern zum Teil braucht es diese Bewilligungen auch, um den Stand abzusichern, d.h. dass es vielleicht kurzfristig mehr Bewilligungen braucht, um langfristig zu sichern, dass bestimmte Unternehmungen bestimmte grosse und wichtige Abteilungen von Unternehmungen im Lande bleiben. Dann zum Schluss, um noch auf das Votum des Landtagspräsidenten einzugehen. Ich stimme ihm zu: Wir müssen uns immer sehr bewusst sein, dass wir ein kleiner Staat sind, als solcher darauf angewiesen sind, dass wir respektiert und akzeptiert werden von unsern Nachbarn, und zwar von den Nachbarn näher und ferner. Wir dürfen sicherlich darauf zählen, dass wir von Rechtsstaaten, von Staaten, die das Völkerrecht achten, umgeben sind. Wir sollten diesbezüglich sicherlich selbstbewusst sein, und zwar selbstbewusst im doppelten Sinn des Wortes: Sich selbst bewusst, was man kann, und was man nicht kann. Also Selbstbewusstsein ist ja zu unterscheiden von blindem Stolz, indem man nämlich weiss, was man kann und was man nicht kann. Ich denke, wir können einiges. Wir können aber einiges auch nicht. Wir müssen uns auch bewusst sein, dass uns die gebratenen Tauben nicht einfach in den Mund fliegen, dass es auch immer wieder Phasen gibt, wo es schwierig ist. Ich denke, da ist der Personenverkehr ein exzellentes Beispiel. Die langen Verhandlungsmonate waren nicht einfach zu akzeptieren. Das war eine grosse Belastung für die Regierung, für die Verwaltung, sicherlich auch für diejenigen, die interessiert auf dieses Thema geschaut haben. Wir sollten es uns vielleicht auch zum Teil abgewöhnen, dass man das Gefühl hat, es muss alles sofort und gleich auf dem Tisch sein und klappen. Auch für Liechtenstein gilt, was für andere auch gilt: Wenn man erfolgreich sein will, dann braucht es manchmal auch etwas Geduld. Hier glaube ich, wird sogar der Abg. Alois Beck zustimmen: Hier hat Geduld Rosen, und nicht etwa nasse Hosen gebracht.Abg. Paul Vogt:
Ich möchte meine Kritik etwas präzisieren. Mir ist keine Petition zur Abschaffung des Saisonnierstatuts bekannt. Hingegen ist mir ein Postulat mit diesem Inhalt bekannt, das nach meiner Erinnerung von vier Abgeordneten eingereicht wurde und in der Abstimmung 5 Stimmen erzielte. Das Punkt 1. Punkt 2: Ich möchte mich dagegen verwahren, dass hier der Eindruck entsteht, dass diejenigen, die damals für dieses Postulat gestimmt haben, gegen einen geordneten Übergang gewesen seien. Sie waren ganz einfach für eine schnellere Gangart, aber sehr wohl für einen geordneten Übergang zur Abschaffung des Saisonnierstatuts.Abg. Volker Rheinberger:
Ich möchte nochmals betonen, dass ich diese Lösung "Personenverkehr im EWR" als an sich optimal und sehr gut empfinde. Die Umsetzung wird aber sicher nicht leicht sein. Ich möchte hier auf ein Detail nur ganz kurz eingehen. Die Regierung möchte in der Bewilligungspraxis so vorgehen, dass zum Beispiel bei Betriebsneugründungen grundsätzlich in den ersten zwei Jahren keine Bewilligungen für Arbeitskräfte erteilt werden, die dieser Personenverkehrsverordnung unterstellt sind. Ich meine, das widerspricht zu einem gewissen Grad der Diversifikationspolitik der Regierung. Firmenneugründung, d.h. Diversifikation und unter Umständen neue Branchen. Und dazu muss man sagen: Wenn innerhalb einer neuen Branche eine Betriebsneugründung erfolgt, es sehr wahrscheinlich sein wird, dass keine qualifizierten Inländer zur Verfügung stehen werden, d.h. eine solche Neugründung elementar auf den Zuzug wahrscheinlich aus dem EWR-Raum angewiesen wäre. Das ist sicher nur ein Detail, aber es spiegelt doch die Schwierigkeit letztlich in der Umsetzung in die Praxis.Abg. Gebhard Hoch:
Ich glaube, es herrscht allgemein Übereinstimmung, dass der Neuzuzug von Personen weit über diese uns im Rahmen der neuen Lösung zugebilligten 56 Personen hinausgeht. Das haben Sie, Herr Regierungschef, ausgeführt, und das kam auch hier aus dem Plenum so zum Ausdruck. Sie haben gesagt, Herr Regierungschef, dass gewisse Wirtschaftssektoren in Bezug auf Bewilligungen bevorzugt behandelt werden. In diesem Jahr haben Sie die Telekommunikation erwähnt, die bevorzugt behandelt wird. Bei den Banken würde die Regierung eine restriktive Politik anwenden. Sie haben auch ausgeführt, dass dieser Bank, die demnächst eine Konzession bekommen soll, seitens der Regierung keinerlei Zusagen gemacht wurden bezüglich Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen. Ich kann mir das schlichtweg nicht vorstellen, dass, wenn das stimmt, dass diese Bank tatsächlich die Absicht hat, innerhalb kürzester Zeit einen Personalbestand von sagen wir einmal 100 Leuten zu haben, dass sich das alles über Grenzgänger bewerkstelligen lässt. Man muss hier einfach einmal die Grundsatzfrage stellen, ob es Sinn macht, in gewissen Wirtschaftssektoren zu expandieren, massiv zu expandieren. Auf der andern Seite sagt man Nein, wir lassen keine Leute ins Land. Das passt ganz einfach nicht zusammen. Schon vor über 20 Jahren hat Prof. Kneschaurek im Rahmen einer Untersuchung, die er für die damalige Regierung gemacht hat, festgestellt, dass unser Grenzgängersystem volkswirtschaftlichen Unsinn bedeutet. Ich würde dem nicht so zustimmen. Das haben die letzten 20 Jahre gezeigt. Aber immerhin: Ein anerkannter Volkswirtschafter hat diese Aussage gemacht, und man muss sich schon die Frage stellen, ob es volkswirtschaftlich tatsächlich Sinn macht zu expandieren in der Wirtschaft, und auf der andern Seite eben den Zuzug von qualifizierten Leuten zu bremsen. Ich bin der Meinung: Wenn man A sagt, muss man auch B sagen. Ich hätte eigentlich von der Regierung diesbezüglich schon etwas detaillierte Angaben gewünscht. Ich weiss nicht, sind dann die präzisen Antworten zu solchen Fragen in diesem Ausländerkonzept enthalten?Abg. Gabriel Marxer:
Herr Landtagspräsident. Eigentlich sind es Ihre Worte, die mich auch veranlasst haben, mich noch einmal zu melden. Ich möchte nicht diese gute Laune und die Freude über dieses gelungene Verhandlungsergebnis hier verderben. Nur etwas mahnend ist es, glaube ich, schon angebracht, zu reagieren, wenn es hier heisst: "Ende gut, alles gut". Ich hoffe, dass unser Land noch nicht am Ende ist, und dass es noch eine ganze Weile weitergeht. Bitte, wie gesagt, das soll nicht eine miese Laune sein. Ich möchte aber in das gleiche Horn stossen, wie jetzt mein Vorredner Gebhard Hoch. Ich erachte es als wenig sinnvoll, das sich abzeichnende Wirtschaftswachstum, diesen Boom, den wir ja aktuell erleben, den wir in vielen Auswirkungen in Details immer wieder sehen, sei es im wachsenden Verkehr, sei es in der für unseres Verhältnisse überproportionalen Bautätigkeit usw. und so fort, dass wir diesen Boom immer nur über ein Grenzgängerwesen abfedern wollen. Ich habe hier vor einigen Jahren in diesem Hause schon einmal darauf hingewiesen - ich habe auch diese Studie von Prof. Kneschaurek damals schon erwähnt gehabt - ich erachte es als ungut für unser Land und als ungute Entwicklung, wenn wir das Wirtschaftswachstum, an dem wir uns erfreuen, wenn wir die negativen Erscheinungen davon in unseren Nachbarregionen ausleben wollen. Ich glaube schon, dass wir uns sehr konkrete Gedanken machen müssen. Ich bin da gespannt auf Ihr Ausländerkonzept, wie Sie das nennen, also auf dieses Ausländerzuzugskonzept - müsste man wohl sagen - mit welchen Lösungen Sie da aufwarten wollen.Ich weiss auch nicht und kann mir schlecht vorstellen, dass es auf Dauer im EWR machbar ist, dass bestimmte Branchen bevorzugt behandelt werden können, nur weil wir jetzt ein Interesse daran haben, Branchen, die bisher in der liechtensteinischen Wirtschaft nicht vertreten waren, dass diese hier nun noch neu hier angesiedelt werden können. Es wäre sehr interessant, einmal zu sehen, ob man irgendwo einmal einen Weg der Selbstbeschränkung gehen kann und auch einmal erfahren würde, ob es generell Gedanken gibt, welche Branchen, welche Wirtschaftszweige hier in unserem Lande eigentlich von der Politik her nicht erwünscht sind, wo wir uns wirklich zu einer Selbstbeschränkung durchringen können und wollen. Ich glaube, diese Diskussion wäre vielleicht auch einmal ein Ansatz dafür, um das ungebremste Wachstum und von uns selbst kaum zu bremsende Wachstum zu steuern. Wir haben nur noch diese nicht gerade allzu starke Möglichkeit über den Freien Personenverkehr hier noch bremsend einzugreifen von unserem Lande. Das Übrige - wir sind ja eingebunden im Europäischen Wirtschaftsraum. Das wären für mich eigentlich interessante Ansätze. Wie gesagt: Insgesamt soll es nicht die Freude der Regierung über das Verhandlungsergebnis trüben. Ich akzeptiere diese Verhandlungsergebnisse sehr wohl. Auch nach meiner Sichtweise ist es ein Erfolg, allerdings kein ungetrübter Erfolg. Der EWR hat seine guten Seiten, die akzeptiere ich durchaus. Er hat auch seine negativen Auswirkungen, die ich insbesondere in der Richtung sehe, dass die Selbstbestimmung unseres Landes, wie stark wir wachsen wollen, wie schnell wir wachsen wollen, dass die sehr gelitten hat und dass auch der Freie Personenverkehr, wo wir uns noch ein gewisses Regulativ zurückbehalten konnten jetzt mit dieser Ausnahmeregelung, dass auch das keine Dauerlösung ist, auch wenn Sie es als Dauerlösung ansprechen. Es wird immer wieder nachverhandelt werden müssen in relativer kurzer Zeit. Diese 6 Jahre sind in diesem Kontext sicher nicht eine allzu lange Frist. Ich erachte diese Regulative, die wir selber noch haben, als sehr, sehr geringfügig oder mit den Worten des Landtagspräsidenten das auszudrücken, als sehr bescheidene Mittel, die uns hier im Lande verblieben sind. Also mir wäre daran gelegen, wenn sich die Regierung, insbesondere im Zusammenhang mit dieser Erstellung des Ausländerkonzepts auch Gedanken machen würde: Wo können wir eine Selbstbeschränkung einmal stattfinden lassen?Abg. Volker Rheinberger:
Wenn man über wirtschaftliches Wachstum nachdenkt, so glaube ich, muss man wesentlich mehr regional oder überregional denken anstatt national. Das gilt auch für die volkswirtschaftlichen Aspekte. Ich glaube nicht, dass dieser Boom, den wir momentan erleben, wesentliche negative Auswirkungen auf unsere Nachbarländer hat. In volkswirtschaftlichem Sinn ganz im Gegenteil, würde ich meinen, weil diese Einkommen, die hier durch unsere Wirtschaft, in der die Grenzgänger miteingebunden sind, zu einem grossen Teil in unseren Nachbarländern volkswirtschaftlich wirksam werden, d.h. die Steuern werden dort bezahlt und die Einkommen werden dort ausgegeben. Also vom volkswirtschaftlichen Aspekt ist das eine Sache, die eigentlich unsere Nachbarländer nur unterstützen können. In dem Sinn mein Appell hier, die ganze Sache weniger national oder rein Liechtenstein-intern zu betrachten, sondern aus wirtschaftlicher Sicht heraus wirklich den regionalen Aspekt mitzuführen. Regierungschef Mario Frick:
Die letzten Voten haben den Bereich abgedeckt, der nicht primär durch diese Vereinbarung abgedeckt wurde. Diese Vereinbarung, auf die Gefahr hin, dass es dann wieder zu stark relativiert wird, soll uns ja den Handlungsspielraum weiterhin freihalten. Diese Vereinbarung löst nicht das Problem, das wir selber haben, die Aufgabe, die wir selber haben, wie viele wirklich am Schluss nach Liechtenstein kommen. Wie das ausgestaltet ist. Wie hoch wir die Quoten haben wollen. Es galt einmal die Grundregel: Ein Drittel Ausländer, wobei das auch bloss eine Zahl ist, das hat nicht einen wirklichen Inhalt. Die Vereinbarung ist extrem wichtig, um den Handlungsspielraum, den wir haben, zu definieren. Punkt. Was wir aber darüber hinaus machen, das müssen wir selber definieren. Das wird eine sehr intensive Diskussion in der zweiten Hälfte dieses Jahres werden müssen. Wir haben eine gewisse Vorgeschichte, also wir starten nicht bei Null. Aber es ist sicherlich ein Startsignal, diese Diskussion noch einmal vertieft zu führen. Und das Komplizierte an dieser Diskussion ist, dass auch andere Bereiche tangiert werden. Es ist auf der einen Seite sicherlich die Frage: Wie viele Ausländer sollen nach Liechtenstein kommen? Dann die Frage: Wie stark sollen wir die Betrachtungsweise als Region an den Tag legen? Der Abg. Volker Rheinberger hat es richtigerweise gesagt. Wie stark müssen wir Liechtenstein differenzieren als Platz zum Wohnen einerseits und als Platz zum Arbeiten andererseits? Ich mache einen Vergleich, der hinkt, aber einfach, um das sichtbar zu machen. Liechtenstein ist diesbezüglich vielleicht vergleichbar mit einer Stadt, mit einer Agglomeration ein Stück weit - aber wirklich jetzt, bitte hängen Sie mich an diesem Vergleich nicht auf - wie Zürich oder eine andere Stadt, wo sehr viele Leute reinkommen zu arbeiten und dann wieder rausgehen. Ich glaube, an solche Gedankenmodelle müssen wir uns auch gewöhnen. Solche Gedankenmodelle als Hilfestellung müssen wir auch heranziehen. Und diesbezüglich würde ich auch Herrn Prof. Kneschaurek widersprechen, wenn er sagt, dass es volkswirtschaftlich Unsinn sei. Bei einer rein nationalen Betrachtungsweise könnte man dem zustimmen, weil ja die Löhne im Ausland versteuert werden. Durchaus eine Optik. Wenn man aber eine regionalen Ansatz hat, und ich glaube, Liechtenstein muss einen regionalen Ansatz haben, dann macht es durchaus Sinn. Aber dann kommt die Frage: Wie weit? Nächster Punkt sicherlich auch das Bürgerrecht: Der Hohe Landtag wird, sofern er es traktandiert, im April-Landtag die Möglichkeit haben, in zweiter Lesung über die Abänderung des Bürgerrechts im Zusammenhang mit der erleichterten Einbürgerung Alteingesessener zu entscheiden. Wenn ich den Landtag richtig verstanden habe - ich persönlich würde es zwar anders machen, aber da ist der Landtag frei - soll ja dann ein Behördenreferendum stattfinden, d.h. dass automatisch eine Volksabstimmung durchgeführt werden soll. Eine eminent wichtige Frage, die auch hineinspielt. Und last but not least, wenn man den Aspekt der Grenzgänger anschaut: Auch die Frage der Raumplanung des öffentlichen Verkehrs. Also ich möchte vor der Illusion warnen, dass die Regierung in der zweiten Hälfte des Jahres ein Ausländerkonzept auf den Tisch schmeisst und sagt: Das ist es. Wir werden in der zweiten Hälfte des Jahres erste Grundlagen liefern können und eine Diskussion starten müssen. Und das wird ein Prozess sein, der uns weit in das nächste Jahr hineinträgt. Es gibt nicht einfach die ex cathedra verkündete Meinung, sondern die muss erarbeitet werden, die muss breit getragen sein. Und dazu gehören auch die von Abg. Volker Rheinberger angesprochen Aspekte, dass bei den ersten zwei Jahren bei Firmengründungen im Grundsatz keine Bewilligungen erteilt werden. Die Ausnahmen habe ich genannt. Das ist eine wichtige Frage. Dann auch die Frage des Abg. Gebhard Hoch. Wir haben, ich glaube, ein Stück weit einen Konsens gehabt, mindestens gehabt im Land, dass man das Bankwesen - in dem Sinn zusätzliche Banken - nicht forcieren will. Nur die Frage ist: Was ist jetzt, wenn eine grosse Bank kommt und auf 100, 200 Leute aufstocken will binnen zwei Jahren? Müssen wir das dann neu betrachten aus der Optik der Qualität, aus der Optik der Sicherung? Ich meine, der Grund, dass die Regierung Art. 10 Abs. 2a Begrenzungsverordnung hat, ist ja genau der, dass wir eine stärkere Diversifizierung forcieren wollten, eben im Versicherungsbereich, im Telekommunikationsbereich und, und, und. Dass wir bewusst nicht immer wieder in den gleichen Kuchen hineinstossen wollten. Also das sind Fragen, die sind vor uns und sind nicht beantwortet durch diese Vereinbarung. Aber die zentrale Frage, die diese Vereinbarung beantworten musste, nämlich: Was ist unser Handlungsspielraum? Diese Frage ist beantwortet und sehr gut beantwortet. Ich glaube, die Leistung darf man anerkennen. Die wurde auch anerkannt.Dann schliesslich die letzte Bemerkung: Der Abg. Paul Vogt hat jetzt konkretisiert, was ihn gestochen hat. Sie haben in der Tat Recht. Es war nicht eine Petition, das war ein Fehler. Es war ein Postulat. Aber das ist noch keine Geschichtsklitterung, hoffe ich. Es haben fünf diesem Postulat zugestimmt. Ich behaupte, dass die Mehrheit derjenigen, die nicht zugestimmt haben, einfach aus den Voten damals dafür waren, das Saisonnierstatut abzuschaffen, das haben die Voten eindeutig gezeigt, aber schon ganz eindeutig, dass sie aber der Ansicht der Regierung gefolgt sind, dass es zum damaligen Zeitpunkt auch verhandlungstaktisch nicht gut gewesen wäre, wenn der Landtag der Regierung in den Verhandlungen Spielraum nimmt verhandlungstaktisch, um das geht es. Und daher noch einmal: Lesen Sie wirklich das Protokoll nach und Sie werden sehen, dass eine Mehrzahl der Abgeordneten der gleichen Ansicht war, aber eben der Bitte der Regierung damals auch nachgekommen ist, dass man jetzt verhandlungstaktisch vorsichtig sein sollte. Ich behaupte auch nicht, dass diejenigen fünf, die dem Postulat zugestimmt haben, für eine Hauruck-Aktion gewesen wären. Das steht auch nicht drin. Wenn das ein Missverständnis gewesen sein soll, das kann ich leicht entkräften. Aber Geschichtsklitterung ist doch ein Klischee, das man nicht so schnell strapazieren sollte, Herr Historiker.Landtagspräsident Peter Wolff:
Eine Bemerkung am Rande, Herr Regierungschef, betreffend Traktandierung des Geschäftes "erleichterte Einbürgerung alteingesessener Ausländer" in der April-Sitzung. Der Landtag hätte dieses Geschäft schon in der März-Sitzung traktandiert, wenn die Regierung nicht gebeten hätte, noch zuzuwarten betreffend eine allfällige Stellungnahme zu den Voten anlässlich der ersten Lesung. Eine solche Stellungnahme liegt uns bis heute nicht vor. Und am kommenden Montag ist die Landtagsbüro-Sitzung für die April-Sitzung. Das nur zur Erinnerung. Abg. Alois Beck:
Noch eine Bemerkung zu den Ausführungen des Herrn Regierungschefs. Sie haben diese Ablehnung der Konzession seinerzeit in Erinnerung gerufen. Aber da war es ja so, dass der Landtag gesagt hat: Aufgrund des Regierungsberichtes war vorgesehen, quasi automatisch mit Konzessionsgewährung sind dann die Aufenthaltsbewilligungen gesichert. Das hat dem Landtag sauer aufgestossen. Das war ein Grund für die Rückweisung.Vielleicht noch zur Ehrenrettung der Volkswirtschafter. Das Gutachten von Prof. Kneschaurek wurde angesprochen. Es stammte, glaube ich, aus dem Jahre 1981. Da war die Rede von einem volkswirtschaftlichen Leerlauf. Es wurde ausgeführt, dass aus liechtensteinischer Sicht - die Volkswirtschafter denken in Kreisläufen - eben, dass dann die Einkommen beispielsweise im Ausland ausgegeben werden, dass das aus liechtensteinischer Sicht nicht optimal sei. Es wurde aber sehr wohl das in einem gesamten Kontext dargestellt und auch die Region miteinbezogen. Und aus der Sicht der Region ist natürlich positiv zu vermerken, dass unser Land von Prosperität gekennzeichnet ist. Ich bin der Überzeugung, dass gerade mit der Aufhebung der Bewilligungspflicht für Grenzgänger - wir haben jetzt eine Meldepflicht - die Region sehr wohl auch profitiert. Es kommen neben der schon ansässigen Bevölkerung auch Zuzüger hinzu, die sehr willkommen sind. Ich glaube doch, dass das sicher ein Grund ist, warum die EU einer solchen Lösung auch wohlwollend gegenübergestanden ist.Abg. Gebhard Hoch:
Ich komme nicht umhin, nochmals auf diese anstehende Bankkonzession zurückzukommen. Eigentlich hätte ich gerne von Ihnen gehört, Herr Regierungschef, dass Sie uns sagen würden: Nein, das stimmt nicht, es wird nicht eine Bank mit 100 Mitarbeitern. Es ist ein Konzessionsansuchen da. Und wie in andern Fällen wird diese Bank mit 10 oder 15 Angestellten beginnen. Und es ist nicht vorgesehen, in diesem Stil zu expandieren. Sie sagen nämlich, dass die Regierung nicht möchte, dass das Bankwesen forciert wird. Wenn aber es zutreffen sollte, dass tatsächlich eine Bank mit 100 Mitarbeitern hier ihre Schalter - kann man wahrscheinlich nicht sagen, weil auch diese Bank das Vermögensverwaltungsgeschäft pflegen und kaum Schalter haben wird - aber hier ihre Geschäftstätigkeit beginnen will, dann wird sie ein grosses Interesse haben, eine Mindestanzahl von in Liechtenstein ansässigen Angestellten zu rekrutieren. Was sich in der Zwischenzeit auf dem Personalmarkt abgespielt hat und weiterhin abspielt, gerade im Finanzbereich und im Bankbereich, dürfte Ihnen ja hinlänglich bekannt sein. Innerhalb kürzester Zeit ist durch den Zuzug neuer Banken in gewissen Bereichen des Bankgeschäftes das Lohnniveau um 50 und zum Teil mehr Prozent angestiegen. Das ist eine höchst ungesunde Entwicklung.Immer ausgehend von 100 oder mehr Mitarbeitern muss man sich vorstellen, dass da ein Run auf Bankangestellte, die in festen Anstellungen bei den hiesigen Banken sind, entstehen wird. Und diese Preistreiberei wird dann erst recht beginnen. Die Regierung hat ja, nachdem der Landtag nichts mehr zur Erteilung von Bankkonzessionen zu sagen hat, nach meinem Empfinden relativ leicht neue Konzessionen vergeben. Die Regierung wird sagen: Das hat mit uns nichts zu tun. Wir haben die EWR-Richtlinien einzuhalten, und wenn die Voraussetzungen beim Antrag erfüllt sind, dann hat die Regierung die Konzession zu erteilen. Aber die Bedürfnisfrage muss doch letzten Endes auch eine Rolle spielen. In der Schweiz und neuerdings auch in Deutschland spricht man davon, dass diese Länder "overbanked" sind, dass es also zu viele Banken hat. Und im Zuge der Grossfusion in Deutschland werden sehr viele Bankfilialen geschlossen werden. Wenn man die Schweiz oder Deutschland als Massstab nimmt, dann muss man sagen, dass wir in gewaltigem Masse "overbanked" sind hier. Vom Bedürfnis her haben wir bei weitem genug Banken in Liechtenstein.Abg. Paul Vogt:
Ich habe Ihre Ausführungen zu unserem früheren Problem zur Kenntnis genommen. Ich denke, Sie haben richtig gestellt, was richtig zu stellen war. Ihre Ausführungen zum Thema Region/Agglomeration haben mich aber jetzt doch herausgefordert. Ich denke, es würde sich sehr lohnen, darüber einmal eine ausgiebige Debatte zu führen. Auf der einen Seite ist Liechtenstein wirtschaftlich gesehen äusserst dynamisch. Das macht eben den Unterschied zur Region aus. Wir haben besondere Rahmenbedingungen, wir haben besondere steuerliche Bedingungen usw. Sie kennen alle diese Standortvorteile der liechtensteinischen Wirtschaft. Und genau da fängt der Vergleich mit der Agglomeration ja auch an, zu hinken. In einer Agglomeration wie Zürich geht man grundsätzlich von gleichen Rahmenbedingungen aus. Also es ist möglich, zuzuziehen, Wohnsitz zu nehmen. Es ist grundsätzlich der gleiche rechtliche Rahmen vorhanden usw. Das wissen Sie alles genau so gut wie ich. Das Problem entsteht dort, wo es nun eben zu Zielkonflikten kommt im Bereich Wirtschaft. Der Vorredner hat von "overbanking" gesprochen. Wir haben heute mit einem Image-Problem zu tun in Liechtenstein. Wir haben mit ungenügenden personellen und finanziellen Möglichkeiten zu kämpfen usw. Wir haben mit Problemen in der Raumplanung zu tun, mit Verkehrsproblemen, aber auch mit Identitätsproblemen. Wer sind wir überhaupt? Wir haben mit Problemen der politischen Partizipation zu kämpfen. Wie können wir die Ausländer hier einbinden? Das sind heute die Grundprobleme unseres Landes. Damit müssen wir uns auseinander setzen. Auf der anderen Seite bin ich schon der Meinung, es gibt auch heute noch Steuermöglichkeiten, wenn man diese Probleme in Angriff nehmen will. Bloss werden die teilweise eben nicht genutzt. Oder weil Zielkonflikte vorhanden sind, gibt es immer wieder Leute und Interessenkreise, die verhindern, dass man diese Steuerungsmöglichkeiten einsetzt. Ich erinnere an das Thema "Raumplanung" oder auch an das Thema "Verkehr". Beim Freien Personenverkehr - da bin ich wieder zurück bei unserem eigentlichen Traktandum - sind nun eben diese Steuerungsmöglichkeiten stark eingeschränkt worden. Das ist aber eine Konsequenz des EWR-Beitritts.Regierungschef Mario Frick:
Vier Bemerkungen: Die erste Bemerkung zur Stellungnahme Bürgerrechtsgesetz. Die wurde am letzten Dienstag verabschiedet, d. h. dem Hohen Landtag müsste es diese Woche zugehen. Ich habe es gestern auch unterschrieben, sodass es behandelt werden kann. Es ist richtig, der Hohe Landtag hätte es wahrscheinlich sonst einfach traktandiert. Aber es hat doch noch 2 bis 3 Bemerkungen gegeben, die schriftlich hinterlegt wurden.Dann zu den Banken: Ich weiss nicht, wie viele Personen bei dieser Bank wirklich kommen werden, wenn sie dann die Konzession erhält. Da haben wir auch keinerlei rechtliche Mittel. Es gibt also nichts wie eine Bedürfnisklausel etc., sondern das muss der Markt regeln, wie viel Banken es auf dem Platz hat. Und da muss ich sagen, dass ich ein höchst durchschnittliches Verständnis für entsprechende Äusserungen seitens der Banken habe. Durchschnittlich deswegen: Zum Ersten, die Banken bekennen sich ja zum Wettbewerb. Das ist richtig und auch gut so. Banken sagen auch, man soll nicht zu stark regulierend eingreifen. Auch das ist richtig. Nur jetzt hat man eine Situation, wo der Wettbewerb zum Nachteil der Banken geht. Wir sind in einer Situation drin, wo neue hineindrängen, wo es Positionierungskämpfe geben wird. Das führt auch dazu, dass gegenseitig Abwerbungen stattfinden. Das ist sehr, sehr unangenehm. Das bringt Unruhe. Das finden wir auch nicht gut seitens der Regierung. Nur können wir das nicht verhindern. Wir können ja nicht beispielsweise einen Abwerbungsstopp verhängen. Das geht nicht, das ist Wettbewerb. Das sind auch Auswirkungen des Marktes, das ist einfach dorther. Auch die Frage des "overbanking". Entweder sagt man, wir legen fest, 15 Banken braucht das Land. Und dann wird entsprechend eine Versteigerung durchgeführt, so und so viel Banken stehen auf dem Markt: Wer will? Das geht eben nicht EWR-rechtlich, das ist nicht zulässig, d.h. der Markt wird entscheiden, wer überlebt. Auch der Markt wird entscheiden, welcher Lohn für qualifizierte Mitarbeiterinnen bezahlt werden kann, ohne dass die Gewinnmargen der Banken und damit die Kapitalgewinne darauf entsprechend reduziert werden. Eine sehr, sehr schwierige Situation. Ich gebe Ihnen offen zu, ich hätte, obwohl ich ansonsten ein Gegner bin von derartigen Regulierungen, keine schlechte Lust, hier beruhigend eingreifen zu können. Hier stellt sich nun einfach die Frage und die ist nicht einfach zu beantworten: Was passiert, wenn die dann wirklich 100 Grenzgänger haben als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Rechtlich möglich. Ist es wirklich gut vom Verkehrstechnischen her, von der Integration etc., das können wir so nicht beantworten. Und zu Ihrer Frage: Ich bin schon vor einiger Zeit informiert worden, dass diese Bank sich mit dieser Absicht trägt, zu kommen. Und was ich dazu sage? Ich habe damals auf die entsprechende Anfrage hin klar gesagt, dass ich diesbezüglich sehr zwiespältig bin. Auf der einen Seite eine Bank hoher Qualität mit einem guten Ruf, wo wirklich Know-how dahinter ist. Auf der anderen Seite, dass wir das Wachstum der Anzahl Banken wirklich nicht forcieren, dass wir hier eher skeptisch sind und dies auf jeden Fall nicht fördern. Ich habe auch klar auf die ausländerrechtlichen Bestimmungen hingewiesen. Also es hat da keine Zusage für Kontingente etc. gegeben. Ich bin auch diesbezüglich nicht mehr kontaktiert worden. Also diese Bank hat schon vor einigen Monaten die Fühler ausgestreckt. Dann habe ich lange nichts mehr gehört, bis vor einigen Wochen mich die Dienststelle für Bankenaufsicht informiert hat und gesagt hat: Es wird konkreter. Also die Frage ist sehr schwierig.Damit komme ich zum andern Punkt, den der Abg. Paul Vogt angesprochen hat: Den nehme ich gerne auf, weil er das verstärkt, was ich schon gesagt habe. Die Regierung ist nicht der Meinung, dass sie einfach mit einem definitiven Konzept in der zweiten Hälfte dieses Jahres aufwarten kann. Das geht nicht. Da muss ich simpel sagen: Da sind wir, wie wahrscheinlich jeder unter Ihnen, auch überfordert. Hier braucht es einen breiten politischen Konsens über die Parteien hinweg. Hier braucht es eine breite Debatte, bevor ein definitives Konzept stehen kann, weil das Ausländerkonzept in Tat und Wahrheit nicht bloss die ausländerrechtliche Seite und Quoten betreffen wird, sondern viele, viele Begleitfragen. Da wird es auch bitter notwendig, ein Raumplanungsgesetz, das Kompetenzen gibt und - das werden nun einige vielleicht nicht gerne hören - auch zentrale Kompetenzen gibt, an Landesbehörden Kompetenzen gibt. Das bedeutet ganz klar auch eine gewisse Zentrierung in dieser Frage. Ich bin gespannt, wohin die Debatte diesbezüglich führen wird. Und was schliesslich Ihre Kritik, Herr Abg. Vogt, wegen dem Vergleich mit den Agglomerationen anbelangt, da stimme ich zu einem guten Teil zu. Ich habe auch gesagt: Der Vergleich hinkt. Aber mir ging es darum, einen Vergleichspunkt heranzuziehen. Und dass da einige Einwendungen gebracht werden können, ist auch klar. Wobei auch bei Agglomerationen durchaus unterschiedliche Rahmenbedingungen, Standortbedingungen vorhanden sind. Die definieren sich aber weniger in Steuern und anderen Aspekten, sondern sehr viel stärker an Zugänglichkeit, an Infrastruktur, an den Vorteilen einer gewissen Zentrierung. Aber klar konzediert: Der Vergleich hinkt. Das habe ich aber auch so mitgeteilt. Abg. Rudolf Lampert:
Herr Regierungschef. Ich möchte nur zwei Sätze zu Ihren Ausführungen sagen bezüglich der Banken. Die Banken scheuen den Wettbewerb sicher nicht. Worum es den Banken immer wieder geht, sind die Konzessionsvoraussetzungen, dass diese entsprechend gestaltet werden, das nicht zuletzt auch im Lichte der ganzen Geschichte BND, Deutschland usw., dass hier die Konzessionsvoraussetzungen entsprechend gestaltet werden. Es ist nicht so, dass die Banken Konkurrenz scheuen, einfach um das schon noch irgendwo ins richtige Licht zu stellen. Regierungschef Mario Frick:
Um auch das klarzustellen: Ich sage ja gerade, die Banken bekennen sich immer dazu. Es wird nur etwas gar viel in letzter Zeit auch aus Bankkreisen lamentiert, wie es mit den Löhnen vorwärts gehe. Und das ist eine Auswirkung des Markts. Ich akzeptiere aber auch Ihre Aussage, dass man bei den Konzessionsvoraussetzungen sehr aufpassen muss. Die Regierung hat auch eine Grundsatzentscheidung gefällt letztes Jahr, auch als Vorgabe an die Bankenkommission, an die Dienststelle für Bankenaufsicht, wo wir bestimmte Interpretationen vorgenommen haben, ich denke EWR-konform, wie bestimmte Artikel im Bankengesetz auszulegen sind und welche Zusatzanforderungen zu stellen seien, was Organisation und Personal anbelangt. Ich glaube, da kann ich Ihnen gerne zustimmen. Nur die kleine Kritik, die kleine Spitze betreffend das Lamento, betreffend die Löhne, da muss ich wirklich sagen, da verstehe ich zum Teil die Äusserungen, die in der Öffentlichkeit gemacht wurden, nicht ganz. Landtagspräsident Peter Wolff:
Wenn das Wort nicht mehr gewünscht wird, stimmen wir wie angekündigt zunächst ab über den Antrag der Regierung, dem vorliegenden Beschluss Nr. 191/1999 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 17. Dezember 1999 zuzustimmen. Wer diese Zustimmung erteilt, möge die Hand erheben.Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 20 Stimmen
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