BERICHT DER VERFASSUNGSKOMMISSION III SOWIE STELLUNGNAHME DER REGIERUNG ZU DEN ANLÄSSLICH DER 1. LESUNG DER REGIERUNGSVORLAGE BETREFFEND DIE ABÄNDERUNG DER VERFASSUNG AUFGEWORFENEN FRAGEN (NR. 135/2002) - STELLUNGNAHME DER KOMMISSIONSMITGLIEDER (KOMMISSIONSMINDERHEIT: INGRID HASSLER-GERNER UND PETER WOLFF) ZUM BERICHT DER VERFASSUNGSKOMMISSION III [FORSETZUNG]
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wir setzen die Beratungen im öffentlichen Landtag fort. Wir befinden uns nach wie vor bei Traktandum 2: Bericht der Verfassungskommission III sowie Stellungnahme der Regierung zu den anlässlich der ersten Lesung der Regierungsvorlage betreffend die Abänderung der Verfassung aufgeworfenen Fragen - Stellungnahme der Kommissionsmitglieder (Kommissionsminderheit: Ingrid Hassler-Gerner und Peter Wolff) zum Bericht der Verfassungskommission III.Sie haben an mich persönlich Fragen gestellt und ebenfalls an den Herrn Regierungschef. Erlauben Sie mir, dass ich mit den an mich gestellten Fragen beginne. Ich hoffe, dass ich die wesentlichen bzw. alle Fragen notiert habe. Einige Fragen wurden bereits vorgängig beantwortet.Eine Frage, die im Raum stand: Der Abg. Hugo Quaderer, der Abg. Erich Sprenger und der Abg. Peter Sprenger übten Kritik an meiner bzw. an der Vorgehensweise der Mehrheit der Verfassungskommission, dass dem Verfassungskommissions-Bericht nicht alle Beilagen beigefügt wurden, sondern dass die wesentlichen Beilagen dem Kommissionsminderheiten-Bericht zu entnehmen sind. Dazu möchte ich Folgendes bemerken: Zu Beginn gab es einen Bericht, der sämtliche Beilagen enthielt, das heisst, alle Beilagen, die jetzt im Bericht der Verfassungskommission und im so genannten Minderheitenbericht enthalten sind waren von Anfang an Grundlage der Berichterstattung an den Landtag. Als dann durch die Kommissionsminderheit ein Minderheiten-Bericht gemacht wurde, habe ich mit dem Landtagsvizepräsidenten Peter Wolff abgesprochen, dass ein Teil der Beilagen - und zwar die Anlagen, die zu Beginn damals im gemeinsamen Bericht waren - dem Verfassungskommissions-Bericht zugefügt wird und die restlichen, die der Landtagsvizepräsident speziell in seinem Bericht erwähnt hat, dem Minderheitenbericht beigefügt werden. Es wäre also sinnlos gewesen, auch dem Verfassungskommissions-Bericht noch einmal die gleichen Unterlagen beizufügen. Somit kann klar festgestellt werden, dass seitens der Mehrheit der Verfassungskommission keine Unterlagen dem Landtag vorenthalten worden sind. Dann habe ich eine Frage bzw. Kritik des Abg. Hugo Quaderer zu beantworten: Er kritisierte, dass ich am 24.6. anlässlich der Sitzung auf Schloss Vaduz auf die Frage des Landesfürsten am Schluss der Sitzung erklärt hätte - die Kritik ist auch so dem Minderheitenbericht zu entnehmen -, dass die Kommission bzw. die drei FBP-Abgeordneten den Ausführungen bzw. den Grundlagen, die bis zu diesem Zeitpunkt vorlagen, die Zustimmung erteilen würden. Das trifft zu. Zu bemerken ist allerdings, dass ich nicht im Namen der Kommission gesprochen habe, sondern dezidiert ausgeführt habe, dass die Mehrheit diesem Vorgehen grundsätzlich zustimmen kann. Es war also eine Frage, die ja dann meines Wissens auch an den Landtagsvizepräsidenten gestellt wurde. Es ist für mich aufgrund der Tatsache, dass zum Zeitpunkt am 24.6. die wesentlichen Punkte für abgeschlossen betrachtet werden konnten, nicht ungewöhnlich, dass auf eine Frage des Fürsten bereits eine Meinung abgegeben wurde. Es ist sicher üblich, dass man sich innerhalb der FBP-Vertreter in der Verfassungskommission grundsätzlich bespricht und äussert und dann auch eine entsprechende Antwort auf eine Frage des Landesfürsten abgibt.Gleichzeitig wurde ich stark kritisiert - und das können Sie auch dem Minderheitenbericht entnehmen -, dass ich am 26. Juli innerhalb der Verfassungskommission eine Abstimmung verlangte. Dies war aus meiner Sicht notwendig, da der Termin des nächsten Gesprächs mit dem Fürsten am 2.8. - und davon gingen wir alle aus -, dass es das letzte Gespräch sein wird, da die grundsätzlichen Probleme an den vorangegangenen Sitzungen mit S. D. dem Landesfürsten und S. D. dem Erbprinzen besprochen und bereinigt wurden. Somit war aus meiner Sicht klar, dass die Verfassungskommission beim nächsten Gespräch mit dem Fürsten eine Stellungnahme abgeben sollte. Das hat mich dann zu dieser Abstimmung bewogen, die dann zu einer mehrheitlichen Zustimmung seitens der Abgeordneten Markus Büchel, Helmut Konrad und von mir geführt hat. Im Minderheitenbericht ist in der Unterlage des Staatsgerichtshofes, der dem Minderheitenbericht zugefügt ist, nachzulesen, dabei wurde speziell die Stellungnahme des Richterbestellungsverfahrens aufgezeigt und auch kritisiert, dass dieses Richterbestellungsverfahren so im Prinzip nicht gehe. Es wurde dann die Gesamtbetrachtung des Staatsgerichtshofes ins Zentrum gesetzt, die wie folgt lautet: «Die vorliegenden Vorschläge sind nach Ansicht des Staatsgerichtshofes nicht als Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz zu sehen. Es kann nicht erkannt werden, wieso die Verschiebung der Gewichte zugunsten des Landesfürsten der Liechtensteiner Justiz mehr Unabhängigkeit geben sollte». Und in diesem Zusammenhang - wenn ich mich richtig erinnere - wurde auch auf die EMRK Bezug genommen, dass dieser Vorschlag auch nicht EMRK-konform sein soll. Da möchte ich nur darauf hinweisen, dass im gleichen Minderheitenbericht bei den Gutachten, und zwar bei den Gutachten Rhinow, Frowein und Funk Folgendes nachzulesen ist - ich zitiere Prof. Rhinow: «Die Vorschläge zur Auswahl und Bestätigung der Richter sind mit der EMRK und dem UNO-Paket II vereinbar». Dann zitiere ich Dr. Frowein: «Die in Artikel 11 getroffene Regelung, wonach entweder der Landtag auf Vorschlag des Landesfürsten oder das Volk auf Vorschlag des Landesfürsten Richter wählen, ist völkerrechtlich nicht zu beanstanden». Dann zitiere ich Dr. Funk: «Das im Verfassungsvorschlag vorgesehene Verfahren zur Bestellung der Richter ist grundsätzlich geeignet, die Unabhängigkeit in personaler Hinsicht in Bezug auf die Richterschaft zu gewährleisten». Die Zitate der Gutachter Dr. Matscher und Dr. Winkler, die in die gleiche Richtung gehen, möchte ich Ihnen nun ersparen. Dann hat die Abg. Dorothee Laternser kritisiert, dass in Art. 80 - im alten Text - weggelassen wurde: In der bestehenden Verfassung steht, dass, «wenn ein Mitglied der Regierung das Vertrauen durch seine Amtsführung verliert» - dieser Hinweis ist jetzt weggelassen worden. Es heisst neu nur noch: «Verliert ein einzelnes Mitglied das Vertrauen des Landesfürsten oder des Landtages, dann ...». Nach meiner Ansicht ist dieses Weglassen «durch seine Amtsführung» zu Recht erfolgt. Darüber kann man sicher unterschiedlicher Ansicht sein. Ich bin jedoch der Ansicht, wenn ein Regierungsmitglied trotz guter Amtsführung zum Beispiel einen unakzeptablen Lebenswandel führt, sehe ich das durchaus auch als einen Grund für einen Vertrauensverlust. Das ist meine persönliche Ansicht zu diesem Punkt. Die kann man teilen oder eben nicht.Dann wurde von mehreren Abgeordneten die von mir auch in meinem Eingangsvotum vorgetragene Regierungsentlassung durch Landtag oder durch Fürst, speziell die Übergangsregierung, immer wieder in Frage gestellt und so dargestellt, dass das eine unakzeptable Lösung sei. Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen nun noch einmal aus meiner Sicht meine Argumente wiederhole: In einer Situation, in der die Regierung entlassen ist - aus welchem Grund auch immer - ist der Fürst zum sofortigen Handeln gezwungen. Sobald die Übergangsregierung im Amt ist, kann der Landtag sofort eine neue ordentliche Regierung bestellen bzw. dem Landesfürsten einen Vorschlag für eine neue ordentliche Regierung machen. Ernennt der Landesfürst die neue Regierung - und meines Wissens, meine Damen und Herren Abgeordnete, hat noch nie ein Fürst eine vom Landtag vorgeschlagene Regierung nicht ernannt. Hat die Ernennung stattgefunden - und die Einleitung dieses Prozesses liegt einzig und allein beim Landtag, dass er sofort wieder bedacht ist, eine neue Regierung in Vorschlag zu bringen -, dann ist doch wieder Einvernehmen hergestellt. Warum die vier Monate? Erfahrungsgemäss sind es der Landtag bzw. die Parteien - und nicht der Fürst - die Zeit brauchen, um eine Regierung zu bestellen. Dass der Landtag bei der Bestellung einer Übergangsregierung nicht beteiligt ist, finde ich sinnvoll, da politische Umstände möglicherweise eine Bestellung auf längere Zeit verhindern könnten und dann - jetzt komme ich zum entscheidenden Punkt - könnte wirklich eine regierungslose Zeit entstehen. Die Übergangsregierung - und das muss auch klar sein - die Übergangsregierung ist dem Landtag rechtlich und staatspolitisch verantwortlich. Zudem ist auch der Regierungschef der Übergangsregierung verantwortlich und übt das Gegenzeichnungsrecht aus. Meine Damen und Herren, ich sehe keinerlei Probleme bei dieser neuen Regelung. Im Gegenteil, nur diese Regelung verhindert eine regierungslose Zeit. Dann habe ich mich noch zu einer Stellungnahme des Abg. Paul Vogt, die ich auch nicht teile, zu äussern: Der Abg. Paul Vogt war der Ansicht, dass diese Regelung rechtsstaatlich untragbar sei. Diese Feststellung ist aus meiner Sicht falsch, wenn er behauptet, dass der Landtag nur noch ein Zustimmungsrecht für eine Regierungsbildung hat. Ich weise ihn auf Art. 79 Abs. 2 hin, wo ganz klar festgehalten wird, ich zitiere: «Der Regierungschef und die Regierungsräte werden vom Landesfürsten einvernehmlich mit dem Landtage auf dessen Vorschlag ernannt». Es hat also in jedem Fall aufgrund von Art. 79 Abs. 2 der Landtag immer ein Vorschlagsrecht und nicht nur noch ein Zustimmungsrecht, wie das vom Abg. Paul Vogt ausgeführt wurde. In meinen Unterlagen finde ich nichts mehr. Wenn ich etwas vergessen habe, dann möchte ich Sie bitten, mich nochmals daran zu erinnern.
Abg. Dorothee Laternser:
Danke, Herr Präsident. Ich danke für Ihre Aussagen, für Ihre Ausführungen und für die Antworten, die Sie uns gegeben haben. Allerdings bin ich mit Ihren Antworten auf meine Fragen nur teilweise zufrieden. In Bezug auf Art. 80: Da war meine Fragestellung eine andere, als das, was Sie mir geantwortet haben, und zwar: Mir liegt der Brief der Verfassungskommission vom 29. April 2002 an S. D. den Landesfürsten vor, der im Namen aller fünf Mitglieder der Verfassungskommission an den Landesfürsten geschickt wurde. Dort steht auf Seite 6 in den Erläuterungen an den Landesfürsten bezugnehmend auf Art. 79 und 80, ich zitiere: «Dann sind der Landesfürst und der Landtag gehalten, bis zur Bestellung einer neuen ordentlichen Regierung einvernehmlich eine Übergangsregierung zu bestellen». Das ist Ihr Wortlaut, Brief an den Landesfürsten. Und auf der Seite 7 steht: «Des Weiteren ist die LVK der Auffassung, dass die Gesamtregierung naturgemäss nur durch ihre Amtsführung das Vertrauen verlieren kann». Das war Ihre Meinung am 29. April. Entsprechend haben Sie im beigefügten Verfassungsentwurf auch den Art. 80 formuliert: «Verliert die Regierung durch ihre Amtsführung das Vertrauen ...», steht da usw. Und bei der Übergangsregierung schreiben Sie, dass sie einvernehmlich mit dem Landtag ernannt werden sollte. Und meine Frage war nur oder war ganz konkret: Wie kommt Ihr Sinneswandel zustande? Damals waren Sie der Meinung, dass einvernehmlich mit dem Landtag die Übergangsregierung bestellt werden sollte. Damals waren Sie der Meinung, dass die Regierung nur durch ihre Amtsführung das Vertrauen verlieren kann. Und im fürstlichen Entwurf fehlt beides. Meine Frage war: Wie können Sie das akzeptieren? Die Änderung der Meinung, das ist der Punkt 1. Und das Zweite war: Ich hatte Sie gefragt nach den ernsthaften Bedenken des Staatsgerichtshofes zu Art. 96. Die EMRK hab ich dabei nicht ins Spiel gebracht, vielleicht andere Abgeordnete, aber in meiner Frage war es nicht dabei. Mir geht es einfach um die ernsthaften Bedenken des Staatsgerichtshofes und ich wollte wissen, wie Sie und die Herren Abgeordneten Konrad und Büchel mit diesen ernsthaften Bedenken des Staatsgerichtshofes umgegangen sind. Und da liegt uns ja ein Brief, eine Stellungnahme vom Mai 2002 des Staatsgerichtshofes vor - das war natürlich vor der letzten Fassung der fürstlichen Vorschläge -, aber inhaltlich oder vom Gedanken her ist es nach wie vor richtig und relevant. Und ich möchte es deswegen nochmals zitieren. Es ist ja die Rede von dem Auswahlgremium zum Vorschlag der Richterkandidaten an den Landtag. Da schreibt der Staatsgerichtshof: «Weiters wird das Gremium auch jeglicher Bedeutung beraubt, indem der Landesfürst, der noch dazu Vorsitz in diesem Gremium hat, ihm nicht genehme Empfehlungen unterbinden kann. Das Verfahren führt faktisch dazu, dass der Fürst bestimmt, wen man aus dem Gremium als Vorschlag dem Landtag unterbreitet. Diese Person wird dann vom Landtag in der Regel wieder dem Landesfürsten zur Ernennung vorgeschlagen». Und diese ernsthaften Bedenken habe ich in den Raum gestellt und möchte gerne Ihre Antwort darauf wissen. Danke.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Darf ich sofort antworten, dass das vorgängig Gesagte noch präsent bleibt, bevor ich dann das Wort weitergebe: Zuerst einmal: Da haben Sie Recht. Wir haben innerhalb der Landtagskommission in einer Fassung die Einvernehmlichkeit mit dem Landtag durchbesprochen und diskutiert, und ich war zu Beginn auch der Ansicht, dass das Sinn machen würde. Dazu stehe ich. Die anschliessenden Diskussionen haben mir dann aber gezeigt - so wie ich das versucht habe auszuführen -, dass, wenn der Landtag in jedem Fall einzubeziehen ist, dass es dann möglicherweise zu einer regierungslosen Zeit führt, wenn Fürst und Landtag keine Einigung erzielen können. Dann ergäbe sich notgedrungen eine Notrechtssituation. Und die galt es ja grundsätzlich zu vermeiden. Das zum ersten Punkt.Dann das Zweite betreffend die Amtsführung: Ich möchte nicht aus internen Diskussionen in der Verfassungskommission wiedergeben, da Sie mich jedoch auffordern, muss ich sagen - und der Landtagsvizepräsident kann das sicher auch bestätigen: Ich war immer in der Kommission der Ansicht, dass man nicht nur durch die Amtsführung, sondern wenn ein im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehendes Regierungsmitglied sich in seinem persönlichen Verhalten so verhält, dass es nicht mehr tragbar ist, dann ist er nach meiner Ansicht, auch wenn er seine Amtsgeschäfte noch so gut wahrnehmen würde, nicht mehr tragbar. Wie gesagt: Das ist meine Ansicht. Die Ansicht habe ich immer schon vertreten im Gegensatz zu Punkt 1, den Sie genannt haben. Dann zum Staatsgerichtshof: Da muss ich Ihnen sagen: Ich schätze die Ausführungen des Staatsgerichtshofes, aber in diesem Fall teile ich die Ansicht des Staatsgerichtshofes nicht. Ich persönlich bin nach wie vor der festen Überzeugung, dass das Richtervorschlagsverfahren, wie es jetzt im Vorschlag des Landesfürsten und des Erbprinzen auf dem Tisch liegt, dass das die bessere Lösung ist. Darüber kann man auch unterschiedlicher Ansicht sein. Ich bin zutiefst überzeugt und wenn die Initiative angenommen wird, dann werden Sie sehen, dass das wirklich zu einer Entpolitisierung führt und zu einer aussergewöhnlich guten Auswahl von Vorschlägen, die dann an den Landtag kommen. Das ist meine Ansicht. Mehr dazu möchte ich nicht sagen.
Abg. Peter Sprenger:
Herr Landtagspräsident. Ich möchte gleich an Ihre letzten Worte anknüpfen: Ich persönlich möchte den Tag nicht erleben, an dem die Richter nach dem vom Fürsten vorgeschlagenen Prozedere ausgewählt werden. Ich kenne bereits heute eine Liste von Menschen, die nie mehr eine Chance haben werden, auch nur ansatzweise in ein Richteramt gewählt zu werden. Das zu dem. Dann in Ihren ersten Ausführungen bzw. Antworten haben Sie den Eindruck zu vermitteln versucht, dass die vorliegende Vorlage das Resultat eines völlig normalen Verhandlungsprozesses sei. Vom Kollegen Wolff wurde uns heute Morgen klar gesagt und glaubhaft dargetan, dass lediglich die erste Sitzung mit dem Fürsten ansatzweise etwas mit Verhandeln zu tun hatte. Der Rest war, um es deutsch und deutlich zu sagen, ein fürstliches Diktat. Ich frage Sie dazu einfach: Wie kann es zu einer derart unterschiedlichen Beurteilung derselben Vorgänge durch zwei erwachsene Menschen kommen? Dann haben Sie ausgeführt, dass es völlig klar sei, dass nach Art. 80 Abs. 1 der Initiative der Fürst durch sofortiges Handeln eine Übergangsregierung einzusetzen habe. Dort steht einfach «für die Zeit bis zum Antritt bestellt der Landesfürst ...». Es steht mit überhaupt keinem Wort, wie schnell er das zu tun hat. Und ich muss Ihnen einfach noch einmal sagen: Hier reden Sie Dinge schön, die meines Erachtens nicht schönzureden sind. Meine letzte Frage ist die folgende: Haben Sie überhaupt kein Problem mit der Tatsache, dass eine Regierung - und wenn es auch nur eine Übergangsregierung ist - vom Fürsten alleine ohne Mitwirkung eines anderen Organs kreiert wird? Das, das sage ich in aller Deutlichkeit, das ist ein Rückschritt hinter die Situation von 1921. Das ist - wie es der Kollege Vogt heute Morgen gesagt hat - tiefes, nicht Mittelalter, sondern tiefes 19. Jahrhundert.
Abg. Paul Vogt:
Ich nehme an, dass wir noch einige Mal dasselbe sagen werden heute Abend. Trotzdem möchte ich das eine klarstellen, dass sich meine Ausführungen zum Landtag, der die Regierung nur noch bestätigen kann, nur auf den Umstand bezogen haben, wenn es eine Übergangsregierung gibt, nicht generell. Dann wäre ich missverstanden worden und es würde mir leid tun, wenn ich das zu verkürzt ausgedrückt hätte. Ich bin der Meinung, wenn eine Übergangsregierung gebildet wird, dann werden die Befugnisse des Landtages de facto darauf beschränkt, dass er eine Regierung bestätigen kann. Nochmals: Der Landesfürst entlässt die Regierung, um genau zu sein: Er entlässt die Regierung nicht, sondern er erklärt, dass er das Vertrauen verloren habe, das ist ein Nicht-Akt, der nicht gegenzeichnungsbedürftig ist - und das ist schon einmal ein Problem. Der Landesfürst muss nur sagen: «Ich habe kein Vertrauen mehr», und dann erlischt die Kompetenz der Regierung, ihre Befugnisse auszuüben. Das ist ein höchst problematisches Verfahren. Es ist kein hoheitlicher Akt, es ist freies Ermessen des Landesfürsten zu sagen, ob er das Vertrauen hat oder nicht. Es wird sogar dieser Schutz der Regierung herausgestrichen aus der Verfassung, dass die Regierung aufgrund der Amtsführung das Vertrauen verloren haben muss. Hier wird Tür und Tor geöffnet, aus nichtigem Anlass eine Regierung zu entlassen. Es braucht ja keine Begründung von Seiten des Landesfürsten, warum er das Vertrauen verloren hat. Es braucht keine Gegenzeichnung. Was wir dann haben nach einer solchen Misstrauenserklärung - und das können Sie einfach nicht wegdeuten, Herr Landtagspräsident - wir haben dann eine regierungslose Zeit. Das hat der Abg. Peter Sprenger schon ausgeführt heute Morgen. Wie lange diese regierungslose Zeit ist, das wissen wir nicht, dazu enthält die Verfassung auch keine Ausführungen. Die alte Regierung hat keine Befugnis mehr und eine neue muss erst ernannt werden. Die neue Übergangsregierung muss sich dann einer Vertrauensabstimmung stellen und der Landesfürst hat hier in der Hand, wie die neue Regierung aussieht. Der Landtag kann nur noch bestätigen. Ich meine, und das ist mir nun das Wesentliche, hier werden die Gewichte ganz klar verschoben. Wichtig bei einer Regierungsbestellung ist das Vorschlagsrecht. Der Landtagspräsident hat vorher ausgeführt: Es ist noch nie vorgekommen, dass der Landesfürst einem Vorschlag des Landtages nicht gefolgt ist. Selbstverständlich ist er bis heute immer gefolgt, weil diese Regierung demokratisch legitimiert war. Sie ging indirekt aus einer Volkswahl hervor. Und das demokratische Element darf einfach nicht so geschwächt werden, dass hier nun das Verfahren umgekehrt wird. Wenn die Regierung vom Fürsten vorgeschlagen wird und im Landtag eine Vertrauensabstimmung gewinnt, dann meine ich, ist die Legitimation der Regierung in erster Linie monarchisch. Und eine Übergangsregierung ist sogar ausschliesslich monarchisch legitimiert. Und ich meine, eine solche Regierung, die ausschliesslich monarchisch legitimiert ist, ist nicht handlungsfähig, es ist eine schwache Regierung.
Abg. Ingrid Hassler-Gerner:
Ich habe mich heute zum Bericht der Minderheit bis jetzt nicht zu Wort gemeldet, weil ich glaube, dass wir gerade im Bericht alle Erläuterungen abgegeben haben die es, auch aus meiner Sicht, zu sagen gibt. Einige Abgeordnete haben diesen Bericht auch gewürdigt. Nachzuholen wäre vielleicht noch, dass dieser Minderheitenbericht auch noch aus einem anderen Punkt zustande gekommen ist, wie einleitend erwähnt ist, dass wir unterschiedlicher Meinung waren, sogar von allem Anfang an, über die Aufgabe dieser Kommission. Die Minderheit war der Meinung, dass wir nicht nur mit dem Landesfürsten versuchen sollen, Lösungen zu finden in der einen oder anderen Frage, sondern vor allem auch die Aufgabe zu erledigen hatten, die Debatten in der 1. Lesung zu analysieren und dem Landtag wieder einen Bericht zu erstatten. Diesen Punkt habe ich ganz persönlich im Rahmen der Verfassungskommissionsarbeit als sehr zentral empfunden. Gesamthaft kann ich auch sagen, dass wir bis nach dem ersten Gespräch, nach dem 3. Mai, eine sehr konstruktive Zusammenarbeit hatten auch unter guter Mitwirkung des Herrn Regierungschefs und seines Mitarbeiters und danach, als dann unser Landesfürst die ersten Reaktionen auf unser Arbeitspapier vom 29. April mitteilte, da kam es dann nach meiner Empfindung zu dem Umschwung, dass man hauptsächlich nur noch dem Rechnung tragen wollte in der Kommission was eben auf Gehör und Verständnis unseres Landesfürsten fiel. Gemeldet habe ich mich aber auch noch, Herr Landtagspräsident, zu zwei, drei Ausführungen die Sie gemacht haben: Noch einmal zum Tag des 24. Juni, unseres zweiten Gespräches bei unserem Landesfürsten und dem Erbprinzen: Es ist so gewesen, dass sie tatsächlich für die ganze Kommission zuerst gesprochen haben; auf die Intervention von den beiden Mitgliedern der VU haben Sie das dann korrigiert und wir haben das dann zum Anlass genommen, eigentlich noch einmal in intensiven Bemühungen den Landesfürsten um eine Verlängerung der Gesprächsbasis zu bitten. Was mich an dieser Tat, möchte ich sagen, vom 24. Juni gestört hat, dass ich an dem Tag noch einmal aufs Schloss gegangen bin mit einem Arbeitspapier, wo wir noch einmal miteinander in der Kommission eine Reihe von Vorschlägen überdacht haben, gemacht haben, Fragen gestellt haben, eigentlich Unklarheiten bestanden haben, die nach dem Vorbringen an dem Tag ganz einfach nicht gelöst waren. Also, wenn ich Vorschläge einbringe, diskutiere, Fragen stelle, kann ich doch nicht eine Stunde später ohne eine geringe Antwort bereits eine Zusage oder Absage zu dem Vorschlag machen. Der Vorschlag kam ja dann am 27. Juni in einer Form, die unserem zweiten Bemühen vom 24. Juni kaum mehr Rechnung getragen hat. Das war eigentlich das was mich an dem 24. Juni an der Mitteilung einer Zusage so abgehalten hat. Vielleicht noch zur Abstimmung die Sie auch zitiert haben vom 26. Juli: Da habe ich es noch in bester Erinnerung, Sie haben die Sitzung eröffnet und gesagt, wir stimmen jetzt ab: Nehmen Sie diesen Vorschlag vom 27. Juni an oder nicht? Gestört hat uns dabei auch, dass wir nicht mehr weiter über Inhalte sprechen - ich sage jetzt - durften. Sie haben immer wieder gesagt: Wir sprechen nicht mehr über weitere Inhalte, wir müssen jetzt einfach Ja oder Nein sagen, damit wir am 2. August das Resultat präsentieren können. So war es aus meiner Sicht schon etwas zu schnell, das ganze Vorgehen, und für mich dann nicht mehr so konstruktiv wie in der ersten Phase. Zur Diskrepanz «durch seine Amtsführung» - Ja oder Nein - ich zitiere nicht aus Protokollen, Sie haben es getan, da gibt es sicher noch viel mehr Beispiele, wo wir früher einhellig der Meinung waren: Ja, wir wollen es eigentlich so formuliert haben, und dann wurde es fallen gelassen. Ich möchte mich da an die Pflicht halten, das nicht hier weiter auszubreiten. Eine Frage habe ich noch, eine Verständnisfrage: Ich bin der Meinung, zum besagten Art. 80 Abs. 1, der hier umstritten ist: Der Landtag kann diese Vertrauensfrage für den Fall, dass der Landesfürst eine Übergangsregierung in Kraft setzt, nach meinem Dafürhalten auch stellen, bevor das Ende dieses vierten Monats kommt, das heisst schon nach einer Woche. Und da möchte ich ganz klar festgestellt haben, ob da mein Verständnis richtig ist. Der Landtag ist im Prinzip frei, wann er dieser Übergangsregierung diese Vertrauensfrage stellt. Ich habe es nie so verstanden, dass die Regierung sich der Vertrauensfrage stellen muss, es liegt immer im Bemühen des Landtages. Und das kann dann natürlich sein, dass das dann zu wechselhaften Übergangsregierungen kommen kann. Ein sehr unglücklicher Umstand also, wenn man es dann von der Seite anschaut. Und wir haben heute schon einmal über Richterwahlen und die Berechtigung eines unpolitischen Gremiums gesprochen. Da möchte ich jetzt gerade das Beispiel nehmen, Ad-hoc-Richter im Gremium zu eruieren, um sie dem Landtag vorzuschlagen. Da wäre es wahrscheinlich auch besser, wenn man da nach der Liste vorginge und eben nicht nach Beratungen eines Gremiums, das dann genauso den einzelnen Fall, für den er einen Richter vorzuschlagen hat, kennt. Daher hat die Diskussion schon Sinn gemacht. Ich habe eine letzte Frage an den Herrn Regierungschef zu seiner Vorlage der Fragenbeantwortung: Ich bin froh um seine Unterstützung im Punkt 46, dass die Regierung auch der Meinung ist, dass wenn mit der neuen Verfassung das Gremium tätig wird und sich eine Geschäftsordnung gibt - die wird sie unter sich erstellen -, doch zu gewissen relevanten Fragen in Bezug zum Landtag, in Bezug zum Geschäftsverkehr zum Landtag, ein Gesetz in Kraft zu setzen ist und nicht alle Regelungen über die Tätigkeit des Gremiums einer Geschäftsordnung, die sich das Gremium selbst geben kann, zu regeln wäre. Hier hoffe ich, dass wir dann dieses Gesetz auch bekommen und der Landtag dann in den Feinheiten der Tätigkeit des Gremiums noch einmal mitwirken kann. Danke.
Abg. Dorothee Laternser:
Danke, Herr Präsident. Es tut mir leid, aber ich muss mich noch einmal zu einer Frage zu Wort melden, die ich heute Morgen gestellt habe und die Sie mir bisher nicht beantwortet haben: Es geht noch mal um Art. 96: Auf Seite 26 des Berichts der Verfassungskommission steht: «Die im Landtag geäusserten Bedenken, dass sich der Landesfürst jederzeit die Mehrheit im Richterauswahlgremium verschaffen hätte können, sind insoweit ausgeräumt als Art. 96 Abs. 1 eine paritätische Besetzung des Gremiums vorsieht». Aber wir wissen ja alle: Im Art. 96 steht, dass der Landesfürst genauso viele Personen in dieses Gremium berufen kann wie der Landtag entsendet. Das heisst nach jetziger Konstellation würde der Landtag drei Vertreter entsenden, das heisst der Landesfürst kann ebenfalls drei Mitglieder berufen plus seine Person, S. D. der Landesfürst, das gibt vier. Vier gegen drei, da frage ich mich: Wo ist hier bitte eine Parität? Danke.
Abg. Paul Vogt:
Das Votum der Abg. Ingrid Hassler wirft doch eine grundsätzliche Frage auf. Ich bin bis jetzt davon ausgegangen, dass eine Übergangsregierung eben nicht das Vertrauen des Landtages haben muss. Die Übergangsregierung wird allein vom Landesfürsten bestimmt, sie ist damit ausschliesslich monarchisch legitimiert und braucht das Vertrauen des Landtages nicht. Sie kann es daher auch nicht verlieren. Und auch der Text des neu formulierten Art. 80 spricht dafür, dass sich die Übergangsregierung einer Vertrauensabstimmung stellen muss. Es wird hier nirgends ausgesagt, dass der Landtag von sich aus eine solche Vertrauensabstimmung durchführen kann. Also, hier stellen sich zumindest Fragen, die später unterschiedlich ausgelegt werden könnten.
Abg. Markus Büchel:
Eine Antwort an die Frau Laternser bezüglich der Besetzung des Gremiums zur Ernennung der Richter als Vorschlag an den Landtag: Die Besetzung ist folgendermassen: Drei Abgeordnete, Mitglieder der Parteien, nehme ich an, und das Regierungsmitglied, das für die Justiz zuständig ist, ist dort in diesem Gremium, sowie der Fürst mit maximum drei Mitgliedern, die er von sich aus benennen kann. Es müssen aber nicht drei sein, es können auch weniger sein. Das ist die Besetzung und damit die paritätische Besetzung, dass auf beiden Seiten Fürst vier, Landtag und Regierung vier sind.
Abg. Dorothee Laternser:
Danke, Herr Präsident. Das ist für mich ein recht schwaches Argument, Herr Abg. Büchel. Es ist mir schon klar, dass auch noch ein Regierungsmitglied in diesem Gremium ist, aber ich habe bewusst dieses Regierungsmitglied weggelassen in meiner Aufzählung, weil das Regierungsmitglied ist naturgemäß beiden Seiten verpflichtet, sowohl S. D. dem Landesfürsten als auch dem Landtag. Ganz abgesehen davon: Wenn der fürstliche Verfassungsvorschlag Wirklichkeit werden sollte, was ich nicht hoffe, dann besteht jederzeit die Gefahr, dass dieser Regierung das Vertrauen entzogen wird. Ein Regierungsmitglied wird sich ja wohl kaum gegen die Meinung, ernsthaft gegen die Meinung, S. D. des Landesfürsten auflehnen. Danke.
Abg. Markus Büchel:
Ich glaube, das ist schon eine Unterstellung, dass sich ein Regierungsmitglied in diesem Gremium automatisch einfach dem Willen oder der Meinung des Fürsten anschliessen muss. Es ist auch nicht gesagt, dass die vom Fürsten ernannten Mitglieder dieser Kommission automatisch auch die Meinung - was einen oder den anderen Kandidaten betrifft - die Meinung des Fürsten teilen müssen. Das ist ein Entscheid der fällt innerhalb dieses Gremiums und nicht in der Öffentlichkeit und ich bin also felsenfest überzeugt, dass man dort die Meinung persönlich - die ein Mitglied dieses Gremiums hat - vertritt und dann eben Entscheide gefällt werden. Selbstverständlich hat der Fürst dort die Möglichkeit, einen Kandidaten schlussendlich abzulehnen, indem er ihn dem Landtag nicht vorschlägt. Das ist das vorgezogene Veto. Aber es wäre doch nicht sinnvoll - wenn wir da das weiterspinnen - wenn der Fürst dort zu diesem Zeitpunkt einem Kandidaten zustimmen würde bzw. ihn nicht ernennen würde; das läuft durch den Landtag und durch das ganze Prozedere durch und am Schluss würde er dann sagen: Nein, ich kann diesen nicht ernennen.
Abg. Dorothee Laternser:
Herr Abg. Büchel. Ihr letzter Satz war der ganz klare Beweis, dass schlussendlich S. D. der Landesfürst entscheidet, wer in diesem Land Richter wird. Er hat in dem Gremium zur Auswahl das absolute Veto, am Schluss ernennt er den Richter, die ganze Kette zieht sich durch, sodass gegen den Willen S. D. des Landesfürsten kein Richter in diesem Land sein Amt wird ausüben können. Und wo bleibt da der demokratische Grundsatz: Jedes Volk wählt seine Richter selbst?
Abg. Wendelin Lampert:
Werte Abg. Laternser. Der Fürst muss nicht die Regierung überzeugen, er muss den Landtag überzeugen in diesem Gremium, denn der Landtag wird den Richter wählen. Und eines müssen Sie sich einfach auch vor Augen führen: Auch der Fürst weiss genau, wenn er in diesem Gremium es nicht schafft, die Landtagsabgeordneten zu überzeugen, dann kommt ja immer schön der Vorwurf des so genannten Damoklesschwertes, das über ihm schwebt, das schwebt dann eben über dem Landesfürsten, und zwar das Damoklesschwert der Volksabstimmung. Das hat er ja auch immer im Hinterkopf. Deshalb wird er nach meiner Meinung tunlichst versuchen, eine Mehrheit - oder wenn es irgendwie geht -, einstimmig in dieses Gremium einen Richter vorzuschlagen. Primär muss er die Landtagsabgeordneten überzeugen, sonst lebt er immer mit dem Risiko, dass es zu einer Volksabstimmung kommen könnte.
Abg. Markus Büchel:
Ich möchte das ebenfalls bestätigen: Im Gegensatz zu heute gibt es eben die Möglichkeit, auch wenn sie von Einigen gering eingeschätzt wird, aber es gibt die Möglichkeit, dass der Landtag eben diesen vorgeschlagenen Kandidaten nicht wählt und dass es dann schlussendlich zu einer Volksabstimmung kommen kann. Es muss nicht, aber es kann. Das heisst, gegenüber dem heutigen absoluten Veto besteht die Möglichkeit für - ich gebe zu - extreme Situationen, das wirklich das Volk bestimmen zu lassen, wer als Richter jetzt bestellt wird.
Abg. Erich Sprenger:
Genau darin liegt das Problem. Es gibt dann wieder eine Volksabstimmung über einen Richter und vermutlich wieder unter der Drohung, wenn nicht der Kandidat des Gremiums gewählt wird, stellen wir den Zustand von vor 1938 wieder her.
Abg. Peter Sprenger:
Ich möchte in aller Kürze in dieselbe Kerbe schlagen: Schauen Sie, mit dieser Volksabstimmungsmöglichkeit bei Richterwahlen da verabreichen Sie einmal mehr eine plebiszitäre Beruhigungspille, die in diesem Land - ich sage es auch zum wiederholten Male - vielleicht einmal in 100 Jahren vorkommt, so wie es einmal in 100 Jahren einen Regierungschef gab im Jahre 1993, der von der eigenen Regierung in die Wüste geschickt wurde. Tun Sie doch nicht so als ob das der absolute Normalfall wäre. Das ist etwas das jenseits von Eden irgendwann einmal stattfinden kann und in der Praxis und im Alltag null bis unter null Rolle spielt.
Abg. Markus Büchel:
Herr Abg. Sprenger, ich habe nicht gesagt, dass das der Normalfall sei, sondern ich habe ausdrücklich betont, dass das wahrscheinlich in Extremsituationen sehr selten vorkommen kann, aber die Möglichkeit besteht. Und in anderen Fällen sagt man, ein solches Gremium oder eine solche Entscheidungsinstanz hat Konfliktbereinigungsmöglichkeiten oder zwingt die in unterschiedlicher Meinung befindlichen Partner dazu, eben eine Lösung zu suchen, die dann weniger aufwendig, weniger kritisch ist. Also, den Effekt hat es auf jeden Fall, dass alle in diesem Prozess eingebundenen Personen oder Kommissionen wirklich nur im allerschlimmsten Fall zu keiner Einigung kommen werden. Und ich möchte nur einen Satz noch aus Ihren vorgängigen Voten zitieren, wo Sie gesagt haben, Sie möchten den Tag nicht erleben, an dem eben diese Möglichkeit besteht. Ich würde mich zurückhalten mit solchen Äusserungen, weil es kann geschehen und was machen Sie dann?
Abg. Alois Beck:
Es ist einer der Artikel, der zwangsläufig zu emotionalen Ausführungen führt. Aber ich glaube, man kann natürlich nicht gleichzeitig sagen, das Volk wählt seine Richter selbst, und dann in Bausch und Bogen diese Lösung verwerfen. Zumindest müsste man anerkennen, dass mit der heute bestehenden Lösung, das Volk im Konfliktfalle seine Richter eben nicht selbst wählen kann. Das haben wir ja im Jahre 1997 - wenn man das so will - erleben dürfen. Es wurde auch gesagt, dass das nicht der «courant normal» ist, davon gehe ich auch aus, dass es nicht jedes Mal zu einer Kampfabstimmung kommt. Auf der anderen Seite muss ich schon sagen, wenn man auch sagt, dass das nur im Ausnahmefall so ist, geht man ja davon aus, dass dann der Landtag seine Zustimmung erteilt, sonst ist ja das nicht möglich. Und hier muss ich schon darauf verweisen, dass der Landtag hier doch eine eigenständige Position hat und, wie er die auszuführen gedenkt, das ist seine Sache. Ich hoffe, dass er sie so ausführt wie ich das erwarte und deshalb sind diese Befürchtungen sicher nicht so zu sehen.
Abg. Peter Sprenger:
Herr Kollege Büchel, auf Ihre Ratschläge, ob und wann ich mich zurücknehmen muss, kann ich dankend verzichten. Ich finde es auch müssig, über einen Fall zu reden der in der Praxis, da bin ich überzeugt, keine Rolle spielen wird. Ich will Ihnen zum Abschluss dieses Themas auf meiner Seite etwas aus der liechtensteinischen heutigen Realität berichten und Ihnen zeigen wie bereits diese Vorschläge, die fürstlichen, die im Raume stehen, in die Gegenwart hineinstrahlen: Als ich mit einer «mittelalterlichen» Dame über die Friedensinitiative gesprochen habe, hat sie mir gesagt: Ich bin eigentlich dafür, das finde ich einen guten Vorschlag. Leider habe ich ein Problem, meine Tochter studiert Jus und ich möchte nicht, dass sie eines Tages ein Problem damit bekommt, dass ich der Friedensinitiative meine Unterschrift gegeben habe. Bitte, das ist Realität, nicht, dass irgendwann in 100 Jahren einmal ein Richter durch Volkswahl bestimmt wird.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wenn es keine weiteren Wortmeldungen mehr gibt, möchte ich noch kurz zu zwei, drei Fragen - Entschuldigung, der Abg. Alois Beck hat sich noch zu Wort gemeldet.
Abg. Alois Beck:
Nur kurz: Wenn es Vorschläge in der Fürsteninitiative gibt, die - ich sage mal - relativ breite Unterstützung in der Bevölkerung finden, dann ist es sicher die Sache mit den Richtern. Das ist so. Auch das DeSe hat in seiner damaligen Umfrage auch diese Tendenz klar festgehalten. Ob das nun gut oder schlecht ist, ist eine andere Frage. Aber hier so zu tun, dass hier das nicht Thema auch in der Bevölkerung ist, das finde ich nicht gut; es gibt eben hier ganz unterschiedliche Ansichten und wenn man ehrlich ist: Es haben beide etwas für sich, aber für eine haben wir uns zu entscheiden.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wenn das Wort aus dem Plenum nicht mehr gewünscht wird, dann nehme ich noch kurz zu zwei, drei Fragen bzw. Äusserungen Stellung: Ich beginne mit der Äusserung der Abg. Ingrid Hassler: Wenn ich sie richtig verstanden habe, hat sie den Eindruck erweckt - sicher nicht wissentlich, aber es muss nach meiner Ansicht korrigiert werden -, dass ich anlässlich dieser Sitzung vom 24. Juni auf dem Schloss im Namen der Kommission zuerst gross gesprochen hätte, es wären alle einverstanden und dann erst nach Intervention der Abgeordneten Ingrid Hassler und Peter Wolff hätte ich dann gesagt, es wären nur die drei Kommissionsmitglieder der FBP. Das war sicher nicht der Fall, dass man mich korrigieren musste und ich im Schloss bereits für den Landtagsvizepräsidenten und die Abg. Ingrid Hassler mich dahingehend ausgesprochen hätte, dass alle Kommissionsmitglieder dafür wären. Es war schon aus den Sitzungen der internen Kommission klar, dass dem nicht so war. Dann zum Zweiten, zum Diktat des Fürsten: Der Landtagsvizepräsident hat das auch am Vormittag ausgeführt, das kann man so sehen. Ich sehe es nicht so. Er hat ausgeführt, dass bis zum ersten Gespräch ein konstruktives Klima war und man anschliessend nur noch Diktate des Fürsten entgegennehmen musste. Das war nicht so. Wir hatten konstruktive Gespräche und am Schluss der Diskussion und der Gespräche hat der Landesfürst gesagt: Meine Herren, ich mache eine Zusammenfassung und schicke Ihnen einen Vorschlag. Und niemand der Kommission hat gesagt: Nein, Durchlaucht, wir wollen von Ihnen keinen Vorschlag, Sie bekommen dann wieder von uns einen Vorschlag. Also, wir sind aus dem Schloss gegangen und der Fürst hatte uns angeboten, einen Vorschlag zu machen, der dann ja auch gekommen ist. Man kann unterschiedlicher Ansicht sein, ob der Vorschlag gut oder weniger gut war. Von einem Diktat zu sprechen ist nach meiner Ansicht nicht fair gegenüber dem Fürsten und dem Erbprinzen.Dann muss ich noch einmal auf die Übergangsregierung zurückkommen: Es soll mir einmal jemand hier im Plenum erklären: Wenn die Regierung das Vertrauen verloren hat - und gehen wir jetzt einmal wirklich davon aus, meine Damen und Herren, dass der Fürst eine Regierung zu Recht entlassen hat - dann kann der Landtag in der nächsten Woche eine Regierung, eine ordentliche Regierung mit fünf Mitgliedern zusammenstellen und diese ordentliche Regierung bestellen bzw. dem Fürsten zur Ernennung vorschlagen. Und jetzt sagen Sie mir doch einmal: Was ist dann so schlecht? Es liegt doch am Landtag, eine neue Regierung vorzuschlagen. Das Horror-Szenario, das hier immer wieder in den Raum gestellt wird, dass der Fürst mit Notrecht vier oder sechs Monate selber regieren wird, ist doch absurd. Die Handlungsweise liegt schlussendlich beim Landtag. Der Landtag kann jederzeit eine neue Regierung formieren, im Landtag bestellen und den Bestellungsvorschlag dem Fürsten unterbreiten. Was ist denn da so schlecht?
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Nur kurz zur Klarstellung, Herr Präsident, und weil ich mich auch angesprochen fühle: Der Vorgang am 25. Juni diesen Jahres auf Schloss Vaduz war genau so oder sinngemäss - sagen wir mal - so wie ihn die Abg. Ingrid Hassler dargestellt hat, wobei ich durchaus glaube, dass das wahrscheinlich ein Versprecher von Ihnen war und dass Sie nicht die Absicht gehabt haben, den Eindruck zu erwecken, Sie würden hier die Meinung der Gesamtkommission wiedergeben. Ich kann mich an das noch sehr gut erinnern, weil es schon aufgrund der Situation sehr gut haften geblieben ist und vor allem weil es auch so überraschend war. Sie haben wörtlich gesagt: Durchlaucht, ich kann Ihnen mitteilen die Kommission ist mit Ihren Vorschlägen - kann sich mit Ihren Vorschlägen einverstanden erklären. Daraufhin hat Sie vor allem, ich habe gar nichts gesagt, die Abg. Ingrid Hassler völlig entsetzt angeschaut und war gerade daran, etwas zu sagen, das haben Sie bemerkt und haben sich daraufhin sofort verbessert und haben gesagt ich spreche nur im Namen der FBP-Mitglieder der Kommission. Das war der Vorgang, und das ist ja weiter nicht so aufregend. Das viel Bedeutsamere, was mir wichtig an dem Ganzen erscheint, auch wenn Sie nur im Namen von drei der fünf Kommissionsmitglieder etwas sagen wollten, dass das vorher, vor diesen Zeitpunkt, im Rahmen der Kommission nie auch nur ansatzweise erörtert wurde, das ist eigentlich das was mir seltsam vorkommt. Denn bis zu einer Schlussabstimmung oder Abfassung eines Schlussberichts, wo eine Kommission naturgemäss oder deren Mitglieder auch divergierende Meinungen zum Ausdruck bringen könnten, soll eine Kommission, meine ich, nach aussen hin eigentlich gemeinsam auftreten und soll auch vor allem solche gravierenden, bedeutsamen Mitteilungen nur nach vorheriger interner Absprache abgeben. Aber sei es drum! Dann zum zweiten Punkt: Sie haben mich angesprochen oder zitiert. Ich habe überhaupt nicht von einem Diktat des Fürsten gesprochen am Vormittag. Ich habe gesagt, nach dem ersten Treffen - als noch im Sinne eines wirklichen Verhandlungsgesprächs über die einzelnen, vor allem über die Ideen und Vorschläge der Kommission und auch der Regierung oder des Herrn Regierungschefs gesprochen wurde - sei dann uns gegenüber mehr oder weniger vom Fürstenhaus nur mehr dekretiert worden, das war das Wort das ich verwendet habe, welche Vorschläge man nunmehr für gut befinde und welche nunmehr der Kommission quasi zum Zustimmen oder Ablehnen vorgelegt werden. Und so war es auch. Das was Sie jetzt gesagt haben, Herr Präsident, das bezieht sich im Wesentlichen auf das erste Gespräch. Dort war es so, dass dann am Schluss des ersten Gesprächs am 3. Mai S. D. der Landesfürst gesagt hat, er werde uns da einen Vorschlag zukommen lassen. Und natürlich war von uns aus gesehen niemand dagegen, das haben wir ja auch erwartet. Was wir allerdings nicht erwartet haben, war, was wir dann bekommen haben, nämlich das Schreiben vom 11. Juni 2002, siehe Beilage 3 des Kommissionsberichtes, wo klipp und klar drinnen steht: Das ist jetzt unser teilweise angepasster Entwurf, wir erwarten jetzt, dass uns bei der kommenden Sitzung am 24. Juni gesagt wird: Ist die Kommission gesamthaft dafür, teilweise dafür, gar nicht dafür? Und wenn Sie das nicht akzeptieren, das war der sinngemässe Inhalt dieses Schreibens, der wirklich nicht misszuverstehen war, dann werden wir unser Ziel mittels Volksabstimmung zu erreichen versuchen. Das wollte ich zum Ausdruck bringen und das ist ja aus den Unterlagen auch klar nachvollziehbar.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Herr Landtagsvizepräsident. Wenn ich Ihnen kurz noch etwas sagen darf. Es ist richtig, ich erinnere mich nicht mehr, da ich das fürstliche Diktat noch im Kopf habe. Nun habe ich in meinen Aufzeichnungen gesehen, dass das der Abg. Peter Sprenger und nicht Sie, Herr Landtagsvizepräsident, gesagt hat. Er sagte, wir hätten quasi nur eine Sitzung gehabt und dann wäre das fürstliche Diktat als Fallbeil - das sage ich jetzt - über uns herniedergegangen. Meine Damen und Herren, es erübrigt sich, glaube ich, auch da hin und her zu diskutieren, wer hat was so oder so verstanden. Ich muss Ihnen einfach sagen: Es wurde viel in die Richtung und in die andere Richtung diskutiert und man könnte jetzt wieder replizieren und sagen: Und dann wurde das und das gesagt. Ich glaube, aufgrund der fortgeschrittenen Zeit möchte ich im Moment dazu nicht mehr weiter Stellung nehmen. Ich habe Verschiedenes anders gehört, empfunden, aber darüber kann man sicher unterschiedlicher Ansicht sein und unterschiedliche Interpretationen haben. Der Abg. Peter Sprenger hat sich noch zu Wort gemeldet.
Abg. Peter Sprenger:
Herr Landtagspräsident. Ich nehme den Begriff «fürstliches Diktat» auf meine Kappe, das habe ich gesagt. Allerdings habe ich den Kollegen Wolff so verstanden, dass es in diese Richtung geht. Es mag noch etwas verstärkt gewesen sein, ich vermag ehrlich gesagt keinen grossen Unterschied zu erkennen, wenn mir etwas dekretiert wird von oben oder ob es mir diktiert wird. So viel zu dem. Dann möchte ich als zweiten Punkt festhalten: Sie tun jetzt so als ob es in der Hand des Landtages wäre, möglichst schnell eine reguläre Regierung zu bilden. Grundsätzlich kann man sehr schnell, weil der Landtag ist ja in dieser Situation intakt, eine neue Regierung wählen. Allerdings woher nehmen Sie die Sicherheit, dass diese vom Fürsten auch ernannt wird? Und damit hat er wieder jenen Spielraum, um diese Zeit auszudehnen. Und Sie haben mir bis heute keine Antwort - so das ist meine letzte Bemerkung - auf meine Frage gegeben, ob Sie nicht irgendwo in Ihrem innersten demokratischen Herzen, das ich auch bei Ihnen vermute, ein Problem damit haben, dass im Jahre - sagen wir - 2007 ein Fürst allein, ohne Mitwirkung eines anderen Organes eine Regierung bestellen kann und .... Ende der Durchsage.
Abg. Paul Vogt:
Ich versuche es auch kurz zu machen: Für mich ist immer noch die Frage offen: Braucht eine Übergangsregierung auch das Vertrauen des Landtages? Kann der Landtag einer Übergangsregierung das Misstrauen erklären oder nicht? Dann zur Frage: Ist der Fürst verpflichtet, eine Regierung zu ernennen, die vom Landtag vorgeschlagen ist? Ich glaube, die Interpretation des Landesfürsten ist klar. Der Fürst ist nicht verpflichtet, eine solche Regierung zu ernennen. Er hat das am Beispiel des früheren Regierungschefs Xander Frick einmal deutlich gemacht in einem Interview. Da hat er gesagt, dass nach dem Rücktritt der Regierung Hoop das Fürstenhaus nicht bereit gewesen wäre, irgendeinen anderen Regierungschef als Xander Frick zu ernennen. Der Landtag hätte vorschlagen können, wen er hätte wollen, das Fürstenhaus hätte nur Xander Frick ernannt.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Ich möchte mich auch noch einmal zu Wort melden, da wir nun - so glaube ich - an einem zentralen Punkt angelangt sind: Wenigstens attestiert mir der Abg. Sprenger, dass eine Übergangsregierung, sofort, nachdem sie vom Fürsten eingesetzt ist und der Landtag intakt ist, sofort und unverzüglich der Landtag in der Lage ist, eine ordentliche Regierung zu bestellen und die Übergangsregierung durch eine ordentliche Regierung abgelöst werden kann. Das kann in einer Woche, in 14 Tagen, in einem Monat sein, genauso schnell wie der Landtag in der Lage ist, eine ordentliche Regierung zu bestellen. Das scheint mir ein wesentlicher Punkt. Und jetzt kommt natürlich wieder die Aussage: Wer glaubt denn mit Sicherheit, dass der Fürst sie dann auch ernennt? Meine Damen und Herren Abgeordnete: Wenn Sie dem Fürsten unterstellen, dass er einfach alles gegen den Landtag, gegen einen vernünftigen Vorschlag des Landtags unternimmt, dann mögen Sie Recht haben. Solche Fürsten hat jedoch Liechtenstein noch nie gehabt und wie ich es jetzt beurteile, macht das der jetzige Fürst nicht und auch der Nachfolger wird das nie machen. Horrorszenarien heraufzubeschwören scheint mir einfach keine Basis. Man muss doch auch die gelebte Praxis von 80 Jahren als Basis nehmen, auch wenn der Abg. Paul Vogt jetzt den Fall Xander Frick zitiert. Tatsache ist, dass die Fürsten von Liechtenstein noch nie einen Vorschlag zur Ernennung des Landtages zurückgewiesen haben. Das sind Fakten. Aber man kann natürlich sagen: Der Fürst macht alles und ist überall dagegen.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Ich bin nicht für die Zeichnung von Horrorszenarien, Herr Präsident, aber es gibt auch andere Fakten. Und diese Fakten, die ich im Kopf habe, das ist die Entwicklung dieser Bestimmung. Ursprünglich war es doch in den fürstlichen Verfassungsänderungsvorschlägen der Jahre 1999, Februar 2000, März 2001 so, dass diese Bestimmung vom Landesfürsten so vorgeschlagen wurde, dass bei einer Entlassung der Gesamtregierung durch den Fürsten infolge Vertrauensverlust der Fürst das Recht haben sollte, den Landtag ohne nähere sonstige Begründung aufzulösen, wenn der Landtag ihm nicht anstelle der entlassenen Regierung eine neue, dem Fürsten genehme Regierung in Vorschlag bringen sollte. Das war eine der Bestimmungen, die am meisten Widerstand in den damaligen Diskussionen ausgelöst hat. Es war eine der markantesten Änderungen der Gespräche mit dem Forum Liechtenstein im Juni/Juli 2001, die dann auch am 15. August 2001 als grosser Kompromiss gefeiert wurde - in diesem Punkt gar nicht zu Unrecht -, dass man sich damals mit dem Fürsten darauf geeinigt hatte, das so abzuändern, dass Folge einer Regierungsentlassung nicht die zuvor von mir zitierte sein sollte, sondern die gemeinsame Bestellung einer Übergangsregierung von Landtag und Fürst gemeinsam auf die selbe Art und Weise wie sonst die normale Regierung bestellt wird. Und diese Übergangsregierung, diese gemeinsam bestellte, sollte dann so lange im Amt sein, bis die normale Regierung ebenfalls auf die normale bisher bekannte Art und Weise bestellt wurde. Genau das war auch Inhalt der Regierungsvorlage, nur dass dort das Wort Übergangsregierung, das in den Vorschlägen des Forums Liechtenstein auch noch ausdrücklich vorkam, nicht mehr vorkam, aber inhaltlich war genau das gemeint. Es heisst auch im Regierungsvorschlag nach wie vor - und das bezeichnet den Begriff der Übergangsregierung - «zur interimistischen Fortführung der Geschäfte». Und hier setzt jetzt die Kritik ein, Herr Landtagspräsident, an der jetzt vorliegenden Fassung, nämlich das Ergebnis der angeblich so segensreichen Verhandlungsgespräche unserer Kommission mit dem Landesfürsten und mit dem Erbprinzen. Jetzt ist nämlich von der gemeinsamen Bestellung einer Übergangsregierung keine Rede mehr, sondern jetzt, plötzlich, ohne ersichtlichen Grund, ohne dass uns eine Notwendigkeit dafür eigentlich plausibel erläutert worden wäre, jetzt wird die Übergangsregierung plötzlich von dem Fürsten allein ernannt, was man für sich allein betrachtet nicht für so schlimm halten muss, das gibt es anderswo auch. Seltsam ist nur der Rückschritt gegenüber der bisherigen Verfassung und auch gegenüber dem zuletzt mit dem Fürsten abgesprochenen Vorschlag vom 12. Juli 2001 und das, was jetzt in Ihren letzten Voten nicht angesprochen wurde, aber was ich für viel bedeutsamer halte, dass man offenbar darüber hinaus, obwohl es aus dem Wortlaut des vorliegenden Textes meiner Meinung nach nicht unbedingt ableitbar ist, aus dieser Fassung auch noch ableiten will, dass eine negativ ausgehende Vertrauensabstimmung des Landtages für eine solche Übergangsregierung keineswegs zu bedeuten haben soll, dass es mit dem Institut Übergangsregierung vorbei sei, sondern dass dann eben eine andere Übergangsregierung und damit theoretisch noch viele andere Übergangsregierungen bestellt werden können. Auch wenn das sicherlich nicht die Regel sein wird, ist das doch eine Auswirkung, meiner Meinung nach, die man im Gegensatz sei es zur jetzigen Rechtslage, sei es zum Inhalt der Regierungsvorlage, nicht ernsthaft als einen Fortschritt, welcher Art auch immer, bezeichnen kann.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Ich möchte nur ganz kurz Stellung nehmen, sonst verliere ich den Faden: Herr Landtagsvizepräsident, Sie gehen aber mit mir einig, dass der Landtag jederzeit eine ordentliche Regierung bestellen kann und dass der Landtag bemüht sein wird, so schnell wie möglich eine ordentliche Regierung zu bestellen. Und wenn dann von vielen Übergangsregierungen gesprochen wird, dann müssten wir uns doch als Landtag an der Nase nehmen, weil es uns nicht gelingt, eine ordentliche Regierung zu bestellen bzw. in Vorschlag zu bringen. Die vier oder wie viel Monate, das ist doch ein Entgegenkommen des Fürsten, dass der Landtag Zeit genug hat, über die Parteien eine ordentliche Regierung zu bestellen. Und ich sehe einfach nicht ein, was denn da schlecht sein soll. Im Gegenteil: Wenn keine Übergangsregierung bestellt würde, dann kommt es zu dieser Notrechtssituation. Das sind doch einfach Fakten, da kann man einfach nicht sagen, dann hat er Möglichkeit, noch viele Übergangsregierungen zu bestellen. Das ist doch nicht die Realität. Wenn morgen die Regierung entlassen wird, meine Damen und Herren, dann steht der Landtag zusammen und versucht, so schnell wie möglich eine ordentliche Regierung zu bestellen. Und dann wäre es doch segensreich, dass durch die Bestellung einer Übergangsregierung keine Notrechtssituation entstehen würde, wobei der Fürst mit Notrecht regieren müsste. Das ist doch die Tatsache. Und Tatsache ist doch auch, dass, wenn der Landtag - und das war ja die Frage der Abg. Ingrid Hassler - dass, wenn der Landtag mit dem Fürsten eine Übergangsregierung bestellen muss, möglicherweise eben keine Übergangsregierung in einer vernünftigen Zeit geschaffen werden kann. Und dann haben wir eben die Situation, die wir ja alle bekämpfen und nicht wollen. Meine Damen und Herren: Das sind die Fakten und das können Sie nun einfach nicht wegdiskutieren.
Abg. Peter Sprenger:
Man will ja überhaupt nichts wegdiskutieren, Herr Landtagspräsident, aber ich wehre mich dagegen, dass Sie mir und anderen permanent unterstellen, wir malen nur Horrorszenarien. Ich habe mehrfach erklärt, um was es mir geht. Unser Bemühen muss sein, für Krisensituationen - salopp ausgedrückt für schlechtes Wetter - eine Verfassung zu haben, die diesen Krisensituationen gerecht wird. Dann als Zweites sagen Sie, dass es ja in diesem Land noch nie einen Monarchen gegeben habe, der eine vorgeschlagene Regierung nicht ernannt habe. Ich repliziere Ihnen darauf: Es gab in diesem Land auch noch nie einen Monarchen, der über eine Volksabstimmung mehr Macht wollte. Und als Drittes: Sie haben mir bis jetzt - mindestens habe ich nichts gehört - keine Antwort auf meine Frage gegeben, die dahinging, dass es eine Tatsache ist, dass es neu eine Möglichkeit in diesem Land geben soll, dass eine nichtdemokratische Regierung - und wenn es auch nur eine Übergangsregierung ist - möglich ist.
Abg. Markus Büchel:
Danke, Herr Präsident. Sie haben mir schon meine Antwort an den Herrn Landtagsvizepräsidenten vorweggenommen. Ich möchte da nur noch ergänzen bezüglich einvernehmliche Ernennung der Übergangsregierun: Das ist richtig, dass das ursprünglich so geplant war. Da haben wir aber genau eben das festgestellt, dass für eine einvernehmliche Ernennung einer Übergangsregierung vermutlich eben auch wieder Zeit ins Land zieht, dass man eben sich nicht einvernehmlich für diese Übergangsregierung vielleicht treffen könnte. Und darum hat man dann das herausgenommen, die Einvernehmlichkeit, damit eben diese Notsituation überhaupt nicht aufgrund einer regierungslosen Zeit entstehen kann. Das war der Grund. Also, es war nicht so, dass es keine Gründe und keine Überlegungen gab, warum wir da auf diese Lösung dann gekommen sind.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Ich möchte nur noch kurz dem Abg. Peter Sprenger auf seine Frage antworten: Wenn er die Frage stellt oder die Feststellung macht: Es ist eine Tatsache, dass die Übergangsregierung nicht demokratisch gewählt ist. Es ist eben eine Übergangsregierung - nehmen Sie das bitte doch zur Kenntnis - die Übergangsregierung ist dem Landtag rechtlich und staatspolitisch vom ersten Tag an verantwortlich. Auch der Regierungschef in dieser Übergangsregierung übt das Gegenzeichnungsrecht aus. Das sind Fakten. Der Fürst überbrückt eine «Notsituation» und wir vom Landtag sind verpflichtet, so schnell wie möglich eine ordentliche Regierung zu bestellen. Aber die Übergangsregierung ist keine vom Fürsten manipulierte Regierung - das müssen Sie doch einfach zur Kenntnis nehmen. Sie ist doch dem Landtag vom ersten Tag an rechtlich und staatspolitisch verantwortlich.
Regierungschef Otmar Hasler:
Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren. Es sind verschiedene Fragen zur Stellungnahme der Regierung gestellt worden. Einleitend möchte ich aber auch einige grundsätzliche Bemerkungen zum erzielten Ergebnis, das ja in der vorliegenden Initiative - die zugegebenermassen erst im nächsten Traktandenpunkt behandelt wird - zu diesem erzielten Ergebnis doch einige Bemerkungen machen. Ich persönlich bin auch überzeugt, dass dieses Ergebnis ein tragbares Ergebnis ist, dass hier noch einmal wesentliche Bewegung stattgefunden hat nach der Lesung im Dezember 2001 und möchte das auch kurz begründen, bevor ich dann auf die einzelnen Fragen eingehe. Ich meine nicht, dass im Laufe dieser Gespräche, die die Verfassungskommission mit dem Landesfürsten geführt hat, dass es dann nachher sich nur noch um fürstliche Dekrete gehandelt hat. Ich habe sehr lange, sehr intensive Gespräche geführt mit dem Landesfürsten. Die Änderungen sind ja nicht einfach so und aus alleinigem Antrieb des Landesfürsten vorgeschlagen worden. Ich habe der Verfassungskommission auch jeweils offen gelegt, dass ich entsprechende Gespräche auch führe und dagegen ist ja auch grundsätzlich kein Einwand gewesen. Wenn ich sage, dass die Vorlage, wie sie jetzt in der Form einer Initiative vom Landtag im nächsten Traktandenpunkt zu behandeln ist, eine verbesserte Vorlage gegenüber der Regierungsvorlage ist, dann möchte ich das kurz begründen:Erstens ist die Vorlage verbessert worden, was die Frage des Selbstbestimmungsrechts der Gemeinden betrifft: In Art. 1, dem Zweckartikel, ist die Freiwilligkeit zum Staatsverband nicht mehr enthalten, ist herausgestrichen worden, und in Art. 4 ist nun auch eindeutig festgehalten, dass die Einleitung dieses Austrittsverfahrens in der Kompetenz der Gemeinde liegt, dass aber als zweiter Schritt entweder ein Gesetz oder ein Staatsvertrag beschlossen werden muss und dass hier der Gesetzgeber darüber zu befinden hat. Das ist für mich eindeutig eine Klarstellung und damit Verbesserung zur Regierungsvorlage.Dann zu Art. 7: Hier wurde die Immunität des Landesfürsten eindeutig auf die Privatperson des Fürsten oder seines Stellvertreters eingegrenzt und damit ist auch klar, dass die Funktion des Staatsoberhauptes hier nicht unter diese Immunität fällt, und dass deshalb Akte des Staatsoberhauptes, die er in seiner Funktion als Staatsoberhaupt fällt, der Gerichtsbarkeit unterliegen. Allerdings ist dann zu unterscheiden, ob diese Akte justiziabel sind oder nicht. Handelt es sich um individuell konkrete Akte, die eine Person in ihren Grundrechten verletzt, dann ist es auch nach Auffassung der Regierung klar und eindeutig, dass solche Grundrechtsverletzungen vor dem Staatsgerichtshof eingeklagt werden müssen, ansonsten wir keinen umfassenden Grundrechtsschutz haben. Ich werde auf die Frage später dann noch eingehen. Also, diese Unterscheidung der Immunität zwischen der Privatperson und der Funktion des Staatsoberhauptes ist für mich eine eindeutige Verbesserung der Vorlage.Wir kommen zu Art. 10, zum Notverordnungsrecht: Hier ist ganz wesentlich, dass auch das Wesen der Notverordnung festgehalten wird, dass Notrecht die Verfassung weder als Ganzes noch in einzelnen Teilen ausser Kraft setzen kann, sondern dass nur die Anwendbarkeit einzelner Bestimmungen eingeschränkt werden kann. Und unter diesen einzelnen Bestimmungen sind Grundrechte verstanden, die hier eingeschränkt werden können. Das bedeutet doch insgesamt hier eine Garantie der Institutionen der Verfassung. Zweitens finde ich es durchaus als gut und wichtig, dass die notstandsfesten Grundrechte der EMRK hier aufgeführt sind. Auch wenn das immer wieder gesagt wird, dass man keine Angst hat, dass solche Grundrechte ausser Kraft gesetzt werden, so sind sie hier nun eindeutig aufgeführt. Auch das Gegenzeichnungsrecht, das Gegenzeichnungserfordernis des Regierungschefs, ist klar. Das geht schon aus Art. 85 der geltenden Verfassung hervor, dass ein solcher Erlass eben gegengezeichnet werden muss. Ich erinnere mich noch gut an die Diskussion im Dezember 2001, wie über diesen Artikel diskutiert wurde und wie auch gesagt wurde, dass der Einbezug des Landtags in der Form, wie er damals vorgesehen war, nämlich, dass der Landtag innerhalb von drei Monaten begrüsst werden muss, dass aber ein Beschluss des Landtages, ein negativer Beschluss des Landtages nur zur Folge hat, dass dann innerhalb von sechs Monaten eine Volksabstimmung stattfindet, also das Notrecht diese sechs Monate gilt, dass das als sehr problematisch gesehen wurde und dass vor allem die Abhaltung einer Volksabstimmung in einer Notrechtssituation praktisch als nur schwer oder nicht machbar, auf jeden Fall als nicht das geeignete Mittel gesehen wurde. Also, ich meine auf jeden Fall, dass diese Bestimmung, so wie sie jetzt vorliegt, ein wesentlicher Fortschritt zur heutigen Verfassung ist. Und noch einmal, auch wenn das Gegenzeichnungserfordernis des Regierungschefs hier nicht enthalten ist - das ist ganz eindeutig in Art. 85 enthalten, dass Erlasse des Landesfürsten in seiner Funktion als Staatsoberhaupt gegengezeichnet werden müssen. Der Art. 80, wo es um den Vertrauensverlust in die Regierung, um die Entlassung der Regierung geht, wurde intensiv diskutiert und ich möchte auch dazu Stellung nehmen: Ich meine, dass das, was im Jahr 1965 passiert ist, nämlich, dass im Zuge der Beratung des Landtages dieser Artikel mit beraten wurde und dass da eine Landtagskommission zur eindeutigen Auffassung kam und diese auch festgehalten hat in ihrem Bericht, dass nämlich sowohl der Landesfürst wie der Landtag, wenn sie das Vertrauen in die Regierung verlieren, die Regierung ihres Amtes entheben können beziehungsweise, dass der Landesfürst dann auf Antrag des Landtages die Regierung zu entlassen hat. Diese Interpretation der Verfassung, die auch vom damaligen Regierungschef, auch vom damaligen Landesfürsten geteilt wurde - ich konzediere, es handelt sich keinesfalls um eine authentische Interpretation der Verfassung, aber doch um eine übereinstimmende Auslegung dieser Verfassungsbestimmungen durch höchste Staatsorgane. Dieser Bericht wurde auch dem Landtag vorgelegt. Er hat beraten und auch der Landtag hat dieser Auslegung nicht widersprochen. Und deshalb ist diese Auslegung der Verfassung schon nicht dasselbe, wie eine gutachterliche Meinung. Das kann ich auf keinen Fall teilen. Wenn man von dieser Auslegung ausgeht, dass die Regierung bei der Bestellung, aber auch während ihrer Amtsdauer auf das beiderseitige Vertrauen angewiesen ist und jetzt die Regelung im neuen Art. 80 unter diesem Gesichtswinkel sieht, so wird im Art. 80 auch die Konsequenz eines Vertrauensverlustes geregelt. Im Regierungsbericht - das hat der Landtagsvizepräsident schon ausgeführt - da hat es ganz einfach geheissen: «Verliert die Regierung das Vertrauen des Landesfürsten oder des Landtages, dann erlischt ihre Befugnis zur Ausübung des Amtes. Der Landesfürst betraut dann einvernehmlich mit dem Landtag (Art. 79) eine neue Regierung mit der Fortführung der Geschäfte.» Diese Bestimmung, die wurde auch im letzten Dezember im Landtag sehr stark kritisiert, und zwar dahin kritisiert: Was passiert denn, wenn dieses Einvernehmen nicht zustande kommt? Und damals war die Kritik auch, dass es dann zu einer Notstandssituation kommt, dass keine Regierung vorhanden ist und dass dann eben der Durchgriff auf das Notstandsrecht ohne Gegenzeichnung möglich ist. Und genau wegen diesen Argumenten wurde ja diese neue Regelung hier gefunden. Diese neue Regelung, die hat ganz eindeutig das Ziel und die Absicht, dass es keine regierungslose Zeit gibt, auch wenn das Vertrauen in die Regierung entweder vom Landtag oder Landesfürst verloren ist. Und die neue Regelung sagt ja auch, dass bis zum Antritt der neuen Regierung eine Übergangsregierung zu bestellen ist, die interimistisch die Geschäfte bestellt. Und das ist der Sinn dieser Regelung, dass keine regierungslose Zeit möglich ist und damit - auch wenn es zu einem Rücktritt einer Regierung kommt wegen Vertrauensverlustes -, dass damit keine Notstandssituation eintreten kann. Und die Regelung bezüglich der interimistischen Regierung, der Übergangsregierung, die besagt ja auch, dass sie zur interimistischen Besorgung der gesamten Landesverwaltung (Art. 78 Abs. 1) bestellt wird. Und in Art. 78 Abs. 1 heisst es ganz eindeutig, dass diese Regierung dem Landesfürsten und dem Landtag verantwortlich ist. Also, sie ist beiden verantwortlich und hat ihre Geschäfte auch beiden verantwortlich zu führen. Aber diese interimistische Regierung, diese Übergangsregierung ist nicht auf Dauer angelegt. Denn wenn sie das Vertrauen des Landtages nicht hat, dann ist sie auch nicht handlungsfähig. Deshalb ist auch hier das Ziel ganz eindeutig, dass es wieder zu einer ordentlichen Regierung kommt, zu einer Regierung, die vom Landtag vorgeschlagen wird und dann vom Landesfürsten ernannt wird. Das zum Sinn dieses Artikels und zum Zweck dieses Artikels.Ich meine auch, dass es eine Verbesserung ist in der neuen Vorlage, dass ein neues Hauptstück für die Gerichte gefunden oder geschaffen wurde und dass hier verschiedenste Bestimmungen verbessert wurden. Ich bin der Überzeugung, dass mit dieser Vorlage, die nach den Gesprächen zustande gekommen ist, eine tragfähige Vorlage da ist, vor allem eine Vorlage, die besser ist als die damals vorgelegte Regierungsvorlage, und das war der Grund, weshalb die Regierung ihre Vorlage zurückgezogen hat. Es wird immer wieder gesagt, dass damit der parlamentarische Prozess unterbrochen ist. Aber eines kann auch gesagt werden: Wenn die Landtagskommission, die Verfassungskommission, ihrerseits diese Beratungen im Landtag fortführen wollte und diese Vorlage zu einer Kommissionsvorlage gemacht hätte, dann wäre selbstverständlich eine solche weitere Beratung möglich gewesen. Aber es ist zu einer mehrheitlichen Einigung gekommen zwischen dem Fürsten und der Landtagskommission sowie der Regierung. Und diese Einigung liegt in Form dieser Initiative vor. Das zur Wertung der Vorlage meinerseits.Wenn ich dann auf die einzelnen Fragen eingehen darf, die vor allem auch zum Regierungsbericht gestellt wurden, dann eines: Es stimmt und es ist richtig, dass ich nicht an allen Sitzungen der Verfassungskommission teilnehmen konnte, aber es war nicht einfach eine willkürliche Festsetzung von Prioritäten und es hat auch nicht einfach mit Lust und Zeit zu tun gehabt. Es haben auch zu verschiedenen Zeiten verschiedene Probleme bestanden, denen ich wirklich auch prioritär nachgehen musste. Ich war auch zweimal im Ausland. Ich hatte einmal dringlich nach Brüssel zu reisen und die Finanzplatzfragen, die wir heute schon besprochen haben, die haben es mir nicht möglich gemacht, an jeder der Sitzungen teilzunehmen, weil hier einfach auch kurzfristig andere Probleme auf mich zugekommen sind, die ich nicht einfach ignorieren konnte. Und das muss hier schon auch einmal gesagt werden, dass wir in einer Zeit stehen, in der verschiedenste, sehr schwer wiegende Probleme auf die Regierung zukommen und manchmal gilt es an verschiedenen Fronten zu wehren. Der Tag hat nur 24 Stunden und wir versuchen, da unser Möglichstes zu tun.Zur Stellungnahme der Regierung: Es wurde von verschiedenen Abgeordneten bemängelt, dass die Regierungsvorlage sehr spät eingegangen ist. Ich habe aber diese Stellungnahme immer auch im Zusammenhang mit dem Kommissionsbericht und mit der Kommissionsvorlage gesehen, denn es sind ja auch Abklärungen dort eingeflossen, es ist ja auch zu Änderungen gekommen und ich war und bin auch der Überzeugung, dort, wo es eben aufgrund der Gespräche zu Änderungen der Vorlage gekommen ist, dass es nicht sehr sinnvoll ist, dann noch lange zurückzuerklären - warum war das damals so? - sondern dann kann man ja diese Änderungen erklären. Zweitens wurden verschiedene Fragen auch im Bericht und Antrag der Regierung zur Übereinstimmung der Initiative mit geltenden Staatsverträgen beantwortet. So zum Beispiel die Frage zum Sanktionsrecht, die die Abg. Laternser gestellt hat. In diesem Bericht und Antrag war das, ich glaube auf Seite 20, 21. Dort wurde das Sanktionsrecht und die Problematik bezüglich dem ersten Zusatzprotokoll zur EMRK abgehandelt und wir haben das nicht noch einmal in diesen Bericht hineingenommen. Es wäre natürlich auch möglich gewesen, dass wir das noch einmal zusammengefasst hätten. Ich verweise auch auf Beilagen im Kommissionsbericht, die ebenfalls abgegeben wurden und natürlich direkt und indirekt mit diesen Fragen, die uns gestellt wurden, zu tun haben.So hat zum Beispiel der Abg. Sprenger gefragt - die Frage bezüglich Art. 7 Abs. 2 - warum hier die Person des Landesfürsten nicht aufgeführt wurde bei der Immunitätsbestimmung. Nachher ist sie ja in die Initiativvorlage hineingekommen: Ich meinte, dass ich damals schon im Landtag gesagt habe: Gemeint ist natürlich die Person des Landesfürsten - und dass wir das dementsprechend auch korrigieren müssen. Und deshalb sind wir auf eine solche Frage auch nicht mehr vertieft eingegangen. Auf jeden Fall ist es nicht so, dass die Regierung die Absicht hat, die öffentliche Diskussion zu behindern. Das empfinde ich hier doch als eine Unterstellung. Jede öffentliche Diskussion muss möglich sein und gerade über die Verfassungsfrage wird auch öffentlich diskutiert. Dann wurde die Frage gestellt, wie das dann 1993 gewesen sei, wenn die Regierung schon von der Interpretation der Verfassung oder von der Interpretation der Landtagskommission im Jahr 1965 ausgegangen ist, wo auch eine einvernehmliche Auslegung bezüglich der Regierungsentlassung so weit mit dem Landesfürsten erzielt werden konnte. Ob denn 1993 eben hier einem Amtsenthebungsantrag nicht stattzugeben gewesen wäre? Meiner Überzeugung nach ja. Das haben wir 1993 aber auch dementsprechend klar gesagt. Das war auch die Ansicht der FBP-Fraktion damals im Landtag, dass einem solchen Amtsenthebungsantrag, wenn er vom Landtag ausgesprochen wird, auch Folge zu leisten ist. Wenn dann auf das Jahr 1992 zurückgeschlossen wird und dort immer wieder betont wird, dass der Landesfürst selber der Überzeugung gewesen sei, dass er die Regierung nicht entlassen könne, sondern dass er zuerst den Landtag auflösen müsse, dann hat ja gerade diese Situation im Jahre 1992 gezeigt, dass hier natürlich auch besondere Umstände vorgelegen sind, indem der Landtag hier auch ganz eindeutig auf dieses Abstimmungsdatum, das dann ja zur Auseinandersetzung führte, selbst bestanden hat, das auch ausdrücklich so genannt hat. Aber auch hier haben letztendlich Gespräche zwischen dem Landesfürsten und Vertretern der damaligen Regierung und der damaligen Landtagsfraktionen eine Lösung aus dieser Krise ermöglicht. Dann hat der Landtagsvizepräsident auch bezüglich des Grundrechtsschutzes die Frage gestellt, welches da die Meinung der Regierung ist: Ich habe das immer wieder klar und eindeutig gesagt, dass meiner Überzeugung nach, auch meiner Rechtsansicht nach, so wie der Art. 7 Abs. 2 in der Initiativvorlage steht, es ganz eindeutig ist, dass ein lückenloser Grundrechtsschutz in unserer Verfassung besteht und bestehen muss. Das Gutachten, das wir eingeholt haben, hat sich mit dieser Frage auch auseinander gesetzt. Das Gutachten selber - das Gutachten von Breitenmoser - kommt zum Schluss, dass die Verfassung diese Interpretation durchaus zulässt, nämlich, dass dieser lückenlose Grundrechtsschutz gewährleistet ist und dass deshalb der Zug an den StGH auch möglich sein müsse. Er sieht auch im Wortlaut von Art. 23 StGH-Gesetz kein Hindernis, dass sich der StGH auch zuständig für eine solche Beschwerde erklärt. Meiner Ansicht nach ist dieser Art. 23 des StGH-Gesetzes auch der Rechtsklarheit wegen zu präzisieren und es ist eine Bestimmung dort aufzunehmen, die ganz eindeutig besagt, dass hier gegen - wir sind hier auch an einer Vorbereitung dieser Gesetzespräzisierung - dass gegen Hoheitsakte des Landesfürsten oder auch des Landtages, meine ich - ausgenommen müssen natürlich solche legislativer Art sein - jeder Bürger, der sich in seinen Grundrechten als verletzt betrachtet, Beschwerde erheben kann. Dann ist auch hier Rechtsklarheit geschaffen. Aber ich bin der Überzeugung, dass ein solcher Grundrechtsschutz, ein lückenloser Grundrechtsschutz gegeben sein muss.Dann haben Sie eine Frage zur ganzen Hausgesetz-Thematik gestellt, nämlich - jetzt muss ich da schnell nachschauen -es geht auf jeden Fall um eine Bestimmung bezüglich der Vormundschaft, wenn ich das richtig in Erinnerung habe: Wie bereits im Bericht der Regierung ausgeführt, geht die herrschende Meinung in Liechtenstein davon aus - und das ist auch die Meinung der Regierung -, dass man mit der Zustimmung des Landtages zu Art. 3 der Verfassung von 1921 die zum damaligen Zeitpunkt geltenden Regelungen der Hausgesetze bezüglich der in Art. 3 angeführten Materien angenommen, materiell angenommen hat. Und diese und nur diese Regelungen wurden somit allgemein verbindlich. Der Wortlaut in Art. 3 insbesondere im Hinblick auf die Vormundschaft, nämlich die Verwendung des Wortes «vorkommendenfalls» gibt Hinweis darauf, dass es sich hier um einen eher seltenen Fall handelt. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass Art. 3 sich natürlich nur auf den Landesfürsten und den Erbprinzen bezieht. Bis zu dieser Regelung aus dem Jahre 1993 galt im Bereich der Vormundschaft die im wesentlichen unveränderte Primogenitur-Verfassung von 1606, wonach grundsätzlich der Primogenitus Vormund aller unmündigen Mitglieder des Fürstenhauses war. Nach Art. 17 des Hausgesetzes, so wie es 1993 publiziert wurde, soll der Fürst neu nach liechtensteinischem Recht den Vormund bestimmen. Da die alte Regelung keinen entsprechenden Hinweis auf das anzuwendende Recht enthielt, erachtet die Regierung in ihrer Stellungnahme diese Regelung trotz der noch fehlenden formalrechtlichen Zustimmung des Landtages für eher unproblematisch, also für eher einen Fortschritt. Aber es ist klar, um auch dieser Bestimmung allgemein verbindlichen Charakter bezüglich des Umfangs, der in Art. 3 festgelegt ist, zu geben, braucht es die nachträgliche Zustimmung des Landtages. Und da bin ich der Auffassung, dass wir ein Problem nach dem anderen angehen müssen. Ich meine auch, dass auch hier Rechtssicherheit geschaffen werden muss. Sie haben dann auch auf den Bericht hingewiesen, was den Austritt von Gemeinden betrifft, dass hier auf Seite 23 darauf hingewiesen wird, dass es auch heute möglich ist, diesen Austritt einer Gemeinde mit der Abänderung des Art. 1 möglich zu machen. Da haben Sie völlig Recht, das ist so missverständlich. Das ist heute nicht so in der Verfassung vorgesehen. Vorgesehen ist in Art. 4 nur, dass Grenzänderungen von Gemeinden vorgenommen werden können. Und es wäre wohl sehr weit interpretiert, wenn man diesen Art. 4, nämlich: «Die Änderung der Grenzen des Staatsgebietes kann nur durch ein Gesetz erfolgen», wenn man darunter ein ganzes Gemeindegebiet verstehen würde. Sie sind dann auch auf die Auslegung der Verfassung von 1921 durch die Landtagskommission, Regierung und Landesfürst im Jahre 1965 eingegangen. Wie gesagt, ich habe schon ausgeführt, dass dieser Bericht der Kommission auch im Landtag zur Diskussion stand und dass hier keine gegenteilige Auslegung der Verfassung stattgefunden hat. Also, ich meine schon, dass das durchaus bedeutsam ist, wenn die obersten Staatsorgane Bestimmungen der Verfassung doch übereinstimmend auslegen, ohne dass es zu einer authentischen Interpretation gekommen ist, was ich auch zugestanden habe.Die Auslegungskompetenz gemäss Art. 112, da haben Sie mit Recht festgestellt, dass hier zwei Rechtsmeinungen dargestellt wurden, dass es hier ja in verschiedenen Gesprächen zu Verhandlungen mit dem Landesfürsten über die Jahre hinweg gekommen ist, dass es hier zwei Rechtsauffassungen gibt bezüglich der Auslegung des Wortes «Regierung», ob hier die Kollegialregierung darunter verstanden werden kann oder muss, oder ob unter diesem Begriff der Regierung der Landesfürst verstanden wird. Da es hier nicht zu einer einheitlichen Auslegung gekommen ist bzw. da hier keine einheitliche Auslegung gefunden werden konnte, hat sich die Regierung damit einverstanden erklärt, dass dieser Artikel gestrichen wird. Das heisst aber nicht, dass der Staatsgerichtshof nicht nach wie vor sehr umfassende Kompetenzen hat, wie sie ja in Art. 104 festgelegt sind. Dann haben Sie eine Frage gestellt bezüglich des Vergleichs der Stellung des Monarchen mit anderen. Hier haben wir eine Stellungnahme des Instituts für Rechtsvergleichung eingeholt und haben dort gesehen - wenn man Verfassungstexte miteinander vergleicht -, dass es auch andere monarchische Verfassungen gibt, die durchaus in ähnlicher Weise solche Rechte vorsehen, dass aber die Bestimmungen des Art. 13ter, so wie sie hier vorgesehen werden, wir in keiner anderen Verfassung gefunden haben bzw. dass dieses Institut eine solche Bestimmung nicht gefunden hat, nämlich eine Bestimmung, die die Absetzung des Monarchen durch das Haus vorsieht, die den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern zwar die Möglichkeit gibt, über eine Volksabstimmung ein Verfahren in Gang zu setzen, dieses Verfahren dann aber eben nicht direkt beeinflusst werden kann von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern, sondern dass dieses Verfahren dann im Hause gemäss den Hausgesetzen stattfindet. Das, meine ich, waren die wesentlichen Fragen, die zum Regierungsbericht gestellt wurden. Wenn ich einzelne Fragen übersehen oder überhört habe, dann bitte ich Sie, diese Fragen doch noch einmal zu wiederholen.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Danke. Herr Regierungschef, Sie sind nur auf einen Punkt nicht eingegangen, den ich angesprochen habe, und zwar auf meine Frage, ob die Regierung jetzt gemäss ihren eigenen Ausführungen auf den Seiten 4 bis 15 dieser Stellungnahme dem Landtag das Hausgesetz vom Herbst 1993 zur Genehmigung vorlegen werde, weil das ist ja die klar ausgedrückte Meinung der Regierung, dass es landtagszustimmungsbedürftig ist, so weit es Materie regelt, die in Art. 3 der Verfassung genannt wird. Diese Frage bitte ich noch zu beantworten.Zu Ihren Antworten kurz folgende Anmerkungen, teilweise auch verbunden mit einigen wenigen neuen Fragen: Sie haben zu der Frage der Beschwerdemöglichkeit gegen Einzelfall-Entscheidungen des Landesfürsten eine erfreulich klare Antwort gegeben, nämlich, dass hier ein lückenloser Grundrechtsschutz gegeben sein müsse und dass zu diesem Zweck es nach Auffassung der Regierung zweckmässig wäre, Art. 23 des Staatsgerichtshof-Gesetzes entsprechend zu präzisieren. Der Meinung bin ich auch. Ich bin nicht der Meinung, die von Ihnen erwähnt wurde, des Prof. Breitenmoser, dass das aufgrund des gültigen Art. 23 vom Staatsgerichtshof bereits so behandelt würde. Nebenbei bemerkt ist das auch die Meinung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, der ja die damals schon von der Regierung vertretene Ansicht, der Beschwerdeführer Wille hätte sich ja auch im Inland beim Staatsgerichtshof beschweren können, verneint hat unter Hinweis auf fehlende Bestimmungen im Staatsgerichtshof-Gesetz. Ich möchte Sie hierzu daher nur noch fragen: Wann hat der Landtag eine entsprechende Vorlage der Regierung betreffend Anpassung des Staatsgerichtshof-Gesetzes zu erwarten?Zu meiner Frage über die Ausführungen betreffend Vormundschaftsregelungen im Hausgesetz in Zusammenhang mit den Ausführungen der Regierung auf Seite 6 zweiter Absatz der Stellungnahme haben Sie mehr oder weniger das vorgetragen, was schon in der Stellungnahme steht. Ich möchte Sie da nur auf eines hinweisen, Herr Regierungschef. Sie sagen, eine diesbezügliche Zustimmung des Landtages wäre wohl unproblematisch, wenn sie auch formal noch nicht erfolgt sei, weil ja, anders als früher nunmehr auf die sinngemässe Anwendung des liechtensteinischen Rechts verwiesen werde. Ich möchte da aber doch darauf hinweisen, dass die diesbezüglichen Bestimmungen des Hausgesetzes nicht nur, wie in Art. 3 der Verfassung vorgesehen, die allfällige Einrichtung einer Vormundschaft für Fürst und Erbprinz betreffen, sondern auch für andere Mitglieder des Fürstenhauses, für die Fürstin, eines ihrer Kinder oder sonstige Mitglieder des Fürstenhauses. Und dafür sieht Art. 3 nichts vor und da ist auch der Landtag gar nicht zustimmungsberechtigt, weil das ja nicht eine der Art.-3-Materien betrifft. Andererseits sind das Regelungen im Hausgesetz, die dem liechtensteinischen Recht, - das ja auch für diese Familienmitglieder des Fürstenhauses, soweit es sich nicht um Fürst und Erbprinz handelt, anwendbar ist, soweit sie natürlich im Inland wohnhaft sind -, damit diese Regelung eigentlich rechtswidrig ist. Darauf hätte ich eigentlich gerne oder dazu hätte ich eigentlich gern die Meinung der Regierung gehört.Zur Frage betreffend Art. 112, dem jetzigen Art. 112: Meine Frage war, was denn die Meinung der Regierung sei, nachdem in der Stellungnahme nur divergierende Meinungen anderer wiedergegeben werden, haben Sie eigentlich keine direkte Antwort gegeben. Sie haben sinngemäss gesagt, die Regierung habe diese Bestimmung aufgehoben, gemeint haben Sie wahrscheinlich, sie sei auch dafür, dass diese Bestimmung aufgehoben werde, weil es divergierende Meinungen gebe. Das finde ich - mit Verlaub gesagt - schon eine etwas schwache Begründung und ich erlaube mir, auf die Ausführungen des früheren Staatsgerichtshof-Richters Prof. Josef Kühne hinzuweisen, die Ihnen und allen Abgeordneten mit E-Mail vom 12. Dezember 2002 zugestellt wurden und - ich muss sagen - die ungefähr das Beste sind, was ich persönlich je zu diesem Thema gelesen habe, wesentlich profunder und für mich persönlich auch wesentlich überzeugender als das, was zum Beispiel Gerard Batliner, wenn auch mit gleichem Endergebnis, bisher zu diesem Thema publiziert hat. Ich meine, wenn man das gelesen hat, was der Prof. Kühne da, der immerhin 17 Jahre Richter an unserem Staatsgerichtshof war, was er da erarbeitet hat im wahrsten Sinne des Wortes, einerseits zum Art. 112 und andererseits zur Hausgesetz-Problematik, dann kann man guten Gewissens - meiner Meinung nach - nicht mehr sagen, das sei eine unklare oder gar eine unoperable Bestimmung, wo man praktisch nur mit ersatzloser Abschaffung argumentieren könne. Und schliesslich noch Ihr Hinweis auf das Institut für Rechtsvergleichung in Zusammenhang mit der Stellung der Monarchie in unserer Verfassung, mit den Rechten der Monarchie in unserer Verfassung: Sie haben hier darauf hingewiesen in Zusammenhang mit dem Sanktionsrecht - wenn ich mich richtig erinnere -, dass ja diese Untersuchung des Instituts für Rechtsvergleichung in Lausanne ergeben habe, dass auch in anderen Monarchien wie Belgien, Holland, Dänemark, ähnliche Verfassungsinhalte bestehen. Da muss ich in diesem Zusammenhang schon sagen: Dieses - wie soll man sagen -, Schreiben des Instituts für Rechtsvergleichung, das können wir wohl vergessen, nachdem wir jetzt gelesen haben - das wurde uns ja auch von der Regierung dankenswerterweise auch in deutscher Übersetzung vor kurzer Zeit zugestellt -, was die Venedig-Kommission des Europarates zu diesem Thema, zu dem sie sicherlich kundig und befugt ist, Aussagen zu machen, vor allem im Hinblick auf die Personen der drei Berichterstatter, die ja genau aus diesen Ländern stammen, ausgesagt hat. Aus diesen Ausführungen ergibt sich nämlich genau das, was ich immer schon angenommen habe und was ich im Rahmen der Beratungen der Verfassungskommission zu diesem Thema auch mehrmals gesagt habe, nämlich, dass man sich nicht auf den Wortlaut irgendwelcher Verfassungsbestimmungen in diesen Ländern aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts allein abstützen darf - und das Institut für Rechtsvergleichung hat mehr oder weniger nicht viel mehr ausgesagt als wiedergegeben wie diese Bestimmungen dort lauten -, sondern dass man auch die Verfassungspraxis in diesen anderen europäischen Monarchien berücksichtigen muss. Und da weist uns jetzt die Venedig-Kommission des Europarates klar darauf hin, dass in diesen Monarchien natürlich keine Rede davon sein kann, dass dort der Monarch nach seinem Gutdünken, nach seinem freien Ermessen die Sanktion der vom Parlament beschlossenen Gesetze einfach kommentarlos ablehnen kann. Das würde dort in diesen Ländern - ich glaube, diesen Schluss kann man ohne Willkür aus diesen Ausführungen der Venedig-Kommission des Europarates ziehen - sehr rasch zum, wenn nicht zum Ende der Monarchie, dann zumindest zum Ende der Regierungszeit dieses speziellen Monarchen führen. Das ist aber auch völlig unbestritten dort und einer dieser Monarchen würde dies gar nicht machen. Das nur als Hinweis darauf, dass die rein grammatikalische Wiedergabe bestimmter Verfassungsinhalte in anderen Ländern eben ein unsicherer Ratgeber ist und dass es schon im Zuge der Abklärungen der Regierung zu diesem Thema im Frühjahr diesen Jahres für die Verfassungskommission wahrscheinlich besser gewesen wäre, wenn man sich da auch bei entsprechenden Verfassungsexperten aus diesen Ländern etwas näher erkundigt hätte. Ich möchte Sie daher noch bitten, Herr Regierungschef, die zwei oder drei Fragen, die ich da noch angeschnitten habe, zu beantworten.
Abg. Dorothee Laternser:
Danke, Herr Präsident. Herr Regierungschef, ich danke für Ihre Ausführungen. Ich möchte noch auf zwei Punkte eingehen: Sie sprachen von Art. 10, Notverordnungsrecht. In diesem Zusammenhang sagten Sie, es bestünde ein Gegenzeichnungserfordernis durch den Regierungschef. In Ihren weiteren Ausführungen kamen Sie dann auch darauf zu sprechen, dass es keine regierungslose Zeit geben könnte. Das möchte ich nun in Frage stellen. Und zwar in den Beilagen 4 bis 6 zum Bericht der Verfassungskommission ist der Verfassungsvorschlag des Fürstenhauses vom 2. August 2002 beigefügt. Auf Seite 4 wird dort der Art. 10 abgehandelt und dort im Kasten die Erläuterungen des Landesfürsten dazu. Und dort ist geschrieben, dass natürlich normalerweise Notverordnungen nach Art. 85 der Verfassung vom Regierungschef gegenzuzeichnen sind. Aber der letzte Satz in diesem Kapitel ist folgender: «Ist kein Regierungsmitglied zur Ausübung des Amtes befugt, dann kann der Landesfürst in dringenden Fällen das Nötige zur Sicherung und Wohlfahrt des Staates vorkehren». So weit das Zitat aus diesem Bericht. Das heisst doch für mich, dass auch der Landesfürst davon ausgeht, dass es möglich sein könnte eine Zeit ohne Regierung. Dann können wir auch nicht sagen, dass grundsätzlich das Gegenzeichnungserfordernis durch den Regierungschef gegeben ist. Ich möchte Sie bitten, dazu noch mal Stellung zu nehmen - und speziell eben zu dieser Aussage in dem fürstlichen Verfassungsvorschlag Seite 4. Zweitens: Sie sagten auf eine diesbezügliche Frage von mir, dass die Regierung in ihrer Stellungnahme, die uns jetzt vorliegt, 135/2002 nicht mehr alles wiederholt habe, was bereits an anderer Stelle ausgeführt worden sei. Trotzdem gehen Sie auf Seite 27 eben dieses Berichtes betreffend Art. 9 und 65 wieder auf die Aufnahmesituation Liechtensteins in den Europarat 1978 ein, obwohl auch das schon oft genug gesagt wurde. Der Art. 3 des Ersten Zusatzprotokolls zur EMRK, der hier sehr viel bedeutsamer wäre, den lassen Sie weg. Und das ist für mich einfach nicht nachvollziehbar und ärgerlich. Und deshalb bitte ich Sie noch einmal, jetzt dazu Stellung zu nehmen, wie das absolute Sanktionsrecht vereinbar ist mit diesem Zusatzprotokoll, dem Art. 3 dieses Zusatzprotokolls, das verlangt, dass die gesetzgebende Körperschaft in angemessenen Zeitabständen vom Volk gewählt wird. Mit dem absoluten Sanktionsrecht ist der Landesfürst ja in den Gesetzgebungsprozess eingebunden. Das ist natürlich nicht neu. Wir haben das absolute Sanktionsrecht bereits in unserer geltenden Verfassung in Art. 9. Aber wenn nun eine Verfassungsrevision durchgeführt werden soll, dann müsste das doch Liechtenstein veranlassen, das absolute Veto des Fürsten abzubauen und nicht noch zu betonieren, wie es jetzt mit Art. 65 vorgesehen ist. Danke.
Abg. Ingrid Hassler-Gerner:
Ich habe nur eine kurze Verständnisfrage an den Herrn Regierungschef zum Abbruch des parlamentarischen Prozesses: Habe ich ihn richtig verstanden, dass er gesagt hat: Weil die Mehrheit der Verfassungskommission, die Regierung, da nehme ich an die Gesamtregierung, und der Landesfürst die Vorlage vom 2. August als Gesamtergebnis befürwortet haben oder beschlossen haben, hat die Regierung keinen Sinn mehr gesehen, dass über die Kommission eine Kommissionsvorlage in den Landtag kommt, um den gleichen abgeänderten Verfassungstext im Parlament zu behandeln?
Abg. Peter Sprenger:
Ich möchte auch eine unbeantwortet gebliebene Frage anmahnen, Herr Regierungschef. Wenn ich mich nicht schwer verhört habe, haben Sie zu meinen Ausführungen hinsichtlich der regierungslosen Zeit nichts gesagt. Ich möchte Sie erneut fragen: Was macht Sie anhand des Textes, wie er vorliegt, so sicher, dass es in Zukunft keine regierungslosen Zeiten gibt?
Abg. Paul Vogt:
Ich möchte ein paar grundsätzliche Überlegungen zu den Ausführungen des Regierungschefs anbringen: Sie sprechen immer von einer tragfähigen Lösung. Ich schliesse daraus, dass Sie eigentlich keine grosse Begeisterung aufbringen können für diese fürstliche Vorlage. Mir fehlt auch der grosse Zusammenhang. Ich sehe eigentlich nicht, was damit verbessert werden soll. Der Abg. Helmut Konrad hat heute Morgen gesagt, sie bringe bei der direkten Demokratie einige Verbesserungen, dafür werde der Landtag geschwächt. Wie sieht das die Regierung? Wird durch diese Vorlage der Landtag geschwächt? Würde sie dieser Aussage zustimmen? Welches sind denn eigentlich die grossen strategischen Verbesserungen, die damit erreicht werden sollen? Was sind grundsätzliche Überlegungen? Ich sehe eben diese klare Machtverschiebung zugunsten des Fürsten, die auch von der Venedig-Kommission festgestellt wird. Ich sehe einen deutlichen Rückschritt gegenüber der heutigen Verfassung, die für unterschiedliche Interpretationen zumindest offen war. Ich sehe, dass sich der Fürst den Einfluss sichert auf alle politischen Entscheidungen, sich aber gleichzeitig jeder Kontrolle entziehen will. Ich sehe, dass hier «checks and balances» abgebaut werden auf allen Ebenen, dass keine Gegengewichte mehr vorhanden sind oder jedenfalls nur noch abgeschwächte gegenüber der heutigen Situation. Dann zu den einzelnen Verbesserungen, die Sie erwähnt haben: Sie haben als erstes das Selbstbestimmungsrecht der Gemeinden erwähnt, das hier nur noch in abgeschwächter Form vorhanden sei. Die Gemeinden hätten jetzt nur noch die Möglichkeit, ein entsprechendes Verfahren einzuleiten. Möglicherweise ist das eine Verbesserung gegenüber der alten Vorlage, nur frage ich dann, was soll dann dieses verminderte Selbstbestimmungsrecht der Gemeinden überhaupt noch. Was sind allfällige Überlegungen, die dafür sprechen könnten? Auf der anderen Seite stehen ja ernsthafte Bedenken gegenüber einem solchen Selbstbestimmungsrecht, nämlich schlicht, dass die Existenz des Staates damit auf dem Spiel steht. Es gab auch im 20. Jahrhundert Situationen, wo mit einem solchen Austritt einer einzigen Gemeinde hätte gerechnet werden müssen. Ich erinnere an die Zeit des Nationalsozialismus, wo das durchaus denkbar gewesen wäre, wenn die Verfassung ein entsprechendes Angebot gemacht hätte.Dann zur Immunität: Sie sehen das auch als grossen Fortschritt, wenn es nun heisst, der Landesfürst - Entschuldigung, ich muss das rasch aufschlagen, um das nicht falsch zu zitieren: «Die Person des Landesfürsten untersteht nicht der Gerichtsbarkeit». Ich weiss nicht, was da ein grosser Fortschritt sein soll. Das einzige, was ich an diesem Artikel sehe, ist, dass er eigentlich unklar ist. Der Text erklärt sich nicht selbst. Wir haben gehört - von Ihrer Seite, Herr Regierungschef -, dass damit eigentlich eine Verbesserung in dem Sinn erzielt werden soll, dass nun unterschieden wird zwischen der Person des Landesfürsten, die unverletzlich ist, auf der einen Seite und auf der anderen Seite eben die hoheitlichen Akte, gegen die nun ein Rechtsschutzmittel besteht, wenn sich eine Person von einem solchen hoheitlichen Akt in ihren persönlichen Rechten betroffen fühlt. Ich kann das aus diesem Artikel, aus dieser Formulierung nicht herauslesen. Ich sehe nur, dass er Fragen und Fragen aufwirft. Ich lese daraus eher, dass hier die Rechtsprechung für den Landesfürsten nicht verbindlich ist. Wenn es heisst, die Person des Landesfürsten untersteht nicht der Gerichtsbarkeit, dann ist das für mein Verständnis, für meinen Textzugang zunächst einmal die Aussage, dass ihn die Rechtsprechung nichts angeht. Das andere ist, dass er nicht verantwortlich ist. Wenn man das, was Sie hineinlesen, hineininterpretieren, hätte sagen wollen, dann hätte man das eben auch entsprechend formulieren müssen. Es ist für mich klar, dass das Staatsoberhaupt nicht verantwortlich ist, dass es strafrechtlich und auch politisch nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. Aber das müsste auch entsprechend formuliert werden. Dann zum Notverordnungsrecht: Auch hier haben Sie wieder diese Lobeshymne auf die Veränderungen gemacht, dass nun Verfassungsbestimmungen nicht mehr aufgehoben werden könnten, sondern nur noch eingeschränkt werden könnten. Ich sehe diese massiven Verbesserungen nicht. Im Vordergrund beim Notrecht muss einfach stehen, dass die Verfassung selber verhindern muss, dass es missbraucht wird. Die Verfassung muss festlegen: Wann ist ein Notrechtsfall gegeben? Wann ist eine Katastrophensituation gegeben? Und nur in diesen Situationen darf es angewandt werden. Es dürfen nur verhältnismässige Massnahmen angewandt werden und Notrecht muss so rasch wie möglich dem Landtag vorgelegt werden. Das ist einfach ein internationaler Standard, an dem wir uns nicht vorbeidrücken können, indem wir sagen: Ja, wir haben Vertrauen zum Landesfürsten. Aufgrund der historischen Erfahrung spricht nichts dafür, dass der Fürst das je missbrauchen könnte usw. Nein - ich sehe das wie der Abg. Peter Sprenger - die Verfassung muss auch in Krisensituationen zwischen Fürst und Landtag den notwendigen Schutz bieten. Dann Art. 80 zur Regierungsentlassung: Der wurde schon ausführlich diskutiert. Ich möchte das nicht wiederholen. Auch bei den neuen Artikeln zur Richterernennung fehlt mir der grosse Wurf, den Sie darin sehen. Es geht auch aus dem Bericht der Venedig-Kommission klar hervor, dass es kein allgemein anerkanntes Verfahren gibt, das man als das beste Verfahren zur Ernennung der Richter bezeichnen könnte. Es gibt unterschiedliche Verfahren, aber der Grundsatz, dass ein nicht demokratisch legitimiertes Staatsoberhaupt keinen entscheidenden Einfluss auf die Richterernennung haben sollte, an dem sollten wir auch nicht vorbeischauen. Ich denke, ein Richterernennungsverfahren, in dem demokratische Gremien einen grossen Einfluss haben, ist richtig; und dass es daneben auch ein Verfahren geben soll, das die Qualifikation der Richter sicherstellt, das ist richtig. Ich möchte damit schliessen, indem ich auch noch auf das Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung komme. Ich denke, dieses Gutachten ist enttäuschend. Man sollte es nicht weiter zitieren, weil es wirklich nicht mehr ist als das, was man aus den Verfassungen abgeschrieben hat, ohne dass man verstanden hat, wie diese Verfassungen heute ausgelegt werden.Vielleicht noch eine letzte Bemerkung: Sie haben immer wieder auf das Gutachten von Stephan Breitenmoser Bezug genommen zur Frage der Immunität: Ich denke, es wäre sinnvoll, wenn Sie dieses Gutachten dem Landtag zur Kenntnis bringen würden, damit wir auch wissen, was darin steht und nicht nur darauf angewiesen sind, von Ihnen bruchstückhaft zu erfahren, was denn eigentlich darin stehen könnte.
Abg. Markus Büchel:
Ich möchte auf die Voten des Landtagsvizepräsidenten und das vorgängige Votum des Abg. Vogt eingehen, weil dort mehrmals das Gutachten des Instituts für Rechtsvergleiche - und auch der Vorwurf an die Regierung gemacht wurde -, dass das unseriös sei und oberflächlich usw. Besonders hervorgehoben wurde das Gutachten der Venedig-Kommission, dass das fundiert und objektiv sei. Und da möchte ich genau das Gegenteil behaupten. Und zwar, das Gutachten des Instituts für Rechtsvergleiche hat nie für sich in Anspruch genommen, dass es die Verfassungspraxis vergleicht, sondern es war ein Vergleich des Verfassungstextes. Und auch von mir wurde das so verstanden - es wurde auch meines Erachtens von der Regierung nie so verkauft, dass es die Verfassungspraxis ist. Das Gutachten der Venedig-Kommission nimmt aber für sich in Anspruch, diese Objektivität zu haben, und da möchte ich ganz klar sagen, dass das eben nicht stimmt. Dieses Gutachten bezieht sich liechtensteinischerseits eben genau auf den Verfassungstext und stellt die Vergleiche zu der Verfassungspraxis in den Staaten her eben die verglichen werden, die Monarchien. Das ist die eine Diskrepanz in diesem Gutachten. Die andere Diskrepanz ist die, dass dort nicht etwa die Initiative des Fürsten, des Erbprinzen beurteilt wird oder unter Beschuss genommen wird, sondern genau unsere heutige Verfassung, die wir haben. Das ist ganz klar ein Angriff auf unsere bestehende Verfassung. Ich möchte dort nur zwei, drei Beispiele zitieren, die da sind: Das Sanktionsrecht des Fürsten zum Beispiel. Das Sanktionsrecht des Fürsten, Art. 9 der Verfassung von 1921, ist überhaupt nicht Gegenstand der Volksinitiative. Dennoch wird es von der Venedig-Kommission in Ziffer 20 bis 23 des Gutachtens einer schweren Kritik unterzogen. Die Regelung über die Immunität des Fürsten wurde aus dem Art. 7 Abs. 2 der Verfassung von 1921 in die Volksinitiative übernommen und lediglich sprachlich modernisiert. Inhaltlich hat sich nichts geändert. Dennoch werden die betreffenden Bestimmungen der Volksinitiative von der Venedig-Kommission in Ziffer 24 und 25 des Gutachtens einer schweren Kritik unterzogen. Die Notrechtsbefugnis des Fürsten wurde wörtlich aus Art. 10 der Verfassung von 1921 in die Volksinitiative übernommen und bezüglich der Notverordnung durch folgende Einschränkungen ergänzt: Die Verfassung als Ganzes und einzelne Bestimmungen derselben dürfen durch Notverordnung nicht aufgehoben werden. Nur die Anwendbarkeit einzelner Bestimmungen, gemeint sind Grund- und Freiheitsrechte, dürfen in ihrer Anwendbarkeit eingeschränkt werden. Die notstandsfesten Menschenrechte der EMRK wurden ausdrücklich in die Verfassung übernommen. Notverordnungen treten spätestens nach 6 Monaten nach ihrem Erlass ausser Kraft. Notverordnungen des Fürsten müssen gemäss Art. 85 der Verfassung vom Regierungschef gegengezeichnet werden, der damit die Verantwortung gegenüber dem Parlament übernimmt. Trotz wörtlicher Übernahme der Notrechtsbefugnisse des Fürsten aus der geltenden Verfassung und trotz verfassungsmässiger Einschränkungen beim Erlass von Notverordnungen wird Art. 10 der Volksinitiative von der Venedig-Kommission in Ziffer 31 des Gutachtens einer schweren Kritik unterzogen. Parlamentarische Kontrolle des Fürsten: In Art. 63 Abs. 1, 1. Halbsatz der Verfassung von 1921, ist das Kontrollrecht des Landtages über die gesamte Staatsverwaltung, Landesverwaltung verankert. Sie umfasst die Regierung und die ihr nachgeordneten Ämter und Dienststellen. Aufgrund dieser Bestimmungen sowie aufgrund der dualen Staatsordnung von 1921 ergibt sich zwingend, dass der Landesfürst als Staatsoberhaupt keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegt. Der Zusatz in Art. 63 Abs. 1 der Volksinitiative bringt diesen Rechtszustand, der seit 1921 besteht, zum Ausdruck. Dennoch wird er in Art. 63 Abs. 1 der Volksinitiative von der Venedig-Kommission in Ziffer 27 des Gutachtens ebenfalls einer schweren Kritik unterzogen. Das geht weiter bei der Regelung der Thronfolge im Hausgesetz: Art. 3 der Volksinitiative wurde mit zwei kleinen sprachlichen Änderungen aus der Verfassung von 1921 übernommen. Inhaltlich hat sich nichts geändert, dennoch wird Art. 3 der Volksinitiative von der Venedig-Kommission in Ziffer 32 des Gutachtens einer schweren Kritik unterzogen. Aufhebung von Art. 112 der Verfassung: Ohne die gewichtigen Gründe für die Abschaffung des Art. 112 der Verfassung überhaupt zu würdigen, wird von der Venedig-Kommission in Ziffer 26 des Gutachtens die Aufhebung dieses Verfassungsartikels einer schweren Kritik unterzogen. Dies obwohl ein grosser Teil der Mitgliedstaaten des Europarates eine Verfassungsgerichtsbarkeit, wie sie in Liechtenstein seit 1925 besteht, überhaupt nicht kennt. Diese Beispiele zeigen mit aller Deutlichkeit, dass das Gutachten der Venedig-Kommission einen Angriff auf wichtige Bereiche der Verfassung von 1921 darstellt. Dies in Übereinstimmung mit dem von Dr. Gerard Batliner und zwei Mitautoren herausgegebenen Memorandum, auf das sich die Venedig-Kommission fast ausnahmslos gestützt hat.
Abg. Wendelin Lampert:
Danke, Herr Präsident. Ich möchte das Votum des Abg. Markus Büchel unterstützen. Mich hat der Landtagsvizepräsident doch sehr erstaunt. Er als Rechtsanwalt sagt: Ok, diese Demokraten in Europa haben zwar gemäss den gesetzlichen Bestimmungen diese Rechte, aber in der Praxis wird ja das nicht so gelebt. Also, wenn Sie dem Vorschlag des Landesfürsten auch so viel Gutmütigkeit entgegenbringen würden, ja dann können wir jede Situation schönreden. Dann wird die Venedig-Kommission hochgelobt, im anderen Fall wird das Institut für Rechtsvergleichungen - ja, da sagt man, das sei nicht sehr zuverlässig, dieses Papier, das sie da erarbeitet haben. Ich möchte einfach zum Beispiel auf den Punkt 21 der Venedig-Kommission hinweisen: Hier wird explizit die belgische Verfassung gerühmt, wo seit 1831 drinsteht: Der König sanktioniert Gesetze und verkündet diese. Dann wird als Beispiel aufgeführt für die ganze Argumentation, dass bei einem Gesetz betreffend Abtreibung - das hätte man nur einführen können, indem man den König drei Tage für regierungsunfähig erklärt hätte und somit hätte man dann sein Ziel erreicht; und das sei im Prinzip der Beweis, dass das in Europa nicht mehr gelebt würde in der Praxis. Das ist für mich genau der Gegenbeweis. Sie mussten den König drei Tage für regierungsunfähig erklären, damit sie im Prinzip die Sache, das Gesetz in Kraft setzen konnten. Also, ich muss Ihnen schon sagen, auch die Venedig-Kommission - das mögen ja durchaus Verfassungskoryphäen sein - aber wie man sieht, also ich betrachte das so - ich muss Ihnen sagen - ich habe da effektiv, wo ich das gelesen habe, nur geschrieben: Das ist genau der Gegenbeweis für mich, meine Herren.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Auf dieses profunde rechtswissenschaftliche Votum des Abg. Wendelin Lampert möchte ich doch kurz entgegnen: Zunächst habe ich bei meinem vorherigen Votum überhaupt nicht allgemein zu diesen Ausführungen der Venedig-Kommission Stellung genommen, sondern nur darauf hingewiesen, dass die drei Berichterstatter der Venedig-Kommission, die aus den Monarchien Belgien, Holland und Dänemark stammen, bei ihren Ausführungen zum Verfassungszustand in ihrem eigenen Land wohl Bescheid wissen werden und dass diesen Ausführungen wohl mehr Glauben zu schenken sei, als den sehr kurzen und sich mehr oder weniger nur auf eine Textwiedergabe beschränkenden Ausführungen des Instituts für Rechtsvergleichung in Lausanne zu diesem selben Thema. Auch sonst möchte ich grundsätzlich davor waren - an und für sich ist das Thema des Traktandums 3 unserer Tagesordnung und ich werde dann dort noch ergänzend dazu Stellung nehmen -, aber hier möchte ich grundsätzlich davor warnen, die Stellungnahme einer so hochkarätig besetzten Kommission - ich habe die Mitgliederliste hier - der unter anderem auch der hochangesehene Gutachter des Fürsten selbst, nämlich Herr Prof. Matscher aus Salzburg sowie, wenn er auch bei dieser Beratung naturgemäss in den Ausstand trat, sowie unser Alt-Regierungschef Gerard Batliner, der auch in den Ausstand trat bei der Beratung dieses Traktandums, angehören und aus allen Mitgliedstaaten des Europarates ausschliesslich angesehene Verfassungsrechtler oder Verfassungsjuristen aus den einschlägigen Regierungsabteilungen, so locker und mehr oder weniger in Stammtischmanier abzutun, als unbeachtlich und um so was kümmern wir uns gar nicht und die sind ja voreingenommen und unseriös und, und, und, so locker, meine Damen und Herren, sollten wir es uns in Europa gerade als Kleinststaat, der auf das Ansehen, auf die Anerkennung dieser Institutionen, wie des Europarats angewiesen ist, nicht machen. Es ist gar nichts dagegen einzuwenden, das wird sogar notwendig sein und die Regierung wird das zweifellos auch machen, unseren Standpunkt, den Standpunkt des Fürstentums Liechtenstein auch zu den Regelungen unserer heute gültigen bisherigen Verfassung dort klarzumachen. Dazu werden wir auch ausreichend Gelegenheit haben im Rahmen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Und es ist auch richtig, dass einige Punkte, gerade was die bisherige Verfassung betrifft, in dieser gutachterlichen Äusserung dieser Kommission offensichtlich etwas oberflächlich und dadurch im Ergebnis auch meiner Meinung nach nicht richtig wiedergegeben wurden. Aber deshalb das Ganze gleich auf den Müllhaufen zu werfen und zu glauben, mit so was befassen wir uns gar nicht, wir wollen nur Gutachtermeinungen hören, die in unser vorgefasstes Meinungsbild passen und wollen uns da nicht von abweichenden Äusserungen irgendwie irritieren lassen, so einfach wird es nicht gehen. Das nur als Vorbemerkung zur Beratung des nächsten Traktandums, zu dem wir ja, wie ich hoffe, heute auch noch kommen werden.
Abg. Adrian Hasler:
Vielen Dank, Herr Präsident. Weil es sich um so ein hochgradiges Gremium handelt, um so angesehene Spezialisten, dann erwarte ich auch, dass sie sich seriös mit den Materialien auseinander setzen. Wenn ich nur schon unter II. «Hauptelemente des Vorschlages des Fürstenhauses» nachlese, dann hat es mir - auf Deutsch gesagt - den Hut gelupft: «Die vorgeschlagenen Verfassungsänderungen würden die Befugnisse des Fürsten und des Fürstenhauses beträchtlich stärken», steht in der Einleitung. Dann weiter unter im selben Abschnitt: «Der Fürst hätte die Befugnis, gegen jeglichen Gesetzesentwurf sein Veto einzulegen». Ja, was haben wir denn heute? «Keine Verfassungsänderungen mit Ausnahme der Abschaffung der Monarchie könnten ohne Zustimmung des Fürsten angenommen werden». Wo stehen wir heute? Weiter unten heisst es: «Ausserdem hätte der Fürst die Befugnis, Notverordnungen zu erlassen, welche die Anwendung einzelner Verfassungsbestimmungen einschränken könnten». Wo stehen wir heute, meine Damen und Herren?
Abg. Helmut Konrad:
Ich denke, wir werden noch einige Male auf diese Venedig-Kommission zu sprechen kommen. Ich möchte nur ganz kurz etwas entgegnen, Herr Landtagsvizepräsident, zu dem, was Sie gesagt haben:Ich stimme mit Ihnen überein, dass man es nicht gering schätzen darf. Sie haben von einem hochkarätigem Gremium gesprochen in seiner Zusammensetzung. Ich habe das auch schon zum Ausdruck gebracht gestern gegenüber der Öffentlichkeit, den Medien, dass ich vor einer Geringschätzung warnen möchte. Es ist auch abhängig davon, wie das dann weitergehen wird, was die Institutionen usw. in Strassburg anbetrifft. Ich finde es auch als Notwendigkeit, dass die Regierung den Standpunkt unseres Landes dann in Strassburg vorbringen muss, um eben diese vom Abg. Markus Büchel und jetzt vorhin vom Abg. Adrian Hasler dargelegten Ungereimtheiten, von denen Sie selbst auch gesprochen haben, in ein rechtes Licht zu rücken. Aber was mich gewaltig stört, ist dann schon die Tatsache, dass ein so hochkarätiges Gremium, das einmal einfach so - ich sage es jetzt doch einmal salopp - herausgibt als Stellungnahme, als «Opinion» und das einfach mal so stehen lässt und nicht Gelegenheit gibt - das hätte meines Erachtens vorher passieren müssen - nicht Gelegenheit gibt der Regierung, dem Land, dem Fürstentum Liechtenstein vor Herausgabe einer solchen Stellungnahme, Gehör zu verleihen. Das ist für mich ein rechtsstaatlicher, ein demokratischer Grundsatz, dieses Anhörungsrecht. Und dass das nicht vorher passiert ist, das ist für mich ein nicht zu entschuldigendes Vorgehen eines solchen Gremiums. Das müsste vorher passieren. Das jetzt das Land angehalten ist, auf anderen Wegen - Sie haben die parlamentarische Versammlung oder was auch immer angesprochen - das ist von mir aus gesehen ein Vorgehen, für das ich kein Verständnis habe.
Abg. Wendelin Lampert:
Ich habe explizit von Verfassungskoryphäen gesprochen. Eine Koryphäe ist für mich ein Spezialist, eine anerkannte Persönlichkeit. Also, ich habe keineswegs dieser Venedig-Kommission Geringschätzung entgegengebracht, aber Tatsache ist eben, wenn man den Punkt 21 liest, dann soll mir doch bitte jemand erklären, wieso man in Belgien den König vorübergehend für regierungsunfähig erklären musste, damit man das Gesetz einführen konnte, wenn es de facto und de iure nicht so wäre, wie ich leider vermute und es steht halt eben auch hier so, und wie man dann zu diesem Schluss kommen kann. Ich lasse mich da gerne eines Besseren belehren und mich nimmt dann Wunder, wer da eine Topargumentation hat.
Abg. Peter Sprenger:
Meine Damen und Herren. Dass Ihnen das Gutachten der Venedig-Kommission ungelegen kommt, das kann ich verstehen. Wie Sie jetzt krampfhaft versuchen, Haare in der Suppe zu finden und an diesen wirklich profunden Kennern der Materie - ich kenne die Berichterstatter nicht, weil ich mit Belgien, Holland und Dänemark keine grossen Kontakte habe - aber wie es der Kollege Wolff bereits gesagt hat, sitzen dort Leute, an denen herumzudeuteln ich gewissermassen eine Zumutung finde und ich möchte gar nicht auf die einzelnen Kritikpunkte eingehen. Wir müssen irgendwann auch noch zu einem Ende kommen dieser Diskussion. Aber wie nonchalant Sie mit der Qualität des Gutachtens der Venedig-Kommission umgehen, das erstaunt mich schon ganz heftig. Nehmen Sie doch bitte schlicht und ergreifend zur Kenntnis, dass dort Leute sitzen, die - das behaupte ich jetzt einmal schlankweg - einen grösseren Deut haben von Verfassungsrecht, als alle, die Sie hier im Saal anwesend sind.
Abg. Adrian Hasler:
Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Abg. Sprenger, wenn dem so ist, wie Sie sagen, dann frage ich nochmals, warum unter II, Hauptelemente, diese Punkte im Konjunktiv stehen. Daraus schliesst doch jeder, dass es heute eben anders ist. Ich möchte Sie deshalb nochmals fragen, ob denn heute der Fürst beim Gesetzesentwurf sein Veto nicht einlegen kann. Hat er heute kein Veto? Auch bei Verfassungsänderungen: Brauchen wir heute die Zustimmung des Fürsten nicht, um die Verfassung anzupassen? Hat der Fürst heute die Befugnis, eine Notverordnung zu erlassen oder nicht? Und wenn Sie das beantworten, dann müssen Sie doch sagen, dass die Qualität hier doch nicht ganz so optimal ist, wie man das von einer hochkarätigen Organisation erwarten könnte.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Ich möchte nur noch mal kurz auf die Frage des Abg. Wendelin Lampert zurückkommen. Sie betrifft uns zwar gar nicht. Aber damit er sie nicht noch einmal ein drittes Mal stellt, möchte ich das kurz erläutern: Im Wortlaut der belgischen Verfassung steht, dass jedes Gesetz vom König sanktioniert werden muss, sonst kann es nicht in Kraft treten. Nach der Verfassungspraxis, Verfassungswirklichkeit, die völlig unbestritten ist, muss der König jedes Gesetz sanktionieren, das vom Parlament erlassen wurde. Es ist nicht vorgesehen, dass er sagt - wie es bei uns möglich und rechtens ist -, dass er sagt: Dieses Gesetz sanktioniere ich nicht, die Sache ist erledigt. Der König Baudouin wollte aus Gewissensgründen ein Fristenregelungsgesetz, das das Parlament in Belgien erlassen hat, nicht sanktionieren. Zur Lösung für den Konflikt, der sich daraus ergab, wurde übereinstimmend das Vorgehen gewählt, übereinstimmend zwischen König, Regierung und Parlament, dass der König - wie wohl das etwas eigenartig, auch mir reichlich eigenartig erscheint - sich für drei Tage für gewissermassen unzurechnungsfähig erklären lässt, man daher gesagt hat, wir haben keinen König zum Sanktionieren, also tritt das Gesetz so in Kraft, und danach war er wieder zurechnungsfähig und hat seine Funktion wieder ausgeübt. Das ist keine Spekulation von mir, sondern das war damals in allen Tageszeitungen und Medien nachzulesen und nachzuhören. Ob das richtig war, weiss ich nicht, aber jedenfalls ist Ihr Schluss, dass sich daraus das Gegenteil dessen ergäbe, was in diesem Venedig-Bericht stehe, nicht richtig. Denn wenn der König tatsächlich das Recht gehabt hätte, die Sanktion mit Rechtswirksamkeit zu verweigern, dann hätte er es gemacht und dann wäre die Fristenregelung nie in Kraft getreten.
Abg. Renate Wohlwend:
Danke, Herr Präsident. Liebe Kollegen, ich denke, dass ich einen Beitrag aus meiner Erfahrung in der Europaratstätigkeit als Parlamentarierin in der Parlamentarischen Versammlung dort kurz bringen darf. Ich selbst schätze die Venedig-Kommission und deren Mitglieder sehr hoch und es ist schon richtig, wie Sie sagen, Herr Landtagsvizepräsident, in dieser Kommission sitzen Kapazitäten, die mehr Ahnung von Verfassung und Staatsrecht haben, als viele, die auch schon Gutachten erstattet haben. Aber ich zweifle ein bisschen daran, dass alle Unterlagen gesichtet worden sind, dass man sich mit den Eigenheiten der liechtensteinischen Verfassung ernsthaft vertraut gemacht hatte in Vorbereitung auf dieses Gutachten. Denn wie bekannt ist, hat am 6. November abends das Büro der parlamentarischen Versammlung beschlossen, der Venedig-Kommission einen Auftrag zum Gutachten zu erteilen. Knappe vier Wochen später ist für so eine Materie, die uns Jahre gekostet hat, so weit zu kommen, ein angeblich so perfektes Gutachten entstanden. Ich habe in der ersten Emotion gesagt: Es ist nicht seriös gearbeitet worden - das möchte ich ein bisschen relativieren. Man hat sicherlich guten Gewissens seriös gearbeitet, aber nicht alle Unterlagen, die es braucht, zur Verfügung gehabt und auch nicht die Chance genutzt, bei Regierungsvertretern, bei Kontaktaufnahme vielleicht auch mit Parlamentariern unseres Landes dieses Wissen zu erweitern. Und auch wenn das Dossier, das den Experten zur Verfügung stand, durch die diversen Gutachten, die als Anlage geliefert waren vom DeSe dick geraten war, dann hat es eben doch nicht alles enthalten, was für ein fundiertes Gutachten benötigt wird. Und daher sage ich das offen und ehrlich und auch gegenüber den Herren und Damen Experten dieser Kommission, dass ich natürlich es auch nicht gerne habe, Kollege Sprenger, dass es so ausgefallen ist, aber prinzipiell habe ich mich nie gegen ein Gutachten oder gegen eine Beauftragung der Venedig-Kommission ausgedrückt, weil ich sie eben als kompetent und mit Kapazitäten besetzt erachte. Nur wenn man einen Auftrag nicht ernsthaft ausführt oder nicht bis ins letzte Detail, wenn es um so wesentliche Fragen geht, dann ist es eben doch nicht so perfekt. Sei das nun, dass Kapazitäten drinsitzen, sei das nun, dass die Venedig-Kommission über Europa hinaus einen guten Ruf geniesst.Hier glaube ich, müssen wirklich die Experten noch einmal über die Bücher gehen. Dieser Meinung bin ich und dazu stehe ich.
Abg. Paul Vogt:
Ja, Frau Abg. Wohlwend, ich bin gespannt, wie Ihre Kritik, dass der Bericht unseriös und viel zu rasch verabschiedet worden sei, in Strassburg aufgenommen wird. Ich bin auch gespannt, wie Sie sich in der weiteren Diskussion dazu verhalten werden. Offensichtlich ist es so, dass beim Bericht oder bei der Stellungnahme der Venedig-Kommission nicht so sehr der Inhalt im Zentrum der Kritik steht, sondern vor allem das Verfahren: Das sei alles viel zu schnell gegangen, man habe der Regierung nicht die nötige Zeit gelassen zu reagieren. Ich denke, diese Kritik trifft nicht zu. Bei der Venedig-Kommission ist es so, dass sie häufig sehr rasch reagieren muss, weil es irgendwo brennt. Die Venedig-Kommission muss - so habe ich mir sagen lassen - in etwa der Hälfte der Fälle Stellungnahmen abgeben zu ganz aktuellen Problemen und da hat sie sehr wenig Zeit und sie macht das trotzdem auf einem hohen juristischen Niveau. Das war nun eben auch bei Liechtenstein der Fall. Wir alle kennen die zeitliche Problematik. Die Venedig-Kommission ist jetzt Mitte Dezember zusammengetroffen in Venedig. Das nächste Mal wird sie Mitte März zusammentreten und gleichzeitig am selben Wochenende wird voraussichtlich auch die Volksabstimmung in Liechtenstein stattfinden. Die Venedig-Kommission war sich dieser zeitlichen Problematik sehr wohl bewusst und hat deshalb alles daran gesetzt, um diesen Bericht zu traktandieren und wie wir wissen, wurde er dann eben auch verabschiedet. Die Regierung ihrerseits hat alles unternommen, um zu verhindern, dass dieser Bericht verabschiedet wurde. Ich denke, über die Motive der Regierung braucht man nicht sehr lange zu spekulieren, auch wenn der Regierungschef jetzt den Kopf schüttelt. Ich denke, ein Bericht, eine Stellungnahme der Venedig-Kommission, die nach der Volksabstimmung eintrifft, hätte bedeutend an Wert verloren, hätte vor allem auch nicht mehr das Ergebnis der Volksabstimmung beeinflussen können. Wir wissen auch, wie sich Prof. Matscher verhalten hat in dieser Frage. Selbstverständlich steht er jetzt in einem schlechten Licht da. Er hat heute im «Volksblatt» in einem ganzseitigen Interview dazu Stellung genommen. Er war der Einzige, der sich mit dem Vorschlag der Venedig-Kommission, in dieser Weise vorzugehen, nicht einverstanden erklären konnte und ich denke, irgendwo ist auch sein Ruf als unabhängiger Wissenschaftler ramponiert. Das «Volksblatt» hat übrigens unterschlagen, dass er ein Gutachter des Fürsten war. Es hat nur geschrieben, es sei ein Gutachter gewesen. Ich denke, wir sollten nicht der Kommission zum Vorwurf machen, dass sie schnell gearbeitet hat. Ich möchte auch die Abg. Renate Wohlwend fragen, welche Unterlagen denn die Kommission nicht gehabt hat. Nach meinen Informationen hat sie sämtliche Unterlagen gehabt. Es ist auch nicht so, wie die Regierung gesagt hat, dass sie den aktuellsten Verfassungsvorschlag nicht gehabt hätte. Selbstverständlich hat sie den gehabt und wie gesagt, nach meinen Informationen hatte sie alle Gutachten, alle Stellungnahmen, alle Regierungsberichte, sie war vollständig dokumentiert. Dass der Bericht der Venedig-Kommission trotzdem schmerzt, das verstehe ich, aber ich denke, wir sollten nicht über das Verfahren diskutieren, sondern über den Inhalt und da muss ich dem Abg. Adrian Hasler sagen, dass es selbstverständlich in Europa nicht zweierlei Standards geben soll, sondern in Europa soll eine Rechtsgemeinschaft entstehen, eine Wertegemeinschaft. Wir haben zwei Typen von Monarchien, das können Sie dem Bericht der Venedig-Kommission entnehmen. Die einen Monarchien haben den Text den tatsächlichen politischen Verhältnissen angepasst, sodass es mit dem Wortlaut der Verfassungen zu keinen Problemen kommt und dann haben wir einen zweiten Typus von Monarchien, die mit ihren alten Verfassungstexten leben, mit ihren Verfassungstexten aus dem 19. Jahrhundert. Diese Verfassungstexte werden aber konsequent neu interpretiert und wenn man eben die liechtensteinische Verfassung auch in diesem Licht interpretiert, auf dem Hintergrund des gemeinsamen europäischen Erbes der konstitutionellen Monarchien, dann stellen sich eben diese Probleme, die im Bericht der Venedig-Kommission aufgezeigt werden.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Meine Damen und Herren. Es gibt jetzt noch Wortmeldungen seitens der Abgeordneten Lampert Wendelin, Peter Sprenger, Helmut Konrad und Adrian Hasler.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Aufgrund der vorgerückten Zeit unterbreche ich jetzt aber die Sitzung bis 20.45 Uhr.DIE SITZUNG IST UNTERBROCHEN (VON 20.10 BIS 20.45 UHR)
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