ABÄNDERUNG DER VERFASSUNG (NR. 87/2001), 1. LESUNG [FORTSETZUNG]
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Sehr verehrte Damen und Herren. Wir setzen unsere Beratungen fort. Wir behandeln Art. 11 der Verfassungsvorlage. Auf Seiten des Plenums gibt es keine weiteren Wortmeldungen mehr. Ich gebe das Wort dem Herrn Regierungschef.
Regierungschef Otmar Hasler:
Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren. Das Richterbestellungs- und Richterernennungsverfahren ist sicher eine der zentralen Bestimmungen in unserer Verfassung. Deshalb wurde dieser Artikel auch dementsprechend intensiv diskutiert und in den verschiedenen Voten kamen unterschiedlichste Fragen auf. Noch einmal zur Zielsetzung dieser Vorlage: Zielsetzung dieser Vorlage ist es, ein möglichst optimales Verfahren zur Auswahl von Kandidatinnen und Kandidaten für die Gerichte zu finden, und als zweites natürlich auch eine Zielsetzung, wie der Landesfürst da eingebunden werden kann, wenn er auf sein absolutes Vetorecht verzichtet. Diese Zielsetzung versucht die Vorlage zu erreichen, indem hier ein vorberatendes Gremium eingeschaltet wird, ein vorberatendes Gremium, das aus Vertretern des Landtages und der Regierung sowie dem Landesfürsten besteht. Und wie hier drinsteht, kann der Landesfürst noch Mitglieder in dieses Gremium berufen. Was ist das Ziel dieses Gremiums? Das Ziel ist es selbstverständlich, dass hier im Gremium die verschiedenen Kandidatinnen und Kandidaten nach vorgegebenen Kriterien - und diese Kriterien sollen ja in der Geschäftsordnung festgehalten werden - nach vorgegebenen Kriterien bewertet werden, und dass hier Einvernehmlichkeit herbeigeführt wird, damit dann ein Vorschlag an den Landtag weitergeleitet werden kann. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, bedarf es im Gremium selbst selbstverständlich eines Verfahrens, das vom Gremium auch zuerst entwickelt und in einer Geschäftsordnung festgehalten werden muss, damit das Verfahren auch objektiviert wird. Und es wird in diesem Gremium selbstverständlich so sein, dass man über die verschiedenen Kandidatinnen und Kandidaten spricht, dass man sie gemäss diesen Kriterien beurteilt. Es wird hier in der Realität nicht genügen, dass der Landesfürst hier einfach dazu schweigt und zuletzt Nein oder Ja sagt. Er wird hier in diesem Gremium selbstverständlich auch in die Entscheidungsfindung eingebunden sein. Es wird auch der Ausnahmefall sein - so ist auf jeden Fall anzunehmen -, dass es keine Einigung im Gremium gibt, und für diesen Ausnahmefall muss dann ja auch ein Konfliktlösungsmechanismus gefunden werden. Dieser ist hier so vorgesehen, indem der Landtag eben die Möglichkeit hat, sich nicht an die Empfehlung dieses Gremiums zu halten, dass er einen eigenen Kandidaten, eine eigene Kandidatin aufstellt, und wenn es dann mehr als einen Kandidaten für ein Amt des Richters gibt, dass dann im Ausnahmefall eine Volksabstimmung stattfinden kann. Das Volk hat dann das letzte Wort. Also, diese Abstimmung durch das Volk, die ist auch so gedacht, dass das der Ausnahmefall ist. Das wird nicht der Regelfall sein können, es wird auch nicht der Regelfall sein. Dass diese Bestimmung, dass letztlich das Volk über einen Kandidaten/eine Kandidatin abstimmen kann, und dass diese Abstimmung dann Gültigkeit hat, diese Bestimmung wird natürlich auch präventiv wirken. Diese Bestimmung wird auch auf das Auswahlprozedere hinwirken. Im ganzen Auswahlprozedere wird deshalb natürlich auch zumindest die sehr ernsthafte Bemühung sein, hier zu einvernehmlichen Vorschlägen zu kommen.Mit diesem Art. 11 wird einerseits das Beamtenernennungsrecht des Fürsten aufgegeben. Auch wenn hier im Landtag gesagt wurde, dass er dieses de facto nicht mehr ausübt, so ist es doch so, dass er dieses Beamtenernennungsrechts jedes Jahr an die Regierung delegiert. Er gibt dieses Recht nicht auf, er delegiert es an die Regierung und das würde mit diesem Vorschlag aufgegeben. Als Zweites wird das absolute Vetorecht am Ende des Verfahrens, also nachdem Kandidatinnen und Kandidaten vorgeschlagen wurden, vom Landtag gewählt wurden und dann dem Fürsten zur Ernennung vorgeschlagen werden, am Ende dieses Verfahrens wird das Vetorecht aufgegeben.Es ist richtig, und ich glaube, das soll man auch nicht verschweigen, es ist richtig, dass der Fürst eingebunden ist in das Vorschlagsrecht, und dass er hier seinen Einfluss geltend machen kann. Es wurde dann auch vorgebracht, dass gerade die Zusammensetzung dieses Gremiums sehr wichtig sei, und dass man über die Zusammensetzung dieses Gremiums noch einmal nachdenken solle, noch einmal über die Bücher gehen müsse. Denn, so wie die Verfassungsbestimmung im Moment lautet, ist es tatsächlich möglich, dass der Fürst in dieses Gremium eine unbestimmte Anzahl von Mitgliedern berufen kann. Es ist an und für sich in den vielen Gesprächen und Diskussionen immer wieder klar zum Ausdruck gekommen, dass es nicht darum geht, das Gremium zu majorisieren, sondern dass es darum geht, dass hier bestimmte Fachleute mit hineingenommen werden können. Also, diese Bestimmung ist sicher noch einmal zu diskutieren. Ich meine, das Gremium an und für sich kann objektivierend wirken, gerade dann, wenn auch die Geschäftsordnung dementsprechende Kriterien aufstellt, und wenn in dieser Geschäftsordnung auch das Auswahlverfahren festgelegt wird. Ich meine, in einem solchen Fall wird der Landtag hier auch sein Gewicht durch seine Vertreter mit hineinbringen und es wird auch eine entsprechende Möglichkeit der Rückfrage bzw. der Diskussion im Landtag sein.Es wurde dann gesagt, dass gemäss diesem Artikel es danach verschiedene Richter geben würde. Das ist selbstverständlich so möglich, nämlich die Richter, die im Einvernehmen vom Gremium vorgeschlagen und vom Landtag gewählt werden. Es kann natürlich oder wird selbstverständlich auch zu Verfahren kommen, zu Vermittlungsverfahren zwischen dem Landtag und dem Gremium, wenn kein Einverständnis herrscht, und es wird durchaus dann auch realistisch und möglich sein, dass ein Einvernehmen hergestellt wird innerhalb der Zeit, die hier vorgegeben ist, oder aber dann im Extremfall und im Ausnahmefall natürlich Richter, die durch das Volk gewählt werden. Was aber auch zu sagen ist - und da bin ich schon überzeugt -, dass dieses Recht des Volkes nicht ein scheinbares Recht ist. Erstens einmal wird es seine Wirkung haben, dass das Volk überhaupt ein Recht hat, die Richter zu wählen, und es wird diese Wirkung auch auf das Auswahlverfahren haben. Hier gilt natürlich dasselbe, was vorher beim Sanktionserfordernis des Fürsten für die Gesetzgebung gesagt wurde. Und zweitens: Im Ausnahmefall kann dieses Recht durchaus angewendet werden, dass der Landtag einen Gegenvorschlag macht, und dass diese Vorschläge dann einer Volksabstimmung unterzogen werden.Wie gesagt: Mehrere Abgeordnete haben sich zur Zusammensetzung des Gremiums geäussert. Hier wurde vor allem vorgebracht, dass dieses Gremium nicht vom Landesfürsten majorisiert werden soll. Es gab auch Abgeordnete, die den Wunsch haben, dass ein solches Gremium der Wahl vorgeschoben wird, ohne dass hier Landtag und Landesfürst darin vertreten sind. Der hier vorliegende Vorschlag ist der Vorschlag, der in den Gesprächen mit Seiner Durchlaucht dem Landesfürsten abgestimmt wurde. So weit ist die Regierung in ihren Gesprächen gekommen.Es wurde von der Unabhängigkeit der Gerichte gesprochen. Die Unabhängigkeit der Gerichte - das ist klar - wird in erster Linie durch die Verfassung garantiert. Ich meine auch, dass wir heute unabhängige Gerichte haben. Ich bin auch nicht der Ansicht, dass Parteien hier schlecht gemacht werden sollen. Ich bin überzeugt, dass politische Parteien geradezu eine Voraussetzung sind, damit ein demokratisch organisierter Staat überhaupt funktionieren kann. Denn politische Parteien haben die wichtige Rolle, auch Meinungsbildung zu betreiben. Von daher möchte die Regierung auch diesen Vorschlag nicht einfach so verstanden wissen, dass hier gesagt wird, dass, wenn Vorschläge von politischen Parteien kommen, dass diese Vorschläge dann schon den Anruch haben, als ob hier Richter gewählt würden, die nicht unabhängig sind. Aber ich meine durchaus, dass ein solches Gremium eine sehr gute Rolle spielen kann, gerade auch um diese Unabhängigkeit der Richter nach aussen zu dokumentieren, gerade auch, um zu zeigen, dass es hier tatsächlich darum geht, zu Vorschlägen zu kommen, die sehr genau geprüft wurden und die von einem Gremium geprüft wurden, das sich aus Vertretern der verschiedenen Institutionen zusammensetzt. Dass diese Beratungen und Empfehlungen des Gremiums vertraulich sind, scheint mir sehr sinnvoll zu sein, denn hier wird über Personen gesprochen, hier muss abgewogen werden, welchen Personen der Vorzug gegeben wird, und deshalb sollten solche Beratungen und Empfehlungen nicht öffentlich gemacht werden. Ich meine, dass es durchaus sinnvoll sein kann, solche Empfehlungen oder zumindest die Zusammenfassungen dieser Gespräche einem nichtöffentlichen Landtag zur Kenntnis zu bringen.Dann die Frage des Landtagsvizepräsidenten zu diesem letzten Satz in Abs. 4: «Stellen weder der Landtag noch die Landesbürger Kandidaten auf, dann wird der Kandidat des Gremiums vom Landesfürsten zum Richter ernannt». Das werden wir sicher noch einmal überprüfen müssen, denn eines scheint mir klar: Es kann oder soll kein Kandidat zum Richter ernannt werden, der nicht entweder die Zustimmung des Landtages oder die Zustimmung des Volkes gefunden hatDann haben sich verschiedene Fragen ergeben bezüglich des Gremiums, bezüglich der Geschäftsordnung. Es heisst hier: «Das Gremium gibt sich eine Geschäftsordnung». Es ist aber nicht vorgesehen in der Verfassung, dass diese Geschäftsordnung dem Landtag zur Genehmigung vorgelegt werden muss. Ansonsten müsste man das hier festhalten.Dann bezüglich der Amtsdauerbeschränkung: Wenn eine Amtsdauerbeschränkung vorgesehen werden soll, muss die auch in der Verfassung festgehalten werden. Ansonsten kann hier nicht von einer solchen Beschränkung ausgegangen werden. Also, solche Regelungen, meine ich, müssen hier in der Verfassung festgehalten werden. Und letztlich gilt es auch hier wiederum abzuwägen, abzuwägen zwischen dem, was erreicht wurde, und dem, was abgegeben wird. Also, erstens einmal ist die Aufgabe des absoluten Vetorechts abzuwägen mit der Einflussnahme des Landesfürsten in einem solchen Gremium, ein Gremium, das sicher noch einmal diskutiert werden muss, das noch einmal genau angeschaut werden muss, und zweitens die Abgabe des Beamtenernennungsrechts. Die Regierung ist der Ansicht, dass dieser Artikel grundsätzlich eine Garantie dafür abgibt, dass hier das Richterbestellungsverfahren, wenn es durch ein solches Gremium vorberaten wird und durch ein solches Gremium auch entsprechende Empfehlungen abgegeben werden, dass das Richterbestellungsverfahren auch nach aussen hin dokumentiert, ein Bestellungsverfahren ist, das eine möglichst hohe Unabhängigkeit dieser Richter garantiert. Aber wie gesagt, noch einmal: Letztlich garantieren die Bestimmungen der Verfassung, dass die Richter und die Gerichte unabhängig sein müssen. Das soll und muss ja ein Selbstverständnis für den Rechtsstaat sein.Dann wurde auch darauf hingewiesen, ob es nicht sinnvoll wäre, einen Unterschied zwischen der Wahl der Berufsrichter und der Wahl der Laienrichter zu machen bzw. zwischen dem Vorschlagsverfahren zwischen Berufsrichtern und Laienrichtern. Das kann durchaus noch einmal überprüft werden. Es werden sich dann auch die Fragen stellen: Wie organisiert sich dieses Gremium? Welche Geschäftsordnung gibt es sich? Und vor allem: Wer macht die vorbereitenden Arbeiten für dieses Gremium? Das ist natürlich im Detail noch nicht fixiert und kann letztlich dann nur, wenn es zu einer solchen Änderung kommt, vom Gremium selbst vorgesehen werden, indem es sich seine eigene Geschäftsordnung gibt.
Abg. Ingrid Hassler-Gerner:
Ich möchte fragen, ob diese vorgesehene Geschäftsordnung auch in Form eines Gesetzes zu erlassen wäre. Ist das eine Möglichkeit? Und noch einmal wegen der Vertraulichkeit der Informationen über das Auswahlverfahren: Hier habe ich Sie so verstanden, dass bestenfalls im nichtöffentlichen Landtag Informationen verteilt werden könnten über die Vorgeschichte des Auswahlverfahrens, und dass allenfalls auch über ausgeschiedene oder andere Kandidaten berichtet wird. Ist das das Maximum, was der Landtag erfahren kann ausser dem geeinten Vorschlag des Gremiums?Abg. Ivo Klein:
Danke, Herr Präsident. Wenn ich den Satz «der Landtagspräsident gibt dem Landtag den vom Gremium empfohlenen Kandidaten bekannt» richtig verstehe, dann erfahren wir einfach, wer vorgeschlagen oder empfohlen wird. Ich möchte einfach meine Anregung oder meinen Gedanken noch einmal wiederholen und vielleicht auch noch eine Stellungnahme von Ihnen, Herr Regierungschef, erhalten. Nach meinem Dafürhalten sind wir ein Entscheidungsgremium in dieser Frage. Wir brauchen auch einen Bericht, wir müssen das Ganze nachvollziehen können: Warum sind die Leute im Auswahlgremium zu diesem Entschluss gekommen? Können Sie hierzu noch bitte Stellung nehmen?
Abg. Peter Sprenger:
Herr Regierungschef: Es tut mir leid, aber Sie reden - wie immer im Zusammenhang mit dieser Vorlage - schön. Sie reden von einem objektivierten Verfahren im Zusammenhang mit diesem Gremium. Was nützt uns das objektivierteste oder das objektivste Verfahren, wenn letztlich der Fürst sagt, wo es langgeht. Das haben Sie bis jetzt nicht erklärt.Und ein Zweites: Zwei Dinge, die in der Praxis praktisch keine grosse Rolle spielen - das haben Sie selbst konzediert - nämlich einerseits die Aufgabe des Vetos im Extremfall und die Möglichkeit der Entscheidung einer Pattsituation durch eine Volkswahl werden für den Normalfall, nämlich die Auswahl der Richter durch den Landtag, geopfert. Wo sehen Sie denn da die Stärkung der Demokratie? Der Erklärungsbedarf ist meines Erachtens weiterhin gegeben. Ich möchte Sie ersuchen, dazu Stellung zu nehmen.Und ein Drittes: Sie haben meine Frage, nämlich warum die Details wie eine Urteilsformel oder das konkrete Prozedere, das langatmig in Abs. 3 ausgebreitet wird, warum dieses in einer Verfassung enthalten sein muss. Das sehe ich beim besten Willen nicht ein.Abg. Paul Vogt:
Ich glaube, es ist jetzt auch noch einmal an der Zeit, grundsätzlich Überlegungen zu diesem absoluten Vetorecht des Fürsten bei der Richterernennung zu machen: Ich meine, es ergeben sich hier genau die gleichen grundsätzlichen Bedenken wie beim Sanktionsrecht. Ich möchte das nicht einfach so stehen lassen, dass es völlig im Belieben des Fürsten steht, einen vom Landtag gewählten Richter zu ernennen oder nicht. Eine Wahl durch den Landtag ist auf demokratischem Weg zustande gekommen, und wenn der Fürst einen so Gewählten nicht ernennt, dann ist das ein sehr schwerer Eingriff in einen demokratischen Entscheid. Ich meine, ein solcher Eingriff muss sorgfältig begründet werden und er muss vor allem auch objektiv gesehen notwendig sein. Ansonsten geht der Landesfürst aus demokratischer Sicht darüber hinaus, was er tun darf.Eine kleine Anmerkung noch zu einem anderen Problem: Was passiert denn eigentlich, wenn sich das Gremium auf keinen Richter einigen kann? Also, wenn in diesem Gremium, so wie es bestellt ist, die Mitglieder der Meinung sind, es müsste ein bestimmter Kandidat gewählt oder vorgeschlagen werden, der Fürst beharrt aber auf einem anderen Kandidaten, sodass es eintreten könnte, dass sich das Gremium gar nicht auf einen Kandidaten einigen kann. Gilt dann das, was der Fürst in einem Interview einmal angetönt hat: Nach 1945 sei es so gewesen, dass er dem Landtag klargemacht habe, der Landtag könne vorschlagen wen immer er wolle, der Fürst werde aber nur Alexander Frick als Regierungschef ernennen.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Herr Regierungschef: Ich möchte das Votum des Abg. Ivo Klein unterstützen und möchte gerne von Ihnen klipp und klar und verbindlich wissen, ob nach dieser Formulierung davon auszugehen ist, dass dem Landtag nur der vom Gremium empfohlene Kandidat mitgeteilt wird und sonst nichts, oder ob der Landtag Anspruch darauf hat, auch davon Kenntnis zu nehmen, welche Kandidaten sonst vom Gremium evaluiert wurden, damit sich der Landtag vor allem auch selbst ein Bild davon machen kann, ob die vom Gremium getroffene Auswahl nachzuvollziehen und positiv zu bewerten ist oder nicht.
Regierungschef Otmar Hasler:
Zuerst noch einmal zur Frage der Geschäftsordnung: Bisher war das so wie es beschrieben wurde gedacht. Das heisst, in der Regierungsvorlage ist das so gedacht, dass das Gremium sich eine Geschäftsordnung gibt. Wenn man diese Geschäftsordnung auf Gesetzesbasis stellen möchte, dann müssten wir das zumindest so verbindlich festlegen. Aber so war es hier nicht gedacht.Dann zur Vertraulichkeit: Ich meine, wir behandeln auch heute Berichte über Richterauswahlverfahren vertraulich im Landtag. Ich finde das sehr sinnvoll. Ich finde es nicht sinnvoll, wenn man solche Berichte öffentlich macht, weil es hier auch um Persönlichkeitsrechte geht, es geht hier auch um Wertungen, es geht hier letztlich auch darum, dass Personen zumindest hinsichtlich der Ausübung des Richteramtes bewertet werden. Und ob diese Bewertungen dann richtig sind oder nicht, ob sie sich so herausstellen, wie es sich im Moment der Bewertung ergibt, das kann nur die Zukunft zeigen. Deshalb meine ich, ist es nicht richtig, solche Berichte öffentlich zu machen. Ich bin der Ansicht, dass es ein selbstverständliches Recht des Landtages ist, dass er vertraulich und nichtöffentlich zur Kenntnisnahme natürlich einen Bericht erhält, in dem dann auch festgehalten ist, welche Vorschläge oder welche Kandidaten hier in Vorschlag standen. Das finde ich, muss so geschehen, damit er danach in Abwägung dieser Umstände auch der Empfehlung folgen kann oder nicht. Wenn hier steht, «der Landtagspräsident gibt dem Landtag dem vom Gremium empfohlenen Kandidaten bekannt», ist das sicher für die öffentliche Sitzung so gedacht.Bezüglich des Votums des Abg. Peter Sprenger: Also, ob hier das viel kürzer gefasst werden kann, ob das hier also so rein von der Gesetzestechnik her richtig ist, das können wir sicher noch einmal überprüfen. Ich meine, hier wird einfach ausgeführt, wie die Abfolge ist und wie auch das Gremium selbst funktioniert. Wenn das kürzer gemacht werden kann, bitte, das können wir auf die 2. Lesung sicher noch einmal überprüfen. Ich glaube nicht, dass ich hier schönrede. Erstens habe ich gesagt, dass der Fürst selbstverständlich bei Aufgabe des absoluten Vetorechtes hier in der Vorbereitung jetzt seinen Einfluss hat. Das ist klar. Aber zweitens müssen wir auch sagen: Welches ist die Absicht dieses Gremiums? Die Absicht ist tatsächlich, hier drin zu einer Einigung zu kommen, hier einen Kriterienkatalog aufzustellen und nach diesem Kriterienkatalog vorzugehen. Und hier soll der Landtag massgeblich sein Mitspracherecht wahrnehmen können. Deshalb auch die Diskussion um die Grösse dieses Gremiums, die ich sehr gut verstehe. Das werden wir sicher noch einmal überprüfen.Dann bezüglich Ernennungsrecht: Selbstverständlich ist ein demokratisch gesetzter Akt wie die Wahl eines Richters ein Akt, der einen hohen Wert hat. Ich bin überzeugt, dass das ja in der Vergangenheit ja auch so gesehen wurde. Es kam sehr selten vor - ich kann mich jetzt nicht erinnern, wie viel Mal es vorgekommen ist, dass der Landesfürst einen Richter abgelehnt hat. Ich habe gerade gesehen: Es ist einmal vorgekommen. Also, es ist ein sehr seltener Fall, und für diesen seltenen Fall, wenn das im Gremium der Fall ist und das Gremium sich nicht einigen kann, dann sieht die Verfassung jetzt eine Volksabstimmung vor. Wenn der Landtag einen Gegenkandidaten aufstellt, dann wird es bei zwei Kandidaten zu einer Volksabstimmung kommen, und das Volk wird dann verbindlich und letztlich entscheiden können. In diesen Ausnahmefällen ist es durchaus möglich, von diesem Recht Gebrauch zu machen.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
So wie Sie das jetzt schildern, Herr Regierungschef, läuft das immer mehr und mehr auf eine Vernebelung des Landtages hinsichtlich seines Informationsrechtes und auch hinsichtlich seines Rechtes, dann die Öffentlichkeit zu informieren, hinaus. Einerseits wird es als grosser Vorteil dieser Lösung gepriesen, dass der Fürst nicht mehr einen Kandidaten definitiv ablehnen kann und dass das Volk schliesslich die Schlussentscheidung hat, anderseits frage ich mich, wie soll das in der Wirklichkeit funktionieren, wenn der Landtag gar nichts darüber sagen darf, welche sonstigen allenfalls besser qualifizierten Kandidaten im Gremium evaluiert wurden, aber aufgrund der Ablehnung des Fürsten nicht vorgeschlagen werden durften. Und auch der Landtag darf dann aufgrund der verfassungsrechtlichen Vertraulichkeitsvorschrift und weswegen er nur im nichtöffentlichen Landtag über die anderen Personen und über die Gründe für die Empfehlung des ihm vorgeschlagenen Kandidaten informiert wurde, nichts in der Öffentlichkeit darüber sagen. Aber gleichzeitig sagt man ihm: Es ist ein toller Vorteil für dich, Landtag, wenn du den Kandidaten des Gremiums ablehnen und einen eigenen Kandidaten dem Volk zur Abstimmung vorlegen kannst. Gleichzeitig mutet man aber dem Landtag zu, er dürfe dem Volk und der Öffentlichkeit nicht sagen, wie er auf diesen Kandidaten kommt, und dass der schon im Gremium Gegenstand der Diskussionen war und dort eigentlich mehrheitlich als der Bestgeeignete empfunden wurde und nur aufgrund der Ablehnung des Fürsten nicht vorgeschlagen wurde. Das ist ein Widerspruch, der auf diese Art nicht gelöst werden kann. Wenn man diese Art von Lösung will, dann muss man dem Landtag und der Öffentlichkeit zu Zwecken dieser Volksabstimmung, die ich nach wie vor für genauso ungeeignet halte, wie ich dies vor der Mittagspause gesagt habe, aber wenn man schon auf diese Lösung einschwenken will, dann muss man auch in Kauf nehmen, dass dann diese Personaldiskussion in aller Öffentlichkeit geführt wird. Ich weiss, dass das sehr negative Implikationen hat. Darum bin ich auch dagegen, dass solche Fragen in Form einer Volksabstimmung, die sich in jedem Fall in eine Konfliktabstimmung und in eine Kampfabstimmung zwischen Fürst und Landtag ausweiten wird, ausgetragen werden. Aber die Regierung will es ja. Dann muss aber auch die Information zulässig sein. Dann kann man nicht sagen: Es ist alles geheim, alles vertraulich, man darf überhaupt nichts sagen. Man darf höchstens sagen: Wir schlagen den Herrn X vor, warum und wieso wissen wir nicht, dürfen wir nicht sagen. Aus. Das wäre eine Karikatur einer Volksabstimmung.
Abg. Peter Sprenger:
Es kommt mir gerade in den Sinn, Herr Regierungschef: Sie haben auch meine Frage nicht beantwortet, warum oder was für ein Bild es macht, dass eine so zentrale Bestimmung wie die Richterernennung oder die Richterauswahl unter dem zweiten Hauptstück, das da lautet «Vom Landesfürsten» geregelt sein soll. Ich meine unter den Gesichtspunkten der Gewaltenteilung, ich meine, offensichtlicher kann man es nicht mehr machen, wer der Chef im Hause bezüglich der Richter ist, als wenn man das unter diesem Hauptstück abhandelt.Und dann eine zweite Frage: Ich habe Sie gefragt, warum der Landesfürst der Mensch sein soll, der die Unabhängigkeit der Richter schützt? Ich denke doch, der einzig adäquate Ausdruck in diesem Zusammenhang würde heissen: Die Verfassung schützt das Recht der Unabhängigkeit der Richter.
Regierungschef Otmar Hasler:
Noch einmal zum Votum des Landtagsvizepräsidenten: Ich habe hier klar festgehalten: Das Ziel dieser Bestimmung ist zuerst einmal, dass das Gremium aufgrund klarer Kriterien zu einer Einigung kommt. Das ist der Inhalt, das ist Ziel dieses Artikels. Wenn das nicht der Fall ist, so meine ich nach wie vor, dass es nicht zielführend ist, dass die vertraulichen Beratungen über Personen dann in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Wo Sie sicher Recht haben und was zu bedenken ist, das ist das Faktum, dass der Landtag selbstverständlich wissen muss, welche Personen zur Diskussion standen, welche Personen sich gestellt haben. Und das werden wir sicher hier noch einmal prüfen müssen. Ich glaube auch, dass es richtig ist, dass dies dann auch öffentlich bekannt wird, wenn es zu diesem Konfliktfall kommt. Aber ich meine nicht, dass es notwendig ist, dann vertrauliche Protokolle bezüglich der Bewertung von Kandidaten in aller Öffentlichkeit dann auszulegen. Ich meine, nachher in der öffentlichen Diskussion wird man begründen, warum man einen Kandidaten vorschlägt und warum dem Landtag der Kandidat als ein geeigneter und vorzuziehender Kandidat erscheint.Dann zur Frage, warum der Artikel hier eingeordnet ist: Das geht einfach darauf zurück, dass hier das Beamten-Ernennungsrecht aufgegeben wurde. Aber wir werden noch einmal überprüfen, ob dieser Artikel gegebenenfalls unter einem anderen Hauptstück in der Verfassung eingeordnet werden müsste, der Artikel bezüglich Richterbestellung und Richterernennung. In Abs. 1 heisst es: «Der Landesfürst schützt das Recht und die Unabhängigkeit der Richter». Hier ist der Landesfürst als Staatsoberhaupt, der den Staat als Gesamtes vertritt, gemeint. Aber auch das ist tatsächlich zu überprüfen, ob es hier nicht richtig heissen sollte: Die Verfassung schützt das Recht und die Unabhängigkeit der Richter oder Fürst und Volk schützen das Recht und die Unabhängigkeit der Richter. Auch das werden wir auf die zweite Lesung ebenfalls abklären.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Herr Regierungschef: Reden wir doch Klartext. Wir reden hier alle ein bisschen um den Brei herum, wegen Vertraulichkeit, Gremiumsvorschläge, und, und, und. Das Problem ist doch einzig und allein der Satz: «Kandidaten können nur mit Zustimmung des Landesfürsten vom Gremium dem Landtag empfohlen werden». Das ist das Problem. Wenn dieser Satz nicht wäre und das Gremium wirklich unabhängig wäre und nach gründlicher Abklärung dem Landtag den in freier Meinungsbildung mehrheitlich als am besten geeigneten Kandidaten vorschlagen dürfte, dann wäre das überhaupt kein Problem. Dann könnte der Landtag das doch akzeptieren, dass er sagt: Das andere soll vertraulich bleiben, wir vertrauen euch, ihr habt euch als unabhängige Experten mehrheitlich eine Meinung gebildet, wunderbar. Aber so läuft doch alles auf eine totale Beeinflussung dieser Auswahl durch den Landesfürsten hinaus. Und das macht es notwendig, wenn man das wirklich für so toll findet wie der Herr Landtagspräsident, das macht es notwendig, dass man dann den Landtag wenigstens umfassend über alle evaluierten Kandidaten informiert und diese bedauernswerte Geschöpfe auch einem öffentlichen Abstimmungskampf aussetzt. Das ist der Grund dafür.Zur Frage der Platzierung dieser Bestimmung in inhaltlicher Weise, erlaube ich mir den Vorschlag zu machen, unter dem Vorbehalt, wenn man bei dieser Art von Neuregelung bleiben will, im Art. 11 doch nur zu sagen: Der Landesfürst ernennt unter Beobachtung der Bestimmungen dieser Verfassung die Richter - so wie es jetzt mit den Beamten der Fall ist - und dann in Art. 99, wo das eigentlich hingehört, eben die Bestimmungen der Verfassung aufzunehmen, unter welchen der Landesfürst die Richter ernennt. Das wäre der restliche Inhalt vom jetzigen Art. 11.Abg. Paul Vogt:
Ich hätte noch gerne einige Ausführungen zum Abs. 4, erster Satz: «Lehnt der Landtag den vom Gremium empfohlenen Kandidaten ab, und lässt sich innerhalb von vier Wochen keine Einigung über einen neuen Kandidaten erzielen» usw. Wie ist das genau gedacht? Wer führt da Verhandlungen mit wem? Ist das der Landtag mit dem Landesfürsten oder ist das der Landtag mit dem Gremium? Durch wen wird der Landtag eigentlich vertreten? Wie soll das konkret ablaufen?
Regierungschef Otmar Hasler:
Diese Frage kann sicher im Detail hier nicht in der Verfassung ausgeführt werden, sie wird nachher geklärt werden müssen. Einerseits kann ich mir vorstellen, dass in der Geschäftsordnung des Landtages geklärt wird, wie der Landtag in einem solchen Differenzbereinigungsverfahren vertreten wird, oder man kann das auch auf gesetzlicher Ebene regeln. Aber es muss sicher verbindlich geregelt werden, wie diese Differenz zwischen dem Gremium und dem Landtag geregelt wird.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wenn es keine weiteren Fragen mehr gibt, dann können wir weiterlesen.Art. 13 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Art. 13 steht zur Diskussion.
Abg. Peter Sprenger:
Herr Präsident, meine Damen und Herren. Was hier im Art. 13, 13bis und 51 als simple sprachliche Anpassung daherkommt, ist in Tat und Wahrheit Bestandteil einer akribischen fürstlichen Ausmerzaktion: Überall in der Verfassung, hier in diesen vier genannten konkreten Fällen, wo «Regierung» eindeutig «Fürst» bedeutet, soll dieser Beweis beseitigt werden. Allerdings sehe ich nicht ein, warum das so akribisch betrieben wird, weil der Paper Trail und die Materialien werden in den Archiven bleiben. Also, ich sehe da eigentlich nicht ein, warum das so heftig betrieben wird. Für mich ist die ganze Aktion eine nachträgliche Rehabilitierung von Herbert Wille, der mit guten Argumenten, vor allem mit einer fundierten historischen Argumentation, auch im heutigen Art. 112 den Begriff «Regierung» als Synonym für den Fürsten ausgelegt hatte. Ein Schelm, der in der vom Fürsten mit Nachdruck betriebenen Überschreibung und der dadurch erreichten Aufhebung des Art. 112 System vermutet. Für mich ist das eine zwar kleine, aber späte Genugtuung für grosses persönlich erlittenes Unrecht für den gedemütigten Herbert Wille, die ich ihm absolut gönnen mag.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Herr Regierungschef: Wünschen Sie das Wort? Dann können wir weiterlesen.Art. 13bis wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Art. 13bis steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
Art. 51 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Art. 51 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
Art. 62 Bst. f und h wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Art. 62 Bst. f und h steht zur Diskussion.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Ich würde von der Regierung gerne wissen, auf was der Zusatz «und jener Rechte, deren Ausübung dem Landesfürsten zugewiesen sind» zurückzuführen ist, da sich die Regierung darüber in ihren Erläuterungen nicht auslässt.
Regierungschef Otmar Hasler:
Dieser Art. 62 Bst. f wurde ergänzt, und zwar durch das Wort «Kontrolle» sowie «mit Ausnahme der Rechtsprechung der Gerichte und jener Rechte, deren Ausübung dem Landesfürsten zugewiesen sind». Ich frage mich jetzt auch - das werden wir noch einmal anschauen - ob - das «mit Ausnahme der Rechtsprechung der Gerichte» ist an und für sich klar - hier noch einmal aufgeführt werden muss «und jener Rechte, deren Ausübung dem Landesfürsten zugewiesen sind». Hier wurde - das muss noch einmal überprüft werden - auch an Art. 92 gedacht: «Der Regierung obliegt der Vollzug aller Gesetze und rechtlich zulässigen Aufträge des Landesfürsten». Und ob diese Aufträge rechtlich zulässig sind, das hat die Regierung selbst zu entscheiden, und es liegt auch in ihrer Verantwortung, das zu entscheiden und diese Aufträge entweder anzunehmen oder abzulehnen. Ob solche Aufträge dann allerdings hier im Zusammenhang mit der Staatsverwaltung möglich sind, das möchte ich noch einmal abklären.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Herr Regierungschef: Meiner Meinung nach tut sich hier ein Problem auf, das wahrscheinlich bei dieser Anfügung nicht bedacht ist. Mir ist schon klar, worauf zurückzuführen ist, dass diese Worte eingefügt wurden. Seine Durchlaucht der Landesfürst wünschte das, um klarzustellen, dass der Landtag nicht bezüglich seiner Kompetenzausübung Kontrollrechte habe. Die Verfassungskommission hat ja gewünscht, dass - eigentlich mehr der Vollständigkeit halber, ein zwingendes Erfordernis gibt es eigentlich nicht und weil der ganze Art. 62 ja nur eine beispielsweise Aufzählung von Kompetenzen des Landtages beinhaltet - mehr der Vollständigkeit halber wurde von der Kommission vorgeschlagen, hier nicht nur «Antragstellung» und «Beschwerdeführung», sondern auch «Kontrolle» einzuführen. Eine Antragstellung hinsichtlich derjenigen Rechte, deren Ausübung dem Landesfürsten zugewiesen ist, wie zum Beispiel die Vertretung des Landes nach aussen, muss der Landtag aber schon haben. Das würde ja sonst bei wörtlicher Auslegung bedeuten, dass der Landtag sich um das überhaupt nicht mehr zu kümmern hat und nicht einmal irgendwelche Anträge stellen kann. Also, wenn man in diesem Buchstaben «jener Rechte, deren Ausübung dem Landesfürsten zugewiesen sind» mit aufnimmt, dann müsste man eben teilen zwischen «Antragstellung» allenfalls «Beschwerdeführung» - das ist etwas schwierig zu entscheiden - einerseits und «Kontrolle» andererseits. Wenn man das alles in einem Buchstaben haben will, dann sollte man es bei der alten Formulierung, wo einfach pauschal von der «Staatsverwaltung» die Rede war, belassen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Dann können wir weiterlesen.
Art. 63 Abs. 1 und 2 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Art. 63 Abs. 1 und 2 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
Art. 65 Abs. 2 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Art. 65 Abs. 2 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
Art. 66 Abs. 5 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Art. 66 Abs. 5 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
Art. 70 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Art. 70 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
Art. 79 Abs. 4 und 6 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Art. 79 Abs. 4 und 6 steht zur Diskussion.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Herr Präsident. Der in der Regierungsvorlage neu hinzugefügte letzte Halbsatz «es sei denn, Art. 80 kommt zur Anwendung» ist meiner Meinung nach eine der am meisten zu beanstandenen Formulierungen in dieser Vorlage und es ist gelinde gesagt, mehr als erstaunlich, dass es der Regierung nicht ein einziges Wort der Begründung, nicht ein einziges Wort wert ist, um diesen Halbsatz zu begründen. Es wird lediglich im Rahmen der artikelweisen Begründung bei Art. 80 im Sinne einer Wiederholung des Gesetzestextes erwähnt, es heisst dort einfach in der Klammer: «Art. 79 Abs. 6 erster Satz ist auf die Übergangsregierung nicht anwendbar». Warum das zweckmässig, notwendig, gut oder was auch immer sein soll, wird nicht gesagt. Meiner Meinung nach ist es weder zweckmässig noch gut. Auch wenn eine Regierung nach Art. 80 entlassen wird, ist es notwendig, bis zur Neuwahl einer Regierung, was ja im Fürstentum Liechtenstein nicht ein monatelanger Prozess sein muss, eine Übergangsregierung zu haben, eine Regierung, die immer da ist, um die routinemässig notwendigen Geschäfte zu erledigen. Es besteht meiner Meinung nach überhaupt kein Grund, die vorangehende, die bestehende Regierung, die an und für sich vorzeitig entlassen wurde oder entlassen werden soll, nicht mit der Fortführung der Geschäfte zu betrauen. Das ist international überall in jedem Staat, den ich kenne, üblich. Warum es ausgerechnet bei uns nicht möglich sein soll, ist in gar keiner Weise einzusehen und wird, wie gesagt, in der Regierungsvorlage auch nicht begründet. Ich werde bei der 2. Lesung daher beantragen, hier die Neuformulierung «es sei denn, Art. 80 kommt zur Anwendung», zu streichen.Was ist die Folge von einer Streichung dieses Halbsatzes? Die Folge ist, dass eine im Sinne von Art. 80 Abs. 1 entlassene Regierung zumindest - das sind unter Umständen nur wenige Tage - aber zumindest bis zur Bildung einer Übergangsregierung im Einvernehmen zwischen Landesfürst und Landtag weiter im Amt ist, die Geschäfte führt, und vor allem für dringend notwendige Sachen, für die nun einmal eine Regierung oder allenfalls ein Regierungschef nötig sind, da ist. Und das sollten wir nicht mutwillig provozieren, dass so ein regierungsloser Zustand ohne jede Not irgendwann existiert.
Abg. Peter Sprenger:
Einleitend will ich Ihnen auch zu diesem Punkt die Prozentzahlen der «DeSe-Umfrage» - der Umfrage des Demokratie-Sekretariates - nicht vorenthalten, sonst wird mir vorgeworfen, ich bringe das nur, wenn die Zahlen für uns sprechen. Auf die Frage, der Landesfürst muss genauso wie der Landtag die Möglichkeit haben, die Regierung zu entlassen, wenn das Vertrauen in die Regierung verloren ist, haben 50,8% gesagt «eher einverstanden», 36,7% «eher nicht einverstanden», und der Rest ist wie immer «unentschieden» oder «weiss nicht». Das sind für mich erstaunliche Zahlen. Ich erlaube mir, dazu Folgendes auszuführen: Die Entlassung der Regierung und einzelner Regierungsmitglieder gemäss den Artikeln 79 und 80, wie sie von der Regierung vorgeschlagen werden, da hat es gegenüber dem «grünen Büchlein» bereits durch den Vorschlag des Forums Liechtenstein eine Änderung gegeben. Es wurden grössere Teile in den Art. 80 herübergenommen, was früher im Abs. 7 stand.Was passiert? Der Art. 80 Abs.1 der Verfassung, so wie die Regierung ihn nun vorschlägt, hat einige Unsicherheit mit sich gebracht. So lange nämlich Landtag und Landesfürst sich nicht auf eine neue Regierung im Einvernehmen einigen, gibt es keine Regierung. Das bedeutet, dass je nach politischer Konstellation einige Tage, Wochen, vielleicht sogar Monate, keine Regierung besteht. Dann wird, daran besteht kein Zweifel - das Drohpotenzial des heutigen Fürsten wurde in diesem Hause in den beiden Tagen, in denen wir jetzt darüber debattieren, mehrfach in eindrücklichen Worten dargestellt - da besteht kein grosser Zweifel, dass er bereit ist, mit Notverordnung zu regieren.Beim Vertrauensverlust bezüglich einzelner Regierungsmitglieder braucht es das Einvernehmen zwischen Landtag und Fürst zur Entscheidung über den Verlust der Amtsbefugnis. Das finde ich gut, das korrespondiert im Übrigen mit dem alles dominierenden Konsensprinzip der heutigen Verfassung. Kraft Schlusses vom Kleineren auf das Grössere müsste man doch denken, das, was schon im Einzelfall, sprich beim Einzelmitglied der Regierung gilt, Kraft Grössenschlusses noch viel mehr für den Vertrauensverlust in die Gesamtregierung gelten müsste. Leider allerdings weit gefehlt. Hier wird das altbewährte Konsensprinzip verlassen und es regiert das Wort «oder». Das heisst nichts anderes als: Beide, Landtag oder Fürst, können unabhängig voneinander durch blosse Mitteilung des Vertrauensverlustes, mit anderen Worten, ohne jegliche sachliche Begründung, die Befugnis zur Amtsausübung zum Erlöschen bringen. Auch die Behauptung des Fürsten, es sei unbestritten, dass er von sich aus schon heute alleine das Vertrauen der Regierung entziehen könne, findet im heutigen Art. 80 - da kann man lesen so lange man will - keine Deckung. Vielmehr kann der Fürst - das kann jeder nachlesen - nur über Antrag des Landtages tätig werden. Zudem - und das erlaube ich mir auch hier zu bemerken - hat der Fürst diesbezüglich seine Meinung verglichen mit seiner Meinung vom Jahre 1992 eindeutig geändert. Gerard Batliner hat dazu - ich erlaube mir das, auch wenn Sie das langweilen mag, zu Protokoll zu geben - eindrückliche Worte geschrieben. Auf Seite 56 heisst es: «Das Forumspapier ist in Bezug auf die Entlassung der Regierung wesentlich vereinfacht. Es ist im Ergebnis, was die Gesamtregierung angeht, radikaler als der Fürstenvorschlag vom 1. März 2001». Gerard Batliner fährt fort: «Fundamental neu und systemumwerfend ist die vom Forum vorgeschlagene Regelung, dass die Regierung inskünftig je einseitig vom Fürsten oder vom Landtag entlassen werden kann, und zwar zu jeder Zeit, aus irgendwelchem öffentlichen oder privaten Grund. Diese Regelung der neu je einseitigen Entlassung durch Fürst oder Landtag erweckt den Eindruck, paritätisch zu sein. Sie ist es nicht. 1. Weil der plural zusammengesetzte, Mehr- und Minderheiten umfassende, 25-köpfige Landtag zur Entlassung der eigenen Regierungsmitglieder (ferner 2/3-Beschlussquorum) ein grundlegend anderes Entscheidungsorgan ist als der monokratisch entscheidende Fürst. 2. Wegen der völlig einseitigen fürstlichen Folgekompetenzen, die schon vor jeder Auslösung des Entlassungsverfahrens zu bedenken sind». Ende Zitat. Nein, leider noch nicht. Ich muss das Zitat noch um zwei Sätze ergänzen: «Der eine Verhandlungspartner Fürst besitzt jedoch schon bei den Regierungsbestellungsverhandlungen (im Falle der Nichteinigung) die Verfügungsgewalt über die Existenz des anderen Verhandlungspartners Landtag». (Siehe Auflösung gemäss Art. 48.) Dann schreibt Gerard Batliner weiter, ich zitiere: «Der ganze, fast schematisch und quasi logisch ablaufende, gestufte Prozess wird durch die eine Mitteilung in Gang gesetzt: Regierung, Sie haben mein Vertrauen verloren. Damit wird die Labilität des Systems institutionalisiert. Die Abhängigkeiten beginnen präventiv und unaufhörlich auf das Verhalten von Regierung und Landtag einzuwirken. Und das Droh- und Pressionspotenzial des Fürsten ist offenkundig». Man kann es drehen und wenden wie man will: Die meisten kommen zum Schluss, dass auch die fürstlichen Vorschläge zur Regierungsentlassung im Resultat seine Macht gegenüber Landtag und Regierung stärken. Das Gutachten Rhinow - ich entschuldige mich, nein ich entschuldige mich nicht dafür, ich tue das, was die Regierung tun hätte sollen, nämlich auf solche Sachen hinzuweisen - das Gutachten Rhinow bringt es auf den Punkt, wenn Herr Prof. Rhinow auf Seite 81 schreibt - ich erlaube mir zu zitieren: «Unter rechtsstaatlich demokratischen Gesichtspunkten problematisch erscheint die dem Fürsten nach seinem Verfassungsentwurf gesamthaft zustehende Machtfülle. Er kann alleine und auf eigenen Antrieb zuerst die Regierung entlassen, und danach, falls sich der Landtag und der Fürst nicht auf eine neue Regierung einigen können» - ich füge hinzu gemäss Art. 48 unserer Verfassung - «den Landtag auflösen. Er kann frei bestimmen, ob die alte Regierung die Geschäfte weiterführen soll» - ich füge hinzu, indem er gemäss Art. 80 Abs. 1, 2. Satz darüber disponieren kann, ob er sich mit dem Landtag auf eine neue Regierung einigt oder nicht - «oder ob er selbst die Regierungsgeschäfte wahrnimmt, bis nach den Neuwahlen des Landtages eine neue Regierung konstituiert ist. Kurzfristig kann also der Fürst einen grossen Teil der Macht im Staat an sich ziehen. Eine solche Kompetenzattraktion in einer Hand birgt die Gefahr der völligen Aushöhlung der Demokratie in sich».Meine Damen und Herren Kollegen, liebe Regierungsmitglieder: Solch eindringliche Worte sollten Sie nicht auf die leichte Schulter nehmen, Sie sollten zu solchen Äusserungen Stellung nehmen und Vorschläge unterbreiten.
Abg. Helmut Konrad:
Ich möchte mich bei meinen Ausführungen auf Art. 79 beziehen: Ich denke, dass der Abg. Sprenger vorwiegend die Diskussion in Bezug auf Art. 80 schon eingeleitet hat. Wenn ich das jetzt einmal ausblende, möchte ich das, was der Landtagsvizepräsident zu Art. 79 Abs. 6 gesagt hat, eigentlich bestärken und unterstützen. Dieser Halbsatz im zweiten Satz des Abs. 6, «es sei denn, Art. 80 kommt zur Anwendung», birgt - und das habe ich auch in meinem Eintretensvotum gesagt - die Gefahr einer regierungslosen Zeit, eines regierungslosen Zustands, der eintreten kann, wenn eben nach Art. 80 dann Fürst und Landtag sich nicht rasch oder innerhalb einer bestimmten Zeit, wenn es auch nur ein paar Tage sind, auf eine neue Regierung einigen und die Amtsgeschäfte durch die bisherige Regierung nicht mehr weitergeführt werden können. Ich denke auch, dass das eine ungute oder ein Stück weit sogar fast untragbare Situation ist und dass man dem in der Formulierung von Art. 79 Abs. 6 Rechnung tragen sollte.
Abg. Peter Sprenger:
Meine Damen und Herren Kollegen. Es ist absolut korrekt, dass ich unter Vorwegnahme auf den Art. 80 gesprochen habe. Aber Sie sehen doch, dieser vom Herrn Kollegen Wolff zitierte kleine Schlusssatz im Abs. 6, «es sei denn, Art. 80 komme zur Anwendung», der sich im Art. 79 findet, gibt mir, ich denke, auch schon die Möglichkeit, bevor er gelesen wird, dazu Stellung zu nehmen. Und ich denke: Lieber sagt man es zur Zeit als man vergisst es.
Regierungschef Otmar Hasler:
Herr Landtagspräsident, geschätzte Damen und Herren. Art. 79 und Art. 80 werden zusammenhängend gesehen. In Art. 79 geht es - wenn ich das einmal so ausdrücken darf - um den Normalfall. Die Amtsperiode der Regierung ist ja nicht gezwungenermassen die gleiche wie die des Landtages. Das kommt je nach Wahlperiode darauf an. In Art. 79 Abs. 6, zweiter Satz, da ist eine Bestimmung, wonach bis zur Neuernennung der Regierung die bisherigen Regierungsmitglieder die Geschäfte verantwortlich weiterzuführen haben. Also, diese Bestimmung beinhaltet ja eine Verlängerung der Amtsperiode und hat den Zweck, die Regierungsmitglieder über die abgelaufene Amtsperiode hinaus zur Amtsausübung verfassungsmässig zu legitimieren. Hier ist ja die Diskussion auch in der Literatur, ob diese Bestimmung in Art. 79 Abs. 6 der Verfassung über die verantwortliche Weiterführung der Geschäfte aufgrund ihres Wortlautes und aufgrund ihrer systematischen Einordnung nur für den Fall des Ablaufs der Amtsperiode und nicht für sonstige Fälle der Beendigung des Regierungsamtes gilt. Wenn sie für sonstige Fälle des Regierungsamtes gelten soll, dann muss das - davon gehe ich aus - auch noch klarer gemacht werden, auch in Art. 80. So, wie der Art. 80 heute steht, heisst es hier: «Verliert die Regierung das Vertrauen des Landesfürsten oder des Landtages, dann erlischt ihre Befugnis zur Ausübung des Amtes. Der Landesfürst betraut dann einvernehmlich mit dem Landtag (Art. 79) eine neue Regierung mit der Fortführung der Amtsgeschäfte». Der Hinweis auf Art. 79 bedeutet einmal, dass diese einvernehmliche Bildung einer Regierung durch den Landtag vorgeschlagen werden muss, und durch diesen Hinweis auf Art. 79 hat natürlich dann die Streichung des letzten Satzes in diesem Zusammenhang das Ziel erreicht, dass nämlich bis zur Betrauung - bis zur Wahl einer neuen Regierung zur Betrauung der Geschäfte - die alte Regierung im Amt bleibt. Ich sehe aber auch Art. 80, dass hier zwingend vorgeschrieben wird, dass der Landesfürst einvernehmlich mit dem Landtag eine neue Regierung mit der Fortführung der Amtsgeschäfte zu betrauen hat, denn es muss hier geregelt sein - da stimme ich mit Ihnen überein - es muss geregelt sein, dass der Vertrauensverlust in eine Regierung nicht eine regierungsfreie Zeit und damit eine Zeit hervorruft, die dann praktisch durch Notrecht überbrückt werden muss.Bezüglich des Abhängigkeitsverhältnisses der Regierung: Da kommen wir in Art. 80 sicher noch darauf zu sprechen, auch hier die verschiedenen Theorien. In der politischen Wirklichkeit wird es so sein, dass eine Regierung, die dem Landesfürsten und dem Landtag gegenüber verantwortlich ist, auch auf das Vertrauen dieser beiden Institutionen angewiesen ist, damit sie überhaupt funktionieren kann. Es wird auf die Dauer nicht gehen, wenn die Regierung das Vertrauen einer dieser Institutionen verloren hat, dann wird sie ihrer Aufgabe auf keinen Fall mehr nachkommen können. Das ist auch diese schwierige Zwischenstellung der Regierung zwischen diesen beiden Organen, zwischen dem Staatsoberhaupt und dem Parlament. Das Parlament, das sie gewählt hat, das sie vorgeschlagen hat, das Staatsoberhaupt, das sie ernannt hat.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Dann können wir weiterlesen.
Art. 80 wird verlesen.
Abg. Peter Sprenger:
Im Eifer ist das Herzblut mit mir durchgegangen. Ich sage das gerne noch einmal. Für die Materialien und für das Protokoll möchte ich festhalten, dass mein Votum zum Art. 79 auch und vor allem zum Art. 80 gemeint war. Dies nur, damit zukünftige Leser des Protokolls sich nicht am Kopf kratzen und sich fragen, ob der ehemalige Abg. Sprenger nichts anderes zu tun hatte, als Worte in den Wind zu sprechen. Abg. Paul Vogt:
Ich denke, die vorgeschlagene Abänderung des Art. 80 ist eine der wichtigsten Änderungen überhaupt, die ins Auge gefasst werden. Es ist vor allem auch eine Änderung, die in der politischen Praxis sehr grosse Auswirkungen haben wird und nicht rein theoretischer Natur ist, wie das bei anderen Artikeln vielleicht der Fall sein mag. Dieser Artikel wird für die Tätigkeit der Regierung von erstrangiger Bedeutung sein, weil er die Stellung der Regierung ganz entscheidend schwächt. Dem kann ich nie und nimmer zustimmen. Ich denke auch, dass man diesen Art. 80 im Zusammenhang mit anderen vorgeschlagenen Änderungen sehen muss, weil erst dadurch das Drohpotenzial, das in diesem Artikel steckt, deutlich zum Vorschein kommt. In welche Richtung der Landesfürst gedacht hat und wahrscheinlich immer noch denkt, wird offensichtlicher und deutlicher, wenn man die ursprünglichen Vorschläge im roten und grünen Büchlein im Hinterkopf hat. Dort zeigt sich nämlich klar, welcher Automatismus da angedacht wurde: Der Fürst erklärt, dass er das Vertrauen verloren hat. Die Regierung muss zurücktreten. Landtag und Fürst können sich möglicherweise nicht auf eine neue Regierung einigen. Dann wird der Landtag aufgelöst und danach haben wir den Notstand. Einen künstlich herbeigeführten Notstand, der sich durch nichts rechtfertigen lässt.Wenn wir die bisherige Regelung in der Verfassung anschauen, dann führt kein Weg daran vorbei, dass man einen klaren Wortlaut hat und der besagt, dass die Regierung nur auf Antrag des Landtags entlassen werden kann. Das ist auch der parlamentarische Grundgehalt unserer Verfassung. Ich habe das in meinem Eintretensvotum weiter ausgeführt und möchte das hier nicht wiederholen. Insgesamt ergibt sich dadurch eine sehr starke Stellung der Regierung. Sie ist relativ autonom und kann dieses Recht, selber zu entscheiden, auch verteidigen. Es ist nicht so leicht, die Regierung abzusetzen. Neu braucht es nur noch die Erklärung des Landesfürsten, er habe das Vertrauen verloren. Es braucht keine weitere Begründung, und die Regierung muss zurücktreten. Es braucht nicht einmal eine formelle Entlassung.Vergleichen Sie bitte die Anforderungen, die bei der Misstrauenserklärung gegenüber dem Landesfürsten im neuen Art. 112 gestellt werden. Dort heisst es: Es braucht eine begründete Volksinitiative. Ich weiss nicht, was eine begründete Volksinitiative ist. Diese begründete Volksinitiative wird anschliessend durch den Landtag behandelt, dann gibt es erst die eigentliche Volksabstimmung. Die Volksabstimmung wird vom Fürstenhaus zur Kenntnis genommen und muss behandelt werden. Ein Entscheid muss spätestens nach sechs Monaten fallen. Was dann aber die Volksabstimmung im Zusammenhang mit dem Misstrauensantrag bewirkt, ist ein rechtliches Nichts. Das Fürstenhaus ist in keiner Weise daran gebunden, was das Volk meint. Es ist ein demokratischer Leerlauf, der dabei herauskommt. Darauf werden wir dann noch zurückkommen.Beim Misstrauensantrag gegenüber der Regierung geht es für den Fürsten sehr einfach. Die Regierung hat zwar eine demokratische Legitimation, sie wurde vom Landtag gewählt, aber der Fürst kann einfach sagen: Ich habe kein Vertrauen mehr. Dann muss die Regierung zurücktreten. Ich meine, das wird ganz gravierende politische Auswirkungen haben und ermöglicht im politischen Alltag, dass der Fürst immer wieder ganz direkt auf Regierungsentscheidungen Einfluss nimmt. Er kann jederzeit damit drohen, dass er das Vertrauen verloren hat und wird sich damit auch eine Regierung gefügig machen. Ich meine auch, das ist ein Verstoss gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung. Der Landtag ist gemäss Verfassung darauf beschränkt, dass er als Gesetzgeber tätig wird, dass er die Finanzhoheit hat, und dass er auch die Kontrolle gegenüber der Regierung ausüben muss. Hier aber werden dem Fürsten Möglichkeiten eröffnet, wie er sich in die Regierungsfunktionen einmischen kann.Abg. Ivo Klein:
Der Landesfürst ernennt die Regierung einvernehmlich mit dem Landtag auf dessen Vorschlag. Aus diesem Grund erachte ich es als folgerichtig, wenn eine Entlassung der gesamten Regierung ebenfalls im Konsens erfolgt. Für mich ist es nicht stichhaltig begründbar, wenn ein einzelnes Regierungsmitglied nur einvernehmlich seines Amtes enthoben werden kann, der Landesfürst und der Landtag aber einen weiter reichenden Entscheid, wie die Entlassung der Kollegialregierung, einzeln beschliessen können. Im Weiteren sollte der Abs. 2 geprüft werden, ob der Grund für die Entlassung eines einzelnen Regierungsmitgliedes nicht auf seine Amtsführung beschränkt werden sollte, wie dies auch in der heutigen Verfassung steht. Danke.
Abg. Adrian Hasler:
Danke, Herr Präsident. Der Abg. Sprenger hat die Thematik bereits umfassend dargelegt und ich möchte hier sein Votum ausdrücklich unterstützen. In meinem Votum in der Eintretensdebatte habe auch ich diese Thematik kritisch hinterfragt und mich auch dazu geäussert. Ich möchte hier nochmals kurz die Schwachpunkte aus meiner Sicht erwähnen:Der erste Punkt ist im bestehenden Art. 80 zu sehen. Dieser wird ja von den Experten sehr unterschiedlich interpretiert. Auf der einen Seite wird hineingelesen, dass bereits heute der Fürst die Regierung entlassen kann. Auf der anderen Seite gibt es Experten, die das ganz klar verneinen und davon ausgehen, dass der Landtag einen Antrag stellt und der Fürst dann Ja oder Nein sagen kann. Andere gehen sogar so weit, dass sie sagen: Er muss praktisch Ja sagen. Neu ist es so, dass der Fürst die gesamte Regierung ohne Zustimmung des Landtages entlassen kann. Die Regierung gerät hier sicher in grosse Abhängigkeit zum Fürsten und auch zum Landtag. Die Problematik kommt jetzt mit der Verbindung zu Art. 79 Abs. 6 - das wurde heute auch schon erwähnt -, dass eben dann diese Regierung die Amtsgeschäfte nicht mehr weiterführen kann und die neue Regierung aber noch nicht im Amt ist. Und hier frage ich mich dann: Was geschieht nun in diesem regierungsfreien Zustand? Dann kommt der Schluss, der letzte Schluss aus meiner Sicht, zum Notrecht. Und das darf aus meiner Sicht eben so nicht sein. Abg. Donath Oehri:
Wie ich bei meinem Eintretensvotum festgestellt habe, ist für mich nicht klar, warum für die Regierung als Ganzes ein bedeutend leichteres Amtsenthebungsverfahren gelten sollte als für die Entlassung eines einzelnen Regierungsmitgliedes. Für die Kontinuität eines Staates ist es viel einschneidender, wenn eine ganze Regierung entlassen wird, als wenn nur ein einzelnes Mitglied entlassen würde. Dies ist für mein politisches Verständnis in der Vorlage verkehrt geregelt. Ich würde mich dafür aussprechen, die Entlassung der Regierung als Ganzes als auch die Entlassung eines einzelnen Regierungsmitgliedes in der gleichen Art zu lösen, nämlich so, wie es im Regierungsvorschlag bei der Entlassung des einzelnen Mitgliedes in Art. 80 Abs. 2 vorgeschlagen ist, dies jedoch mit zwei Ergänzungen, die Klärung bringen würden. Art. 80 Abs. 2 müsste dann heissen: «Verliert ein einzelnes Regierungsmitglied durch die Art seiner Amtsführung das Vertrauen des Landesfürsten oder des Landtages, dann wird die Entscheidung über den Verlust der Befugnis zur Ausübung seines Amtes zwischen Landesfürst und Landtag einvernehmlich getroffen. Beide Souveräne haben das Recht, beim anderen Souverän die Amtsenthebung des betreffenden Regierungsmitgliedes zu beantragen. Stimmen nicht beide Souveräne der Amtsenthebung zu, bleibt das betreffende Regierungsmitglied im Amt. Bei einer erfolgten Amtsenthebung hat bis zur Ernennung des neuen Regierungsmitgliedes der Stellvertreter die Amtsgeschäfte fortzuführen».
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Herr Präsident. Es gibt immer wieder Stimmen - unter anderem auch Ihre, wie wir ja spätestens seit vorgestern wissen - die es als feststehende Tatsache verkünden, dass der Fürst, jeder Landesfürst, nicht nur der jetzige natürlich, immer schon das Recht gehabt hätte und es auch heute habe gemäss bestehender Verfassung, die Regierung jederzeit alleine, ohne den Landtag zu fragen, zu entlassen. Das ist so sicher nicht richtig. Wie bereits von Vorrednern darauf hingewiesen wurde, sagt die Verfassung darüber nichts aus und diejenige Literatur, auf die hier gerne verwiesen wird, besagt im Ergebnis im Wesentlichen nur, dass eine Regierung sich politisch faktisch nicht halten könne, die entweder beim Fürsten oder beim Landtag keinerlei Rückhalt mehr geniesst und der gegenüber von einem dieser beiden Wahlkörper zum Ausdruck gebracht wurde, dass man kein Vertrauen mehr in sie habe. Das ist aber bei weitem nicht dasselbe, als wenn eine Institution, sei es der Landesfürst oder der Landtag, das Recht hätte, gemäss Verfassung die Regierung zu entlassen und konstitutiv zu sagen: Regierung, du bist entlassen, aus, fertig, du hast keine Eigenschaft als Regierung mehr. Und das ist das, was hier vorgesehen ist, und das ist eine sehr schwerwiegende Massnahme, wo man in guten Treuen der Auffassung sein kann, wie es die seinerzeitige Verfassungskommission war, dass es für die Stabilität in diesem Land und insbesondere zur Stützung der jeweiligen Regierung, auch der heutigen Regierung selbstverständlich, wesentlich besser und wünschenswerter wäre, wenn ein solcher radikaler Schritt nur in Übereinstimmung zwischen Landesfürst und Landtag vorgenommen werden kann, so wie dies jetzt im Abs. 2 auch für einzelne Regierungsmitglieder vorgesehen ist.Die jetzt vorgeschlagene Lösung enthält auch die vielleicht nur theoretische und kleine Gefahr, dass eine der beiden Seiten - ich rede bewusst nicht nur von einer Seite, sondern von beiden, nämlich Fürst und Landtag, weil es ja beide betrifft - einmal, wenn man ein oder zwei Regierungsmitglieder unbedingt loswerden will und weiss, das kann man nicht alleine, dass man dann eben der ganzen Regierung das Misstrauen ausspricht, weil man weiss: Das kann man und dann müssen alle gehen. Und die drei Mitglieder, gegen die man sowieso nichts hat, die kann man ja dann im Rahmen der Neuwahl wiederwählen.Andererseits möchte ich ausdrücklich einräumen - das sollte man, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt und es ist eine ziemlich einmalige Gelegenheit im Rahmen dieser Vorlage - auch anerkennen, dass hier in dieser Bestimmung tatsächlich Fortschritte erzielt worden sind, Fortschritte aus meiner Sicht zumindest gegenüber den Fassungen, wie sie Seine Durchlaucht der Landesfürst in den so genannten roten und grünen Büchlein noch verbreitet hat. Die Fortschritte wurden zwar meiner Meinung nach, wie sich aus dem Regierungsbericht anhand der dort genannten Daten der Besprechungen der Kollegialregierung mit dem Landesfürsten ergibt, eindeutig nicht von der Regierung erzielt, sondern vom Forum Liechtenstein nach vorheriger Besprechung der Forumsmitglieder mit verschiedenen Vertretern politischer Parteien und mit Regierungsmitgliedern, aber das ist an und für sich nicht so wichtig. Wichtig ist, dass diese Fassung, wenn sie auch nach wie vor vor allem die Nachteile enthält, die ich anfangs erwähnt habe, zweifellos eine bessere und akzeptablere Formulierung enthält als noch im grünen Buch vom 1. März 2001 enthalten.Die Fortschritte sind zweierlei Natur. Der erste Fortschritt ist, dass im Abs. 1 vorgesehen ist, dass die so genannte Übergangsregierung von Fürst und Landtag gemeinsam zu betrauen ist - im grünen Buch und in den vorangegangenen Fürstenvorschlägen war noch vorgesehen, dass der Fürst allein diese Art Übergangsregierung ins Amt einsetzt - und der zweite Fortschritt ist in Abs. 2, dass zumindest einzelne Regierungsmitglieder nur gemeinsam in Übereinstimmung zwischen Fürst und Landtag vorzeitig entlassen werden können. Trotzdem sollte man, wenn man schlussendlich sich über diese Bestimmung eine Meinung macht, im Auge behalten, dass ja schon von Vorrednern deutlich klar gemacht wurde, welche Hypothek man damit jeder zukünftigen, sowohl der jetzigen als auch jeder zukünftigen Regierung auflädt. Für ganz besonders unnötig halte ich es - es wurde auch vorgestern schon erwähnt -, dass man hier die klare Einschränkung der Entlassungsmöglichkeit auf Vertrauensverlust infolge der Amtsführung weglässt. Die Regierung führt in keiner Weise in den Begründungen in ihrer Vorlage aus, warum das wegfallen soll. Es ist, um es salopp zu sagen, einfach der abgeschriebene Text der fürstlichen Vorschläge. Dort war das vom ersten Moment weg - sprich vom 7. Juni 1999 weg - auch gestrichen. Das müsste man meiner Meinung nach auf jeden Fall wieder einfügen, denn es kann hier nur um die Amtsführung gehen, hier darf es nicht um irgendwelche anderen Gründe gehen. Hier geht es um Regierungsmitglieder, die ihr Amt als Regierungsmitglied ausführen und nur um den Vertrauensverlust in die Amtsführung.
Abg. Johannes Kaiser:
Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren. Die geltende 1921er Verfassung sieht vor, dass der Landtag beim Landesfürsten die Amtsenthebung eines Regierungsmitgliedes beantragen kann, wenn dieses Regierungsmitglied durch seine Amtsführung das Vertrauen verliert. Wie wir in den soeben gehörten Voten bestätigt bekommen haben, gibt es bei der geltenden 1921er Verfassung nun wirklich eine krasse Unklarheit, die insbesonders auch die juristischen Experten sehr unterschiedlich interpretieren, wobei die Interpretationen dieser Experten in zwei Richtungen auseinander klaffen. Es geht dabei um folgende Frage: Kann der Landesfürst auch ohne Antrag des Landtages die Regierung entlassen? Die einen Experten sagen: Aus der geltenden Verfassung 1921 sei dies nicht ableitbar. Die anderen Experten behaupten: Der Fürst könne einzelne Regierungsmitglieder wie die gesamte Regierung entlassen.Art. 80 der Regierungsvorlage sieht neu Folgendes vor, das zur klaren Interpretation beiträgt: Einzelne Regierungsmitglieder oder die gesamte Regierung verlieren die Befugnis zur Ausübung des Amtes auch durch Vertrauensverlust des Landtags. Ein zentrales Element in diesem Artikel finde ich in Abs. 1 mit dem Begriff «Einvernehmen». Ich gebe Ihnen den Kontext dazu - Art.11 Abs. 1: «Verliert die Regierung das Vertrauen des Landesfürsten oder des Landtages, dann erlischt ihre Befugnis zur Ausübung des Amtes. Der Landesfürst betraut dann einvernehmlich mit dem Landtag (Art. 79) eine neue Regierung mit der Fortführung der Amtsgeschäfte». Dieser Begriff «Einvernehmen» oder dieses inkludierte Zusammenwirken in diesem Begriff «Einvernehmen» ist einerseits ein gewisser Knackpunkt, der für den Dualismus zwischen Fürst und Volk symptomatisch ist, und andererseits ist er ein Gewinn. Das «Einvernehmen» als Ziel, als Lösung, anzustreben, Einvernehmen zwischen Landesfürst und Landtag zu erwirken, ist positiv und verdient eine gewinnende, positive Beurteilung. Noch ein Wort zum Erlöschen der Befugnis zur Ausübung des Amtes nach dem Vertrauensentzug der Regierung. Vielleicht kann oder will man den regierungslosen Zeitraum in dieser Regierungsvorlage genauer definieren. Auch hier gibt es zwei Auffassungen: a) Es sollte keine regierungslose Zeit geben, das heisst, dass eine Regierung trotz Vertrauensentzug durch Fürst und Landtag weiter regiert bis eine neue Regierung steht, die im Einvernehmen zwischen Landesfürst und Landtag erfolgt. b) Auffassung Nr. 2: Wenn eine Regierung, aus welch gravierenden Gründen auch immer, entlassen worden ist, könne es nicht sein, dass diese weiter im Amt bleibe. Ob der Änderungsvorschlag der Regierungsvorlage eine Verbesserung gegenüber der 1921er Verfassung ist, hängt von der Interpretation der heutigen Verfassungsbestimmung ab. Und da gehen unter anderem auch die Auffassungen der Verfassungsexperten diametral auseinander. Für mich ist die Regierungsvorlage sicher keine Verschlechterung.
Abg. Rudolf Lampert:
Ich möchte die Ausführungen der Abgeordneten Hasler, Konrad und Oehri und diverser anderer Abgeordneten unterstützten. Ich habe auch meine Bedenken, wie sie es bereits ausgeführt haben. Dies sowohl was die Amtsenthebung betrifft, vor allem aber auch, was die Ausführungen bezüglich der regierungslosen Zeit und das damit eventuell zusammenhängende Notrecht anbelangt. Ich sage dies deshalb, damit Ihre Meinungen nicht einfach als Einzelmeinungen im Raum stehen, sondern dass das unterstützend doch auch von mehreren Abgeordneten die Meinung ist, nicht damit das als Einzelmeinungen im Raum stehen.
Abg. Erich Sprenger:
Ich möchte nochmals diejenigen Vorredner unterstützen, welche in Art. 80 ein grosses Drohpotenzial des Landesfürsten sehen. In Art. 80 der Vorlage heisst es: «Verliert die Regierung das Vertrauen des Landesfürsten» - und dann auch noch weiter - «oder des Landtags, dann erlischt die Befugnis zur Ausübung des Amtes». Ein entscheidendes Wort ist ja hier das Wort «oder». Wenn es heissen würde «und», wäre das noch fast annehmbar. Aber das Wörtchen «oder» macht es eigentlich so schwierig. Die Übereinstimmung mit dem Landtag ist ja hier nicht vorgesehen. Also, der Landesfürst braucht nicht einmal schwerwiegende Gründe in der Amtsführung der Regierung, um dieser das Vertrauen zu entziehen. Eine zukünftige Regierung wird hier nach meiner Ansicht in der Handlungsfähigkeit eingeschränkt, da immer der Drohfinger des Landesfürsten über ihr steht. Solche Bestimmungen dürfte es nach meiner Meinung in einer Verfassung nicht geben, denn sie stellen ein zu grosses Drohpotenzial dar.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Herr Präsident. Ich möchte noch ein - ich will es ein Spezialproblem nennen - ansprechen, auf das ich vorher noch nicht eingegangen bin. Es zeigt, wie diese Vorlage auch zustande gekommen ist. In den fürstlichen Verfassungsänderungsvorschlägen sowohl vom Juni 1999 als auch im roten und im grünen Buch war jeweils vorgesehen, dass der Landesfürst die zurückgetretene Regierung beauftragen kann, bis zur Bildung einer neuen Regierung die Geschäfte weiterzuführen. Und zwar deshalb, weil in diesen Vorschlägen ja, so wie es jetzt auch in der Regierungsvorlage der Fall ist, in Art. 79 vorgesehen war, dass die automatische Weiterführung der Geschäfte dann nicht Platz greift, wenn so eine Art von Regierungsabsetzung dieser Art stattfindet. In den Gesprächen mit dem Forum Liechtenstein hatte man sich dann einmal an einem bestimmten Punkt darauf geeinigt, dass das wegfallen sollte im Art. 79, dass die Weiterführung der Geschäfte nicht Platz greifen soll, wenn die Regierung nach den nachfolgenden Bestimmungen vorzeitig entlassen wird, und daher - war damals das richtige Argument - braucht es diesen Satz im Art. 80 - damals war es noch der Art. 79 Abs. 7, glaube ich - nicht mehr, wonach der Landesfürst die zurückgetretene Regierung beauftragen kann, bis zur Bildung einer neuen Regierung die Geschäfte fortzuführen. Also, hat man diesen Satz gestrichen. Kurze Zeit später kam jedoch wieder ein neuer Vorschlag des Herrn Dr. Florian Krenkel mit Auftrag vom Schloss, wo plötzlich im Art. 79 Abs. 6 das wieder drinnen war, dass diese Bestimmung der automatischen Fortführung der Geschäfte durch die alte Regierung nicht Platz greife, wenn es zu einer vorzeitigen Entlassung gemäss der nachfolgenden Bestimmung komme, und damit hätte man eigentlich im Art. 80 den vorher von mir zitierten Satz wieder hineintun sollen. Das haben aber alle vergessen, sowohl das Forum Liechtenstein als auch die Gesprächspartner des Forums als auch die Fürstliche Regierung. Deshalb möchte ich auf diesen Umstand hinweisen. Wenn Sie die einzelnen Fassungen, die zahllosen Fassungen des Forums Liechtenstein zwischen dem 7. Juni und dem 12. Juli 2001 vergleichen, werden Sie die Richtigkeit meiner Darstellung feststellen können. Darum möchte ich ganz abgesehen von allen anderen Problemen im Zusammenhang mit diesem Artikel darauf hinweisen: Wenn es bei so einem Artikel 80 bleibt, dann muss man auf jeden Fall für den Fürsten, allenfalls auch für den Fürsten gemeinsam mit dem Landtag, wieder die Möglichkeit einführen - zumindest die Möglichkeit -, dass die abgesetzte oder damals hat es geheissen zurückgetretene, weil damals war die ganze Formulierung anders, damals hat es geheissen, die Regierung müsse zurücktreten, wenn sie das Vertrauen des Fürsten oder des Landtages verliere, und jetzt heisst es: erlischt ihre Befugnis zur Ausübung des Amtes, eine noch etwas schärfere Formulierung - also, jetzt müsste es heissen, dass die entlassene Regierung vom Landesfürsten beauftragt werden kann, bis zur Bildung einer neuen Regierung die Geschäfte fortzuführen. Das ist auch im Sinne der Meinung Seiner Durchlaucht des Landesfürsten völlig richtig und sinnvoll. Ich weiss das aus vielen Gesprächen, die wir als Verfassungskommission mit ihm über dieses Thema geführt haben. Denn es ist natürlich auch aus der Sicht Seiner Durchlaucht des Landesfürsten nicht so, dass bei jedem Vertrauensentzug der Vertrauensverlust in die abgesetzte Regierung derart massiv ist, dass auch aus der Sicht des Fürsten diese zu ersetzende Regierung nicht einen Tag weiter die Geschäfte führen kann, sondern es gibt da natürlich sehr viel verschiedene Abstufungen. Und es ist schon aus Praktikabilitätsgründen daher wichtig, dass man diese Möglichkeit vorsieht.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Herr Landtagsvizepräsident: Sie haben in Ihrer Stellungnahme mein Votum in der Eintretensdebatte dahingehend interpretiert, dass ich klar gesagt habe bezüglich der Amtsenthebung der Regierung: So ist es. Herr Landtagsvizepräsident, Sie haben jetzt gesagt: So ist es. Die Interpretation, die Sie gegeben haben, haben Sie so interpretiert und Sie haben absolut gesagt: So ist es. Und ich lese Ihnen noch einmal, dass Sie das auch noch einmal hören, einen Auszug aus meinem Votum vor, wie das gelautet hat. Es hat wie folgt gelautet, ich zitiere: «Über Jahrzehnte hinweg war die Frage, ob der Landesfürst gemäss Verfassung von 1921 das Recht hat, die Regierung wegen Vertrauensverlust des Amtes zu entheben, im politischen Leben unseres Landes unbestritten und in der Literatur überwiegend bejaht». Also, von einer absoluten Formulierung meinerseits ist keine Rede.
Regierungschef Otmar Hasler:
Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren. Also, ganz so einfach war es dann doch nicht beim Zustandekommen der Vorlage, dass hier dann einfach ein bestimmter Satz vergessen wurde, sondern auch hier hat man sich intensiv mit diesen zwei Artikeln auseinander gesetzt. Auch hier zeigt sich einfach gerade in unserem dualen System, dass sich, wenn man sich auf eine gemeinsame Vorlage einigen will, dass hier natürlich verschiedenste Gesichtspunkte mit in die Diskussion hineinkommen, dass hier einerseits der Fürst als Staatsoberhaupt seine Rechte geltend macht, andererseits selbstverständlich der Landtag als Vertretung des Volkes und auch die Regierung hier bei der Ausformulierung dieses Artikels mitwirken.Wichtig ist hier der zweite Satz in Abs. 1: «Der Landesfürst betraut dann einvernehmlich mit dem Landtag gemäss Art. 79 eine neue Regierung mit der Fortführung der Amtsgeschäfte». Was geklärt gehört und was hier doch noch einmal vertieft betrachtet werden muss: Wichtig ist, dass bei Verlust des Vertrauens nicht eine Situation entsteht, in der es keine Regierung gibt. Im Normalfall geht man davon aus, dass vorher auch Gespräche miteinander geführt werden, dass der Landesfürst auf den Landtag oder der Landtag auf den Landesfürsten zugeht, und dass dann über die Situation bzw. über den Verlust des Vertrauens gesprochen wird, da er ja nicht von einer Stunde auf die andere kommt. Das kann ich mir nicht vorstellen, sondern das ist auch ein Prozess, dass man darüber ins Gespräch kommt, und dass dann über eine einvernehmliche Lösung bezüglich einer neuen Regierung miteinander gesprochen wird. Aber das ist hier sicher noch einmal vertieft zu betrachten, das ist hier noch nicht genügend gelöst.Die Stellung der Regierung in diesem System ist eine - das habe ich vorher schon gesagt - ist eine sehr schwierige Stellung, weil sie beiden Souveränen verantwortlich ist. Sie ist dem Landesfürsten gegenüber verantwortlich und sie ist selbstverständlich dem Landtage gegenüber verantwortlich, der sie ja gewählt und vorgeschlagen hat, und dem Landesfürsten, der die Regierung ernannt hat. Aufgrund der Tatsache, dass bei der Wahl der Regierung dieser seitens des Landtages und des Landesfürsten das übereinstimmende Vertauen entgegengebracht wird, ergibt sich, dass die Regierung für den Arbeitserfolg und für das Verbleiben im Amt auf dieses doppelte Vertrauen angewiesen ist. So gesehen hat das ja auch die Landtagskommission aus dem Jahr 1965, die dann ja auch festgestellt hat, dass die Regierung bzw. jedes einzelne Regierungsmitglied während der gesamten Amtsdauer vom Vertrauen des Landtages und des Landesfürsten getragen sein muss. Und wenn eine der beiden Institutionen dieses Vertrauen in die Amtsführung der Regierung völlig verloren hat, dann funktioniert das nicht mehr, dann kann die Regierung auch nicht mehr erfolgreich für den Staat arbeiten. Ich glaube, so viel ist klar. Und daraus ergibt sich dann dieser Art. 80, nämlich dass dieses Vertrauen eben benötigt wird, damit die Regierung im Amt bleiben und damit die Regierung letztlich auch erfolgreich arbeiten kann.In Abs. 2 wird der Vertrauensverlust in einzelne Regierungsmitglieder anders geregelt, indem es hier heisst, dass es hier einen einvernehmlichen Entscheid von Landtag und Landesfürst braucht, damit ein einzelnes Regierungsmitglied seines Amtes enthoben wird. Die Überlegungen dahinter waren ganz klar, dass eben gerade die Ablösung eines einzelnen Regierungsmitgliedes viel einfacher möglich ist, dass deshalb die Regierung relativ bald einmal instabil wird, und dass deshalb es nicht möglich sein soll, ein einzelnes Regierungsmitglied abzulösen, ohne dass hier Landtag und Landesfürst zusammenwirken. Soll eine gesamte Regierung abgelöst werden, so bedarf es doch einer sehr ernsthaften Krise, und es wird ja auch nicht so einfach sein, das zu erklären, eine gesamte Regierung abzulösen. Da muss dieser Vertrauensverlust ja nachvollziehbar sein, und im politischen Alltag wird er ja auch erklärt werden müssen. Dabei gehen wir ja auch vom verantwortlichen Handeln dieser Organe aus. Sowohl Landtag wie Landesfürst werden sich so etwas nicht leicht machen. Sie werden hier nicht einfach willkürlich handeln, sondern es bedarf dann doch entsprechender Fakten, damit es zu einem solchen Vertrauensverlust kommt. Wenn die Regierung noch im Amt ist und sie hat das Vertrauen des Landtages verloren, sie hat das Vertrauen des Landesfürsten verloren, dann kann sie ihrer Aufgabe nicht mehr gerecht werden. Das wird nicht möglich sein, und auch dann wird dieses System sehr labil sein, auch wenn sie noch im Amt ist. Denn letztlich kann die Regierung ihre Amtsgeschäfte sicher nicht mehr in allen ihren Belangen erfolgreich durchführen, und sie wird dann gezwungenermassen zurücktreten müssen. Also, es wird gar nicht möglich sein, wenn hier das Vertrauensverhältnis total zerstört ist, und wenn hier eine Zusammenarbeit nicht mehr gegeben ist.Aber noch einmal: Auf jeden Fall ist es wichtig - und das muss noch einmal genau betrachtet werden - dass der Verlust des Vertrauens nicht zu einer regierungsfreien Zeit führen kann, sondern dass es dann eine entsprechende einvernehmliche Lösung zwischen Landtag und Landesfürst bedarf, damit eine neue Regierung mit der Fortführung der Amtsgeschäfte betraut werden kann.Abg. Paul Vogt:
Ich denke, man muss sich schon vor Augen halten, dass hier eine ganz entscheidende Änderung vorgenommen wird. Ich möchte einen Vergleich mit dem Schweizerischen Bundesrat machen: Der Schweizerische Bundesrat ist auch der Bundesversammlung verantwortlich, ganz ohne Zweifel. Die Bundesversammlung hat aber keine Möglichkeit, den Bundesrat zu entlassen. Dies ist rechtlich gesehen nicht möglich. Trotzdem kann man natürlich auch politisch-taktisch argumentieren: Wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Bundesversammlung und Nationalrat grundlegend zerrüttet ist, dann kann sich der Bundesrat auf Dauer nicht halten, dann muss er zurücktreten. Und ich denke, das Verhältnis zwischen Fürst und Regierung ist heute ähnlich geregelt, die Verfassung sieht keine rechtliche Möglichkeit vor, dass der Fürst die Regierung zum Rücktritt zwingen kann. Wenn wir dem vorliegenden Vorschlag folgen, dann wird nicht nur diese Möglichkeit eingeführt, sondern die Latte dafür wird sehr niedrig angesetzt, nämlich der Fürst braucht bloss zu erklären, er habe das Vertrauen verloren und dann muss die Regierung zurücktreten. Das erscheint mir etwas sehr Gravierendes zu sein. Nehmen wir das Beispiel Aussenpolitik: Gemäss Art. 8 ist der Fürst für die Aussenpolitik zuständig unter Vorbehalt der Mitwirkung der verantwortlichen Regierung. Was heisst das für den Fall, wenn die Regierung anderer Meinung ist als der Fürst? Ich denke, hier ist einfach der Schritt zwischen dem Feststellen, dass Regierung und Fürst unterschiedlicher Meinung sind, und dem Erklären, der Fürst habe nun das Vertrauen verloren, sehr klein. Er ist viel zu klein nach meinem Empfinden. Und hier braucht es einfach einen besseren Schutz der Regierung, sonst wird die Stellung der eigenverantwortlichen Regierung viel zu schwach.Noch eine Bemerkung zur Formulierung des zweiten Satzes in Abs. 1: Ich möchte einfach noch darauf hinweisen, dass die Formulierung «der Landesfürst betraut dann einvernehmlich mit dem Landtag eine neue Regierung» sich stark anlehnt an die Verfassung von 1921. Dort sah die Verfassung ein entsprechendes Verfahren für den Regierungschef allein vor. Die damalige Vorstellung war, dass der Regierungschef als Person dem Landesfürsten näher stehen sollte als die übrigen Regierungsmitglieder. Bei den anderen Regierungsmitgliedern stand drin, dass sie gewählt und dann vom Fürst ernannt werden. Ich frage mich, wieso hier eine neue Formulierung gewählt wird und nicht einfach die Formulierung aus dem Abs. 79 wiederholt wird, dass der Landtag die Mitglieder wählt und der Fürst sie dann ernennt? Hier wird von der Intention her etwas anderes angestrebt, nämlich dass der Landesfürst die Initiative zur Bestellung einer neuen Regierung ergreift.
Abg. Peter Sprenger:
Herr Regierungschef: Sie reden auch wieder im Zusammenhang mit der Übergangsregierung von «man redet dann miteinander, man wird sicher eine Lösung finden». Das weist Sie als Optimist aus und auch als Mensch, der unerschütterlich an das Gute im Menschen glaubt. Nur, ich erlaube mir das als eine grundsätzliche Bemerkung: Dieser Approach ist für einen Gesetzgeber grundsätzlich gefährlich. Die Verfassung ist definitiv nicht ein Grundgesetz für Schönwetterperioden oder Schönwettersituationen. In Problemfällen, in Zeiten der Stürme, da muss sie sich bewähren. Und wenn wir einfach darauf vertrauen, dass dann im Falle eines Problems man schon zu einer Lösung komme, dann stehen wir eines Tages - und das hat auch die Geschichte der jüngsten Vergangenheit, ich sage einmal der letzten zehn Jahre eindrücklich bewiesen - wir brauchen dann Lösungen, sonst stehen wir eines Tages in der Situation, dass, wenn wir eine Lösung brauchten, dann haben wir sie nicht.
Regierungschef Otmar Hasler:
Zum Votum des Abg. Paul Vogt: Dieser Hinweis auf Art. 79 im zweiten Satz ist für mich an und für sich klar. In Art. 79 wird ja gesagt: «Der Regierungschef und die Regierungsräte werden vom Landesfürsten einvernehmlich mit dem Landtage auf dessen Vorschlag ernannt». Also, wenn das nicht klar genug ist, dann muss es hier einfach präzisiert werden. Aber davon muss ausgegangen werden: Vorschlag des Landtages und dann Ernennung durch den Landesfürsten.Dann bezüglich der Schönrederei: Ich meine, ich gehe einfach von diesem absolut stehenden Satz aus: «Der Landesfürst betraut dann einvernehmlich mit dem Landtag (Art. 79) eine neue Regierung mit der Fortführung der Amtsgeschäfte». Ich habe auch gesagt: Es muss sichergestellt sein, dass es nicht eine regierungsfreie Zeit gibt. Und in diesem Hinblick muss das noch einmal überprüft werden.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wir können weiterlesen.
Art. 92 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Art. 92 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
Art. 97 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Art. 97 steht zur Diskussion.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Herr Präsident: Die Bestimmungen über die Wahl, über das Wahlvorgehen bei Bestellung auch der Richter an der VBI haben wir ja bereits in Zusammenhang mit Art. 11 erörtert. Ich muss mich hierzu nicht wiederholen. In Art. 97 und in Verbindung damit auch in Art. 105, der ja dann auf Art. 97 hinsichtlich des Staatsgerichtshofes verweist, wird aber auch noch etwas ganz anderes vorgeschlagen. Es wird eine grundlegende Änderung der Zusammensetzung dieser Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts vorgeschlagen, und es wird auch vorgeschlagen, dass nicht alle Richter bei Behandlung der einzelnen Beschwerdefälle anwesend sein müssen. Der Grund dieser Änderungen liegt darin - ich glaube, es ist wert, in diesem Punkt auf die Entstehungsgeschichte zu verweisen -, dass die Verfassungskommission des Landtages, um dem Wunsch des Landesfürsten nach Regelungen, die mehr Unabhängigkeit für die Gerichte versprechen zu entsprechen, den Vorschlag gemacht hat, die Richter an diesen Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts für eine viel längere Amtsperiode, nämlich für zwölf Jahre zu wählen, und dann aber eine Wiederwahl auszuschliessen. Dies sollte gewährleisten, dass die Richter an diesen Gerichtshöfen von vornherein wissen, dass sie ohnehin zu einer Wiederwahl nicht zur Disposition stehen und sich daher nicht darum kümmern müssen, ob sie mit den von ihnen vertretenen Rechtsmeinungen den entsprechenden Wahlkörpern gefallen oder nicht. Dieser Vorschlag der Verfassungskommission hat dann auch Seine Durchlaucht den Landesfürsten veranlasst, im Vorschlag des Fürstenhauses vom Juni 1999 seinerseits Änderungsvorschläge für die Zusammensetzung dieser Gerichtshöfe vorzulegen, und das sind genau die, die wir hier vorliegen haben. Warum er das für besser hält, sieben Jahre und jedes Jahr einen Richter wählen, allerdings bei Wiederwählbarkeit und zusätzlich noch die als seine Eigenkreationen - möchte ich sie einmal bezeichnen - zu betrachtenden Vorschriften, dass jeweils nur vier oder fünf der gewählten Richter bei Behandlung einer Beschwerde anwesend sein müssen, und dass der Vorsitzende nicht vom Wahlgremium bestellt wird für die ganze Amtsdauer, sondern vom Richterkollegium selbst und dazu noch jedes Jahr neu bestimmt wird, warum das besser sein soll als der Vorschlag der Kommission, weiss ich nicht. Darüber hat er sich meiner Erinnerung nach eigentlich nie speziell ausgelassen.Nachdem es sich hier um Vorschriften handelt, die in erster Linie den Geschäftsgang im Rahmen dieser Gerichtshöfe betreffen, hat die Kommission damals sowohl die VBI als auch den Staatsgerichtshof gebeten, dazu Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahmen liegen vor, sie sind in diesem Bericht der Landtagskommission als Beilagen dabei. Es handelt sich um die Stellungnahme der VBI vom 21. Oktober 1999 und um zwei Stellungnahmen des Staatsgerichthofes vom 25. Oktober 1999 und dann noch eine vom 9. Februar 2000, die sich aber mehrheitlich mit anderen Fragen dieser Verfassungsänderungsvorlage befasst. Diese Stellungnahmen wurden natürlich auch Seiner Durchlaucht dem Landesfürsten zur Kenntnisnahme und allfälligen Stellungnahme zugestellt. Eine Stellungnahme erfolgte nie. Und was mich schon sehr überrascht hat, muss ich sagen, dass auch die Regierung es offenbar nicht für nötig hält, zu den Bedenken, die nämlich in diesen Schreiben geäussert wurden, rein praktikabilitäts- aber auch verfassungsrechtsmässig betreffend diese neuen Vorschriften, irgendeine Stellungnahme abzugeben. Im Bericht und Antrag der Regierung befindet sich diesbezüglich gar nichts. Und das, was die VBI zum Beispiel hier vorbringt, das ist nun nicht so ohne, dass man darüber einfach mit Stillschweigen hinweggehen könnte. Die VBI äussert zum Beispiel schwere Bedenken gegen die vorgesehene Vorschrift, dass Entscheidungen auch dann gefasst werden können, wenn nicht die volle ordentliche Anzahl der Richter anwesend ist, und die VBI äussert auch schwere Bedenken dagegen, dass vorgesehen ist, dass der Vorsitzende und sein Stellvertreter nicht von vornherein als solche ernannt werden. Sie schreibt dazu: «Sowohl der Vorsitzende als auch sein Stellvertreter als auch die übrigen Mitglieder der VBI sollten im Vorhinein wissen, wer den Vorsitz und damit die arbeitsmässige und organisatorische Hauptlast übernimmt und die Hauptverantwortung trägt». Eine Stellungnahme der Regierung dazu fehlt, und ich erachte mich nicht in der Lage, auch nur diesem Teil der Vorschrift des Art. 97 der Neuregelung dieser Bestimmungen zuzustimmen, wenn von diesen Institutionen so gewichtige Einwände kommen, auf die die Regierung nicht einmal eingeht.
Regierungschef Otmar Hasler:
Ziel dieses Artikels 97, dieses Vorgehens ist es ja, Kontinuität in der Rechtsprechung und auch in den Spruchkörpern zu haben. Deshalb dieser jährliche Wechsel, damit hier der überwiegende Teil des Spruchkörpers eben über längere Zeit derselbe ist bzw. dass sich die einzelnen neuen Mitglieder dann hier in die Materie einarbeiten können. Natürlich ist es hier nicht objektiv darlegbar, welches nun die bessere Lösung ist, wie lange die Amtszeitdauer sein soll, und ob hier zweimal innerhalb dieser Zeitdauer Teilerneuerungswahlen stattfinden sollen oder nicht.Was die Ausführungen der VBI betrifft: Wir werden auf die 2. Lesung gerne eine Stellungnahme erarbeiten. Grundsätzlich muss die Unabhängigkeit dieser Gerichtsinstanz gewahrt sein. Ich meine, mit diesem Vorschlag ist sie gewahrt. Auch die jährliche Wahl des Vorsitzenden durch das Gericht - wir müssen das noch einmal abklären - aber ich glaube nicht, dass das ein grundsätzliches Problem sein kann. Ich kann Ihnen nur zusagen, dass wir uns, nachdem nun dieser Vorschlag so, wie er hier in der Vorlage ist, in einer 1. Lesung behandelt wird, dass wir hier die VBI um eine Stellungnahme bitten werden, und dass wir dann diese Stellungnahme in den Bericht zur 2. Lesung einarbeiten werden.Abg. Alois Beck:
Ich habe noch eine Frage an die Regierung: Ich weiss nicht, ob sie der Landtagsvizepräsident auch schon aufgenommen hat. Ich beziehe mich auf den Bericht auf Seite 35. Dort heisst es zu Art. 11: «Nach Ablauf seiner Amtsperiode kann ein Richter erneut für die zu besetzende Richterstelle nominiert und ernannt werden». Wenn man das hier auf beispielsweise Art. 97 anwendet, würde das dann heissen, dass dieser Richter nach einer Amtsdauer von sieben Jahren ausscheidet und dann könnte er quasi wieder in gleichem Atemzug neu eingesetzt werden? Für mich stellt sich generell die Frage der Wiederwahl, die hier nirgends so explizit ausgeführt wird. Ich wäre froh, wenn die Regierung hier diesbezüglich auch noch Ausführungen macht oder zumindest auf die 2. Lesung hier die Meinung mitteilt.Abg. Paul Vogt:
Meines Erachtens ist dieser Artikel vom Grundsatz her akzeptabel. Allerdings habe ich den Eindruck, dass der Landesfürst einfach unbedingt originell sein will und ein völlig neues Richterverfahren in Vorschlag bringt. Es ist schon sehr unüblich, dass man ein Gericht mit sieben Richtern bestellt und jedes Jahr einen davon auswechselt. Das ist eine Frage, die vor allem an der Zweckmässigkeit und Praktikabilität zu prüfen ist. Mir scheint dieses Vorgehen nicht besonders zweckmässig zu sein, insbesondere auch weil sich VBI und Staatsgerichtshof ablehnend gegenüber einem solchen Vorgehen geäussert haben.Eine grundsätzliche Frage stellt sich für mich in Bezug auf den Vorsitzenden der VBI: Ich denke, wir haben Probleme damit und das wird sich in den nächsten Jahren noch zunehmend so auswirken, dass der VBI-Vorsitzende einerseits hauptamtlich in einer Anwaltskanzlei tätig ist und andererseits das Amt des Vorsitzenden eines Gerichts ausübt. Dadurch kommt es immer wieder zu Rollenkonflikten. Ich denke, wenn man schon über eine grundsätzliche Änderung bei der VBI nachdenkt, dann sollte man sich auch überlegen, ob man nicht den Vorsitzenden der VBI hauptamtlich verpflichtet. Das würde dann aber auch ausschliessen, dass man jährlich den Vorsitzenden neu bestellt.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Ich möchte nur noch einmal das Wort ergreifen, Herr Präsident, weil mir das der Sache irgendwie nicht angemessen erscheint, dass der Herr Regierungschef so wohl oder übel notgedrungen sagt: Na ja, wir werden halt bis zur 2. Lesung eine Stellungnahme dazu abgeben. Lästig, lästig, so ungefähr vom Tonfall her. Ich möchte doch darauf hinweisen, dass wir - und das ist für unser kleines Land nicht selbstverständlich - seit zumindest gut acht Jahren hoch professionell arbeitende Spruchkörper auf diesem Gebiet haben, Leute, die sich fast zu 100% eigentlich nur nebenberuflich damit beschäftigen, aber wirklich hoch professionelle und effiziente Arbeit leisten und die es nicht verdient haben, dass ohne jede Not und ohne jeden Anlass so grundlegende Änderungen vorgenommen werden sollen in Zusammenhang mit ihren Organisationsvorschriften, ohne dass sie gefragt werden, ohne dass sie eingeladen werden, ohne dass man mit ihnen diskutiert, weil sie wissen ja aus ihrer Tätigkeit was sinnvoll ist auf diesem Gebiet und was nicht. Und nur weil unser Staatsoberhaupt der Meinung ist, da sollte man jetzt irgendetwas anders machen und irgendeinen Vorschlag bringt, kein Mensch weiss, wo der überhaupt herkommt, wird das einfach im blinden Gehorsam nachgebetet und die Leute, um die es geht, werden nicht einmal um ihre Meinung gefragt. Also, ich finde das unmöglich, muss ich sagen. Da feiern wir so etwas wie ein Jahr der Freiwilligenarbeit, aber wenn dann Leute sich wirklich für die Interessen dieses Staates zur Verfügung stellen, ungeheuer viel Freizeit und Geistesschmalz ohne unbedingt wahnsinnig hohe Entlöhnung dafür opfern, dann werden sie auf eine Art und Weise missachtet, die skandalös ist.Abg. Alois Beck:
Ich teile die Bedenken des Abg. Vogt bezüglich des Abs. 3. Ich frage mich auch, ob das wirklich sinnvoll ist, dass hier jährlich ein neuer Vorsitzender gewählt wird, einerseits aus Gründen der Kontinuität. Wie wir alle wissen, haben diese Positionen einen nicht unbeträchtlichen Arbeitsanfall nach sich gezogen und ich kann mir vorstellen, dass das inskünftig nicht besser wird. Ich könnte mir auch vorstellen, dass diese Vorsitzenden sich unter Umständen ganz neu organisieren müssen, und wenn dann das in einem jährlichen Turnus geschieht, bringt das sicher auch organisatorische Probleme. Ich könnte mir in diesem Zusammenhang auch gut vorstellen, dass sich weniger Leute für solch eine Funktion generell als VBI-Richter zur Verfügung stellen. Sie sagen sich vielleicht: «Einfacher Richter» wäre mir gut und recht, aber ich weiss nicht, wenn ich dann noch den Vorsitz übernehmen muss usw. Diese ganz praktischen Aspekte müssen, glaube ich, nochmals in Erwägung gezogen werden.
Regierungschef Otmar Hasler:
Die Regierung wird diese in der 1. Lesung vorgebrachten Bedenken sicherlich ernsthaft überprüfen, wird dementsprechend auch noch einmal eine Stellungnahme einholen und wird das auf die 2. Lesung hin dann verarbeiten und dem Landtag die entsprechenden Abklärungen vorlegen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wir unterbrechen jetzt die Sitzung für zirka 20 Minuten und fahren pünktlich um 16.40 Uhr mit den Beratungen fort.DIE SITZUNG IST UNTERBROCHEN (UM 16:15 UHR)
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