ABÄNDERUNG DER VERFASSUNG (NR. 87/2001), 1. LESUNG
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Sehr geehrte Damen und Herren. Guten Morgen. Ich begrüsse Sie zur Sitzung des Landtages mit dem Haupt-Traktandum «Abänderung der Verfassung». Grundlage der heutigen Debatte ist der Bericht und Antrag der Regierung Nr. 87/2001.Begrüssen möchte ich auch die in- und ausländische Presse, aber vor allem die Mitbewohnerinnen und Mitbewohner zu Hause, die heute diese Debatte am Radio oder am Landeskanal mitverfolgen. Ich habe vorgesehen, die Landtagssitzung um ca. 13 Uhr zu unterbrechen und die Diskussion um ca. 14.30 Uhr fortzuführen. Ich hoffe, dass gerade die heutige Debatte offen geführt, aber auch von gegenseitigem Respekt und Fairness getragen wird. Ich danke Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Voraus bestens.Erlauben Sie mir, dass ich zu Beginn der Sitzung eine persönliche Stellungnahme zum Bericht und Antrag der Regierung betreffend die Abänderung der Verfassung abgebe:Seit dem 28. Oktober 1992 schwelt in unserem Lande ein Verfassungskonflikt. Er überschattet und schwächt in hohem Masse die staatlichen Organe in ihrem Handeln, verzehrt Kräfte, spaltet in der jüngsten Vergangenheit die Bewohnerinnen und Bewohner unseres Landes, und dies in einer Zeit, in der unser Land wie nie zuvor seit dem 2. Weltkrieg mit existenziellen Herausforderungen konfrontiert wird.Heute, am Ende eines langen Prozesses, unterbreitet uns die Regierung eine Verfassungsvorlage, die einen Kompromiss im Ringen um eine Beendigung dieses Konflikts darstellt. Dieser Kompromiss findet, wie bekannt, die Zustimmung des Landesfürsten. Persönlich bin ich nach wie vor der festen Überzeugung, dass auf dieser Grundlage die Beilegung des schon bald 10 Jahre dauernden Konflikts für unser Land und alle Bewohnerinnen und Bewohner die beste Lösung ist.Die Alternative, eine Ablehnung dieses Kompromissvorschlages, würde nach meiner Ansicht eine Staatskrise mit unabsehbaren innen- und aussenpolitischen Folgen heraufbeschwören. Dies, meine Damen und Herren, ist aus meiner Sicht nicht zu verantworten.Im Zentrum der heutigen Debatte steht der Vorschlag der Regierung betreffend die Abänderung der Verfassung. Wir diskutieren heute weder über eine Totalrevision der Verfassung, noch über die Vorschläge der Verfassungskommission und auch nicht über die Krisen der Vergangenheit. Es scheint mir auch nicht sinnvoll, ein verfassungsrechtliches Seminar abzuhalten, bei dem jede und jeder den anderen mit besseren juristischen Argumenten zu überbieten versucht. Die Beilegung dieses Verfassungskonfliktes ist für mich nach wie vor nicht eine juristische, sondern eine politische, ja staatspolitische Angelegenheit von grösster Tragweite.Es sollen heute in einer offenen und fairen Debatte die Vorschläge der Regierung zur Abänderung der Verfassung im Hinblick auf eine breite Meinungsbildung für die angestrebte Volksabstimmung einer Überprüfung unterzogen werden. Prüfungsmassstab wird aus meiner Sicht sein, inwieweit sich Veränderungen gegenüber der heute geltenden Verfassung von 1921 ergeben, und zwar unter den Gesichtspunkten der Monarchie, Demokratie und des Rechtsstaates. Die Kernfrage wird lauten: Gibt es Machtverschiebungen zwischen der Monarchie und der Demokratie, und kommt es zu einer Schwächung des Rechtsstaates?Prüfungsmassstab kann nicht sein, ein idealistisches Modell einer Staatsordnung, wie es in Gutachten der von der Regierung beigezogenen ausländischen Experten skizziert wurde, und auch nicht Horrorszenarien und Verschwörungstheorien, die in der Behauptung gipfeln, dass wir bei einer Annahme der Verfassungsvorlage auf einen autoritären Staat zusteuern.Bei der Beurteilung der Verfassungsvorschläge der Regierung haben wir nicht zuletzt die vergangenen 80 Jahre des Zusammenwirkens von Fürst und Volk, letzteres vertreten durch den Landtag, zum Wohle unseres Landes und unseres Volkes in die Waagschale zu legen und zu gewichten. Die Entscheidung wird damit auch zu einer Vertrauensfrage gegenüber dem Fürstenhaus.Wenn ich mich nun nach diesen grundsätzlichen Überlegungen zu den wesentlichen Bereichen der Verfassungsvorlage äussere, so tue ich es unter Anlegung des vorher erwähnten Prüfungsmassstabes. Auf Fragen der Zweckmässigkeit und der Praktikabilität gehe ich nicht ein.Das Selbstbestimmungsrecht und das Austrittsrecht der GemeindenDie Verfassungsvorlage der Regierung will das Selbstbestimmungsrecht auf der Ebene der Gemeinden einführen und damit auch die internationalen Bemühungen unseres Landes auf diesem Gebiet unterstützen. Die Gemeinden sollen das Recht erhalten, durch Willensbildung innerhalb der ansässigen Landesangehörigen aus dem Staatsverband auszutreten.Ein Austrittsbeschluss gemäss Art. 4 Abs. 2 der Verfassungsvorlage der Regierung entfaltet für sich allein noch keine rechtliche Wirkung. Für einen Austritt bedarf es eines Gesetzes im Verfassungsrang oder eines Staatsvertrages. Bei beiden Rechtsinstrumenten wirken Fürst, Landtag und im Wege des Referendums auch das Volk mit. Dadurch ist ein Austrittsbeschluss einer Gemeinde an die qualifizierte Willensbildung der demokratischen Mehrheit des Gesamtstaates gebunden.Die Bedenken, dass durch die Entscheidung einer Minderheit über das Schicksal des Gesamtstaates befunden wird und die Existenz unseres Staates bedroht oder gar zerstört werden könnte, sind nicht berechtigt.Ich komme zum NotrechtGemäss Art. 10 der Verfassung von 1921 kommt dem Landesfürsten die Notrechtskompetenz zu. Dies ist nicht aussergewöhnlich, da auch andere europäische Verfassungen, und zwar in Monarchien und Republiken, die Möglichkeit der Erlassung von Notrechtsverordnungen durch das Staatsoberhaupt vorsehen. In Liechtenstein ist Grundlage des Notrechts der lapidare Satz: «In dringenden Fällen wird er» - gemeint ist der Landesfürst - «das Nötige zur Sicherheit und Wohlfahrt des Staates vorkehren».In den 80 Jahren seit In-Kraft-Treten der Verfassung von 1921 haben die Landesfürsten nur ganz vereinzelt und jedes Mal im Einklang mit der Regierung und mit Billigung des Landtages von der Notrechtskompetenz Gebrauch gemacht. Die Entscheidung, ob ein Staatsnotstand vorliegt, liegt allein beim Landesfürsten, ebenfalls die Wahl der Notrechtsmassnahmen. Die Notrechtskompetenz ist vom Grundsatz der Verhältnismässigkeit eingegrenzt. Der Fürst darf von den Gesetzen nur so weit abweichen, wie dies unbedingt zur Behebung der Notlage erforderlich ist.Die Verfassungsvorlage der Regierung bringt wesentliche Neuerungen:- Notverordnungen haben nur noch eine beschränkte Geltungsdauer (max. 6 Monate).- Notverordnungen sind binnen 3 Monaten ab Erlassung vom Landtag zu behandeln.- Erteilt der Landtag keine Zustimmung zur Notverordnung, ist eine Volksabstimmung anzuordnen.- Lehnt auch das Volk die Notverordnung ab, tritt diese 6 Monate nach ihrer Erlassung ausser Kraft.- Ohne Zustimmung des Landtages kann eine Notverordnung weder länger als 6 Monate gelten, noch in ordentliches Recht übergeführt werden.- Notverordnungen sind gemäss Art. 85 der Verfassung wie bereits bisher vom Regierungschef gegenzuzeichnen, der seinerseits gegenüber dem Landtag politisch verantwortlich ist und beim Staatsgerichtshof staatsrechtlich verantwortlich gemacht werden kann.Die Bindung des Fürsten an das Grundgesetz in den Artikeln 2, 7 und 13 der Verfassung, die duale Staatsordnung und Art. 111 Abs. 2 der Verfassung bilden für den Fürsten eine Schranke, die Stelle des Verfassungsgesetzgebers einzunehmen und die Verfassung ganz oder teilweise ausser Kraft zu setzen. Einzelne Verfassungsbestimmungen können jedoch vorübergehend eingeschränkt werden. Inwieweit verfassungsmässig gewährleistete Rechte des Einzelnen beschränkt werden dürfen, ist durch die Europäische Menschenrechtskonvention geregelt. Drei Verfassungsartikel, nämlich die Artikel 10, 112 und Art. 112 bis, dürfen nicht eingeschränkt werden.Das Notrecht hat durch die Verfassungsvorlage der Regierung gegenüber der Verfassung 1921 eine erhebliche demokratische und rechtsstaatliche Ausgestaltung erhalten. Das demokratische Element erfährt dadurch zulasten des monarchischen Elements eine Stärkung.Ich komme zur Aufhebung von Art. 11 der VerfassungGemäss Art. 11, erster Satz der Verfassung von 1921, liegt es in der Kompetenz des Fürsten, die Staatsbeamten zu ernennen.In der Verfassungsvorlage der Regierung wird die Aufhebung von Art. 11 der Verfassung beantragt. Dies hat zur Folge, dass der Regierung gemäss Art. 78 der Verfassung die volle Personal- und Diensthoheit im Bereich der Landesverwaltung zukommt.Im Wegfall dieses fürstlichen Ernennungsrechtes ist eine Schwächung des monarchischen Elements zu erblicken.Ich komme zur Bestellung der RichterIn Art. 11 der Verfassungsvorlage der Regierung wird die Bestellung der Richter neu geregelt. Alle Richter werden vom Landtag gewählt, die Ernennung der Richter erfolgt in allen Fällen durch den Landesfürsten. Das Auswahlverfahren wird durch ein vom Fürsten und dem Landtag gemeinsames Gremium ausgeübt.Wählt der Landtag die vom Gremium empfohlenen Kandidaten, schlägt er diese dem Landesfürsten zur Ernennung vor. Lehnt der Landtag einen vom Gremium empfohlenen Kandidaten ab, was der Ausnahmefall sein dürfte, findet über die Wahl des vom Gremium empfohlenen Kandidaten eine Volksabstimmung statt, für die seitens des Landtages ein eigener Kandidat vorgeschlagen werden kann. Überdies können die Stimmberechtigten im Wege der Initiative weitere Kandidaten für die Wahl nominieren. Der vom Volk gewählte Kandidat wird vom Landesfürsten zum Richter ernannt, gleichgültig, ob es sich um den vom Gremium empfohlenen Kandidaten handelt oder um jenen des Landtages oder der Stimmberechtigten. Im letzteren Fall hat der Fürst kein Vetorecht.Das Auswahlgremium stellt im Richterbestellungsverfahren eine Neuerung besonderer Art dar. Da dem Gremium der Landesfürst, der Landtagspräsident und das für das Justizressort verantwortliche Regierungsmitglied angehören, und der Landtag Abgeordnete in das Gremium entsendet, sind alle drei obersten Staatsorgane in das Auswahlverfahren einbezogen. Der Landesfürst kann unabhängige Persönlichkeiten als weitere Mitglieder in das Gremium berufen. Jede vom Gremium beschlossene Kandidatenempfehlung an den Landtag bedarf der Zustimmung des Landesfürsten. Der Fürst hat damit im Auswahlverfahren eine Einflussnahme im Sinne eines Vetos. Dieses Vetorecht besitzt der Fürst bereits nach der Verfassung von 1921. Er kann es dadurch ausüben, dass er die Ernennung bzw. Bestätigung eines vom Landtag gewählten und vorgeschlagenen Richters ablehnt. Die in der Verfassungsvorlage der Regierung getroffene Lösung ist besser, weil eine mögliche Einflussnahme seitens des Fürsten im Sinne eines Vetos am Anfang und nicht am Ende des Richterbestellungsverfahrens steht.Die Schaffung eines Auswahlgremiums im Sinne der Verfassungsvorlage der Regierung bedeutet für mich keine Beschneidung der Rechte des Landtags, der, wie erwähnt, im Auswahlgremium vertreten ist, sondern eine Beschneidung des Einflusses der politischen Parteien, die in Tat und Wahrheit bis zum heutigen Tage durch Funktionärsgremien die Kandidaten für die Richterbestellung vorgeschlagen haben.Immer wieder wurde in den Zeitungen, oft sogar mit Bild berichtet, dass ein bestimmtes Funktionärsgremium der Partei den Herrn X oder Y beispielsweise zum neuen Präsidenten der Verwaltungsbeschwerdeinstanz oder des Staatsgerichtshofes gewählt habe, ohne daran zu denken, dass der Fürst auch noch ein Wort mitzureden hat.Angesichts solcher Praktiken, bei denen der Landesfürst jedes Mal vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ist es verständlich, dass der Landesfürst schon seit Jahren eine Entpolitisierung und Objektivierung des Richterauswahlverfahrens fordert. Die Schaffung eines Auswahlgremiums beinhaltet keinen Verstoss gegen die in Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte richterliche Unabhängigkeit.Gesamthaft gesehen stellt Art. 11 der Verfassungsvorlage der Regierung keine Schwächung des demokratischen Elements dar.Ich komme zur Amtsenthebung der Regierung infolge VertrauensentzugÜber Jahrzehnte hinweg war die Frage, ob der Landesfürst gemäss der Verfassung von 1921 das Recht hat, die Regierung wegen Vertrauensverlust des Amtes zu entheben, im politischen Leben unseres Landes unbestritten und in der Literatur überwiegend bejaht. Kontrovers war in der Literatur die Frage, welche Bedeutung das in Art. 80 der Verfassung verankerte Antragsrecht des Landtags besitzt. Die Meinungen reichten von der Ungebundenheit des Fürsten an einen solchen Antrag bis zum faktisch-politischen Müssen des Fürsten, einem solchen Antrag des Landtags stattzugeben.Anlässlich der Verfassungsrevision von 1965 fand zwischen Fürst, Landtag und Regierung eine interpretative Klärung dieser Fragen statt. Auf der Grundlage eines Kommissionsberichts des Landtages bestand zwischen den drei obersten Staatsorganen Übereinstimmung, dass die Regierung bzw. jedes einzelne Regierungsmitglied während der gesamten Amtsdauer vom Vertrauen des Landesfürsten und des Landtags getragen werden muss. Wenn auch nur ein Teil, der Landesfürst oder der Landtag, der Regierung oder einem einzelnen Regierungsmitglied das Vertrauen entzieht, hat eine Amtsenthebung stattzufinden. Landesfürst Hans Adam II. vertrat in seiner Thronrede vom 12. Mai 1993 dieselbe Meinung.Heute werden alle Fragen durch die von der Regierung beantragte Novellierung von Art. 80 der Verfassung positiv rechtlich beantwortet. Zwischen dem Landesfürsten und dem Landtag wird im Sinne eines parlamentarischen Regierungssystems «Waffengleichheit» hergestellt: - Verliert die Regierung das Vertrauen des Landesfürsten oder des Landtags, erlischt ihre Befugnis zur Ausübung des Amtes.- Verliert ein einzelnes Regierungsmitglied das Vertrauen des Landesfürsten oder des Landtags, ist hinsichtlich der Entscheidung über den Verlust der Befugnis zur Ausübung des Regierungsamtes zwischen dem Landesfürsten und dem Landtag ein Konsens herzustellen. Diese Bestimmung stellt eine Schutzbestimmung, insbesondere für den Regierungschef, dar.- Eine wegen Entzug des Vertrauens entlassene Regierung kann konsequenterweise nicht weiter im Amt bleiben. Zur Fortführung der Amtsgeschäfte ist eine neue Regierung nach den Regeln des Art. 79 der Verfassung zu bestellen. Bereits gemäss der geltenden Verfassung steht fest, dass eine verantwortliche Weiterführung der Geschäfte gemäss Art. 79 Abs. 6 der Verfassung nur für jene Regierung in Betracht fällt, deren Amtsperiode abgelaufen ist. Wenn andere Gründe für die Beendigung des Regierungsamtes vorliegen - Rücktritt, Tod, Verlust der Wählbarkeit, Verlust des Vertrauens, Amtsverlust aufgrund eines Urteils des Staatsgerichtshofes - ist gemäss Art. 79 der Verfassung, und je nachdem, ob der Beendigungsgrund die gesamte Regierung oder nur ein einzelnes Regierungsmitglied betrifft, eine neue Regierung bzw. ein neues Regierungsmitglied für den Rest der Amtsperiode zu bestellen.Durch Art. 80 der Verfassungsvorlage der Regierung wird das demokratische Element massgeblich gestärkt.Ich komme zur Aufhebung von Art. 112 der VerfassungArt. 112 der Verfassung von 1921, der die Kompetenz des Staatsgerichtshofes enthält, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Verfassung auszulegen, ist bis zum heutigen Tag, also 80 Jahre lang, nie angerufen worden. Dieser Verfassungsartikel führte ein Mauerblümchendasein, bis er vor ca. 6 Jahren aufgrund eines von Dr. Herbert Wille gehaltenen wissenschaftlichen Vortrags plötzlich Aufmerksamkeit auf sich zog. Von diesem Zeitpunkt an war der Art. 112 der Verfassung Gegenstand von Gutachten und Beiträgen in der juristischen Literatur und schliesslich auch Thema der Verfassungsdiskussion zwischen dem Fürsten und dem Landtag.In der Verfassungsvorlage der Regierung wird die Aufhebung von Art. 112 der Verfassung von 1921 vorgeschlagen. Die Regierung begründet diesen Schritt wie folgt:Gemäss Art. 111 Abs. 2 der Verfassung ist eine allgemein verbindliche Verfassungsinterpretation dem Verfassungsgesetzgeber - somit dem Landtag bzw. dem Volk - und dem Fürsten vorbehalten. Einer Entscheidung des Staatsgerichtshofes über die Auslegung der Verfassung gemäss Art. 112 kommt ebenfalls allgemein verbindliche Wirkung zu. Damit steht diese rechtsfortbildende Kompetenz des Staatsgerichtshofes in Konflikt mit der Zuständigkeit des Verfassungsgesetzgebers. Die Lösung des Konflikts erfolgt nun durch die Aufhebung von Art. 112 der Verfassung. Die eigentliche Verfassungsgerichtsbarkeit gemäss Art. 104 der Verfassung und die grosse Kompetenzfülle des Staatsgerichtshofes werden durch die Verfassungsvorlage der Regierung nicht tangiert.Selbst wenn der Art. 112 der Verfassung von 1921 in Geltung bliebe, wäre nichts gewonnen, weil die Bedeutung dieses Artikel im einzelnen heftig umstritten ist. Im Zentrum der Auseinandersetzungen steht die Bedeutung des Begriffs «Regierung». Während einige die Ansicht vertreten, «Regierung» nach Art. 112 der Verfassung schliesse den Landesfürsten mit ein, vertreten andere Autoren und Gutachter, im Besonderen aber der Landesfürst selbst, die gegenteilige Auffassung. Ohne Konsens in dieser Frage zwischen dem Fürsten und dem Landtag ist Art. 112 der Verfassung von 1921 somit nicht operabel.Ein Kompetenzkonflikt zwischen dem Fürsten und einem anderen obersten Staatsorgan, der in der Literatur als wahrscheinlichster Anwendungsfall des Art. 112 gesehen wird, ist über diesen Verfassungsartikel in der geltenden Fassung nicht zu lösen, sondern wird auch in Zukunft ein konsenspflichtiges Geschäft bleiben.Ich komme zum Misstrauensantrag des Volkes gegen die Person des FürstenGemäss Art. 112 können die Stimmberechtigten im Wege der Initiative gegen den Landesfürsten einen begründeten Misstrauensantrag einbringen. Wird dieser Misstrauensantrag in der Volksabstimmung angenommen, entscheidet gemäss Hausgesetz die «Gesamtheit der stimmberechtigten Mitglieder des Fürstlichen Hauses» darüber, ob der Landesfürst sein Amt als Staatsoberhaupt behält oder nicht.Aufgrund der Tatsache, dass im Falle der Annahme des Misstrauensantrages eine ausserhalb der Verfassung stehende Instanz darüber befindet, ob dem Volkswillen zum Durchbruch verholfen oder ob er missachtet wird, kann aus verfassungsrechtlicher Sicht in der neuen Verfassungsbestimmung des Art. 112 keine Stärkung des demokratischen Elements erblickt werden.Dennoch vertrete ich persönlich die Auffassung, dass in der Verfassungswirklichkeit ein vom Volk angenommener Misstrauensantrag beim Landesfürsten persönlich eine faktisch-politische Wirkung nicht verfehlen wird. Je nach dem zahlenmässigen Ergebnis des Volksentscheids stünde es dem Landesfürsten offen, der Entscheidung des nach dem Hausgesetz zuständigen Organs zuvorzukommen und den Thronverzicht zugunsten des Erbprinzen zu erklären.Ich komme zum Verfahren zur Abschaffung der MonarchieBereits nach geltendem Verfassungsrecht ist es möglich, mittels Verfassungsgesetz die Monarchie abzuschaffen. Dies hätte im Rahmen einer Totalrevision gemäss Art. 111 Abs. 2 der Verfassung zu geschehen. Für die Totalrevision ist die Sanktion des Landesfürsten notwendig. Ohne Konsens zwischen Landtag bzw. Volk und dem Fürsten ist eine Monarchieabschaffung nicht möglich. Art. 112 bis der Verfassungsvorlage der Regierung sieht ein mehrstufiges Verfahren vor, an dessen Ende die Abschaffung der Monarchie steht. Der diesbezügliche vom Volk in einer Volksabstimmung gefasste Beschluss bedarf keiner Sanktion des Landesfürsten.Der in der Verfassungsvorlage der Regierung verankerte Verzicht des Fürsten auf sein Vetorecht im Bereich der Abschaffung der Monarchie ist als demokratischer Fortschritt zu werten, weil der Fürst den Vorrang der Volkssouveränität ausdrücklich anerkennt.Zusammenfassend möchte ich in 8 Punkten aus meiner persönlichen Sicht und aus meiner tiefsten Überzeugung heraus festhalten:1. Im Vergleich zur bestehenden Verfassung von 1921 wird das demokratische Element, wie dargelegt, durch den vorliegenden Verfassungsänderungsvorschlag in keiner Weise zugunsten des monarchischen Elements geschwächt, im Gegenteil: Die demokratischen Rechte des Volkes werden gestärkt.2. Die Behauptung, dass der Fürst mit seinen Verfassungsvorschlägen, die sich in der Verfassungsvorlage der Regierung wiederfinden, nur die Absicht habe, die Demokratie zu schwächen und die Monarchie zu stärken, ist nicht nur falsch, sondern auch unfair.3. Ohne gegenseitige Vertrauensbasis und ohne Konsens von Fürst und Volk, letzteres vertreten durch den Landtag, gibt es keine Lösung dieses Verfassungskonflikts.4. Die Beilegung dieses Verfassungskonflikts ist nicht eine juristische, sondern eine politische, ja staatspolitische Angelegenheit von grösster Tragweite.5. Eine schnellstmögliche Beendigung des Verfassungskonflikts ist heute dringender denn je, damit sich alle staatlichen Organe wieder unbelastet und mit vereinten Kräften den grossen Herausforderungen der Zukunft stellen können.6. Entweder entscheiden wir uns für diesen Kompromissvorschlag, oder wir entscheiden uns bei einer Ablehnung für einen Weg, der zu einer voraussehbaren Staatskrise mit unabsehbaren innen- und aussenpolitischen Folgen führt.7. Die Fürsten von Liechtenstein waren in der Vergangenheit und sind auch in der Zukunft die Garanten für die Unabhängigkeit, Stabilität und Sicherheit unseres Landes.8. Das friedliche und in jeder Hinsicht konstruktive Zusammenwirken von Fürst und Volk hat unserem Lande in den vergangenen 80 Jahren seit Bestehen der Verfassung von 1921 Glück und Wohlstand gebracht. Eine Zustimmung zu den Verfassungsänderungsvorschlägen wird segensreich für die Bewohnerinnen und Bewohner unserer Heimat sein und wieder Ruhe, Frieden und Eintracht bringen.Bevor ich dem Herrn Regierungschef das Wort erteile, möchte ich ihm und dem Regierungskollegium für die klare Haltung bei der Lösung des Verfassungskonflikts danken.Regierungschef Otmar Hasler:
Herr Landtagspräsident, geschätzte Damen und Herren. Die Diskussion über die Abänderung der Verfassung und damit auch die Diskussion über die Kompetenzen, die Rechte und Pflichten der obersten Staatsorgane, hat in den vergangenen Jahren zu starken Belastungsproben geführt. Das Vertrauen zwischen den Institutionen und den Trägern der Institutionen Landtag, Fürst und Regierung hat darunter gelitten. Dieses Misstrauen - und damit sollen wohlverstanden hier keine Schuldzuweisungen vorgenommen werden - dieses Misstrauen nagt an den Grundfesten der heute gültigen Verfassung. Die Diskussion über die Verfassung und damit über die zukünftige Ausgestaltung der Grundlage des liechtensteinischen Rechtsstaates belastet das von der Verfassung geforderte Zusammenwirken der obersten Staatsorgane, es baut Fronten auf, die immer unüberwindbarer erscheinen. Dabei wird auch die öffentliche Diskussion mehr und mehr von extremen Aussagen bestimmt, überlagert von Diskussionsbeiträgen, die mit der eigentlichen inhaltlichen Verfassungsdiskussion wenig zu tun haben.So muss in einer schwierigen Situation der Weg aus einer belastenden Situation gefunden werden. Aus einer Situation, die den Staat, wie ich vorher schon gesagt habe, stark belastet, die quer durch die Gesellschaft Fronten aufbaut, die zum Teil von Unversöhnlichkeit geprägt ist. Wir stehen am Rande einer staatlichen Krise. Wohin der Weg führt wird sich in den nächsten Monaten entscheiden müssen. Die staatliche Grundordnung wird von Fürst und Volk, dieses vertreten durch den Landtag, bestimmt. Kommt es zwischen den obersten Staatsorganen zu unterschiedlichen Auffassungen, was die Auslegung der Verfassung bezüglich ihrer Rechte und Kompetenzen betrifft, so ist die auf ein Zusammenwirken dieser Organe ausgelegte rechtliche Grundordnung des Staates auf Dauer nicht überlebensfähig. Die liechtensteinische Verfassungsgeschichte ist mit der Verfassung von 1921 einen eigenen Weg gegangen. Es kam zu diesem Kompromiss, zum Kompromiss einer konstitutionellen Erbmonarchie auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage und der Verankerung der Staatsgewalt in Fürst und Volk. Das Ergebnis der schwierigen Verhandlungen um eine neue Verfassung im Jahr 1921 widerspiegelt die gesellschaftliche Situation im damaligen Liechtenstein. Die Verfassung von 1921 schuf einen modernen Verfassungsstaat, der sowohl der Monarchie als auch der Demokratie Rechnung trug, und beide gesellschaftlichen Strömungen, diejenige der Reformer und diejenige der Bewahrer, berücksichtigte. Der Pragmatismus der liechtensteinischen Politik überwand schliesslich die nach der Theorie unüberbrückbare Kluft zwischen Monarchie und Demokratie.Die heute gültige Verfassung, die die Staatsgewalt in die Hände von Fürst und Volk legt, erweist sich dann als praktikabel und stark, wenn die staatliche Gewalt von beiden Trägern im Zusammenwirken ausgeübt wird - oder anders ausgedrückt: Das staatliche Handeln muss aus dem Konsens zwischen Fürst und Volk hervorgehen. Dieser Konsens fordert von beiden Trägern der Staatsgewalt ein hohes Verantwortungsbewusstsein und auch eine entsprechende Zurückhaltung in der Ausübung ihrer Befugnisse. Gerade in dieser Hinsicht sind in den vergangenen Jahren im praktizierten Verfassungsleben Entwicklungen eingetreten, die das Zusammenwirken stark belastet haben. Verhärtete Fronten treffen aufeinander. Die Frage, ob der Wille, am Geist der Verfassung von 1921 festzuhalten, noch vorhanden ist, tritt in Diskussionen offen zutage. In dieser Situation hat die Regierung am 5. April ihr Amt angetreten. In einer Situation, in der Liechtenstein von aussen wie von innen vor existenziellen Herausforderungen gestellt war. Gemäss ihrer verfassungsmässigen Stellung erachtet es die Regierung als ihre Aufgabe, die unterschiedlichen Standpunkte zusammenzuführen. Sie steht nach wie vor zur heutigen Staatsform, zur konstitutionellen Erbmonarchie auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage. Diese Staatsform gibt uns Identität und politische Stabilität. Um diese Staatsform erhalten zu können, muss in erster Linie wiederum Vertrauen aufgebaut werden, Vertrauen im Zusammenwirken zwischen den obersten staatlichen Organen, Vertrauen zwischen den diese Organe repräsentierenden Vertretern. Es müssen gegensätzliche Standpunkte in Offenheit, aber auch in gegenseitigem Respekt ausgetragen werden. Es muss möglich sein, dass nicht Vermutungen und Unterstellungen die Diskussion bestimmen. Ich möchte hier auch ganz persönlich sagen: Ich schätze das Wirken unseres Landesfürsten Hans-Adam II. sehr. Ich muss aber auch sagen: Ich bin damals für die Wiederwahl von Dr. Herbert Wille als Präsidenten der VBI im Landtag eingetreten, obwohl der Landesfürst in einem Brief dargelegt hatte, dass er Dr. Wille nicht mehr zum Präsidenten der VBI ernennen werde.Die Meinungsäusserungsfreiheit ist ein Pfeiler der Demokratie. Meinungsäusserungsfreiheit ist wertvoll, wenn sie konstruktiv ist. Sie verliert ihren Wert für die Demokratie, wenn sie ausschliesslich destruktiv ist. Wenn heute über die künftige Verfassung debattiert wird, so bezeuge ich auch meinen Respekt denjenigen gegenüber, die in Forschung und Lehre andere Ansichten und vor allem eine andere Lösung propagieren. Verfassungsrechtler wie Dr. Gerard Batliner haben wesentlich zum Verständnis unserer Verfassung beigetragen und auch Grosses für unser Land geleistet.Heute geht es darum, einen Weg für die Zukunft dieses Landes zu finden, einen Weg, den wir miteinander - Monarchie und Demokratie - gewillt sind zu gehen. Die Regierung hat deshalb nach ihrem Amtsantritt Gespräche mit dem Landesfürsten geführt, sie hat ihre Sichtweise dargelegt. In diese Gespräche haben sich auch Mitglieder des «Forums Liechtenstein» eingebracht und haben einen Lösungsvorschlag vorgelegt. Die Ihnen vorliegende Regierungsvorlage ist Ausfluss dieser Gespräche.Die Verfassung von 1921 gründet auf der Verfassung von 1862. Trotz einer wesentlichen Weiterentwicklung ist sie von der Kontinuität des Rechtes und der Identität des Staates getragen. Wenn der Landtag heute über den Bericht und Antrag der Regierung berät, so sind es vor allem folgende Schwerpunkte, die beleuchtet werden: Das Austrittsrecht der Gemeinden aus dem Staatsverband, die in der Verfassung nun festgehaltene Möglichkeit der Abschaffung der Monarchie, die Ausgestaltung und zeitliche Einengung des Notverordnungsrechts, die Mitwirkung des Fürsten an der Gesetzgebung, der Rücktritt der Regierung, die Bestellung der Richter, die Bestellung der Staatsbeamten, die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofes, das Misstrauensvotum gegen den Fürsten.Die vorliegende Verfassungsänderung geht davon aus, dass es für die Trägerschaft der Staatsgewalt durch den Landesfürsten in Zukunft nur noch eine einzige Grundlegung in der Verfassung gibt: Den Willen des Volkes. Es wird weiterhin zwei Träger der Staatsgewalt geben: Fürst und Volk.Ich möchte im Folgenden nicht ausführlich auf die Vorlage eingehen, weil das dann ja im Anschluss an die Debatte noch geschehen wird. Die Monarchie beruht gemäss Art. 2 der Verfassung auf einer parlamentarischen und demokratischen Grundlage. Das bedeutet, dass in dem gewaltenteiligen System unserer Verfassung das demokratische Element in der Gestaltung des Staates und nicht nur in letzten Entscheidungsbefugnissen Wirkung entfaltet, und daraufhin, dass dieses demokratische Element in Wirklichkeit geschwächt oder gestärkt wird, ist die Diskussion sicher hinzulenken. Und genau das hat ja auch das Votum des Herrn Landtagspräsidenten, das er einleitend gehalten hat, zum Thema gehabt. Als ehemaliger Präsident der Verfassungskommission und nachheriges Mitglied dieser parlamentarischen Kommission ist mir bewusst, dass im Landtag sehr unterschiedliche Standpunkte zur Diskussion kommen werden.Zur Regierungsvorlage ist auszuführen, dass mit dem Verzicht auf das Veto-Recht des Landesfürsten im Bereich der Abschaffung der Monarchie der Vorrang der Volkssouveränität ausdrücklich anerkannt wird. Für die Trägerschaft der Staatsgewalt durch den Landesfürsten gibt es nur noch eine einzige Grundlegung in der Verfassung: Den Willen des Volkes.Die für den Art. 10 vorgeschlagene Neuregelung des Notverordnungsrechtes verlangt eine nachträgliche Genehmigung von Notrechtsverordnungen, damit sie über einen bestimmten Zeitraum von 6 Monaten ihre Gültigkeit behalten. Der Landesfürst kann nicht mehr zeitlich unbegrenzt und ohne nachträgliche demokratische Kontrolle Notverordnungen erlassen. Das Beamten-Ernennungsrecht fällt neu der Regierung zu. Das Verfahren zur Ernennung von Richtern sieht vor, dass beim Auswahlverfahren der Landesfürst und der Landtag sich eines gemeinsamen Gremiums bedienen. In diesem hat der Landesfürst den Vorsitz und das Veto-Recht. Der Landtag ist bei dem vorgeschlagenen Verfahren an der Auswahl der Kandidaten beteiligt, er ist aber nicht an die Vorschläge gebunden. Es steht ihm frei, diese Vorschläge abzulehnen und eigene Kandidaten vorzuschlagen. Dann kommt es zu einer Wahl durch das Volk.Die Regierung ist gegenüber dem Landtag wie dem Landesfürsten verantwortlich. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie diesen obersten Staatsorganen untergeordnet ist. Verantwortlichkeit weist im Gegenteil auf das Vorhandensein unabhängiger Kompetenzen hin, für deren Ausübung nachträglich Rechenschaft abgelegt werden muss. Die Verfassung enthält keine Bestimmung, welche die Regierung einem anderen Staatsorgan unterordnet. Sie ist eigenständig und unabhängig konzipiert. Aufgrund der Tatsache, dass bei der Wahl der Regierung dieser seitens des Landesfürsten und des Landtages das übereinstimmende Vertrauen entgegengebracht werden muss, ergibt sich auch, dass die Regierung für den Arbeitserfolg und für das Verbleiben im Amt während der Amtsdauer eines doppelten Vertrauens bedarf. Eine Regierung, die das Vertrauen des Landtages oder des Landesfürsten verloren hat, wird ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen können. Allerdings sieht die Vorlage vor, dass die Entlassung einzelner Regierungsmitglieder nur einvernehmlich von Landesfürst und Landtag möglich ist. Die Vertrauenskrise muss derart schwer sein, dass der Landtag oder der Landesfürst ihr Vertrauen der Gesamtregierung entziehen müssen. Geschieht dies, so schreibt Art. 80 vor, dass in einem solchen Fall einvernehmlich auf Vorschlag des Landtages eine Regierung mit der Fortführung der Amtsgeschäfte zu betrauen ist.Das Austrittsrecht der Gemeinden aus dem Staat wird im vorliegenden Vorschlag so geregelt, dass einzelne Gemeinden das Vorschlagsrecht für einen Austritt aus dem Staatsverband zugesprochen erhalten, dass aber der Gesetzgeber und damit letztlich auch das Volk die Zustimmung dazu geben müssen. Zu bedenken ist, dass die heute geltende Verfassung in Art. 4 eine Änderung der Staatsgrenzen ebenfalls durch ein entsprechendes Gesetz ermöglicht. Neu soll es den Gemeinden ermöglicht werden, Grenzänderungen zwischen den Gemeinden sowie die Schaffung neuer und die Zusammenlegung bestehender Gemeinden zu beschliessen.Wenn von Kompetenzen der obersten Staatsorgane gesprochen wird, so ist es im Rechtsstaat klar, dass sie ihre Kompetenzen in Gemässheit der Bestimmungen der Verfassung und der übrigen Gesetze wahrnehmen. Es muss deshalb auch die Möglichkeit gegeben sein, gemäss Art. 104 die Verletzung verfassungsmässig gewährleisteter Rechte durch diese Staatsorgane vor dem Staatsgerichtshof einzuklagen. Die Kompetenzen des Staatsgerichtshofes, wenn über die Auslegung einzelner Bestimmungen der Verfassung Zweifel entstehen und diese nicht durch Übereinkunft zwischen der Regierung und dem Landtag beseitigt werden können, zu entscheiden, hat in der Vergangenheit immer wieder zu Diskussionen geführt. Einerseits über die Interpretation des Begriffes «Regierung», andererseits über den Grundsatz, inwieweit der Staatsgerichtshof einzelne Verfassungsbestimmungen authentisch auslegen und damit weiterentwickeln können soll. Nach dem geltenden Verfassungsrecht ist eine authentische Verfassungsinterpretation dem Verfassungsgesetzgeber, also Landtag, Fürst und Volk vorbehalten. Der Vorteil einer Bestimmung, die dem Staatsgerichtshof im Einzelfall divergierender Auslegung der Verfassung zwischen Landtag und Landesfürst die Auslegungskompetenz geben würde, ist, dass ein Konfliktlösungsmechanismus im Einzelfall vorhanden wäre. Die Auslegung der Verfassung nach Art. 112 kann aber allein schon nach ihrem Wortlaut nur die rechtliche Bedeutung eines individuell konkreten Schiedspruches haben, welcher anlassgebunden und antragsbedürftig ist. Die Streichung dieses Art. 112 bedeutet, dass sich die obersten Staatsorgane, Landesfürst und Landtag, in einem strittigen Auslegungsfall einigen bzw. die Verfassung auf dem gemäss Art. 111 Abs. 2 festgelegten Weg abändern müssen.Geschätzte Damen und Herren. Die Regierung legt Ihnen eine Verfassungsabänderungsvorlage vor, die die Grundlage einer einvernehmlichen Lösung darstellen soll. Nach Abwägung aller Umstände ist die Regierung zur Überzeugung gelangt, dass sie mit dieser Vorlage eine Grundlage schafft, die einerseits den Weiterbestand der heutigen dualen Staatsform garantiert, andererseits in wesentlichen Fragen das letzte Wort dem Volk gibt, und - den Willen der Staatsorgane zum Zusammenwirken vorausgesetzt - auch die Basis für die Zukunft legt. Der Liechtensteinische Landtag wird heute den weiteren Weg wesentlich bestimmen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Besten Dank, Herr Regierungschef. Ich gebe das Wort dem Herrn Landtagsvizepräsidenten Peter Wolff.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Herr Präsident, meine Damen und Herren. Guten Morgen. Ich wollte mich an dieser Stelle der Debatte eigentlich noch nicht zu Wort melden und werde mich zum Inhalt der Vorlage der Regierung und zur ganzen Frage - Verfassungsänderung ja oder nein, und wenn, dann in welcher Form - später noch ausführlich zu Wort melden.Anlass, warum ich mich jetzt zu Wort melde und warum es meiner Meinung nach für einen Landtag, der ein gewisses Selbstbewusstsein und ein gewisses Selbstverständnis als Volksvertreter und als frei gewähltes demokratisches Parlament hat, nötig macht, sich jetzt zu melden, sind Ihre Worte, Herr Präsident. Sie sprechen einerseits von Meinungsfreiheit, Sie sprechen von einer fairen und sachlichen Debatte, die Sie erwarten, und tun im gleichen Moment genau das Gegenteil. Sie drohen, Sie nötigen, Sie versuchen Landtag und Volk zu nötigen, indem Sie davon sprechen, man müsse diesem so genannten Kompromiss - wenn Sie meinen, das sei ein Kompromiss, sei Ihnen das freigestellt, diese Meinung zu vertreten - man müssen diesem so genannten Kompromiss zustimmen. Die einzige Alternative sei eine Staatskrise mit unabsehbaren innen- und aussenpolitischen Folgen. Ja, ich frage Sie, Herr Landtagspräsident: Warum eigentlich? Ist es in diesem Land nicht mehr erlaubt, Gesetzesänderungsvorschläge, Verfassungsänderungsvorschläge kritisch zu beleuchten und allenfalls auch ihnen nicht zuzustimmen? Ist es denn nicht so, dass dieses Land, wenn diese Verfassungsänderungsvorschläge vom Volk nicht angenommen werden sollten, weiter mit der bisherigen bewährten Verfassung, die Sie selbst zu Recht gelobt haben, leben kann und leben wird? Warum eigentlich nicht? Ich verurteile das und lehne es ab, die Debatte von vornherein mit dieser Hypothek zu belasten, dass den Abgeordneten dramatisch eingebläut werden soll: Wehe, wenn ihr nicht zustimmt, und indirekt über die Lautsprecher: Wehe Volk, wenn du nicht zustimmst, dann droht eine Staatskrise. Das ist Angstmacherei, das ist das Gegenteil von demokratischer Meinungsbildung. Ich finde das befremdlich und bedauerlich.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Ich bin direkt angesprochen. Zuerst möchte ich einmal sagen, dass ich zu jedem Wort, Punkt und Komma, meine Überzeugung nochmals darlege. Zum Zweiten habe ich ausdrücklich bei meinem Eingangsvotum gesagt: Ich spreche hier in meinem persönlichen Namen. Es wird doch erlaubt sein, Herr Landtagsvizepräsident, auch als Landtagspräsident eine persönliche Meinung darzulegen. Wenn Sie mich noch wegen der bestehenden Verfassung ansprechen, dann muss ich Ihnen, Herr Landtagsvizepräsident, als Sie noch hier auf diesem Stuhl sassen, dann muss ich Folgendes festhalten: Ich habe bei der Verfassungsdiskussion im Jahre 1996, glaube ich, war es, den Antrag damals gestellt, bei der bestehenden Verfassung zu bleiben. Lediglich Ihr damaliger Parteipräsident Oswald Kranz ist meinem Antrag gefolgt. Sie waren es, Herr Präsident, der über zwanzig Änderungsanträgen den Vorzug gab. Und jetzt so zu tun, wie wenn die jetzige Verfassung, die bestehende Verfassung, nun wirklich das Bessere wäre, scheint mir zumindest nicht ganz fair und auch nicht ganz dem Verlauf der letzten Jahre zu entsprechen. Das war meine Ansicht, und das ist und bleibt meine Ansicht. Ich bin der tiefsten Überzeugung, dass dieser Weg der richtige Weg ist, dass wir zwischen zwei Alternativen zu entscheiden haben, und dass diese Alternative für dieses Liechtenstein die bessere Lösung ist. Das wollte ich Ihnen noch sagen.Abg. Peter Sprenger:
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete. Guten Tag. Es ist kalt geworden im Fürstentum Liechtenstein. Ich meine dies nicht klimatisch und ...
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Entschuldigung. Es scheint hier in der Übertragung etwas nicht zu funktionieren. Darf ich Sie im Moment bitten, Ihr Votum zu unterbrechen.Kurze Unterbrechung
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Herr Abg. Peter Sprenger: Die Störung ist behoben. Darf ich Sie bitten, Ihr Votum zu wiederholen. Danke.Abg. Peter Sprenger:
Ich beginne nochmals. Ich gehe nicht davon aus, dass das ein Versuch war, die Opposition mundtot zu machen. Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete. Guten Tag. Ich habe bereits gesagt: Es ist kalt geworden im Fürstentum Liechtenstein. Ich meine dies nicht klimatisch und temperaturmässig und bezogen auf die letzten winterlichen Tage, sondern die Ereignisse, insbesondere des 15. August dieses Jahres, haben das Klima in der Verfassungsdiskussion zunehmend frostiger werden lassen. Ohne wirkliche Not hat die FBP-Spitze unter Einschluss des Landtagspräsidenten und der Regierung den bisherigen gemeinsamen Widerstand gegen die fürstlichen Verfassungsänderungsvorschläge aufgegeben, und es wurde mit Pauken und Trompeten ein vermeintlicher Kompromiss in der Verfassungsfrage verkündet. Ich möchte diese unseligen Vorgänge nicht noch einmal in all ihren Facetten darstellen und kommentieren. Ein Fazit diesbezüglich kann ich Ihnen aber im Sinne einer Äusserung von Georg-Christoph Lichtenberg, wonach es fast unmöglich ist, die Fackel der Wahrheit - ich konzediere gerne, dass das meine subjektive Wahrheit ist - durch ein Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu verbrennen. Ich kann Ihnen deshalb mein Fazit an dieser Stelle beim besten Willen nicht ersparen: Die jetzt zur Diskussion anstehende Vorlage und das Verhalten der Regierung vor und bei deren Entstehung ist der zweite Kniefall der FBP vor dem Monarchen nach demjenigen des 15. August. Die Verantwortlichen dieses Beitrages an der Verschacherung der demokratischen Rechte haben aus Gründen, die mir bis heute nicht klar geworden sind, und ohne dass ein wirklicher Druck vorhanden war, grosse Verantwortung auf sich geladen. Ich beneide diese Leute um die Fussnotenbemerkungen und Qualifikationen in einer künftigen Geschichtsschreibung schon heute nicht.Wie die FBP gibt unsere Fraktion keine Fraktionserklärung ab. Wir tun dies bewusst, obwohl wir uns intensiv und letztmals am vergangenen Samstag in einer Klausur-Tagung unserer Fraktion mit dieser für unseren Staat zentralen und vitalen Frage intensivst befasst haben. Wir sind zur Einsicht gelangt, dass jeder einzelne Abgeordnete aufgerufen ist, unabhängig von Mehrheiten im Landtag bzw. seiner Fraktion, im Sinne des ihm verfassungsmässig zustehenden freien Mandates zu allen Knackpunkten der Vorlage - und deren gibt es bei Gott genügend - frei zu diskutieren und zu debattieren. Wenn ich mir die Wortmeldungen diverser Abgeordneter der FBP in den vergangenen Wochen und Tagen vor Augen halte, komme ich nicht umhin, festzustellen, dass sich diese offensichtlich vor den Karren der offiziellen Partei- und Regierungsmeinung haben spannen lassen. Diese Leute möchte ich an die Verpflichtung der Volksvertreter mit Betonung auf den Wortteil «Volk» erinnern. Bitte halten Sie sich vor Augen, dass man als Volksvertreter die Interessen des Volkes zu vertreten hat, und nicht diejenigen des Fürsten. Ihr derzeitiges Verhalten, nämlich «am Freda z'lieb» zu allen fürstlichen Vorstellungen Ja und Amen zu sagen, erinnert mich an den Aphorismus: «Der Klügere gibt so lange nach, bis er selbst der Dumme ist».Ich bin der festen Überzeugung, dass die Regierung mit der Behauptung auf Seite 16 oben, nämlich dass es in Zukunft nach In-Kraft-Treten dieser Vorlage letztlich nur noch einen Souverän, nämlich das Volk gebe, einem fatalen Trugschluss unterliegt. In Tat und Wahrheit wird durch die Umsetzung dieser Vorlage die Macht eines bereits heute sehr mächtigen Monarchen erheblich ausgebaut, obwohl die Monarchie aufgrund der Vorschläge zu Art. 112 und 112bis zur vermeintlichen Disposition gestellt wird. Die Möglichkeit des Misstrauensvotums und der finalen Monarchie-Abschaffungsmöglichkeit kommt mir vor wie ein gigantischer Atomwaffeneinsatz aufgrund einer noch so kleinen Meinungsverschiedenheit. Die ultima ratio der Monarchie-Abschaffung ist das einzige Mittel des Volkes, um sich bei jedem noch so kleinen auftretenden Problem zu wehren. Dass das Volk die Methode des Ausschüttens des Kindes mit dem Bade vernünftigerweise nicht anwendet, da sie nicht adäquat ist, liegt auf der Hand. Dies führt dann leider dazu, dass der Fürst sich bei Differenzen immer durchsetzt und dadurch seine bereits grosse Macht faktisch noch weiter ausbaut. Er beherrscht über kurz oder lang den politischen Alltag und dominiert bei allen Staatsgewalten, angefangen bei der Exekutive, bei der Judikative und letztlich auch bei der Volksvertretung. Dem Volk bleibt ein nicht einsetzbarer Overkill in Form der ultimativen Monarchie-Abschaffung. Die groteske Folge, wenn diese Vorlage zum Verfassungsinhalt wird, wird sein, dass dem Volk praktisch alle Rechte weggenommen werden und es sich auf ein sozusagen besseres Jenseits in Form einer Monarchie-Abschaffung vertrösten lassen muss. Mit dem Bilde der Ehe gesprochen wird einem Partner praktisch jedes Recht weggenommen, sich in einer Beziehung zu behaupten, und das mit dem lapidaren Hinweis, dass man die Ehe ja scheiden könne, falls es einem nicht mehr passe. Dieses Szenario ist deshalb so unbefriedigend, weil zwar für den Supergau ein Prozedere des Sich-Trennens zur Verfügung steht, die Alltagsprobleme aber nicht mit einem zu deren Grösse passenden Mittel gelöst werden können. Die dauernde Demütigung auf der einen Seite ist aber à la longue gefährlich nach dem altbekannten Spruch: «Nimm keinem so viel, dass er nichts mehr zu verlieren hat, sonst wird er unberechenbar». Das Volk könnte dereinst seine verlorenen Rechte zurückfordern, da bin ich mir sicher. Ich bin überzeugt, dass mit der Umsetzung dieser Vorlage letztlich das Ende der Monarchie in diesem Lande eingeläutet wird.Ich möchte, obwohl das der Herr Landtagsvizepräsident bereits gemacht hat, auf einige Ihrer Bemerkungen, Herr Landtagspräsident, hier kurz noch zu sprechen kommen: Ihre Aussage, es handle sich um einen Kompromiss, ist in meinen Augen schlicht falsch. Auch nicht ansatzweise ist in einem der wichtigen Punkte etwas erreicht worden, das das Attribut «Kompromiss» im Sinne eines Sich-in-der-Mitte-Treffens verdienen würde. Sie beschönigen auch, wenn Sie die Warnungen der Kritiker als Horror-Szenarien abtun. Sie wissen so gut wie ich, dass die Bereitschaft, die ultima ratio beispielsweise in Form des Notrechtes zur Anwendung zu bringen, gerade bei unserem heutigen Fürsten vorliegt. Ich erinnere diesbezüglich an dieselben Ereignisse wie Sie, nämlich an die Vorgänge im Oktober 1992. Ihre Erklärung, Herr Landtagspräsident, hört sich an wie eine Zusammenfassung der Begründungen des Fürsten und damit der jetzigen Vorlage. Auch wenn Sie dazu aufgefordert haben, heute kein verfassungsrechtliches Seminar durchzuführen, erlauben Sie doch den kritischen Stimmen sicher auch, dass Ihre Argumente so breit dargelegt werden können, wie es der Wichtigkeit der Materie angepasst ist. Dass Sie in Ihrem Votum erneut die Interessen des Fürsten über diejenigen des Volkes stellen, befremdet und enttäuscht mich. Offenbar sind Sie für Argumente, die auch von massgebenden Leuten Ihrer Partei vertreten werden, immun. Meine Überzeugung, Herr Landtagspräsident, dass durch die Vorschläge die Gewichte sehr zugunsten des Fürsten verschoben werden, ist ebenso tief wie die Ihre vom Gegenteil. Und unsere Meinung zu artikulieren als unfair zu bezeichnen, empfinde ich meinerseits als höchst unfair. Für eine Überzeugung zu kämpfen kann per se nicht unfair sein. Sie täuschen sich auch, Herr Landtagspräsident, wenn Sie glauben, dass nach dem In-Kraft-Treten in diesem Lande Friede und Ruhe eintreten wird. Das Gegenteil wird der Fall sein: Diese Vorlage wird der Ausgangspunkt sein zu erheblichen und noch viel emotionaleren Diskussionen und der gedemütigte Teil des Volkes wird sich eines Tages - da bin ich persönlich, ich möchte fast sagen, noch tiefer überzeugt als Sie - dass das Volk sein Recht eines Tages zurückfordert. Das mag in ein, zwei, vielleicht sogar drei Generationen der Fall sein. Aber dieser Tag wird kommen.Herr Regierungschef: Zu Ihrem Votum möchte ich mir nur eine Bemerkung erlauben. Sie beschwören - das tat auch schon der Herr Landtagspräsident - eine Staatskrise. Eine Krise kann aber auch eine Chance sein. Ich fürchte mich nicht vor einer solchen. Lieber ein für alle Mal die Fronten klären als ein Weiterschwelen der offenkundigen Probleme.Ich persönlich bin gegen ein Eintreten auf diese Vorlage. Ein wirklich starkes Signal würde die Volksvertretung dann aussenden, wenn in der Eintretensdebatte intensivst und ausgiebig über die einzelnen Knackpunkte der Vorlage diskutiert würde, dann aber mit der Feststellung, dass diese für den Landtag unannehmbar und unerträglich sei, und die Vorlage zurück an den Absender geschickt würde. Nach meiner Einschätzung der Situation im Landtag dürfte allerdings Eintreten beschlossen werden. Ich kann mit diesem Vorgehen nicht gerne, aber trotzdem leben, da, in welcher Form auch immer, es endlich an der Zeit ist, dass die Volksvertretung sich als Ganzes einbringt und einmischt.Aus welchen Gründen ich für Nichteintreten votiere, möchte ich anhand einiger Schwachpunkte der Vorlage aufzeigen:Zum Ersten erscheint es problematisch, wenn die wichtigste Vorlage in Verfassungsfragen seit der Beschlussfassung über die derzeit geltende Verfassung im Oktober 1921, ohne jegliche Vernehmlassung im Parlament behandelt wird. Ich kann der Regierung und dem Landtagspräsidenten den Vorwurf, dass hier offenbar eine heisse Kartoffel möglichst schnell in andere, nämlich in Volkes Hände gelegt wird, nicht ersparen. Erst verschwindet der angeblich grossartige Kompromiss für drei Monate in der Schublade der Regierung, und kommt dann kurzfristig, ohne dass sich auch nur ein Jota am Vorschlag des Forums Liechtenstein geändert hätte, kurz vor Weihnachten in den Landtag. Den Abgeordneten bleiben nur wenige Wochen, um sich mit einer äusserst schwierigen Materie auseinander zu setzen. Die Beantwortung der Frage, wer hier wem und wofür im Wort war, überlasse ich gerne der Phantasie des geneigten Zuhörers. Vor allem wurde uns Abgeordneten durch die offensichtliche Zwängerei verunmöglicht, die Wintermonate zu einer intensiven Befassung mit den Problemkreisen der Verfassungsänderung zu verwenden. Wem, so frage ich Sie, hätten diese drei Monate im Gesamtkontext des Vorganges der Verfassungsänderung am Schluss wirklich gefehlt? Zum Inhalt der Vorlage ist zunächst festzuhalten, dass sich der Regierungsvorschlag sage und schreibe in drei Punkten von ihrer Vorlage, dem Verfassungsvorschlag des Forums Liechtenstein vom 12. Juli dieses Jahres, unterscheidet:Zum einen wurde in Art. 10 Abs. 3 die Klammerbemerkung (Art. 10 Abs. 1, 2 und 3) eliminiert, da richtig erkannt wurde, dass dieser In-sich-Verweis völlig überflüssig ist. Sodann wurde zum Zweiten auf Seite 14 unter II. richtigerweise - das anerkenne ich gerne - eine Übergangsbestimmung für das Richter-Ernennungsverfahren eingefügt. Dasselbe gilt für eine In-Kraft-Tretens-Bestimmung auf derselben Seite unter III. Allerdings handelt es sich bei den letztgenannten Punkten um Selbstverständlichkeiten, die ein Gesetzgeber zu beachten hat. Zu guter Letzt und zum Dritten verbleibt mir noch der Hinweis auf zwei unbedeutende orthographische Änderungen, nämlich bei Art. 80 Abs. 2 letzter Satz: Hier wurde der Genitiv beim Wort «Regierungsmitgliedes» durch Einfügen eines «e» berichtigt, und im Art. 11 Abs. 4 erste Zeile wurde ein Komma eingefügt.Kurz und gut: Die Regierungsvorlage ist faktisch identisch mit dem Verfassungsvorschlag des Forums Liechtenstein vom 12. Juli dieses Jahres. Weshalb die Regierung Hasler trotzdem versucht, ihre Leistung als riesigen Beitrag zu verkaufen, bleibt im Dunkeln. Angesichts der Tragweite der Vorlage ist sie nicht nur von der Seitenzahl her, sondern vor allem inhaltlich wohl noch gut bedient, wenn man sie als «dünn» apostrophiert. Jeder, und deren gibt es einige, der sich von der Regierung erwartet hat, dass sie sich in ihrem Bericht einigermassen umfassend mit den Vorschlägen des Fürsten auseinander gesetzt hätte, sieht sich leider arg enttäuscht. Die Kommentierung ist ebenfalls zum erdrückendsten Teil bereits in den Vorschlägen des Forums Liechtenstein enthalten. Sie ist zudem eben so lapidar wie oberflächlich. Eine einigermassen umfassende Darstellung, worum es den einzelnen Parteien bei den Knackpunkten der Verfassungsvorlage geht, wird leider nicht geliefert. Ein Leserbriefschreiber hat diese Tatsache mit den Worten, ich zitiere: «fehlender Neuigkeitsgehalt und Vermeidungstaktik» der Regierungsvorlage umschrieben. Ich kann mich dieser Einschätzung vorbehaltlos anschliessen. Diverse Streitpunkte werden in der Vorlage schlicht und einfach ausgeblendet, andere auf eine Art dargestellt, die den Verlauf und den Gehalt der Auseinandersetzung in keinster Art und Weise und auch nicht ansatzweise wiedergeben oder reflektieren. Zwei Beispiele gefällig: Zum einen: Die an diversen Stellen nachlesbaren Fragen im Zusammenhang mit den Hausgesetzen werden zwar im Bericht und Antrag noch knapp erwähnt, ohne dass jedoch die einzelnen Fundstellen aufgeführt würden. Aus unerfindlichen Gründen unterbleibt dann eine weitere Kommentierung und vertiefte Analyse. Die ganze Problematik wird schweigend ausgeklammert. Ein weiteres Beispiel ist die Rolle des Staatsgerichtshofes. Was bedeutet die Streichung des Art. 112 für den Staatsgerichtshof? Die geradezu apodiktische Kommentierung des Art. 112 auf Seite 41 des Berichtes erfasst die eigentlichen Probleme, die hier diskutiert gehörten, in keinster Art und Weise. Diese Liste wäre problemlos erweiterbar.Ich möchte jedoch an dieser Stelle innehalten, und auf die grosse Zahl der Versäumnisse der Regierung bei den einzelnen Artikeln zurückkommen. Auch die Behandlung der sechs zum Thema vorhandenen Gutachten, nämlich Rhinow, Frowein, Breitenmoser, Funk, Matscher und Winkler ist problematisch. Ich denke, es genügt nicht, wenn diese Gutachten den Abgeordneten in einer grossen Schachtel zusammen mit der Vorlage zugestellt werden. Ich hätte erwartet, dass die einzelnen Wortmeldungen der Gutachter zu den Hauptknackpunkten von der Regierung in die Begründung der Vorlage eingearbeitet würden, und dass die Regierung dazu Stellung nimmt, weshalb sie der einen oder anderen Expertenmeinung anhängt oder zuneigt. Symptomatisch erscheint mir auch die Tatsache, dass die Äusserungen der fürstlichen Gutachter Matscher und Winkler - deren wesentliche Schlussfolgerungen betreffend Europarechts- und Völkerrechtskonformität - in die Vorlage aufgenommen wurden. Die auch nicht unerheblichen Wortmeldungen der vier Gutachter der Verfassungskommission beziehungsweise der Regierung werden knapp erwähnt, und es wird lapidar angeführt, dass das Fürstenhaus Korrekturen an seinen Vorschlägen anbrachte, um den Zweifeln der Gutachter zu begegnen, so nachzulesen auf den Seiten 12 und 13 des Berichtes und Antrages. Kurz und gut: Es fehlt auch diesbezüglich an einer aufschlussreichen und umfassenden Darstellung. Es ist eine Zumutung, dass die Regierung, die immerhin Experten und Beamte zur Verfügung hat, die Analyse und die Einschätzung der Gutachten den Abgeordneten, die samt und sonders im Nebenamt als Parlamentarier tätig sind, überlässt. Dazu fällt mir ein anderer Sinnspruch des heute bereits zitierten Georg-Christoph Lichtenberg ein, der wie folgt lautet, ich zitiere: «Nichts kann mehr zu einer Seelenruhe beitragen als wenn man gar keine Meinung hat». Eine Regierung aber, obwohl sie sich die Sache des Fürsten zu ihrer eigenen gemacht hat, die keine Meinung hat, verdient das Prädikat «schwach».Ich möchte die Versäumnisse der Regierung nicht weiter vertiefen, sondern lediglich festhalten, dass die Regierungsvorlage selbst die bescheidensten Erwartungen nicht zu erfüllen vermag. Sie enttäuscht diesbezüglich auf der ganzen Linie. Sie macht sich die fürstlichen Ideen zu eigen, ohne dann aber die Konsequenzen daraus zu ziehen, und den Abgeordneten und dem Volk vertiefte Analysen und Stellungnahmen vorzulegen, die es klarmachen, weshalb man den Weg der Selbstaufgabe und der Kapitulation beschreitet.Völlig unverständlich bleibt für mich auch, weshalb die im Bericht der Landtagskommission vom 20.12.2001 in den Anhängen 2, 4 und 7 eingebundenen Stellungnahmen von VBI und Staatsgerichtshof mit keinem Wort erwähnt, und auch mit keiner Überlegung berücksichtigt wurden. Wenn sich aber die direkt Betroffenen einer Thematik zu Wort melden, wäre es meines Erachtens ein Gebot des Anstandes, zumindest auf diese Argumente einzutreten, und entweder diese zu berücksichtigen oder aber dann darzulegen, aus welchen guten Gründen man sie ablehnt. Sie totzuschweigen ist definitiv zu wenig.Aus all diesen Gründen, nicht zuletzt aber aufgrund meines persönlichen Resümees, nämlich dass die Regierungsvorlage in ihren Auswirkungen die derzeit bestehende Verfassungslage aus den Angeln hebt und den Fürsten zum uneingeschränkten Dominator aller Staatsgewalten macht, lassen mich aus Gewissensgründen keinen anderen Schluss ziehen, als die Vorlage zwar heftig zu diskutieren, auf sie aus Konsequenzgründen aber nicht einzutreten. Dies gerade auch deshalb, weil die Regierungsvorlage zwar verglichen mit früheren Formulierungen des Fürsten im so genannten roten und grünen Büchlein teilweise im neuen Gewande, sprich neuen Formulierungen einherschreitet, letztlich aber die vom Fürsten seit Jahren verfolgte und konsequent betriebene Senkelung der anderen Staatsgewalten, nämlich Landtag und damit Volk, Regierung und Richterschaft, insbesondere des Staatsgerichtshofes, verwirklichen würde. Nicht umsonst hat der Fürst die Vorlage, damals noch in der praktisch identischen Form des Vorschlages des Forums Liechtenstein, als seinen Vorschlägen ebenbürtig bezeichnet. Ich bin mir durchaus im Klaren, dass der Antrag auf Nichteintreten in diesem Hohen Hause, sofern er denn gestellt wird, nicht mehrheitsfähig sein wird. Ich werde mir trotz meiner grundsätzlichen Bedenken aber erlauben, bei einem zu erwartenden Eintreten mich zu den einzelnen Punkten zu Wort zu melden. Wer nämlich sehenden Auges schweigt, macht sich mitschuldig am schleichenden Abbau der Grundrechte und einer nicht zu vertretenden Verschiebung der Machtbefugnisse der Staatsgewalten zugunsten des Fürsten.Eine Bemerkung zum Interview des Landesfürsten vom vergangen Samstag: Ich bin mit unserem Staatsoberhaupt - das wird Sie, nehme ich an, verwundern - in zwei Punkten einer Meinung. Nämlich einerseits, dass es sich bei der Regierungsvorlage - und da scheint er sich auch von Ihren Einschätzungen zu unterscheiden, Herr Landtagspräsident - um keinen Kompromiss handelt, und andererseits, dass für diese Vorlage im Landtag nicht die notwendige Dreiviertelmehrheit zu erreichen sein wird. Zum Ersten, zur Einschätzung des Kompromisses: Ich bin jedoch nicht seiner Ansicht, dass die Vorlage gar ein Entgegenkommen des Fürstenhauses und deshalb kein Kompromiss sei, vielmehr fehlt es gänzlich an einem wirklichen Entgegenkommen. Ich komme leider nicht um die Feststellung herum, dass der Fürst nur so lange Demokrat ist, als der Träger der Demokratie, nämlich das Volk, spurt. Falls dies nicht der Fall ist, droht er auf undemokratische und damit ungehörige Art und Weise. Ich finde es auch bemühend, dass diese Parlamentsdiskussion unter dem Geräusch zuklappender Koffer und angesichts der unmissverständlichen Botschaft, dass in den wesentlichen Punkten kein Bewegungsspielraum seitens des Fürsten mehr gegeben sei, stattfinden muss. Eine solche Diskussion, die es einem Parlament von vornherein verunmöglicht, berechtigte Änderungsanträge einzubringen und seine Vorstellungen, die Vorstellungen des Parlamentes auch zu beschliessen, hat mit Demokratie herzlich wenig zu tun.Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen. Die Vorlage, die wir heute in 1. Lesung zu diskutieren und zu beraten haben, ist die wichtigste in den vergangenen 80 Jahren. Wir dürfen uns von äusseren Einflüssen und Drohgebärden nicht beeindrucken lassen. Zum Beweise, dass Zivilcourage zur Zeit der Schaffung unserer heutigen Verfassung in einem auch heute wünschbaren Ausmasse vorhanden war, will ich Ihnen zum Abschluss kurz einen Brief eines Vaters unserer Verfassung, nämlich Wilhelm Beck, an die Fürstliche Regierung im ganzen Wortlaut vortragen. Er ist nicht sehr lange, ich zitiere: «Hiermit bestätige ich den Empfang der mir von Seiner Durchlaucht aus Anlass der Vollendung des 80. Geburtstages verliehenen Regierungsjubiläums-Erinnerungsmedaille. Ich danke bestens für die hiermit zum Ausdruck gebrachte landesfürstliche Auszeichnung und gute Absicht. Wenn ich mich aber dennoch veranlasst sehe, auf jede Auszeichnung zu verzichten, so bitte ich mir diese Ablehnung nicht als übelwollend oder besondere Absicht in irgendeiner Richtung auszulegen. Ich wünsche gemäss dem historischen Charakter unseres Volkes als einfacher, demokratischer Bürger ohne sachlich nicht begründete Auszeichnung zu leben mit dem Wunsche, dass Liechtenstein bald eine neue demokratischere Verfassung erhalte und unter ihr einer für Fürst und Volk glücklichen Zukunft entgegengehe. Anbei folgt die Medaille zu meiner Entlastung. Vaduz, den 13. Oktober 1920. Gezeichnet: Dr. Wilhelm Beck». Ich denke, an dieser Kleinigkeit wird sichtbar, mit welcher Einstellung man sich damals für die Belange der Demokratie eingesetzt hat.Im Anschluss an diesen Brief wünsche ich mir, dass diese unsere heutige Debatte einen wesentlichen Beitrag dazu zu leisten vermag, dass unserem Land eine demokratische Verfassung, die dieses Attribut auch tatsächlich verdient, erhalten bleibt. Dies sind wir Wilhelm Beck und seinen Mitkämpfern, kommenden Generationen, vor allem aber uns selber schuldig. Berthold Brecht hat einmal Folgendes geschrieben: «Unsichtbar wird der Wahnsinn, wenn er genügend grosse Ausmasse angenommen hat». Wenn wir uns jetzt nicht bewähren, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir eines Tages aufgrund der Tatsache, dass wir uns nicht beizeiten für unsere Rechte eingesetzt haben, wir mit einem vernichtenden Urteile im Sinne des Brecht-Zitates konfrontiert werden. Noch ist es nicht zu spät, einem solchen Vorwurf zu entgehen. Lasst uns gemeinsam aufstehen und gemeinsam laut Nein zu Vorschlägen sagen, die uns mindestens ins 19. Jahrhundert zurückbringen würden.Lassen Sie mich zum Schluss dieses Votums noch artikulieren, was mich im Zusammenhang mit der bisherigen und der künftigen Verfassungsdiskussion am meisten stört und auch gleichzeitig am meisten ängstigt. Wir haben während Jahrzehnten, auch mit der Hilfe der wissenschaftlichen Arbeiten eines Peter Geiger, die tiefen Gräben, die die dunkle nationalsozialistische Zeit in unserer Gesellschaft zurückgelassen hat, zugeschüttet. Vorgänge wie die Schaffung der Erzdiözese Vaduz und die vor allem von Seiten des Fürsten apodiktisch geführte Verfassungsdiskussion sind geeignet, heute wieder tiefe Gräben in unserer Gesellschaft aufzutun. Diese gehen quer durch Familien und Stammtischrunden. Langjährige Freundschaften sind ob dieser Frage zerbrochen oder im Begriffe zu zerbrechen. Jenseits aller Pro- und Contra-Argumente sind wir alle aufgefordert, Sorge dafür zu tragen, dass diese Gräben nicht zu tief werden. Mit alle meine ich wirklich alle, auch unser Staatsoberhaupt.Abg. Paul Vogt:
Meine Damen und Herren. Ich habe mir fest vorgenommen, heute ruhig und sachlich zu bleiben, weil dann die Argumente stärker sind. Aber Ihr Votum, Herr Landtagspräsident, liess mir ein erstes Mal die Galle hochkommen. Ich finde es einfach unverschämt, wenn man hier so tut, als ob wir für diese Krise verantwortlich seien. Sie haben in einem flammenden Appell und in einem unerhörten Treuebekenntnis zum Fürstenhaus gesagt, wenn wir hier den Vorschlägen des Fürstenhauses nicht zustimmen, dann sind wir für eine unabsehbare Staatskrise verantwortlich. Herr Präsident: Sie und der Fürst reden diese Krise herbei, Sie übernehmen diese Verantwortung, nicht wir, die bei der alten Verfassung bleiben wollen.Ich möchte kurz auf Ihre Argumente eingehen: Sie haben gesagt, wir sollten hier kein staatspolitisches Seminar abhalten. Warum nicht, Herr Landtagspräsident? Haben Sie Angst vor den Argumenten der Staatswissenschaftler? Ich habe die Gutachten mit Interesse gelesen und ich finde sie bedenkenswert. Weiter haben Sie gesagt, es sei nicht Ihr Vorhaben, die Zweckmässigkeit und Praktikabilität der Vorschläge zu prüfen, sie wollen nicht darauf eingehen. Ich frage mich: Was wollen Sie dann eigentlich hier? Wollen Sie über diese Vorlage diskutieren? Wollen Sie über die Zweckmässigkeit reden oder wollen Sie einfach sagen: Wir machen jetzt einen politischen Entscheid und geben dem Fürsten in allem nach, und dann haben wir endlich wieder Frieden. So geht es doch nicht.Weiter haben Sie gesagt: Der Staat sei handlungsunfähig. Herr Landtagspräsident, wir haben in den letzten 10 Jahren mehr erreicht, mehr umgesetzt als in jeder Periode zuvor. Denken Sie an den Beitritt zum EWR, denken Sie an die enormen Rechtsumsetzungen, die erforderlich waren, denken Sie an diese Verfassungsdiskussion, die viel bewegt hat. Der Staat ist entscheidungsfähig. Und einer der wesentlichen Gründe, warum die letzte Regierung abgewählt wurde, war ja genau, dass die Stimmberechtigten den Eindruck hatten, es geht alles viel zu schnell. Also, von Handlungsunfähigkeit zu reden ist Unsinn. Weiter behaupten Sie, die Vorlage sei ein Kompromiss. Der Fürst selbst sagt, die Vorlage sei gleichwertig mit seinen ursprünglichen Ideen. Ja, warum denn? Weil eben nichts Wesentliches daran geändert wurde. Gefeilt wurde an den stossenden Formulierungen, die in der ursprünglichen Vorlage waren. Jetzt ist alles abgeschliffen, es wird weniger transparent, worum es eigentlich geht. Ich bedauere das. Bei der alten Vorlage konnte man besser zeigen, worum es dem Fürsten eigentlich geht. Sie sagen, wir könnten mit der Regierungsvorlage ein Ende des Konflikts erreichen. Blödsinn; wir werden diesen Konflikt auf unabsehbare Zeit verlängern. Weiter haben Sie immer wieder in früheren Reden zum Ausdruck gebracht, es sei Ihre felsenfeste Überzeugung, dass man sich auf dem kleinsten möglichen Nenner einigen müsse. Sie haben damit gemeint, dass man das Beamten-Ernennungsrecht des Fürsten abschaffen müsse, und ansonsten solle man bei der jetzigen Verfassung bleiben. Ihr Gesinnungswandel ist nicht in Folge der Diskussionen in der Verfassungskommission zustande gekommen. Noch in der Eröffnungssitzung des Landtages haben Sie diese Aussage gemacht, Herr Landtagspräsident. Das einmal, um meinen ersten Ärger loszuwerden.Ich möchte jetzt zu meinem vorbereiteten Votum kommen. Ich hoffe, dass es mir da gelingt, sachlich zu bleiben: Das Verhalten der Regierung in der Verfassungsfrage ist für mich eine einzige Enttäuschung. Im Wahlkampf ist die FBP angetreten mit dem Versprechen, dass Regierung und Parlament nicht geschwächt werden dürfen. Diese Regierungsvorlage ist eine Kapitulation vor den Forderungen des Fürsten, die ganz klar eine Schwächung von Regierung und Landtag mit sich bringen. Die Regierung verzichtet in ihrem Bericht wohlweislich auf eine fundierte Auseinandersetzung mit der ganzen Problematik. Sie zieht es vor, den Kopf in den Sand zu stecken und so zu tun, als ob es tatsächlich um die Verwirklichung der Volkssouveränität gehe. Wenn Sie das Volk souverän machen wollen, dann ermöglichen Sie eine breite Verfassungsdiskussion mit einem offenen Ausgang, ohne jeden zeitlichen Druck und ohne jede Drohung des Fürsten. Setzen Sie sich ein für eine umfassende und freie Meinungsbildung, lassen Sie Demokratie geschehen!Herr Regierungschef: Sie waren 5 Jahre lang Mitglied der Verfassungskommission, haben an den Sitzungen nie abweichende Meinungen geäussert und den Schlussbericht mitgetragen. Sie kennen die Problematik in- und auswendig und haben trotzdem eine Kehrtwendung gemacht, als Sie in die Regierungsverantwortung kamen. Ihnen war die Einigung mit dem Fürsten wichtiger als die Verteidigung der Volksrechte. Dafür werden Sie vor der Geschichte die Verantwortung zu übernehmen haben. Lassen Sie mich vorweg noch eines sagen: Wenn Sie der Volkssouveränität wirklich zum Durchbruch verhelfen wollen, dann müssen Sie vor allem und zuallererst das Sanktionsrecht des Fürsten einschränken. Solange der Fürst ein absolutes Veto-Recht hat, kann es keine wirkliche Volkssouveränität geben. Das Volk ist dann immer von der Zustimmung des Fürsten abhängig und kann seinen Willen nicht durchsetzen.Das Volk könne immer noch die Monarchie abschaffen, wird argumentiert. Das ist doch eine phantasievolle Konstruktion, mit der das Fehlen der Volkssouveränität verschleiert werden soll. Das vorgeschlagene Verfahren zur Abschaffung der Monarchie erleichtert nicht die Abschaffung der Monarchie, sondern erschwert diese. Wir können heute schon jederzeit eine Initiative zur Abschaffung der Monarchie starten, im Landtag und im Volk. Wenn das Volk einer Abschaffung der Monarchie zustimmen sollte, wäre es undenkbar, dass der Monarch einen solchen Volksentscheid übergehen könnte. Das wissen Sie alle. Aber offenbar wird ohne weiteres akzeptiert, dass der Monarch ständig mit seinem Wegzug aus Liechtenstein droht oder sogar mit dem Verzicht des Hauses auf das Recht, das Staatsoberhaupt stellen zu können. Ich frage Sie: Ist dieses Recht bisher einseitig? Kann das Fürstenhaus jederzeit sagen: So, das war es, jetzt gehen wir. Aber das Volk hat nicht das Recht, zu sagen: So, das war es, jetzt gehen Sie! Der Fürst darf die Monarchie einseitig abschaffen, aber das Volk nicht. Eine solche Auffassung kann ich wirklich nicht nachvollziehen.Ich möchte im Folgenden versuchen, das nachzuholen, was die Regierung in Ihrem Bericht wohlweislich unterlassen hat, nämlich eine Auseinandersetzung mit den Grundsatzentscheidungen unserer Verfassung. Auf die einzelnen Änderungsvorschläge werde ich im Rahmen der 1. Lesung eingehen, die ich wohl nicht verhindern kann.Art. 2 der Verfassung lautet: «Das Fürstentum ist eine konstitutionelle Erbmonarchie auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage». Dann der sehr wichtige Verweis in der Klammer «Art. 79 und 80» weiter: «Die Staatsgewalt ist im Fürstentum und im Volk verankert und wird von beiden nach Massgabe der Bestimmungen dieser Verfassung ausgeübt». Sie haben diesen Artikel zweifellos schon hunderte Male gehört oder gelesen. Aber haben Sie sich auch schon intensiv damit auseinander gesetzt? Wissen Sie, welche rechtlichen und politischen Grundentscheidungen damit verbunden sind? Selbstverständlich bleibt Art. 2 für sich allein betrachtet in vielen Fragen allgemein und auslegungsbedürftig. Ich möchte daher versuchen, diesen zentralen Artikel unserer Verfassung auszulegen, da er für unsere Diskussion von fundamentaler Bedeutung ist. Der Artikel ist natürlich für verschiedene Auslegungen offen, wie das Grundentscheidungen in anderen Verfassungen auch sind. Für die Auslegung ist der letzte Halbsatz wesentlich: Fürst und Volk haben ihren Anteil an der Staatsgewalt nach Massgabe der Bestimmungen der Verfassung auszuüben. Tatsächlich werden aber die Grundentscheidungen durch die weiteren Bestimmungen der Verfassung ausreichend konkretisiert, sodass wir sehr wohl wissen, was die Verfassungsgeber 1921 wollten, welchem Verfassungsmodell sie zum Durchbruch verhelfen wollten. Die Formulierung «nach Massgabe der Bestimmungen der Verfassung» sagt aber auch, dass sich die Verfassungsgeber sehr wohl bewusst waren, dass die Verfassung nicht alles abschliessend regeln kann und dass die Verfassung damit auslegungsbedürftig ist. Die Verfassung gibt das Mass vor. Wir müssen uns also mit der Entstehungsgeschichte der Verfassung, mit ihren Zielen und Ideen auseinander setzen und diese zu den Leitplanken unseres Verfassungsverständnisses machen.Ich möchte kurz auf die einzelnen Grundentscheidungen unserer Verfassung eingehen und damit auch einen Offenbarungseid über mein Verfassungsverständnis leisten: Zunächst legt die Verfassung fest, dass unsere Staatsform eine monarchistische ist. Das Fürstentum ist eine Monarchie. Sicher hat der Verfassungsgeber dabei nicht an eine Alleinherrschaft im ursprünglichen Sinn des Wortes Monarchie gedacht, sondern an eine begrenzte Monarchie. Aus heutiger Sicht bedeutet eine monarchische Staatsform nichts anderes, als dass ein Land kein gewähltes Staatsoberhaupt hat, sondern ein durch die dynastische Erbfolge bestimmtes. Die Legitimation der monarchischen Thronfolge kann damit logischerweise keine demokratische sein, sie wird immer eine dynastische sein. Daran kann der Fürst herumdeuten so viel er will. Wer eine demokratische Legitimation für das Staatsoberhaupt will, muss sich für eine republikanische Staatsform aussprechen. Die Legitimation eines monarchischen Staatsoberhauptes ergibt sich in einer zeitgemässen Auffassung allein aufgrund der Verfassung. Die Verfassungsgeber, in unserem Fall das liechtensteinische Volk und der Fürst, haben dies so gewollt und wollen dies so lange, wie die Verfassung nicht geändert wird. Andere Legitimationsversuche wie das Gottesgnadentum oder ein historischer Anspruch aufgrund eines erblichen Eigenrechts des Herrscherhauses sind heute nicht mehr haltbar, sie gehören der Geschichte an. Das weiss auch Fürst Hans-Adam II. und er hat es auch mehrfach öffentlich zum Ausdruck gebracht. Nur zieht er daraus den falschen Schluss, dass sozusagen durch die Hintertür, nämlich durch eine nicht erfolgte Abschaffung der Monarchie, eine demokratische Legitimation der Sonderstellung des Monarchen konstruiert werden könne. Eine solche Argumentation kann man unkommentiert stehen lassen, so lange daraus keine weiter reichenden Konsequenzen gezogen werden. Das ist aber leider nicht so. Für Fürst Hans-Adam II. ist eine demokratische Legitimation der Monarchie offenbar sehr wichtig, weil dies seine Position gegenüber dem Landtag verbessern würde. Er hat immer wieder öffentlich in Frage gestellt, ob der Landtag tatsächlich das Volk repräsentiere. Ich erinnere Sie hier nur an die unglückselige Bezeichnung der Abgeordneten als Oligarchen. Ich bin weiss Gott nicht empfindlich, aber das war nun völlig geschmacklos und deplatziert. Der Monarch muss sich bewusst sein, dass er, wenn es um die demokratische Legitimation geht, niemals mit dem Landtag konkurrieren kann. Der Landtag wird alle 4 Jahre in freien Wahlen durch das Volk gewählt, er benötigt immer wieder das Vertrauen des Volkes und ist damit die legitime und einzige Volksvertretung. Der Fürst hingegen tritt aufgrund seiner Geburt in seine Funktion ein und behält diese bis zu seinem Tod. Er ist niemandem verantwortlich und damit auch nicht demokratisch legitimiert.Ich komme zum nächsten Punkt: Zu welcher Monarchie bekennt sich das Fürstentum? Sicher nicht zur absoluten, bei der alle Macht vom Monarchen ausgeht. Die Verfassung von 1921 spricht von einer konstitutionellen Erbmonarchie. Im 19. Jahrhundert bedeutete konstitutionelle Erbmonarchie, dass alle Staatsgewalt vom Monarchen ausging und dieser nur in bestimmten Befugnissen, namentlich bei der Gesetzgebung und bei den Finanzen, an die Mitwirkung der Volksvertretung gebunden war. Die ganze Staatsgewalt ging vom Fürsten aus. Unsere heutige Verfassung versteht unter einer konstitutionellen Erbmonarchie ganz klar etwas anderes. Das monarchische Prinzip ist abgeschafft, die Staatsgewalt ist im Fürsten und Volk verankert. Beide sind Träger der Staatsgewalt. Der Begriff «konstitutionell» sagt daher nichts anderes, als dass die Rechte des Monarchen durch die Verfassung begrenzt sind. Im Gegensatz zur Verfassung von 1862 ist die Verfassung von 1921 aber nicht nur Begrenzung der Rechte des Monarchen, sondern auch Grundlage seiner Kompetenzen. Die Staatsgewalt geht nicht mehr von ihm aus, sondern er erhält seine Kompetenzen durch die Verfassung. Dies bedeutet auch, dass nicht vermutet werden darf, dass strittige Kompetenzen beim Monarchen liegen, wenn sich die Verfassung darüber ausschweigt. Der Monarch kann die Verfassung auch nicht mehr verbindlich auslegen. Im Konfliktfall ist diese Aufgabe dem Staatsgerichtshof übertragen.Damit komme ich zu einer weiteren Grundsatzentscheidung unserer Verfassung, nämlich dem Parlamentarismus: Mit Ausnahme von Liechtenstein entwickelten sich die konstitutionellen Monarchien des 19. Jahrhunderts weiter zu parlamentarischen Monarchien, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der Monarch nur noch repräsentative Funktionen ausübt, während die Gestaltung der Politik in den Händen des Parlaments und der Regierung liegt. Mit diesem letzten Schritt hin zur demokratischen Grundordnung wird der Konflikt zwischen Demokratie und Monarchie zugunsten der Demokratie entschieden. Repräsentative Monarchien sind demokratische Monarchien. Politische Entscheidungen werden wie in Republiken auf den Willen des Volkes abgestützt. Die Rückkoppelung an das Volk wird durch verschiedene Verfahren wie Wahlen und Abstimmungen abgesichert. Liechtenstein hat mit der Verfassung von 1921 diesen letzten Schritt zur repräsentativen Monarchie nicht mitgemacht. Der Landesfürst übt aufgrund der Verfassung weitgehende politische Rechte aus, insbesondere hat er ein absolutes Veto-Recht gegen Parlamentsentscheide. Es stellt sich also die Frage, was das Bekenntnis zu einer parlamentarischen Grundlage unserer Monarchie bedeutet. Welche Rolle kommt dem Parlament zu? In Art. 2 befindet sich unmittelbar nach dem Begriff «parlamentarische Grundlage» ein Verweis auf die Art. 79 und 80. Das ist ein erster klarer Hinweis auf den Kerngehalt des Parlamentarismus, wie er von unserer Verfassung gedacht ist. Im Verfahren für die Bestellung und zur Abberufung der Regierung durch den Landtag wird das Kernstück der parlamentarischen Grundlage unseres Staates gesehen. Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang auch an die Umstände, unter denen diese Verfassung erkämpft wurde. Die Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner waren es überdrüssig, von Wien aus eine Regierung aufgepfropft zu bekommen, die sie nicht wollten. Die Forderung, dass die Regierung aus Personen bestehen solle, die Landesbürger waren und die vom eigenen Parlament gewählt werden sollten, war eine ganz zentrale Forderung der politischen Bewegung zwischen 1918 und 1921. Der Verweis in Art. 2 auf die Art. 79 und 80, in denen die Bestellung der Regierung und das Verfahren zur Absetzung der Regierung geregelt wird, enthält aus diesem Blickwinkel betrachtet eine eindeutige Aussage. Die Bestellung und Abberufung der Regierung ist primär Sache des Landtages, nicht Sache des Fürsten.Allgemein betrachtet war der Parlamentarismus eine bürgerliche Emanzipationsbewegung mit dem Ziel, dem Monarchen die politischen Befugnisse streitig zu machen bzw. diese auf ein vom Volk gewähltes Parlament zu übertragen. In welchem Umfang wurden nun in Liechtenstein die Befugnisse der Fürsten beschnitten? Mit wenigen Ausnahmen, auf die ich noch zu sprechen komme, wurden die Rechte des Fürsten darauf reduziert, einem Beschluss des Landtags zustimmen oder diesen ablehnen zu können. Der Fürst kann einen Beschluss des Parlaments zwar initiieren, aber nicht erzwingen. Das Parlament ist völlig frei, ob es aufgrund einer Initiative des Fürsten einen Beschluss fassen will, und wie dieser Beschluss allenfalls lauten soll. Der Fürst kann anschliessend nur Ja oder Nein sagen, aber den Beschluss selber kann er nicht abändern. Landtag und Fürst werden in der Verfassung nicht gleichwertig behandelt. Der Landtag hat in der Gesetzgebung und bei den Wahlentscheiden ein deutliches Übergewicht, das von der Verfassung so gewollt ist. Dies ist Kern der Aussage, dass unser Staat eine parlamentarische Grundlage hat. Das Ansinnen des Fürsten und auch das des Landtagspräsidenten, dass das Parlament diese Vorlage zwar beraten, aber nicht abändern darf, widerspricht Sinn und Geist der Verfassung. Dieses Ansinnen ist meines Erachtens verfassungswidrig und dieses Ansinnen zeigt leider Gottes auch Wirkung. Wir Abgeordnete fühlen uns nicht mehr frei, über diese Verfassung zu debattieren, wir fühlen uns nicht mehr frei, Abänderungsanträge zu stellen, die dann auch Aussicht auf Erfolg haben. Dazu kommt, dass im Licht einer zeitgemässen demokratischen Verfassungsinterpretation der Fürst nur ausnahmsweise und nur in begründeten Fällen einem Landtagsbeschluss die Zustimmung verweigern darf. Ich verweise dazu auf die Gutachten, insbesondere dasjenige von Jochen Frowein, der zum Schluss kommt, dass eine stillschweigende Sanktionsverweigerung ohne Gegenzeichnung durch den Regierungschef, wie das der Vorschlag des Fürsten vorsieht, das liechtensteinische Verfassungsrecht hinter den Standard der konventionellen Verfassungen in Deutschland im 19. Jahrhundert zurückführen würde. Das das Urteil eines renommierten Staatsrechtlers.Bei der Bestellung der beiden Gerichte mit «politischen» Zuständigkeiten, nämlich beim Staatsgerichtshof und der VBI, wurde ein noch deutlicheres Übergewicht des Landtages geschaffen. Hier hat die Verfassung die Rechte des Landesfürsten darauf begrenzt, der Wahl des Vorsitzenden bzw. Präsidenten seine Zustimmung erteilen zu dürfen. Für die Bestellung der Richter in diesen beiden Gerichtshöfen braucht es diese Zustimmung nicht. Da hat der Monarch heute kein Mitwirkungsrecht. Dieser Verfassungsentscheid soll aufgrund einer fragwürdigen Argumentation rückgängig gemacht werden. Ich werde darauf zurückkommen bei der Detailberatung, ich möchte aber auch hier schon einfügen: Es ist eine Illusion, wenn man glaubt, man könne die Bestellung der Gerichte dadurch entpolitisieren, dass man sie einem Gremium überträgt. Dadurch wird das ganze Verfahren nur undurchsichtiger, insbesondere dann, wenn man nicht in der Öffentlichkeit darüber debattieren darf.Der Verfassung von 1921 hat sich damit weitgehend zum Parlamentarismus bekannt. Diese Regelungen sind nicht zufällig zustande gekommen, sondern entsprechen dem politischen Denken und Wollen der Väter unserer Verfassung. Wenn Sie bereit sind, dieses parlamentarische Verfahren im Sinne der Wünsche des Landesfürsten einzuschränken, dann machen Sie eine Grundsatzentscheidung unserer Verfassung von 1921 rückgängig, eine Grundsatzentscheidung, mit der damals Fürst und Volk einverstanden waren.Last but not least komme ich nun zum demokratischen Element in unserer Verfassung: Was ist von der angeblichen Stärkung der Volksrechte durch die neuen Abstimmungsmöglichkeiten zu halten? Zunächst einmal verkennen oder negieren diese Vorschläge den demokratischen Charakter des Parlaments. Nach allgemein anerkannten europäischen Wertvorstellungen hat ein frei gewähltes Parlament eine demokratische Legitimation, und ebenso besitzen Personen, die durch ein Parlament in ein Amt bestellt werden, eine demokratische Legitimation. Die Bestellung von wichtigen staatlichen Funktionsträgern durch das Parlament ist die Regel. Die direkte Wahl durch das Volk, wie das vor allem in Schweizer Kantonen oft geschieht, ist die Ausnahme. Man ist sich mehr oder weniger einig, dass eine direkte Wahl durch das Volk die demokratische Legitimation eines Amtsträgers nicht grundsätzlich verbessert. Die Väter unserer Verfassung hatten zweifellos sehr grosse Sympathien für die direkte Demokratie, was sich daran ablesen lässt, dass sie zahlreiche Möglichkeiten der direktdemokratischen Einflussnahme in unsere Verfassung aufgenommen haben, die es sonst nirgends gibt, auch nicht in der Schweiz. Ich erinnere nur an die verschiedenen Möglichkeiten im Bereich des Initiativ- und Referendumsrechts, wobei sogar der Landtag durch eine Volksinitiative aufgelöst werden kann. Und trotz dieser grossen Sympathien für die direkte Demokratie hat der Verfassungsgeber darauf verzichtet, bei der Regierung oder den Richtern die Volkswahl einzuführen. Ich halte diesen Grundentscheid für weise und richtig. Ich meine aber auch, dass man darauf zurückkommen müsste, wenn durch unüberlegte Verfassungsänderungen die heute starke Stellung der Regierung geschwächt werden sollte.Das Volk selber kann auch in einer Demokratie die Staatsgewalt nicht selber ausüben, sondern muss sich auf die Teilnahme an den Abstimmungen und Wahlen beschränken. Wenn in Artikel 2 der Verfassung von der demokratischen und parlamentarischen Grundlage unseres Staates die Rede ist, dann darf «demokratisch» sicher nicht ausschliesslich im Sinn von «direktdemokratisch» verstanden werden. Vielmehr muss darunter auch die repräsentative Form, die ja der Normalfall ist, mitverstanden werden. Entscheidend ist, dass sich Entscheidungen des Parlaments immer auf eine Willensäusserung des Volkes zurückführen lassen und die Stimm- und Wahlberechtigten immer wieder die Möglichkeit haben, korrigierend in das politische Geschehen eingreifen zu können. In der Demokratie werden Konflikte durch Mehrheitsentscheide gelöst, was aber nicht bedeutet, dass die Mehrheit Recht hat. Sie hat nur das Recht zu entscheiden, und es können sich jederzeit neue Mehrheiten bilden, die anders entscheiden können. Wenn der Monarch politisch argumentiert, dann mit dem Anspruch, dass er Recht hat. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu einem demokratischen Mehrheitsentscheid.Unsere Referendumsdemokratie kennt bislang keine Möglichkeit, dass der Fürst eine Volksabstimmung erzwingen kann, und ich denke, auch dies ist ein weiser Entscheid der Verfassung. Es wäre äusserst problematisch, wenn der Monarch die Möglichkeit hätte, sich über Entscheidungen des Parlaments hinwegsetzen zu können, indem er direkt ans Volk gelangt. Auch die Gutachter weisen ausdrücklich auf die Problematik von Volksabstimmungen mit plebiszitärem Charakter hin, wenn diese vom Staatsoberhaupt ausgehen. Erfahrungen in anderen Ländern zeigen, dass damit grosse Manipulationsmöglichkeiten und auch ein Machtmissbrauchspotenzial verbunden ist. Ich möchte es nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass die Drohung des Fürsten, er werde das Land verlassen oder man werde sogar die Monarchie abschaffen müssen, unzulässig ist. Damit nimmt er dem Volk die Möglichkeit, sich frei und unbefangen zu einer Sachfrage zu äussern. Diese ständigen Drohungen müssen zurückgenommen und aus der Welt geschafft werden, bevor wir überhaupt in einem wirklich demokratischen Verfahren über diese Vorlage abstimmen können. Aber wenn es wirklich zu einer freien Meinungsäusserung kommen sollte, dann bin ich überzeugt, wissen wir alle, dass diese Vorlage abgelehnt werden wird. Deshalb greift auch der Fürst zu diesen Drohungen.In der neuen Verfassung würden nach den Vorstellungen des Fürsten plebiszitäre Abstimmungen nur dann zur Anwendung kommen, wenn sich Fürst und Landtag nicht einigen können. Auf den ersten Blick sieht das so aus, als ob damit ein Mechanismus gefunden werden könnte, der in Konfliktsituationen einen Ausweg ermöglichen würde. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass der Fürst inkonsequent ist. Er schlägt dieses Verfahren nur dort vor, wo er seine Position stärken kann, also insbesondere bei der Richterernennung und beim Notrecht. Dieser Konfliktlösungsmechanismus soll beim Sanktionsrecht nicht zur Anwendung kommen, also dort, wo die Position des Fürsten geschwächt würde. Die Gutachter sind sich mit Ausnahme von Günther Winkler, der in eine spezielle Kategorie von Wissenschaftlern gehört, einig, dass im Lichte einer demokratischen Verfassungspolitik beim Sanktionsrecht Handlungsbedarf besteht. Es müsse eine Möglichkeit geschaffen werden, eine Sanktionsverweigerung des Fürsten überstimmen zu können. Die Verfassungskommission hat folgerichtig auch den Vorschlag gemacht, dass dies in einer Volksabstimmung geschehen sollte. Der Fürst hat es nicht einmal für nötig befunden, zu diesem Vorschlag Stellung zu beziehen. Plebiszitäre Volksbefragungen, die vom Fürsten initiiert werden können, dürfen aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in die Verfassung kommen. Sie sind in einer politischen Betrachtung eher ein Mechanismus zur Aufladung von Konflikten, da sie den Monarchen dazu verleiten würden, vermehrt Härte gegenüber dem Parlament zu zeigen. Ich schliesse bei unserem jetzigen Staatsoberhaupt solche Intentionen keinesfalls aus. Erst sekundär können mit solchen Volksabstimmungen dann die Konflikte gelöst werden. Man muss aber auch bedenken, dass solche Konflikte am Staatsoberhaupt nicht spurlos vorbeigehen können. In solchen Volksabstimmungen gibt er seine parteipolitisch neutrale Position auf, er steht nicht mehr über dem politischen Geschehen, sondern mittendrin und wird automatisch zum Ziel von Anfeindungen. Damit verliert er seine integrative Kraft und auch seine innere Stärke. Wenn Sie das Ende der Monarchie wollen, dann müssen Sie den Fürsten ins Zentrum des politischen Meinungsstreits rücken.Ich komme zum Schluss: Aus meiner Optik sind die Verfassungsvorschläge der Regierung und des Fürsten anachronistisch, sie zielen auf eine Ausweitung der monarchischen Eingriffsmöglichkeiten in unser demokratisch-parlamentarisches System ab und nicht auf einen zeitgemässen Ausbau unserer Demokratie, wie dies behauptet wird. Da nützen alle schönfärberischen Rechtfertigungsversuche nichts. Regierung und Parlament werden deutlich geschwächt. Die vorgeschlagenen Änderungen - ich denke jetzt vor allem an die Artikel 79 und 80 - werden, auch wenn sie im besten Fall nie zur Anwendung kommen, durch ihr Drohpotenzial im politischen Alltag eine nicht zu unterschätzende Präventivwirkung zeigen. Die Regierung wird entscheidend geschwächt und abhängig vom Monarchen. Gleichzeitig soll der Fürst der Verfassungsgerichtsbarkeit entzogen und der Rechtsstaat damit entscheidend geschwächt werden. Die vorgeschlagene Ausweitung der Volksrechte ist bestenfalls Kosmetik. Wenn die plebiszitären Abstimmungen aber zur Anwendung kommen sollten, dann haben sie zuvor mitgeholfen, eine Krisensituation zu schaffen. Das so genannte Selbstbestimmungsrecht ist gefährlich, weil es diesen Staat in seinem Bestand gefährdet.Meine Damen und Herren Abgeordnete: Ich beantrage Nichteintreten auf diese Vorlage. Mir fehlt jeder Glaube, dass sie in weiteren Verhandlungsrunden mit dem Fürsten grundlegend verbessert werden kann. Der Fürst ist zwar zu Gesprächen bereit, aber er ist nicht bereit, in irgendeinem Punkt nachzugeben. Ich frage mich daher, was sollen weitere Kommissionen und Delegationen, die mit dem Fürsten weiterverhandeln sollen.Abschliessend möchte ich festhalten, dass es nicht die Gegner dieser Vorlage sind, die die innenpolitische Situation in krisenhafter Weise zugespitzt haben und sich bemühen, diese weiter zuzuspitzen. Der Landtag hat eine Verfassungskommission bestellt, die in 5-jähriger Arbeit Vorschläge entwickelt hat, wie die Verfassung in rechtsstaatlich einwandfreier Weise demokratisch weiterentwickelt werden könnte. Diese Verfassungsvorschläge waren im wahren Sinn des Wortes konservativ. Die rechtlichen und politischen Grundentscheidungen unserer Verfassung wurden respektiert, die Verfassung sollte nur dort weiterentwickelt werden, wo es aus heutiger Sicht notwendig ist. Von diesen Vorschlägen wollte der Landesfürst nichts wissen und hat seinerseits weit reichende Vorschläge unterbreitet, bei denen nur scheinbar die Demokratie weiterentwickelt wird. Der Landtag hat auf seinen Vorschlägen nicht bestanden, als der Fürst erklärte, er werde dem Vorschlag der Verfassungskommission nie und nimmer zustimmen. Von einem Staatsoberhaupt, das gemäss Verfassung verpflichtet ist, mit dem Landtag einvernehmliche Lösungen zu suchen, darf erwartet werden, dass es nicht auf Biegen und Brechen seine Vorstellungen durchboxen will. Dies entspricht politischer Vernunft. Ich appelliere daher an den Fürsten, sich so lange zur heutigen Verfassung zu bekennen, bis diese nicht einvernehmlich und unter Verzicht auf jegliche Drohung geändert wurde.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Besten Dank, Herr Abg. Paul Vogt. Ich möchte nicht auf alle Ihre Vorwürfe und Kritiken, die ich entgegennehme, eingehen. Ich möchte nur auf einen Punkt eingehen, den auch der Landtagsvizepräsident in das Zentrum gestellt hat.Wie der Herr Landtagsvizepräsident sprechen Sie sich für die Beibehaltung der Verfassung von 1921 aus. Sie machen mir gleichzeitig den Vorwurf, dass ich mich für den Verfassungsänderungsvorschlag ausspreche, der heute von der Regierung - wohlverstanden von der Regierung, nicht vom Fürsten, es ist eine Regierungsvorlage - hier zur Behandlung vorliegt. Ich habe mich für diesen Vorschlag - wie bereits in meinem Eingangsvotum - ausgesprochen, weil ich nach wie vor der festen Überzeugung bin, dass das demokratische Element in keiner Weise zugunsten des monarchischen Elements geschwächt wird. Noch nicht vor allzu langer Zeit, Herr Abg. Paul Vogt, nannten Sie die bestehende Verfassung ein «Minenfeld» mit unabsehbaren Minen. Das war Ihre Qualifikation der Verfassung von 1921, für die Sie heute das Wort reden.Und nun möchte ich an die Adresse des Landtagsvizepräsidenten und an Sie, Herr Abg. Paul Vogt, noch Folgendes klarstellen: In einem Gespräch auf Schloss Vaduz vom 18. November 1994, an dem Seine Durchlaucht der Landesfürst, der damalige Landtagspräsident Dr. Peter Wolff, Manfred Biedermann von der VU, Dr. Gabriel Marxer von der Bürgerpartei, Paul Vogt von der Freien Liste und der Sprechende dabei waren. Das war ein Gespräch, das auf Einladung von Fürst Hans-Adam II. stattfand. Die Einladung wurde uns von Regierungschef Dr. Mario Frick übermittelt. Von Seiten der Abgeordneten wurde damals die Feststellung gemacht, dass es sich nicht um eine Kommission, also nicht um eine offizielle Delegation des Landtages handelt, dass es aber sich um eine Delegation handelt, um mit Seiner Durchlaucht dem Landesfürsten u.a. Gespräche über die Verfassung zu führen.Sie, Herr Abg. Paul Vogt, haben dieses Protokoll geführt und persönlich unterzeichnet. Dieses Protokoll wurde von Seiten des Fürsten meines Wissens gutgeheissen. Wesentlicher Punkt in diesem Protokoll ist, dass Fürst Hans-Adam II. damals sich grundsätzlich für vier Alternativen ausgesprochen hat. Ich lese Ihnen aus Ihrem Protokoll, Herr Abg. Vogt, die erste Alternative Seiner Durchlaucht des Landesfürsten vor. «Erstens: Es bleibe alles beim Alten, dann bestehe lediglich das Problem, dass die Beamten-Ernennungen nicht verfassungsmässig erfolgen. Diese Frage müsse dann effizient und sinnvoll gelöst werden. Diese Variante werde vom Fürstenhaus akzeptiert». Das war das erste Angebot und die erste Variante Seiner Durchlaucht des Landesfürsten. Dem Landesfürsten heute zu unterstellen, dass er keinen Kompromiss gezeigt hat - ich betone es einfach noch einmal: Das ist nun einfach unfair.Dann erlauben Sie mir, Folgendes auszuführen: Anlässlich des Berichtes der Verfassungskommission des Landtages vom 31. Oktober 1996, als dieser Bericht hier in diesem Hohen Hause behandelt wurde - ich habe es dem Herrn Landtagsvizepräsident vorher kurz geschildert, ich möchte es nochmals wiederholen - habe ich nicht zuletzt, meine Damen und Herren, aufgrund der Bereitschaft Seiner Durchlaucht des Landesfürsten hier in diesem Hohen Hause den Antrag gestellt, bei der bestehenden Verfassung zu bleiben. Und der Landtagspräsident, Landtagspräsident Peter Wolff, hat sich damals mit klarer Mehrheit für einen anderen Weg entschieden, für einen Weg entschieden, der meines Wissens 28 Änderungsvorschläge beinhaltet hat. Mein Antrag wurde mit 2 Stimmen - ich habe es schon gesagt - mit der Stimme des damaligen Abg. Oswald Kranz abgelehnt.Meine Herren: Ich akzeptiere diesen Entschluss, das war ein klarer Entschluss, zu dem ich auch stehe, es war ein Ergebnis 23 : 2. Aber heute, meine Damen und Herren, so zu tun, wie wenn nur Seine Durchlaucht der Landesfürst Schuld an dieser Misere hätte, das ist - und ich wiederhole es noch einmal - das ist höchst unfair. Und nun gebe ich das Wort dem Abg. Helmut Konrad.Abg. Helmut Konrad:
Ich werde mich für Eintreten auf diese Vorlage aussprechen und möchte dazu ein paar kurze persönliche und allgemeine Ausführungen machen. Ich werde nicht im Detail auf einzelne Artikel eingehen, das ist bereits gemacht worden. Ich denke, es wird dann auch im Rahmen der 1. Lesung, wenn ich jetzt einmal davon ausgehe, dass es zu einer solchen kommen wird, in Bezug auf die einzelnen Artikel dann auch gemacht werden.Wir führen nun seit beinahe 10 Jahren in unserem Land mit mehr oder weniger grosser Intensität eine Verfassungsdiskussion, die für alle Beteiligten mit viel Zeit und Energieaufwand verbunden gewesen ist und verbunden ist. Die jahrelangen Diskussionen und Verhandlungen haben Spuren hinterlassen. Es ist eine grosse Verunsicherung und ein gegenseitiges Misstrauen vorhanden, was für eine gedeihliche Weiterentwicklung unseres Landes nicht förderlich ist. Und dies vor allem in einer Zeit, in der Liechtenstein in vielfältiger Hinsicht vor grossen Herausforderungen steht.Die gültige Verfassung des Jahres 1921 hat sich bis heute grundsätzlich bewährt, wird aber - das muss man zur Kenntnis nehmen - seit Beginn der Verfassungsdiskussion nicht mehr von allen Seiten akzeptiert. Die Auffassungen über wichtige Verfassungsartikel sind nicht mehr oder scheinen nicht mehr vereinbar. Das Verständnis dessen, was in der heutigen Verfassung festgelegt ist, hat sich verändert. In den letzten Jahren besteht vor allem von Seiten des Fürsten der absolute Wille, diese Grundlage zu ändern und ein neues Fundament zu schaffen. In einem dualistischen Staatsaufbau, wie es eben unsere Verfassung vorsieht, ist für Veränderungen aber ein Konsens zwischen den beiden Trägern der Staatsgewalt, Fürst und Volk bzw. Landtag, erforderlich. Der Zwang zum Konsens fordert von beiden ein hohes Mass an Verantwortung. Wenn dies nicht mehr der Fall ist, stehen sich Monarchie und Demokratie als gleichsam unvereinbare Staatsformen entgegen. Und Vertrauensverlust und gegenseitiges Misstrauen bilden keine Basis für staatliches Handeln.Ich begrüsse deshalb den Weg, den die Regierung gewählt hat. Mit dem Bericht und Antrag erhält der Landtag die Möglichkeit, sich einzubringen und seinen Beitrag zu leisten, diese seit langem schwelende Verfassungskrise zu lösen. Wenn dies nicht gelingt, besteht mittelfristig eigentlich nur noch die Möglichkeit einer grundlegenden Neuordnung des Staates mit allen absehbaren und nicht absehbaren Konsequenzen. Drohungen sind bei der Bewältigung dieser Herausforderung kein zielführender Lösungsbeitrag. Es sind solche Drohungen gefallen. Ich habe Mühe mit Auffassungen und Aussagen wie: Wir packen unsere Koffer, wenn das nicht so und so ist. Ich habe aber auch Mühe mit Auffassungen, wenn man dann einfach sagt: Ja, dann sollen sie gehen, Reisende soll man nicht aufhalten. Ich denke, unsere Herausforderung ist es, einen gemeinsamen Weg zu finden. Extreme Positionen führen zu einer Verhärtung der Standpunkte. Gutachten und wissenschaftliche Beiträge stellen eine wertvolle Diskussionsgrundlage dar. Sie leisten einen sehr wichtigen Beitrag zur Meinungsbildung in unserem Land und sind für das Funktionieren einer Demokratie unerlässlich und unverzichtbar. Ich habe vor Menschen, die solche Beiträge leisten, eine persönliche Hochachtung. Ich schätze ihre Beiträge, sie sind für eine Demokratie - ich habe es erwähnt - lebensnotwendig. Letztlich aber - und das ist unsere Forderung oder Herausforderung - sind wir es heute als Landtag - und ich gehe davon aus, dass es dann zu einem späteren Zeitpunkt auch zu einer Volksabstimmung kommt - sind wir es, die einen Weg finden müssen, der zu einer für möglichst viele Menschen in unserem Land tragbaren Lösung der Verfassungsfrage führt.Die Regierungsvorlage basiert auf einem grundsätzlichen Ja zur Staatsform mit der jetzigen Kompetenzverteilung. Auch ich stehe zu dieser Grundlage. Es gibt viele Bereiche, in denen die Vorlage gegenüber der geltenden Verfassung weit reichende Veränderungen mit sich bringt, die unterschiedlich bewertet werden können und auch unterschiedlich bewertet werden. Wir haben das gehört im Eingangsvotum vom Landtagspräsidenten, in anderen Voten des Abg. Sprenger, des Abg. Paul Vogt. Es ist zum Beispiel auch für mich zu begrüssen, dass in Art. 10 gegenüber der geltenden Verfassung das Notrecht zeitlich eingeschränkt wird und damit eine Klärung erfolgt. Ebenso wird das Recht der Beamten-Ernennung vom Fürsten endgültig abgegeben und durch die Regierung wahrgenommen. Auch das Sanktionsrecht erfährt eine - wenn auch letztlich nur der Rechtssicherheit dienende - Verbesserung. Der neue Art. 112 soll mit der Möglichkeit eines Misstrauensantrags gegenüber dem Landesfürsten bzw. einem Monarchieabschaffungsverfahren eine demokratische Legitimierung der Monarchie bezwecken. In Art. 11 wird die Richterernennung neu geregelt, und zwar so, dass der Fürst im Konfliktfall die letzte Entscheidung an das Volk abgibt.Parallel zu diesen an sich positiven Veränderungen, teilweise damit in Zusammenhang stehend, gibt es aber auch Aspekte, die durch den Landtag noch genau geprüft werden müssen. Insbesondere das Verfahren zur Regierungsentlassung, wie sie in Art. 80 geregelt ist. Hier ist vor allem auch die Verbindung mit Art. 10, dem Notverordnungsrecht des Fürsten, zu berücksichtigen. Ein weiterer wichtiger, gewichtiger Punkt ist die Richterernennung. Wie bereits erwähnt, tritt hier der Landesfürst gegenüber der gültigen Verfassung das absolute Ernennungsrecht im Konfliktfall ab. Für den Normalfall aber sollte meiner Ansicht nach beim Auswahlverfahren beispielsweise das Recht des Landtages zum Beispiel durch eine Majorisierung des vorgesehenen Gremiums gestärkt werden. Es ist mir auch wichtig zu klären, dass der Landesfürst sein Recht an der Ausübung der Staatsgewalt in Gemässheit der Bestimmungen dieser Verfassung und der übrigen Gesetze ausübt. Damit muss meines Erachtens auch klargestellt sein, dass im Rechtsstaat Liechtenstein Handlungen des Fürsten in seiner Eigenschaft als Staatsoberhaupt innerstaatlich der Normenkontrolle unterliegen. Ich verstehe deshalb Art. 7 Abs. 2 als eine Anpassung des Verfassungstextes, ohne dass dadurch eine materielle Änderung bewirkt wird. Rechtsstaat und Demokratie verlangen die Möglichkeit einer Kontrolle der staatlichen Erlasse und Rechtssetzungsakte sowie Beschwerdemöglichkeiten durch Bürgerinnen und Bürger.Nach meiner Auffassung - ich habe sie an anderer Stelle schon geäussert - sollte der Landtag im Anschluss an die 1. Lesung eine Kommission oder eine Delegation bestellen, die mit dem Landesfürsten im Lichte der allgemeinen Debatte und zur Klärung der angesprochenen Bereiche das Gespräch sucht. Ich meine, wir müssen auch diese Möglichkeit ausschöpfen. Auch wenn der Fürst sich schon anders geäussert hat, auch wenn gesagt wurde, dass im Prinzip an dieser Vorlage substanziell sich nichts mehr ändern könne, denke ich trotzdem, dass es Aufgabe und auch Verantwortung des Landtages ist, hier noch einmal das Gespräch zu suchen. Ich denke, wir sollten versuchen, innert nützlicher Frist und vor der 2. Lesung im Dialog mit dem Fürsten Klarheit über den weiteren Verlauf zu schaffen.Die Mischverfassung mit zwei Trägern der Staatsgewalt bedingt, dass beide Seiten, Fürst und Volk respektive Landtag, sich einig sein müssen, wenn an den Grundlagen des Staates etwas geändert werden soll. Diese Einvernehmlichkeit anzustreben und die Regierungsvorlage so abzuändern, dass sie vom Landesfürsten und von einem möglichst grossen Teil der Bevölkerung mitgetragen werden kann, das muss das Bestreben aller Beteiligten sein. Das sind wir unserem Lande schuldig. Und dieser Weg kann möglicherweise und hoffentlich gegenseitiges Vertrauen wieder zurückbringen, das durch die jahrelangen Diskussionen Schaden erlitten hat. Den eigenen Standpunkt einfach durchzubringen zu versuchen, wenn auch vielleicht nur knappst möglich, produziert auf allen Seiten Verlierer. Wir können das ansatzweise ja anhand der Diskussionen der letzten Wochen auch sehen. Ich auf jeden Fall, ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass wir das doch noch vermeiden können.Ich möchte abschliessend nur eine persönliche Bemerkung noch anbringen. Es sind sehr, sehr viele Vorwürfe, Schuldzuweisungen usw. gemacht worden. Ich werde mich hier nicht beteiligen. Ich möchte einfach appellieren, dass man grundsätzlich nicht anderen Abgeordneten das Recht oder den Willen abspricht, das Interesse des Volkes zu vertreten. Ich denke, das machen wir alle. Ich bin für mich auch unsicher, was das Interesse des Volkes ist. Ich denke, im Volk - und das ist spürbar, das haben auch die Diskussionen gezeigt in den letzten Wochen in Leserbriefen, in vielen, vielen persönlichen Gesprächen, dass dieses Volk in sich im weiteren Vorgehen, in den bestehenden Auffassungen sehr, sehr uneinig ist. Ich versuche als Abgeordneter im Wissen, dass ich nicht das Interesse des Volkes vertreten kann, ich versuche nach meinem besten Wissen und Gewissen meine persönliche Haltung hier einzubringen. Das ist mein Beitrag, den ich zu leisten versuche.Abg. Jürgen Zech:
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren. In Art. 2 unserer geltenden Verfassung des Fürstentums Liechtenstein von 1921 heisst es wörtlich - der Abg. Vogt hat es bereits zitiert, ich wiederhole noch einmal: «Das Fürstentum ist eine konstitutionelle Erbmonarchie auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage. Die Staatsgewalt ist im Fürsten und im Volke verankert und wird von beiden nach Massgabe der Bestimmungen dieser Verfassung ausgeübt». Dieser Artikel bildet die Grundlage unserer Verfassung. Darin ist die duale Staatsform in der jetzigen Form begründet. Dieser Artikel, eben der Art. 2, ist in dem uns vorliegenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung der Verfassung unverändert im selben Wortlaut enthalten. Damit ist für mich die zentrale Voraussetzung an die neue Verfassung erfüllt. Die duale Staatsform, ein Miteinander von Fürst und Volk, bleibt in ihrem Wesen, in ihrem Kern, bestehen. Ich bekenne mich zu der bestehenden dualen Staatsform, dem Miteinander von Fürstenhaus und Volk. Ich bin zutiefst überzeugt, dass sie im Wesen und im Kern die für uns ideale Basis darstellt. Ich glaube fest an die Kraft der Gemeinsamkeit in unserem Land. Diese Staatsform ist meiner Meinung nach für Liechtenstein, für uns alle als Kleinstaat mit sehr beschränkten Ressourcen, die ideale Form, um gemeinsam die derzeit tobenden Stürme zu überdauern und in eine friedliche Zukunft gehen zu können. Dieser Bericht und Antrag hat eine bewegte und bereits seit mehreren Jahren andauernde Vorgeschichte. Darauf kann und will ich mangels Erfahrung nicht eingehen. Das werden oder haben andere Abgeordnete heute hier im Hohen Hause bereits gemacht, die die Vorgeschichte hautnah miterlebten.Was ich in der kurzen Zeit im Landtag erfahren habe ist, dass in dieser Frage sehr viele Emotionen mit im Spiel sind, die meiner Meinung nach einer optimalen Lösung bisher im Wege gestanden sind. Es scheint mir, dass hier in der Zwischenzeit - bitte erlauben Sie mir den Ausdruck - ein Grabenkrieg mit sehr starren und verhärteten Fronten entstanden ist. Es beunruhigt mich, dass in unserem Lande eine Diskussion um eine Abänderung unseres Grundgesetzes in einer solch emotionsgeladenen Stimmung in den Medien geführt wird. Ich hoffe zutiefst, dass diese Konfrontationen die Wirkung eines reinigenden Gewitters entfalten werden und uns dabei helfen, reinen Tisch machen zu können.Wir stehen in der heutigen Zeit an einer entscheidenden Wegkreuzung. Nicht nur wir hier in Liechtenstein spüren es, auch in der Schweiz, im übrigen Europa, ja auf der ganzen Welt sind Veränderungen und Umwälzungen im Gange. In jedem Land drücken sich die Veränderungen auf eine individuelle Art und Weise aus. Wir alle können dies täglich aus den Medien entnehmen. Kein Mensch kann sich dem entziehen. Sie alle wissen um die Herausforderungen, denen wir und unser Land gegenüberstehen. Es geht nicht um Leib und Leben, aber doch um essenzielle Bereiche, die jeden von uns mehr oder weniger persönlich berühren. Für uns geht es jetzt darum, auch und gerade in der Verfassungsfrage, nicht die Augen zu verschliessen und abzuwarten, sondern der Wahrheit ins Antlitz zu sehen, wie man so schön sagt. Die Entscheidung naht, wie es mit uns und unserem Staate weitergehen soll.Ein Bericht und Antrag der Regierung zur Abänderung der Verfassung liegt auf dem Tisch. Darin sind die Vorschläge des Fürstenhauses eingearbeitet, wie es die zukünftige Ausgestaltung unseres Grundgesetzes sieht. Wir kennen nun die Vorschläge. Das Fürstenhaus ist damit an die Öffentlichkeit getreten und stellt sich der Kritik. Für uns im Landtag ist nun die Zeit gekommen, Stellung zu beziehen und das Pro und Kontra abzuwägen, nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit Gefühl, mit dem Herzen. Wir sind herausgefordert, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Ich bitte alle Beteiligten, jetzt aber speziell uns Landtagsabgeordnete, die wir hier im Hohen Hause versammelt sind, in einer der Zukunft unserer Heimat dienenden Debatte alles zu versuchen, den gemeinsamen Weg und den gemeinsamen Nenner zu finden, und dann den Weg zu bereiten, der für alle Bewohner unseres Landes, ob jung oder alt, begehbar ist.Dies ist unsere Verpflichtung und unser Auftrag als Volksvertreter. Diese Debatte dürfen wir nicht auf die leichte Schulter nehmen. Persönliche Motive müssen meiner Meinung nach dabei in den Hintergrund treten. Ich spreche mich aus Überzeugung dafür aus, nach dieser Eintretensdebatte in einer 1. Lesung auf die jeweiligen Artikel des Berichts und Antrages einzugehen. In dieser 1. Lesung geht es darum, in einer, so hoffe ich, offenen und ehrlichen Diskussion diesen Vorschlag in der Sache, das heisst Artikel für Artikel, aber auch im Wesen zu debattieren und zu beraten.Während meines viele Stunden dauernden Vergleiches der Artikel im Bericht und Antrag mit der bestehenden Verfassung und dem ursprünglichen Vorschlag des Fürstenhauses, beim Studium von Rechtsgutachten zu den Vorschlägen, beim Studium von Diskussionsbeiträgen, bei Gesprächen und Diskussionen, habe ich feststellen müssen, dass es mir nicht möglich war, eine abschliessende Meinung über den Vorschlag als Ganzes bilden zu können. Dazu, so meine ich, wird die anstehende Diskussion hier im Landtag einen entscheidenden Beitrag leisten. Auf einzelne Artikel werde ich hier in meinem Eintretensvotum nicht eingehen. Sehr viel ist darüber schon gesagt und geschrieben worden. Neben positiven Weiterentwicklungen, die in dieser Vorlage unbestritten vorhanden sind, gibt es einige Artikel und Formulierungen, die noch genauer geprüft und diskutiert werden müssen.Ich finde, die Diskussionsbeiträge der Kritiker dieser Vorlage, allen voran Dr. Gerard Batliner, müssen unbedingt in diese Debatte einfliessen. Sie leisten einen immens wichtigen Beitrag zum Gesamtverständnis. Ich glaube, nur die wenigsten Abgeordneten stehen dieser Vorlage ohne Skepsis gegenüber, bei der Tragweite des zu behandelnden Gesetzes nicht verwunderlich. Ich selber habe mir den Weg bis zu diesem Punkt nicht einfach gemacht und die Vorlage kritisch studiert. Bei einzelnen Formulierungen ist meiner Meinung nach konkreter Handlungsbedarf gegeben. Ich hoffe auf ein Entgegenkommen des Fürstenhauses nach unserer Debatte im Landtag in einigen Punkten. Ich verstehe aber hier unseren Landesfürsten, dass er nicht bereits vor der Debatte der obersten Volksvertretung, eben dem Landtag, bereit war, massgeblich an seinen Vorschlägen zu feilen. Ich glaube aber fest daran, dass Handlungsspielraum besteht. Diese Hoffnung lebt in mir. Aus diesem Grunde spreche ich mich klar für die Bildung einer Verfassungskommission aus, die nach dieser Debatte das Gespräch mit dem Fürstenhaus sucht. Dass dies für die Mitglieder dieser Kommission kein Wunschkonzert werden wird, bin ich mir bewusst.Etwas, was mir persönlich sehr am Herzen liegt, möchte ich an dieser Stelle noch anbringen. Es fällt mir schwer, die absoluten Gegner dieser Vorlage zu verstehen, die nur das scheinbar Schlechte in den einzelnen Artikeln der Vorlage hervorheben, ohne auf der anderen Seite Vorschläge zu deren Verbesserung zu bringen. Zudem greifen sie mit sehr emotionalen, zum Teil fast schon persönlichkeitsverletzenden Äusserungen Andersdenkende an. Sie tragen meiner Meinung nach wenig Konstruktives dazu bei, diesen Konflikt zu lösen. Ich habe mich schon gefragt, ob sie eben das im Innern überhaupt wollen.Abschliessend möchte ich noch zum Ausdruck bringen, dass für mich, wie in jeder Partnerschaft auch, der Friede in unserem Land nur auf der Basis von gegenseitiger Achtung und gegenseitigem Respekt begründet sein kann. Bei der Konfliktlösung ist Vertrauen und Entgegenkommen von beiden Seiten unabdingbar. Daran gilt es, in offenen und ehrlichen Gesprächen zu arbeiten. Kommen wir einander entgegen. Möge Gott uns dabei helfen.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Herr Präsident. Wir haben eine, wie wir schon mehrfach gehört haben, sehr bedeutsame Vorlage betreffend die Abänderung unserer Verfassung zu behandeln. Das wirft Fragen auf und diese Fragen werden ja auch in der öffentlichen Diskussion der letzten Wochen und Monate vermehrt gestellt: Was haben wir eigentlich für eine Verfassung? Ist diese Verfassung eigentlich noch praktikabel? Braucht es eigentlich eine wirklich in wesentlichen Punkten grundlegende Veränderung dieser Verfassungsbestimmung? Der Abg. Paul Vogt hat bereits umfassend, und ich glaube, sehr zutreffend Ausführungen darüber gemacht, wie die heutige Verfassung entstanden ist, was die Zielvorstellungen der Väter dieser Verfassung waren, und in welcher Hinsicht sie diese Zielvorstellungen in einigen wesentlichen Punkten umgesetzt haben. Es hat natürlich seit dem Jahr 1921 schon eine ganze Reihe von Verfassungsänderungen gegeben, es sind über 30 an der Zahl in der Zwischenzeit. Aber wenn wir diese bisherigen Verfassungsänderungen anschauen, dann werden wir sehen, dass kaum eine von ihnen sich mit der 1921 festgelegten Kompetenzverteilungen der verschiedenen Staatsorgane befasst hat. Eigentlich hat nur die Verfassungsrevision des Jahres 1965, die eine eigentliche Regierungsreform war, hier bei den obersten Staatsorganen etwas geändert. Im Übrigen und insbesondere, was die Rechtsstellung und die Kompetenzen des Fürsten aber auch des Landtages betrifft, hat sich eigentlich in der Zwischenzeit gar nichts geändert.Direkte Volksrechte wurden einmal mit dem Staatsvertragsreferendum erweitert, auch sonst blieben diese Punkte, diese Aspekte unseres Verfassungsrechts unverändert. Wenn man das überlegt und ausserdem bedenkt, wie die letzten 80 Jahre hinsichtlich der Handhabung der Verfassungsbestimmungen abgelaufen sind, dann muss man sich schon fragen: Wäre denn die bisherige Verfassung nicht auch weiterhin handhabbar? Ich glaube, dass man diese Frage nur ganz klar bejahen kann. Es hat meiner Meinung niemand, weder S. D. der Landesfürst noch das Volk, weder der Landtag noch die Regierung Anlass, mit der jetzigen Verfassung so unzufrieden zu sein, dass sie sagen dürften: Mit der jetzigen Verfassung kann ich oder können wir auf keinen Fall mehr weiter existieren, es muss etwas Neues her. Diese Voraussetzung ist meiner Meinung nach ganz und gar nicht gegeben.Das leitet zur weiteren Frage über, was denn eigentlich der Anlass war für die jetzt vorliegenden Verfassungsänderungsvorschläge. Ich glaube, dass es verschiedene Anlässe gibt, im Wesentlichen zwei verschiedene Anlässe: Einen Anlass haben Sie, Herr Landtagspräsident, schon genannt, nämlich die Vorgänge im Oktober 1992. Damals kamen Zweifel auf, ob wesentliche Verfassungsbestimmungen, zum Beispiel Art. 8 Abs. 1, auch Art. 10 bezüglich des Notrechtes, vor allem aber die Bestimmung über das Recht des Landesfürsten, unter welchen Voraussetzungen er den Landtag auflösen kann, ob diese Verfassungsbestimmungen ausreichend eindeutig interpretierbar sind, oder ob es hier nicht Zweideutigkeiten gibt, die vielleicht durch Klarstellungen beseitigt werden sollten.Es kam dann zu einer Aussprache, die auch im Regierungsbericht erwähnt wird, zu einer informellen Aussprache - es war keine Landtagssitzung hier im Landtagssaal - Anfang Dezember 1992 zwischen Delegationen der damaligen beiden Fraktionen und S.D. dem Landesfürsten. Und bei dieser Aussprache müssen offenbar - es existiert meines Wissens nicht einmal ein Protokoll davon - müssen offenbar seitens einiger damaliger Landtagsabgeordneter doch relativ weit gehende Wunschvorstellungen über mögliche Verfassungsänderungen geäussert worden sein.Ich persönlich glaube, dass dies der Ursprung der Idee der Vorstellung S. D. des Landesfürsten war, entscheidende Änderungen der Verfassung herbeizuführen, und zwar Änderungen nicht in der Richtung, die diese Landtagsabgeordneten als Wunschvorstellung geäussert hatten, sondern in eine ganz andere Richtung, nämlich in die Richtung, die wir hier jetzt in Form dieses Berichtes und Antrages der Regierung vorliegen haben. Allerdings war damals noch keineswegs von so vielen so weitgehenden Verfassungsänderungen die Rede, sondern S. D. der Landesfürst hat ja dann im Jahr 1993 erstmals konkret bei der Landtagseröffnung gesagt und auch danach dann in Form schriftlicher und begründeter Vorschläge, dass er sich die Einführung des Misstrauensvotums, wie wir es jetzt auch hier vorliegen haben, vorstelle, verbunden mit einer Möglichkeit einer Initiative für eine Monarchieabschaffung, falls das Misstrauensvotum vom Fürstenhaus nicht gutgeheissen werden sollte. Und das Richtervorschlagsrecht, das wollte er auch damals schon zu seinen Gunsten geändert haben. Von all den anderen Vorschlägen, die hier jetzt vorliegen und die auf viel spätere Vorschläge des Fürsten zurückgehen, war damals noch keine Rede.Die weitere Geschichte ist teilweise im Bericht und Antrag der Regierung dargestellt. Einige Punkte erscheinen mir bemerkenswert: Bemerkenswert erscheint mir vor allem der Anlass, den Sie, Herr Landtagspräsident, auch zitatweise unter Hinweis auf Protokollinhalte erwähnt haben, nämlich ein Gespräch vom 18. November 1994, das eine informelle Landtagsdelegation - würde ich sie einmal nennen - auf Schloss Vaduz mit dem Fürsten geführt hat. Ich war zwar damals nicht, wie Sie gesagt haben, als Landtagspräsident dabei, das war damals der Abg. Paul Kindle, sondern als Fraktionssprecher der Vaterländischen Union, aber das spielt ja im Wesentlichen keine Rolle. Wie Sie richtig gesagt haben, wurde damals - «noch» möchte ich dazufügen - von S. D. dem Landesfürsten als eine Möglichkeit, diese damals noch eher sotto voce - würde ich einmal sagen - geführte Verfassungsdiskussion zu beenden, angeführt; man könne sich darauf einigen, unverändert bei der bisherigen Verfassung zu bleiben, lediglich das Beamten-Ernennungsrecht, das in der Praxis schon seit Mitte/ Ende der sechziger Jahre nicht mehr so gehandhabt wurde, wie es in Art. 11 der Verfassung steht, nur das müsse formellrechtlich angepasst werden. Damals war S. D. der Landesfürst noch dieser Auffassung. Das verleitet mich umso mehr zur Frage, warum heisst es dann heute auf einmal, mit der bisherigen Verfassung können wir - gemeint das Fürstenhaus - nicht mehr leben, es muss eine Änderung, und zwar wohlgemerkt, eine Änderung genau in diesem Sinne erfolgen, widrigenfalls sehe man keine Zukunft als Staatsoberhaupt, zumindest als Staatsoberhaupt mit Wohnsitz in diesem Land.Ich frage das auch Sie, Herr Landtagspräsident, das ist doch ein offensichtlicher Widerspruch, und ich verstehe nicht, warum man nicht seitens so überzeugter Anhänger des Fürstenhauses, wie Sie es sind, Herr Landtagspräsident, den Fürsten selbst auf diese Widersprüche hinweist. Denn gerade jemand, der sich so überzeugend und so in aller Öffentlichkeit in jeder Hinsicht zu unserem Landesfürsten und zu seinen Ideen und Vorstellungen bekannt hat, gerade wenn so jemand so eine Frage aufwirft, auf so einen Widerspruch hindeutet, dann könnte ich mir vorstellen, dass da doch etwas Sinnvolles dabei herauskommt.Leider, wie wir wissen, ist S. D. der Landesfürst in den folgenden Jahren nicht bei dieser Ansicht geblieben, dass auch die Beibehaltung der bisherigen Verfassung mit praxiskonformer Ausgestaltung des Beamten-Ernennungsrechts eine sinnvolle Möglichkeit der Lösung dieser offenen Fragen sein könnte, sondern er hat später, allerdings einige Jahre später, ziemlich aus heiterem Himmel würde ich sagen, plötzlich die Meinung vertreten, mit der bisherigen Verfassung geht es auf keinen Fall mehr, es sei unzumutbar. Kürzlich, kann ich mich erinnern, ist in einem Zeitungsinterview auch einmal der Ausdruck gestanden: Es wäre ein Abenteuer, sich darauf einzulassen, mit der bisherigen Verfassung hier in Liechtenstein weiterhin Politik zu machen. Warum das so sein soll, jetzt plötzlich etwa seit zwei, drei Jahren, dass das nicht mehr möglich sein soll, diese Erklärung fehlt mir allerdings bis heute. Und wenn eine Delegation oder Kommission des Landtages noch einmal mit S. D. dem Landesfürsten Gespräche über diese Verfassungsthemen führt, dann würde mich vor allem und gewissermassen einleitend und vorbereitend eine Erläuterung zu diesem Punkt interessieren.Ich komme auf den zweiten Ursprung der heute vorliegenden Verfassungsvorlage zu sprechen, und dieser zweite Ursprung liegt auf der Seite Volk und Landtag. Sie haben daraus, Herr Landtagspräsident, nur etwas aus dem Zusammenhang gerissen, eine Landtagssitzung im November 1996 zweimal erwähnt, wo der Landtag beschlossen hat, der Verfassungskommission den Auftrag zu erteilen, 23 bestimmte Artikel der heutigen Verfassung zu überarbeiten. Das hatte aber eine Vorgeschichte. Die Vorgeschichte war die Handhabung der so genannten Affäre Wille durch S. D. den Landesfürsten, was damals eine sehr dezente und mehr im Hintergrund ablaufende Reaktion des Landtages unter seinem damaligen Präsidenten Otmar Hasler zur Folge hatte, was wiederum eine grosse Zahl besorgter Bürgerinnen und Bürger - kann man hier wirklich sagen - dazu gebracht hat, im August 1995 eine Petition an den Landtag zu richten, und in dieser Petition eine Überprüfung der offenen Verfassungsfragen zu verlangen. Es war somit das Volk, Herr Landtagspräsident, und es waren nicht einige übergeschnappte Landtagsabgeordnete, die um jeden Preis Verfassungsbestimmungen zu ihren Gunsten ändern wollten. Es war das Volk, das den Landtag, der eigentlich auch selbst auf diese Idee hätte kommen können, aufgefordert hat, hier endlich einmal Klarheit zu schaffen, die Fragen herauszuarbeiten, die hier offen sind, und dann, wenn möglich, Lösungsvorschläge zu machen.Das war für den Landtag im September 1995 der Anlass - und nur das - eine Landtagskommission als Verfassungskommission zu bilden unter Vorsitz des heutigen Regierungschefs Otmar Hasler, und ich glaube, dass diese Landtagskommission sich redlich bemüht hat, im Rahmen ihrer Tätigkeit bis zum Oktober 1996 diesem Landtagsauftrag nachzukommen. Der Landtag unter massgeblicher Beteiligung von damaligen Mitgliedern ihrer Fraktion, Herr Landtagspräsident, ich erinnere nur an den damaligen Kollegen Dr. Guido Meier, hat dann der Landtagskommission nach Entgegennahme ihres Berichts den Auftrag erteilt, den Sie erwähnt haben, den Auftrag nämlich, wie ich schon gesagt habe, 23 Artikel der Verfassung, auch mit Textvorschlägen, hier näher ins Auge zu fassen und auszuarbeiten. Es waren daher, wenn ich diese kleine Richtigstellung noch anbringen darf an Ihren vorherigen Äusserungen, Herr Landtagspräsident, es waren nicht meine 20 oder 28 Vorschläge - ich war auch damals nicht Landtagspräsident, das war damals wiederum der Abg. Paul Kindle - sondern es waren die einhelligen Vorschläge dieser Kommission unter Führung von Otmar Hasler, die der Landtag entgegengenommen und noch mit drei Artikeln, bei denen die Kommission keine Veränderung vorgeschlagen hatte, ergänzt hat.Aus dieser Kommissionsarbeit - ich will mich darüber nicht mehr weiter im Einzelnen verbreitern, Sie können es ja im Detail einzeln im Bericht und Antrag nachlesen, es ist vielleicht auch, was in den letzten Jahren dann geschah, noch besser bekannt - aus dieser Auftragserteilung des Landtages vom November 1996 entstand dann ein Papier mit einer ganzen Reihe von Vorschlägen der Verfassungskommission, die aber im Unterschied zu den jetzt vorliegenden Vorschlägen im Wesentlichen rechtstechnische Änderungen waren, Formulierungsänderungen, Klarstellungen, Beseitigungen von Unklarheiten, ohne dass irgendwelche Kompetenzverschiebungen, ohne wirklich inhaltliche Veränderungen vorgeschlagen worden wären, dies mit einer einzigen Ausnahme. Die Ausnahme war der auch jetzt allerdings im Wesentlichen in unveränderter Form in der Vorlage befindliche Art. 9. Und bei diesem Artikel 9, nämlich dem Sanktionsrecht des Landesfürsten, den die Verfassungskommission ursprünglich gar nicht ins Auge gefasst hatte, war es interessanterweise - es lohnt sich, das immer wieder in Erinnerung zu rufen - S. D. der Erbprinz, der anlässlich eines Gespräches der Verfassungskommission unter Leitung von Otmar Hasler auf Schloss Vaduz am 8. oder 9. Oktober 1996 der Verfassungskommission quasi als Kritik entgegengehalten hatte, dass unser Vorschlag ja eigentlich überhaupt keine wesentlichen Änderungen beinhalte. Nicht einmal einen Konfliktlösungsmechanismus, wenn Fürst und Landtag sich nicht einigen können, hätten wir vorgesehen. So damals die Worte S. D. des Erbprinzen.Das hat den Landtag veranlasst, im November 1996 bei der mehrfach apostrophierten Landtagssitzung die Verfassungskommission zusätzlich zu den erwähnten 23 Artikeln auch noch zu beauftragen, die Möglichkeiten für einen solchen Konfliktlösungsmechanismus abzuklären und einen solchen in Vorschlag zu bringen. Das war dann wiederum für die Verfassungskommission später 1997 und in den nachfolgenden Jahren der Anlass, hier vorzuschlagen, bei Artikel 9 eine neue Lösung vorzuschlagen und dem Fürsten nicht mehr bei allen Gesetzesänderungs- und Verfassungsänderungsbeschlüssen des Landtages die Einlegung eines Vetos, das nicht mehr aufgehoben werden kann, zu ermöglichen. Das erwähne ich nur deshalb so ausführlich, weil das der einzige Punkt war, wo die Vorschläge der Verfassungskommission wirklich eine Änderung der bisherigen Rechtslage herbeigeführt hätten. In anderen Punkten, dort wo es keine Änderung der Rechtslage beinhaltet, wo es im Wesentlichen offensichtlich sinnvolle oder notwendige rechtstechnische Änderungen betraf, dort hat S. D. der Landesfürst unsere Vorschläge übernommen. Es sind ungefähr 10, 12 Artikel grössenordnungsmässig, und diese sind jetzt auch alle in dieser Vorlage drin. Darum bezeichne ich das auch als einen der beiden Anlässe für diese Änderungsvorschläge.Ich möchte noch einen Punkt in der Entwicklungsgeschichte dieser Vorlage berühren, weil es mir doch wichtig erscheint, dass man ihn immer wieder in Erinnerung ruft: Es ist jetzt ständig, auch in der heutigen Debatte, die Rede von einer zehnjährigen Verfassungsdiskussion, die man endlich beenden müsse und wo man endlich zu einer Lösung kommen müsse. Da muss man schon bedenken: Was wurde denn in diesen 10 Jahren beredet oder diskutiert oder vorgeschlagen? Ganz und gar nicht so umfassende und zahlreiche Vorschläge, wie hier in diesem Bericht und Antrag. Im Gegenteil: S. D. der Landesfürst selbst hat bis Frühjahr 1999 nie andere Vorschläge gemacht als nur das Richtervorschlagsrecht und das Misstrauensvotum in Verbindung mit der Möglichkeit einer Monarchieabschaffungsinitiative.Erstmals im Oktober 1997 kam er aber eher beiläufig mit der Idee, die ihm in Zusammenhang mit seiner Selbstbestimmungsinitiative vor der UNO gekommen sei, mit der Möglichkeit oder dem Vorschlag, den Artikel 1 der Verfassung abzuändern und den Gemeinden eine Art Abspaltungsrecht zu verschaffen. Das wurde damals von der Verfassungskommission nicht sehr begeistert aufgenommen, und er hat dann eigentlich selbst gleich gesagt, er habe sich ohnehin gedacht, dass das auf keine grosse Begeisterung stossen werde und hat auch klar zu erkennen gegeben, dass das für ihn nicht eine Conditio sine qua non sei, ob jetzt so ein Gemeindeabspaltungsrecht vorgesehen wird oder nicht. Das war eben eine Idee von ihm, die seiner Meinung nach sinnvoll gewesen wäre, wie sie auch jetzt hier wieder begründet wird.Und dann im Juni 1999, also vor 2½ Jahren erst, im Juni 1999 kam wie eine Bombe, würde ich sagen - das war zumindest der Eindruck, den ich damals gehabt habe - ein Brief des Fürsten vom 7. Juni 1999 an die Verfassungskommission, mit der einerseits unsere Vorschläge vom 1. Juli 1998 mehr oder weniger im Bausch und Bogen abgelehnt wurden, und andererseits ein ganzer Katalog von neuen Rechtsänderungsvorstellungen, Verfassungsänderungsvorschlägen unterbreitet wurde - wir haben sie alle jetzt hier liegen, sei es Art. 1, sei es Art. 10, sei es Art. 79, 80 - von denen vorher nie die Rede war, dass dort etwas zu ändern sei, und das sofort schon in diesem Brief, mit dem das erstmals übermittelt wurde, sofort verbunden mit der Bemerkung, das Fürstenhaus sei zwar bereit für ein Gespräch, er glaube aber nicht, dass noch irgendein Bewegungsspielraum bestehe. Und seit diesem Schreiben vom Juni 1999 ist das die ständig wiederholte Redewendung: Das sind die Vorschläge, das Fürstenhaus hat das so beschlossen, ihr müsst das so akzeptieren, Bewegungsspielraum besteht nicht mehr. So weit zur Geschichte.Ungeachtet dieser Vorgeschichte oder vielleicht gerade wegen dieser Vorgeschichte und wegen der öffentlichen Diskussion, die gerade im letzten Jahr und dieses Jahr jetzt auch wieder verstärkt in Gang gekommen ist, bin ich der Meinung, dass es in diesem besonderen Fall trotz der Bedenken, die man gegen diese Vorlage haben kann, zweckmässig und richtig ist, auf die Vorlage einzutreten. Ich werde daher für Eintreten auf diese Vorlage stimmen, da ich es für wichtiger halte, die Möglichkeit zu schaffen, im Rahmen des normalen Gesetzgebungsverfahrens im Rahmen einer 1. Lesung, im Rahmen von zusätzlichen Abklärungen, die die Regierung treffen kann, allenfalls auch im Rahmen einer Kommission dann und im Rahmen einer 2. Lesung, diese Vorschläge vertieft zu prüfen. Das ist nämlich eine Aufgabe, der sich bisher leider nur die sechs Gutachter unterzogen haben und dies weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit, da ja ihre Ergebnisse - leider, muss ich sagen - nicht einmal von der Regierung im Bericht verarbeitet worden sind, in einer Art und Weise verarbeitet, dass sie auch für die Landtagsabgeordneten nachvollziehbar gewesen wären.Ich war in diesem Punkt, muss ich sagen, vom Regierungsbericht sehr enttäuscht, weil ich vom Regierungsbericht erwartet habe, die Regierung werde sich mit den Argumenten der Gutachter, mit den teilweise widersprüchlichen Argumenten der Gutachter auseinander setzen und werde dem Landtag kundtun, welche Argumente sie für richtig finde, und zwar aus welchem Grund, und welche sie nicht für richtig finde. Nichts dergleichen hat die Regierung leider getan. Sie behauptet an irgendeiner Stelle ihres Berichtes und Antrages, dass die Zweifel der Gutachter im Rahmen der Beratungen mit dem Forum Liechtenstein im Sommer diesen Jahres berücksichtigt worden seien - ich wüsste zwar nicht wo und bei welchem Bestimmungen, aber vielleicht wird uns das der Herr Regierungschef im Rahmen der Detailberatung bei der 1. Lesung dann von Artikel zu Artikel noch näher erläutern - und im Übrigen wird im Regierungsbericht auch relativ pauschal gesagt, es gebe keine völkerrechtliche Bedenken, das sei alles völkerrechtskonform und in Übereinstimmung mit dem System unserer Verfassung, also da gebe es keinerlei Probleme.Die Gutachten lesen sich allerdings teilweise schon ganz anders. Wenn man liest, was die Herren Rhinow, Frowein und Breitenmoser zum Beispiel zum absoluten Veto des Landesfürsten nach Art. 9 sagen, dass ja gemäss der Regierungsvorlage gewissermassen wieder verlautbart werden soll, dann frage ich mich schon oder dann würde es mich schon interessieren: Was ist die Meinung der Regierung dazu? Warum ist die Regierung offenbar der Meinung, es sei unbeachtlich, was diese Herren sagen, in Wirklichkeit sei es ganz anders. Denn das, was der Herr Prof. Winkler zu diesem und anderen Punkten sagt, das ist, um das nur ganz kurz zu streifen, für mich völlig unglaubwürdig, und zwar ist es deshalb völlig unglaubwürdig, weil die Ausführungen des Herrn Prof. Günther Winkler sich schon durch seine einleitenden Ausführungen auf den Seiten 1 und folgende völlig disqualifizieren, wenn er dort unter anderem Ausführungen über den Sachverhalt macht und über die Gründe, die es notwendig machen, dass der Landesfürst in diesem Land solche Verfassungsänderungen vorschlägt, die völlig tatsachenwidrig sind. Er führt dort unter anderem zum Beispiel aus, dass dieser Vorstoss des Landesfürsten jetzt deshalb notwendig geworden sei, da der Landtag im Jahr 1994 eine Revision des Staatsgerichtshofgesetzes beschlossen habe, die die Neuregelung der Zuständigkeit des Staatsgerichtshofes zur Auslegung einzelner Bestimmungen der Verfassung in einem Art. 112 der Verfassung mit sich bringen hätte sollen. Offenbar hat der Herr Prof. Winkler nicht erkannt, dass es den Art. 112 der Verfassung bereits seit dem 5. Oktober 1921 gibt und nicht etwa seit dem Jahr 1994. Auch andere Ausführungen in diesem Kontext zeigen meiner Meinung nach, dass sich dieser Gutachter als Einziger von allen sechs überhaupt nicht objektiv mit den Grundlagen befasst hat, sondern er einfach das wiederkäut, was ihm vorgegeben wurde als bestehender und zu beurteilender Sachverhalt, und das hat er nachgeschrieben, um nicht ein anderes etwas weniger schönes Wort zu verwenden.Zurückkehrend zum eigentlichen Thema: Ich bin der Meinung, dass eine 1. Lesung Sinn macht, unabhängig davon, ob man mit der Tendenz dieser Vorlage glücklich ist oder nicht. Sie macht Sinn, weil es notwendig sein wird - was bisher noch nicht geschehen ist, auf keiner Ebene geschehen ist - diese Vorschläge in jeder Hinsicht eingehend zu überprüfen. Es ist schade - es wurde schon gesagt -, dass keine Vernehmlassung stattgefunden hat. Es ist noch mehr schade meiner Meinung nach, dass die Regierung nicht von sich aus, wenn sie schon aus mir bisher nicht bekannten Gründen findet, dass man auf die bisher eingeholten Gutachten nicht abstellen könne, dass die Regierung nicht von sich aus hier Fachleute auch in legistischer Hinsicht darüber gelassen hat. Denn diese Vorschläge - Sie werden es dann bei der Detailberatung in der 1. Lesung noch sehen - diese Vorschläge enthalten eine Menge Ungereimtheiten. Es geht keineswegs nur um die allgemeine Frage: Sind die Vorschläge im Ergebnis pro Demokratie oder pro Monarchie? Sie enthalten eine Menge Ungereimtheiten und es wäre verhängnisvoll, wenn über diese Vorschläge ohne jede Überprüfung, ohne jede Detailabklärung und in einigen Fällen unabhängig von der Tendenz, ob man die will oder nicht, nötige Verbesserung einfach abgestimmt würde. Und das ist leider die Tendenz, Herr Landtagspräsident, die Sie in Ihrem Eingangsvotum vertreten haben. Nur keine juristische Wortklauberei, nur keine Überprüfung der Zweckmässigkeit und der Praktikabilität, einfach aus politischen Gründen, um eine Staatskrise zu verhindern, geradeaus ins kalte Wasser hinein und einfach allem zustimmen. Und das ist, glaube ich, nicht der richtige Weg.Ob der Landtag und/oder das Volk den Vorschlägen schlussendlich zustimmt oder nicht, das sei jetzt einmal dahingestellt, das werden wir dann ohnehin sehen. Aber die Vorschläge, so wie sie da liegen, sind im Grunde genommen die Rohfassungen, wie sie vom Fürstenhaus gekommen sind, nur mit einigen Formulierungsänderungen vom Forum Liechtenstein - die Regierung hat sowieso überhaupt nichts mehr daran geändert - die Rohfassungen, die auch in rein rechtlicher Hinsicht und auch in einigen Punkten, was die Verständlichkeit und was die Zweckmässigkeit betrifft, überhaupt nicht überprüft sind. Es gibt Formulierungen drinnen - ich will jetzt noch nicht ins Einzelne gehen, sondern behalte mir das für die 1. Lesung vor - es gibt Formulierungen drinnen, die so missverständlich, so zweideutig sind, dass man, anstatt Interpretationsprobleme zu lösen, was einmal die Idee einer Verfassungsüberprüfung war, neue zusätzliche Interpretationsprobleme schaffen würde. Und das ist, meine ich, unsere Verantwortung als Gesetzgeber, hier gründlich zu sein, nicht rasch, rasch, weil jetzt von irgendeiner Seite heraus, vielleicht irgendein Datums- oder Zeitplandiktat gesetzt wurde, rasch, rasch und husch, husch das über das Knie zu brechen. Das wäre verhängnisvoll. Es wäre ganz verhängnisvoll, wenn eine solche Vorlage völlig unüberprüft und ungeändert vor das Volk käme und das Volk dann allenfalls aufgrund der Angstpsychose, die da von verschiedenen Herren zu erzeugen versucht wird, dem noch zustimmen würde, und sich dann nicht nur wir, sondern auch künftige Generationen mit den tatsächlich vorhandenen Schwächen dieser Frage auseinander setzen müssten.Ob der Vorschlag des Abg. Konrad, eine Kommission oder Delegation zu bilden - er hat sich da noch nicht genau festgelegt - Sinn macht oder nicht, sollte man, glaube ich, nach der 1. Lesung beurteilen. Ich möchte grundsätzlich einmal, ohne mich da ablehnend zu äussern, doch ein gewisses Fragezeichen setzen, denn Voraussetzung einer Sinnhaftigkeit einer solchen Arbeit, vor allem, wenn der Auftrag dieser Gruppe im Wesentlichen sein soll, das Gespräch mit S. D. dem Landesfürsten zu suchen, Voraussetzung müsste doch, meine ich, sein, dass man auch von dort, sprich vom Schloss, wenigstens in irgendeiner Weise ein Signal bekommt, dass es Sinn mache, ein solches Gespräch zu führen. Nur um aufs Schloss zu gehen, um dann sagen zu können: Wir haben es versucht und wir waren dort, aber es hat ohnehin nichts genützt, es hat geheissen, wie bereits mehrfach angekündigt, man sei zu keinerlei Bewegung mehr bereit, ob das wirklich sinnvoll ist, das möchte ich einmal dahingestellt sein lassen.Ausserdem glaube ich - das wird sich dann im Zuge der 1. Lesung noch näher im Detail erweisen -, dass es zuerst nach der 1. Lesung Aufgabe der Regierung sein wird, die Fragen, die angesprochen werden, die Fragen, die aufgeworfen werden, zu überprüfen und zu versuchen, diese zu beantworten. Es ist schliesslich - wie auch verschiedentlich und zwar richtig gesagt wurde - eine Regierungsvorlage. Diese sollte dann meiner Meinung nach aber auch von der Regierung vertreten werden und die Regierung sollte die nötigen Überprüfungen vornehmen. Ich sehe die Regierung hier schon nicht nur in der Rolle eines Boten, die eigentlich die Vorlage von jemand ganz anderem nur dem Landtag schickt, und dann dem Landtag gleich sagt: Wenn ihr noch irgendwelche Fragen habt, dann wendet euch dorthin, wir wollen mit dem nichts mehr zu tun haben. So geht es schon nicht. Also, die Regierung hat dann, glaube ich, schon die Aufgabe, die im Rahmen der 1. Lesung aufgeworfenen Fragen zu überprüfen und dem Landtag über das Ergebnis dieser Überprüfung zu berichten. Und dann - das kann durchaus noch vor einer 2. Lesung sein - aber dann, wenn wir diese Stellungnahme der Regierung haben, das ist meiner Meinung nach wahrscheinlich eigentlich der bessere Zeitpunkt, um dann eine Delegation oder eine Kommission zu bilden mit in etwa den Aufgaben, wie sie sich der Abg. Konrad vorstellt.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Besten Dank, Herr Landtagsvizepräsident. Ich möchte mich kurz fassen, da wir kurz vor der Mittagspause stehen.Ich möchte nur noch in zwei Sätzen ganz klar festhalten: Ihre Ausführungen schmälern die Tatsache in keiner Weise, dass S. D. der Landesfürst im November 1994 die Zusage gemacht hat, dass man bei der alten Verfassung bleiben kann und er zu bleiben bereit ist. Die Frage an mich, Herr Landtagsvizepräsident, warum dann S. D. der Landesfürst heute nicht mehr dazu steht, diese Frage müsste ich Ihnen stellen. Sie, Herr Landtagsvizepräsident, haben die Verhandlungen mit S. D. dem Landesfürsten als Vorsitzender der Verfassungskommission geführt. Diese Frage müssen Sie nicht mir stellen. Ich möchte dies auch so im Raum stehen lassen.Dann unterbreche ich jetzt die Sitzung bis 14.30 Uhr. Ich wünsche allen einen guten Appetit.MITTAGSPAUSE (VON 12.55 BIS 14.30 UHR)
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